AUFRUF

zum europaweiten Aktionstag für die Gleichstellung behinderter Menschen am 5. Mai 1994

Am 5. Mai 1994 findet wie in den letzten Jahren wieder ein europaweiter Aktions- und Protesttag gegen die immer noch bestehende Benachteiligung und für die Gleichstellung behinderter Menschen statt. An vielen Orten informieren an diesem Tag behinderte Menschen, deren Angehörigen und deren Zusammenschlüsse über ihre Situation und fordern mit Nachdruck ein umfassendes Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsgesetz.

Hamburg: Die Ausgrenzung behinderter Menschen nimmt zu Die zunehmende soziale Kälte unserer Gesellschaft trifft auch in Hamburg besonders Menschen, die wegen einer Behinderung auf Solidarität angewiesen sind: <Durch Kürzung oder Streichung von Maßnahmen zur Integration, Rehabilitation und zur besseren Mobilität werden sie wieder verstärkt vom öffentlichen Leben ausgeschlossen und in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit eingeschränkt. <Von behinderten Menschen eigenverantwortlich aufgebaute Selbsthilfeinitiativen, wie z.B. die Beratungsstelle Autonom Leben e.V., sind durch Mittelkürzungen gefährdet. <Der gemeinsame Schulbesuch behinderter und nicht behinderter Kinder ist immer noch die Ausnahme. Die Mehrzahl behinderter Kinder wird wegen fehlender Plätze in Integrationsklassen zurückgewiesen. Ein Wahlrecht der Eltern besteht nicht. <Für Menschen mit schwersten Behinderungen fehlen nach Beendigung der Schulpflicht mindestens 70 Plätze in Tagesförderstätten oder geeignete Al ternativen. <Der Bestand der Hamburger Arbeitsassistenz, einem bewährten Modell zur Vermittlung und Begleitung behinderter Menschen in den allgemeinen Arbeitsmarkt, ist nur bis Ende 1994 gesichert. <Den behinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Werkstätten für Behinderte werden nach wie vor Arbeitnehmerrechte (Tariflohn, Arbeitsverträge, Mitbestimmungsrechte) verweigert. Alternativen zu Werkstätten fehlen weitgehend. <Für Menschen mit schwersten Behinderungen fehlen rund 300 Plätze in dezentralen Wohngruppen. <Hilfeabhängigen Menschen wird eine bedarfsgerechte Assistenz verweigert. Auf Menschen, die viel Assistenz brauchen, wird vom Sozialamt Druck ausgeübt, aus Kostengründen in ein Heim zu ziehen. <Es ist nicht gewährleistet, daß Frauen mit Behinderung ihre Assistenz von weiblichen Pflegekräften erhalten. <Trotz noch immer unzureichender Nutzbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel hat der Haushaltsausschuß der Hamburger Bürgerschaft das beschlossene Programm für den behindertengerechten Ausbau der U-Bahnhöfe ge stoppt. <Es gibt viel zu wenig barrierefreie Wohnungen. <Selbst Neubauten sind für viele behinderte Menschen nur unzureichend nutzbar, z.B. das Alsterpavillon, die Flughafenerweiterung oder die Zeise hallen. <Behinderte Menschen werden tätlich angegriffen, angepöbelt und begegnen einer verstärkten Rücksichtslosigkeit. Dies führt leider dazu, daß sie sich vielfach verängstigt aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. <Mit der vorgeburtlichen Diagnostik und anderen Möglichkeiten der Medizin breitet sich erneut eugenisches Denken und Handeln aus. "Experten" stellen Kosten-Nutzen-Rechnungen auf und fragen, wie viele alte, kranke und behinderte Menschen sich die Gesellschaft noch leisten kann. <Behinderungen gelten immer mehr als vermeidbares Übel und damit auch die behinderten Menschen.

Wir fordern den Hamburger Senat auf, über den Bundesrat die Initiative zur Schaffung eines Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsgesetzes zu ergreifen!

Wir rufen auf zur Teilnahme am Informationsnachmittag Donnerstag, 5. Mai, ab 14.30 Uhr am Mönckebergbrunnen

Um 17.00 Uhr beginnt eine Demonstration zum Gänsemarkt

Dieser Aufruf wird unterstützt von: Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für Behinderte; Verein kleinwüchsiger Menschen; E.Coli-bri-Gruppe/Hamburg; Autonom Leben; Öffentlichkeitsgruppe der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, LV Hamburg; Verein integratives Wohnen; LAG Eltern für Integration; ÖTV Bezirk Hamburg; Altonaer Behinderten Arbeitsgemeinschaft; Harburger Behindertenarbeitsgemeinschaft; AG Spina Bifida und Hydrocephalus Hamburg; Lebenshilfe für Geistesbehinderte, LV Hamburg; IG behinderter und nichtbehinderter Studierender; AStA der Uni Hamburg; Hamburger Spastikerverein; Deutsche Retinitis Pigmentosa Vereinigung - Hamburg; Jungerwachsenengruppe des Club 68; GAL/B90-Bür gerschaftsfraktion

Arbeitsamt Hamburg

Arbeitslosenhilfe

falsch berechnet

Die Fraktion der GAL in der Bürgerschaft (Bereich Arbeitsmarkt und Gewerkschaften) wies Mitte April in einem Schreiben an Initiativen und Beratungsstellen darauf hin, daß u.a. das Hamburger Arbeitsamt seit dem 1.1.94 in vielen Fällen die Arbeitslosenhilfe auf falscher Grundlage berechnet, mit dem Ergebnis, daß viele Alhi-BezieherInnen erheblich weniger Arbeitslosenhilfe erhalten, als ihnen zusteht. Das Arbeitsamt Hamburg, heißt es in dem Schreiben, gibt zwar die Falschberechnungen zu, sehe sich aber aus verwaltungstechnischen Gründen nicht in der Lage, diejenigen einzeln festzustellen und zu benachrichtigen, deren Arbeitslosenhilfe aufgrund eines rechtswidrigen Erlasses der Bundesanstalt der Arbeit vom Dezember falsch berechnet worden ist. Das Arbeitsamt weigere sich auch beharrlich - trotz gegenteiliger Zusagen - nunmehr seit fast einem Monat, mit einem entsprechenden Aufruf an die Hamburger Tagespresse zu gehen. Selbst wenn ein solcher Aufruf erfolge, sei fraglich, ob alle Betroffenen, insbesondere EmigrantInnen, dadurch erreicht würden. Die GAL will über öffentlichen Druck versuchen, das Arbeitsamt dazu zu bewegen, alle Betroffenen einzeln zu informieren, damit deren Alhi neu berechnet und bisher vorenthaltene Alhi endlich ausgezahlt wird. Gegebenenfalls müsse das Arbeitsamt befristet Arbeitskräfte einstellen, die die Akten aller Alhi-AntragstellerInnen seit dem 1.1.94 überprüfen. Die GAL (Bereich Arbeitsmarkt und Gewerkschaften) lädt die Initiativen und Beratungsstellen zu einem Treffen am 11.5. ein, um u.a. über die Erstellung einer Informationsbroschüre zu sprechen, in der alle Initiativen im Bereich Erwerbslosigkeit und Armut sowie entsprechende Beratungsstellen sich bekanntmachen und kurz darstellen können. Derzeit gebe es nur eine völlig überaltete Informationsbroschüre von 1991. Quelle: Schreiben der GAL-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Bereich Arbeitsmarkt und Gewerkschaften, vom 13.4.94

Worum es beim Aktionstag am 27.4. ging

Vorrang für Bildung!

Zu dem Zeitpunkt, an dem diese Ausgabe erscheint, haben der Aktionstag an Schulen und Bildungseinrichtungen und die große Demonstration gegen die geplanten massiven Kürzungen im Bildungsbereich stattgefunden. Wir veröffentlichen trotz der zeitlichen Überschneidung Auszüge aus Flugblättern von GEW, SchülerInnenkammer, Aktionsrat und Philturm-AktivistInnen an der Uni, mit denen zum Aktionstag aufgerufen wurde. In der nächsten Ausgabe wollen wir über den 27.4. berichten. Am 21.4. hat die Schulbehörde der GEW unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 50000 DM untersagt, weiterhin für den Aktionstag aufzurufen. Die Lehrerinnen und Lehrer wurden angewiesen, an diesem Tag in den Schulen zu bleiben. Dies wurde nicht nur, wie früher schon üblich, mit dem Beamtenrecht begründet, sondern mit der "Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung".

FRÜHLING Alles blüht, nur die Bildung welkt! Nach der beschlossenen Abiturverschiebung macht sich der Senat nun daran, der Bildung den endgültigen Todesstoß zu versetzen. Am 27. April wird in der Bürgerschaft der Haushalt für dieses Jahr beschlossen, zur gleichen Zeit und in den darauffolgenden Tagen beraten die Schulsenatorin, der Finanzsenator und der Bürgermeister über folgende Sparmaßnahmen, mit denen nach dem jetzigen Stand ca. 1000 LehrerInnenstellen eingespart werden sollen. Die Sparmaßnahmen im Überblick 1. Ferienverkürzung. () Die SchülerInnen sollen eine Stunde Unterricht pro Woche weniger kriegen, die LehrerInnen aber ihre bisherige Wochenstundenzahl behalten. Außerdem werden halt die Ferien um eine Woche verkürzt, d.h. eine Woche mehr Unterricht. Das hört sich ja alles relativ ausgeglichen an, bedeutet aberFür die SchülerInnen: ungefähr gleiche Unterrichtszeit und eine Woche weniger Ferien. Für die LehrerInnen: eine Woche mehr Arbeit und eine Woche weniger Ferien. Der Effekt: 330 Stellen können so eingespart werden! 2. Grundsätzliche Arbeitszeitverlängerung für LehrerInnen: Außer daß LehrerInnen also eine Woche länger arbeiten sollen, soll auch noch ihre jetzige Wochenstundenzahl heraufgesetzt werden. () Der Effekt: 550 Stellen eingespart! 3. Berufsvorbereitende Klassen, Fachschulen, Handelsschulen und Aufbaugymnasien sollen weniger LehrerInnenzuteilung kriegen. Diese Schulen, die für viele Leute die einzige Möglichkeit bieten, sich nach der Haupt- oder Realschule weiterzubilden und noch einen höheren Abschluß zu kriegen, sollen durch weniger LehrerInnen kaputtgespart werden. Gerade auf diesen Schulen ist es notwendig, jedeN einzelneN besonders zu fördern, und dieses soll nun gestrichen werden. Im Prinzip läuft diese Maßnahme auf eine Schließung dieser Klassen und Schulen hinaus. Der Effekt: Der zweite Bildungsweg wird unmöglich, aber zum Glück spart das 300 Stellen, nicht?! 4. Klassenfrequenzerhöhung. () 5. Streichung der Poolstunden. Als Poolstunden werden die Stunden bezeichnet, die den LehrerInnen dazu dienen, sich auf den Unterricht vorzubereiten Die Poolstunden wurden einmal als die lange geforderte Arbeitszeitverkürzung eingeführt. () Der Effekt: 180 Stellen eingespart! Und wiederum fallen lange geforderte Reformen weg. 6. Hochsetzung der Pensionsgrenze um ein Jahr. () 7. ReferendarInnen sollen "bedarfsdeckenden Unterricht" durchführen. D.h. sie sollen ohne Hilfe eines/einer LehrerIn alleine unterrichten, Noten geben und dann LehrerInnen werden, ohne je die Hilfe eines/einer erfahrenen Kollegen/Kollegin in Anspruch zu nehmen und ihre Methoden zu überprüfen. Gelockt wird mit "mehr Freiheiten für ReferendarInnen". Der Effekt: Die ReferendarInnen sind überfordert und schaufeln sich ihr eigenes Grab, indem sie durch diese Maßnahmen ihre zukünftigen Stellen selber einsparen - und zwar 185 davon! () Flugblatt der SchülerInnenkammer, gekürzt

Weg mit der Uni, sie kostet nur Geld () Bewirtschaftungs- und Einsparmaßmen für die Universität für den Haushalt 94ff. >Die Einsparungen im Sachmittelhaushalt werden ca. 20-25% betragen; es stehen also noch weniger Bücher, technische Mittel etc. zur Verfügung. >Die Einsparungen im Personalbereich der Universität für den Haushalt 1995 werden 7 bis 8 Mio. DM betragen. Dies bedeutet die Streichung von 70-100 Stellen. >Vorrangig sollen diese Stellen dort eingeplant werden, wo 1. freie Ausbildungskapazitäten vorhanden sind, d.h. bisher nicht alle Studienplätze besetzt wurden, z.B. in exotischen Sprachstudiengängen und ähnlichen Bereichen, 2. ein im Vergleich zu anderen Universitäten großes Bildungsangebot vorhanden ist; hier werden von Hajen ausdrücklich der Fachbereich Medizin und die Geisteswissenschaften genannt. >Die in diesen Bereichen gestrichenen Stellen werden in der Kapazitätsberechnung für die StudienanfängerInnenzahlen nicht mehr berücksichtigt, d.h. in diesen Bereichen werden entsprechend Studienplätze wegfallen. Folge: Einführung eines internen NCs (Numerus Clausus) für alle Studienfächer. >Dies führt zu einer Reduzierung der StudienanfängerInnen-Zahlen zum Wintersemester 1994/95 um 10-15%. >Auch die Auflösung ganzer Studiengänge ist dabei nicht ausgeschlossen. () Flugblatt von PhilturmaktivistInnen, Aktionsrat und AStA der Uni, gekürzt

Vorrang für Bildung! Forderungen von GEW, AStA und Aktionsrat Uni sowie SchülerInnenkammer Hamburg: >Schaffung von 1000 Lehrerstellen bis 1997 entsprechend der wachsenden Schülerzahl >Erhalt der Standards für alle Schularten >Keine Erhöhung der Pflichtstundenzahl für LehrerInnen >Kein bedarfsdeckender Unterricht für ReferendarInnen >Erhalt der Schülergrundstunden >Keine Erhöhung der Klassenfrequenzen >Rücknahme der Abiturtermin-Verschiebung >Keine Reduktion der Studienanfänger-Kapazitäten an der Universität

TERMINE

Do, 28.4.Wem gehört Deutschland? Über das Wagnis der multikulturellen Demokratie. Daniel Cohn-Bendit stellt seine Thesen zum Einwanderungsland Deutschland vor. 19.00 Uhr im DAG- Haus, Raum I u. II, Karl-Muck-Platz.

Mo, 2.5.Geschlechterbeziehung als Gewaltverhältnis. Jessica Benjamin (New York): Die Spannung zwischen Psychoanalyse und Feminismus. Neues Unbehagen, alte Schranken. Christa Rohde-Dachser (Frankfurt): Frauenfeindlichkeit und Nationalismus.

Di, 3.5.Verkehrter Verkehr - behindern Behinderte den Verkehr, oder behindert der Verkehr Behinderte? Hörsaal HWP (siehe auch Aufruf in dieser Ausgabe), 19.00 Uhr

Mi, 4.5.Gewalt an behinderten Menschen - was tun? Hörsaal HWP (siehe auch Aufruf in dieser Aufgabe), 19.00 Uhr

9.5.-2.6.Wider der Krieg - Fotoausstellung von Helmut Hoffmann, Oldenburg. Veranstalter: Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung e.V. Ort: Hamburg- Haus Eimsbüttel, Doormannsweg 12. Öffnungszeiten Mo bis Sa von 10 bis 22 Uhr, So von 14 bis 21 Uhr (an Feiertagen geschlossen). Die Eröffnung findet am 9.5. um 19.00 Uhr statt. Im Rahmen der Ausstellung findet ein Rahmenprogramm statt: Di, 17.5., 19.30 Uhr im Curiohaus, Rothenbaumchaussee 15, Hinterhaus, Raum A. Bernd Hahnfeld (IALANA) zu: Die totale atomare Abrüstung im Lichte des Vertrages über die Nicht-Weiter-Verbreitung von Kernwaffen und die Frage der Verlängerung. Di, 24.5., 19.30 Uhr, Hamburg-Haus Eimsbüttel, Helmut Hoffmann - Lichtbildervortrag: Vom Hitlerjungen zum Pazifisten. Di, 31.5., 19.30 Uhr, Hamburg- Haus Eimsbüttel, Angelika Beer (Bündnis 90/Die Grünen): Landminen - Die Saat geht auf. Mo, 6.6., 19.30 Uhr, HamburgHaus Eimsbüttel, Cornelia Kerth, Traute Springer-Yakar (VVN): Der allgegenwärtige Rassismus - und was man dagegen tun kann. Nach den Vorträgen ist jeweils eine Diskussion vorgesehen.

13.-15.5.Für einen aktiven bundesweiten antifaschistischen Widerstand. Juso-AntiFa-Kongreß in der HWP. Als Redner sind angefragt: Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ralph Giordano, Schriftsteller, Christian Lange, stv. Juso-Bundesvorsitzender, Forum buntes Deutschland/SOS Rassismus, Berni Grant, Labour Party GB/Anti Nazi League. Der Kongreß ist kostenlos. Anmeldung bei: Jusos Hamburg, Kurt- Schumacher-Allee 10, 22097 HH, Tel. 243180.

14./15.5.Gewerkschaftspolitische Konferenz der PDS/Linke Liste. Tagungsort: Bürgerhaus Wilhelmsburg, Mengestr. 20, S-Bahn Wilhelmsburg. Eröffnungsplenum um 11.00 Uhr. Anschließend fünf Arbeitsgruppen: "Gibt es nichts mehr zu verteilen? Sozialismus in einer Klasse?" "Neue Tendenzen in der Produktivkraftentwicklung - Chancen und Bedrohung." "Prävention statt Reparatur - Zukunft des öffentlichen Diensts." "Gegen Massenarbeitslosigkeit - Arbeitszeit verkürzen, zweiten Arbeitsmarkt entwickeln, beschäftigungsorientierte Wirtschaftspolitik durchsetzen." "Sind die Gewerkschaften noch zu reformieren, oder gehen alle Grundsätze über Bord - die Reform- und Grundsatzdebatte in den Gewerkschaften aus linker Sicht."

Sa, 28.5.Unterwegs - Lieder und Geschichten vom Reisen. Im Handgepäck ein Akkordeon, Musik, Literatur und die Sehnsucht vom Reisen und Unterwegssein. Mit Stefan Goreiski (Musik) und Michael Grill (Texte). Stadtteiltreff AGDAZ in der Bücherhalle Steilshoop, Fehlinghöhe 16, 19.30 Uhr.

Mi, 1.6.Das Figurentheater "Die Complizen" gastiert mit dem Stück Lilli, Flosse und der Seeteufel in Steilshoop, Hörsaal der Gesamtschule. Die Schule ist erreichbar mit den Bussen 268, 272 und 118 bis Cesar-Klein-Ring oder Alfred-Mahlau-Weg. Die Aufführung wird vom Stadtteiltreff AGDAZ organisiert. Der Eintritt kostet 2,- DM pro Karte (Kinder ab 5 Jahre), die Eintrittskarten sind ab dem 2. Mai im Cafe (AGDA) neben der Bücherhalle in der Fehlinghöhe 16 erhältlich, Öffnungszeiten Mo-Do 17 bis 22.00 Uhr, Fr 16 bis 23.00 Uhr, Sa 17 bis 20.30 Uhr, So 14.30 bis 22.00 Uhr.

Achtung Bürokratie Stellt Euch vor, Ihr studiert im Ausland und werdet ausgewiesen, bevor Ihr Euer Studium mit einem Abschluß beenden könnt!!! Genau dieser Fall spielt sich zur Zeit an der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) ab. Gwantoro Sugeng studiert im 4. Semester Betriebswirtschaft, und die Ausländerbehörde will Gwantoro mit der Begründung ausweisen, daß er sein Studium nicht "rechtzeitig" beendet hat. Nachdem der Petitionsausschuß der Hamburger Bürgerschaft zwei Eingaben zur Duldung von Gwantoro abgelehnt hat, brauchen wir jetzt eine breite Öffentlichkeit. Gwantoro kann jetzt jederzeit bis zur ausstehenden Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Abschiebehaft genommen werden. Das höchstwahrscheinlich negative Urteil des Gerichtes hat eine sofortige Abschiebung zur Folge. Setzen wir durch, daß Gwantoro sein Studium in Deutschland beenden kann! Es hängt von uns ab, daß Gwantoro nicht aus unserer Mitte gerissen wird. Wir dürfen die Abschiebung nicht hinnehmen!!! Die Abschiebung bedeutet für Gwantoro, daß er ohne Abschluß nach Indonesien zurückkehren müßte, obwohl ihm nur noch 1 Jahr bis zum Diplom fehlt. Welchen Sinn soll es haben, daß Gwantoro vor Erreichung des Studienziels, das ja unmittelbar bevorsteht, ausgewiesen wird???? Aufruf an alle StudentInnen Hamburgs: Zeigt Eure Solidarität für Gwantoro, indem Ihr eine Postkarte an Freie und Hansestadt Hamburg, Ausländerbehörde, z. Hd. Herrn Bornhöft, Amsinckstr. 28-34, 20179 Hamburg, schickt und sprecht Euch für die Duldung des Aufenthaltes von Gwantoro Sugeng bis zur Beendigung des Studiums aus!!! (Dieser Aufruf wurde in der Uni verteilt)

Demo gegen das "Nationale Infotelefon" Am 15. April fand eine Demonstration gegen das sog. "Nationale Infotelefon" (NIT) der FAP in Hamburg statt. Obwohl die Demo am Freitagnachmittag schon um 15.00 Uhr begann, beteiligten sich gut 800 AntifaschistInnen, darunter einmal mehr auffällig viele Jugendliche. Schon im Vorfeld der Demo konnte durch gute Berichterstattung in der Presse eine große Öffentlichkeit gegen das NIT hergestellt werden. Das erste sichtbare Ergebnis war die Beschlagnahme eines Tonbandes des NIT. Aber das NIT sendet weiter, und es wird noch viel Druck brauchen, damit es ganz verschwindet. "Die faschistischen Strukturen angreifen!" ist eine der Parolen der Antifa-Bewegung geworden. Es geht dabei darum, den Faschisten jede Möglichkeit zum Auftritt, zur Propaganda und zur Mitgliederwerbung zu nehmen. Über das NIT können sich die Nazis koordinieren. Darum muß das NIT weg! Die Demo soll hierzu ein Schritt gewesen sein. -(F)

Antifa-Demo in Tostedt Wie in den letzten Lokalberichten (resp. dem Info) beschrieben, sammelt sich in Tostedt häufig eine größere Anzahl von Neonazis auf einem Platz im Ortskern. Insbesondere die FAP sucht daraus Kapital zu schlagen. Von hier aus unternehmen die Jungnazis Angriffe auf MigrantInnen und AntifaschistInnen. Die Stadt schaut diesem Treiben gleichgültig zu. Dennoch haben sich in Tostedt antifaschistische Gruppen gebildet, die gegen die Nazis vorgehen wollen. Für den 16. April hatten die Antifa Tostedt, die Antifa Jugendfront Tostedt und die BürgerInnen gegen Rechtsextremismus, unterstützt von etlichen Gruppen aus der Umgebung und aus Hamburg, zu einer antifaschistischen Demonstration aufgerufen. Es kamen 200 Leute, die über 2 Stunden durch den Ort demonstrierten. Die Faschos ließen sich an diesem Tag nicht blicken, und die Polizei hielt sich während des Demoverlaufs zurück, nachdem sie anfangs erfolglos versucht hatte, die Demo wegen der Vermummung einiger TeilnehmerInnen aufzuhalten. Die Vermummung erwies sich als notwendig, denn aus der Wohnung der Bliesmers (beides FAP- Kader) wurde unter Polizeischutz die Demo gefilmt. Obwohl wir uns mehr TeilnehmerInnen gewünscht hatten, glauben wir, daß die Demo ein Erfolg war, denn so was gibt es in Tostedt nicht alle Tage. Und auch das Bündnis mit den eher bürgerlichen AntifaschistInnen der BürgerInnen gegen Rechtsextremismus könnte gefestigt worden sein. Dieses war vor der Demo massiv unter Druck gesetzt worden, mit der Lüge von aus Hamburg einfallenden Horden. Daß sich diese Behauptung als unwahr erwies und es vielmehr eine geschlossene, kämpferische Demo gab, sollte viele dazu bewegen, das nächste Mal mitzugehen. Wir komm' wieder, keine Frage! -(F)

Ab sofort lieferbar: Sonja Bredehöft & Franz Januschek

Doppelzüngler Die Sprache der Partei >Die Republikaner< 150 Seiten, 15,00 DM

Eine "sozialpatriotische Bewegung" seien sie, sagen die REPUBLIKANER, und das ist doch nichts Schlimmes, oder? Wer genau liest oder hinhört, versteht aber mehr: "patriotisch" läßt sich als beschönigendes Ersatzwort für das verpönte "nationalistisch" verwenden. Und "sozial"? In der Programmatik der REP kann der Grund für diesen Ausdruck nicht liegen, das weiß jede/r. Der Grund liegt in der Verbindung mit "patriotisch": Für alte und neue Nazis nämlich liest sich die "sozialpatriotische" als "sozialnationalistische" Bewegung, und dann braucht man die Wörter nur noch umzudrehen, um sich in der "Bewegung" wiederzufinden. Dies ist typisch für die Sprache der REPUBLIKANER. Alten und neuen Nazis, einschließlich der militanten Veranstalter von Pogromen und der Revisionisten, die Kriegsschuld und Auschwitz leugnen, wird signalisiert, daß sie sich in der Partei, der "Bewegung" wiederfinden können. Aber formuliert wird immer so, daß entweder nur Eingeweihte mit den entsprechenden historischen Kenntnissen die Anspielungen verstehen oder daß man zumindest immer behaupten kann, man habe es nicht so gemeint. Die vorliegende Untersuchung beschreibt erstmalig ausführlich diese Textstrategie des Verdeckens und der Mehrfachadressierung bei den REP. Sie ist aus einem Gutachten für ein Gerichtsverfahren im Jahre 1993 hervor gegangen. Zu beziehen über: DISS, Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung Realschulstraße 51, 47051 Duisburg. Tel.: (0203)210249; Fax: (0203)287881

Broschüre gegen die "Anti-Antifa" Ein Sonderheft der niedersächsischen Zeitschrift Der Rechte Rand befaßt sich mit den verstärkten Bemühungen der Faschisten, AntifaschistInnen anzugreifen. Dieser Arbeitsbereich der Faschisten ist unter dem Titel "AntiAntifa" seit dem Erscheinen der Terrorliste Der Einblick in die Öffentlichkeit geraten. In der Broschüre geht es um die Hintermänner der "AntiAntifa" und des Einblicks, um das (Nicht-)Verhalten von Polizei und Staatsanwaltschaften, um entsprechende NaziAktivitäten in anderen europäischen Staaten sowie um Tradition und theoretische Grundlagen der Bekämpfung des Antifaschismus, die allerdings nicht nur von Nazis betrieben wird. Die Broschüre informiert ziemlich umfassend über die Hintergründe der "Anti-Antifa". Sie trägt dazu bei, daß ein genaues Bild dieses Schwerpunktes der Faschisten entsteht. - (F) Der Rechte Rand. Sonderheft: Angriffsziel: Antifa. Faschisten machen mobil. Kostet 5 DM für 48 Seiten und ist zu beziehen bei: Verlag Der Rechte Rand GbR, Rolandstraße 16, PF 1324, 30013 Hannover (plus Porto) oder im guten Buchhandel.

Internationaler Block

Offener Brief an den

DGB Hamburg

Mai-Kundgebung des Internationalen Blockes, Rentzelstr. am Fernsehturm, 1. Mai 94, 14 Uhr

Kolleginnen und Kollegen, Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter werden - wie seit den 50er Jahren nicht mehr - in die Verelendung getrieben. Abermillionen Werktätige sind arbeitslos. Die Gewerkschaften werden offen vom Kapital bedroht. Angehörige fremder Völker und anderer Minderheiten werden verfolgt bis in den Tod. Deshalb sind wir der Meinung, daß in solcher Zeit die Einheit der Arbeiterbewegung das wichtigste Unterpfand ist, den Angriffen der Reaktion standzuhalten. Leider scheint dies nicht die gängige Auffassung der DGB-Führung in Hamburg zu sein. Der DGB hat es abgelehnt, bei der gemeinsamen Mai-Kundgebung einen Vertreter oder Vertreterin der internationalen Arbeiterbewegung sowie eine Vertreterin bzw. einen Vertreter des Internationalen Blocks sprechen zu lassen. Stattdessen aber wurde der wahlkämpfende und abschiebungsbefürwortende Scharping eingeladen. Absprachegemäß traten auf der letztjährigen Mai-Kundgebung je zwei Vertreterinnen bzw. Vertreter des DGB und des Internationalen Blocks als Redner auf. Da der Internationale Block seit Jahren die Hälfte oder gar die Mehrzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der 1.-Mai- Demonstration stellt, war dies nur natürlich. Als besonders richtig und wichtig wurde angesehen, daß Angehörige der Unterdrückten und Verfolgten dabei zu Wort kamen. Um noch besser den 1. Mai gemeinsam und frühzeitig zu gestalten, wurde bereits auf dem Auswertungstreffen im Mai 1993 für den 26. Januar 94 zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen. Kurz vor dem 26.1.94 sagte Pumm diesen Termin ersatzlos ab. Nach hartnäckigem Drängen war Pumm zu einem "informellen" Treffen bereit. Dort wurde seitens Pumm erklärt, daß es in der IG Chemie Vorbehalte und in der IG BSE gar einen Beschluß gegen Redner des Internationalen Blocks gäbe, da diese im "Kampfanzug" aufgetreten seien. Pumm weiß, daß dies nicht den Tatsachen entspricht und offensichtlich vorgeschoben war. Der Internationale Block schlug vor, den Kollegen Ceylan (Vorsitzender der türkischen Is-Erdölarbeitergewerkschaft) einzuladen, der gerade wegen eines Artikels, der die Einheit der türkischen und kurdischen Arbeiter gegen den Krieg in Kurdistan fordert, zu 20 Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Pumm erkannte die Bedeutung einer solchen Geste der Solidarität und wollte sich für die Einladung einsetzen. Weiter erhob der Internationale Block Einwände dagegen, die 1.Mai- Kundgebung auf ein unpolitisches Kinderfest zu reduzieren. Ohne Information des Internationalen Blocks ließ der DGB Flugblätter drucken und verteilen, aus denen zu ersehen ist, daß Pumm als einziger Redner des DGB 15 Minuten spricht, ein Kinderfest stattfindet, Rudolf Scharping auftritt und am Ende der Veranstaltung eine "internationale Beteiligung" vorgesehen ist. Die Nachfrage beim Kollegen Pumm ergab, daß unter "internationaler Beteiligung" der Internationale Block zu verstehen sei, der ja mit einer Folklore-Gruppe auftreten könne. Dies wurde vom Internationalen Block abgelehnt und erklärt, wenn der DGB sich nicht an die Absprachen halte, der Internationale Block sich gezwungen sähe, eine eigene Kundgebung abzuhalten. Später gab Pumm zu, daß der DGB zu keinem Zeitpunkt eine Einladung des Kollegen Ceylan oder eines anderen internationalen Vertreters in Betracht zog. Wir erklärten unsere Absicht, wenigstens die Demonstration gemeinsam durchzuführen, zu Absprachen über einen geordneten Ablauf und des gegenseitigen Tolerierens der Kundgebungen bereit zu sein. Auf den Flugblättern des Internationalen Blocks werde auch die DGB-Kundgebung genannt. Offensichtlich wird die Einheit von Teilen der DGB-Führung in Hamburg nicht gewünscht. Völlig unakzeptabel ist es für uns, daß Rudolf Scharping, der zusammen mit Kohl für die Abschiebung von Kurdinnen und Kurden in Folter und Tod eintritt, im Rahmen der Einheitsgewerkschaft und des 1. Mai das Wort erteilt wird. Zigtausende Menschen leben als Angehörige dieser nationalen Minderheit in Hamburg. Durch Rudolf Scharpings Éußerungen werden alle bedroht, die keinen BRD-Paß besitzen. Insbesondere gilt dies für unsere ausländischen Kolleginnen und Kollegen, die in vielen Auseinandersetzungen und Streikkämpfen an vorderster Front standen. Der Wahlkampfauftritt Scharpings geht auf Kosten der Einheitsgewerkschaft. Um der Reaktion trotz alledem die Stirn zu bieten und der internationalen Arbeiterbewegung die Stimme zu geben, die ihr zu verwehren versucht wird, hat sich der Internationale Block entschlossen, eine eigene Kundgebung durchzuführen.

Leserbrief zu Info/Lokalberichte 8/94

Betrifft: >Der 1. Mai

gehört nicht dem DGB<

Dieser Artikel, plaziert an hervorgehobener Stelle - gut sichtbar mit o.g. Überschrift -, erweckt den Eindruck, als gebe es am 1. Mai nichts Wichtigeres, als die Gewerkschaften zu bekämpfen. Auf den ersten Blick hat mensch sogar den Eindruck, es handelt sich ja immerhin um ein PDS-Info;, daß dies die Meinung der Hamburger PDS sei. Erst bei genauerem Hinsehen kann mensch erkennen, daß dieser Artikel aus der Feder von "anarchistischen Rätekommunisten" stammt. Die Plazierung und der Inhalt dieses Artikels in unserem Hamburger PDS- Info halte ich nicht nur für kontraproduktiv, sondern schlichtweg für falsch. Das eigentliche Problem für Linke in den Gewerkschaften (aus dem Kreise der Verfasser sind mir in diesem Zusammenhang keine gewerkschaftlich Aktiven bekannt) besteht doch darin, gewerkschaftliche Demonstrationen am 1. Mai durchzusetzen und dafür zu sorgen, daß dafür möglichst stark mobilisiert wird. Die eigentliche Gefahr besteht nämlich darin, daß künftig nur noch im Saal oder in Planten und Blomen gefeiert wird. Kritisiert werden muß vielmehr der erneut enge Schulterschluß zwischen Hamburger DGB-Spitze und DGB- Wahlkampfführung. Dafür gibt es aus meiner Kenntnis Zustimmung bei unheimlich vielen gewerkschaftlichen Ak tivistInnen. Deshalb: Die PDS-HH täte gut daran, deutlich zu machen, daß sie für starke, kämpferische Gewerkschaften ist und die dort aktiven Linken unterstützt. Gerade der 1. Mai sollte für uns deutlich machen, daß der Gegner nicht am Besenbinderhof, sondern vielmehr in der Handelskammer sitzt. Ohne starke aktive Gewerkschaften wird auch die politische Linke nichts zu bestellen haben. Gerald Kemski AG "betrieb und gewerkschaft"

(1) Anmerkung der Redaktion: Das Info der PDS entsteht seit einigen Ausgaben in enger Zusammenarbeit mit den von verschiedenen politischen Kräften getragenen Lokalberichten Hamburg und erscheint mit im wesentlichen identischen Inhalt, aber unterschiedlichem Titel. Diese Form der Zusammenarbeit war für eine Übergangszeit gedacht, daraus entstehende Probleme, die mit den unterschiedlichen Konzeptionen der Zeitungen und unterschiedlichen Erwartungen der Leserinnen und Leser zusammenhängen, wurden nicht immer ausreichend berücksichtigt.

Der 1.Mai - kein

Tag der Rituale!

Rituale sind geplant: Der DGB veranstaltet ein Familienfest mit eingeschlossener SPD-Wahlveranstaltung. Der Internationale Block will am Kampftag der Arbeiterklasse revolutionäre Positionen sichtbar machen. Beides ist der gegenwärtigen Situation nicht angemessen. Die SPD stellt wahrhaftig keine ernsthafte Opposition zur Regierungspolitik dar. Es ist allerdings auch wenig konstruktiv, parallel zum DGB ein paar Meter weiter eine Gegenkundgebung abzuhalten. Konstruktiv wäre etwas anderes: Eine riesige Demonstration, die deutlich macht, daß der DGB seine Rolle als Opposition wahrnehmen will. Die klarmacht, daß es in allen Einzelgewerkschaften Widerstand gibt gegen die Regierungspolitik des expansiven Wirtschaftens, die Massenarbeitslosigkeit als Normalität akzeptiert und Opferbereitschaft vom größten Teil der Bevölkerung fordert. Die gegenwärtige Standortdebatte ist ideologische Nebelwerferei, an der sich der DGB nicht beteiligen sollte. Keine Untersuchung hat bisher einen tiefgreifenden Mangel an internationaler Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie nachgewiesen. Die Debatte dient nur dazu, Akzeptanz für den Umbau bzw. die Abschaffung des Sozialstaats und für Lohnverzicht bei den Gewerkschaften und den Betroffenen zu erreichen. - Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik der Universität Bremen kommt in ihrem Memorandum '94 zu dem Schluß: "Alle Behauptungen, aus denen in der Standortdiskussion Forderungen nach Lohnsenkungen, Verlängerung der Arbeitszeiten, Senkung von Staatsausgaben und Unternehmenssteuern abgeleitet werden, sind entweder methodisch unzulässig oder schlicht falsch." Widerstand gegen das Standortargument und die Propagierung einer alternativen Wirtschaftspolitik sollte der DGB als seine wichtigste Aufgabe ansehen. Konkrete Vorschläge zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit und zur Wiedererlangung sozialer Sicherheit liegen längst auf dem Tisch, wie z.B. * die generelle Verkürzung der Arbeitszeit mit Lohnausgleich, * tariflich abgesicherte neue Arbeitszeitmodelle, die Arbeitsverdichtung und -verlängerung ausschließen, * das Verbot ungeschützter Beschäftigungsverhältnisse, * die gezielte Entwicklung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors im Bereich sozialer und kultureller Dienstleistungen, des Umweltschutzes und der Stadtgestaltung, der feste Arbeitsplätze schafft, * die Einführung einer bedarfsorientierten sozialen Grundsicherung etc. Die Gewerkschaften sind Opposition, und das gilt s sichtbar zu machen. Attraktivität und Stärke der Gewerkschaften wird nicht durch Rückzugsgefechte erhöht, indem Tarifabschlüsse unterhalb der Reallohnsicherung als Erfolg verbucht werden, sondern durch eine deutliche Absage an die Sozialpartnerschafts-Ideologie. Dem steht die Einladung des künftigen Bundeskanzlers zu einem Polit-Talk allerdings völlig entgegen, denn der vertritt ein Standortsicherungs-Konzept. Der DGB sollte sich von der Abhängigkeit von der SPD endlich lösen, Ansätze dazu gibt es ja in Hamburg. Das ist allerdings kein Plädoyer für parteipolitische Abstinenz. Sinnvoll wäre es gewesen, jeweils einen Politiker von SPD, GRÜNEN und PDS einzuladen, um wirtschaftspolitische Alternativen ernsthaft zu diskutieren. Die CDU hätte man außen vor lassen können, da ist sowieso nichts zu holen. Revolutionäre Positionen tragen andererseits genausowenig zur Veränderung bei wie ein Talk mit Scharping, und die Einschätzung, nur die Gewerkschaftsbasis stelle "das Interesse der Menschen über das Vernutzungsinteresse des Kapitals", ist schlicht falsch und zeugt von wenig Kenntnis der Gewerkschafts"szene". Aktive Mitarbeit innerhalb der Gewerkschaften zur Lösung konkreter gesellschaftlicher Probleme und die Zusammenarbeit von Gewerkschaften und sozialen Initiativen kann Ansätze zur Veränderung bringen. Veränderung beginnt mit Opposition - das gilt auch für den DGB. Deshalb die Aufforderung an alle Gewerkschafter: Beteiligt Euch an der Demonstration am 1.Mai mit Euren konkreten Forderungen! Es ist kein Ritual, massenweise auf die Straße zu gehen. Davor haben die Regierenden immer noch am meisten Angst - wenn der Protest ernst gemeint ist. Dafür allerdings ist es höchste Zeit. Gudrun Zimdahl

Druckverband maßlos

Kapitalistenverband sieht sich im Krieg statt im Tarifkonflikt

Mit zahlreichen Warnstreiks haben Kollegen der Druckindustrie in den vergangenen Wochen den Forderungen der IG Medien zum Manteltarif und zum Lohntarif Nachdruck verliehen. Die Aktionen der Kollegen von Springer/Ahrensburg führten wiederholt dazu, daß das Abendblatt und die Bildzeitung verspätet und in vermindertem Umfang erschienen. Warnstreiks wurden ebenfalls bei Broschek (Tiefdruck) und bei Bude in Schwarzenbek (MOPO) durchgeführt. Am vergangenen Wochenende wurden die Bergedorfer Zeitung und die Kieler Nachrichten bestreikt. Die Vielzahl der Aktionen macht die Druckunternehmer zunehmend nervös. So erklärten sie die Berichterstattung über die Tarifauseinandersetzung in ihren Medien zur "Chefsache" und verhindern so eine objektive Darstellung der Inhalte und Formen der Arbeitskämpfe. Die unter großem Theaterdonner von den Unternehmervertretern abgebrochene Schlichtung wird nun am 2./3. Mai fortgesetzt, nachdem die IG Medien mit einer formellen Entschuldigung für die angebliche Tätlichkeit eines demonstrierenden Kollegen den Vorwand aus der Welt geschafft hat. Den folgenden Beitrag zum Thema entnahmen wir den Politischen Berichten Nr. 8/94. -(ulj)

Mit einem "Zwischenfall" wurde am 18. April der dritte Schlichtungstermin des Tarifkampfs in der Druckindustrie ohne neuen Termin vertagt. Die Tagesschau meldete: "Protestierende Drucker waren in den Tagungsraum eines Frankfurter Hotels gedrungen, um gegen die Haltung der Arbeitgeber zu protestieren. Dabei wurde der Geschäftsführer des Bundesverbandes Druck nach eigenen Angaben tätlich angegriffen. Die Arbeitgeber erklärten daraufhin, sie seien nicht bereit, weiterzuverhandeln." Auch wenn im Moment (bei Redaktionsschluß) der genaue Hergang nicht klar ist, weist der Vorfall doch auf die zugespitzte Lage in dieser Tarifauseinandersetzung hin. Die IG Medien führt im Bereich Druckindustrie nicht nur Lohnverhandlungen, sondern gleichzeitig findet eine Auseinandersetzung über den Manteltarifvertrag statt, deren Schärfe selbst für diesen Bereich ungewöhnlich ist. Vor vier Jahren hatte sich die IG Medien darauf konzentriert, die 35-Stunden- Woche (in einem Stufenplan bis 1994) durchzusetzen. Alle übrigen Bestandteile des Manteltarifvertrags blieben in Kraft. Das geschah damals mit dem Versprechen an die Mitglieder vor allem in den Schichtbetrieben, ihre dringenden Forderungen zur Milderung der Folgen von Nacht- und Schichtarbeit und zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes sollten zum nächsten Verhandlungstermin umgesetzt werden. Gleichzeitig will die IG Medien auf die veränderte Situation in den Betrieben eingehen durch Forderungen nach Frauengleichstellung und mehr Beteiligung am Arbeitsplatz, wie sie vor allem auch aus Angestelltenbereichen erhoben werden. Die Schwerpunkte der Manteltarifvertrag-Forderungen sind: - Entlastung der Schichtarbeiter einschließlich einer Tarifrente für Nachtarbeit; - Verbesserung des Gesundheitsschutzes; - Beteiligungsrechte jedes Beschäftigten, vor allem in Fragen der Arbeitszeitgestaltung; - Schutz für Teilzeitbeschäftigte; - Frauengleichstellung; - arbeitszeitverkürzende Bestimmungen zwecks Eindämmung der Arbeitslo sigkeit; - in den neuen Bundesländern die gleiche Wochenarbeitszeit wie in den alten. Die Verhandlungen über den Manteltarifvertrag begannen am 1. Dezember 1993, und von Anfang setzten die Druckunternehmer auf Boykott. Jedes Gespräch über das Forderungspaket oder auch nur eine einzige Forderung lehnte der Bundesverband Druck ab; und sein Vizepräsident und Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses, Dr. Wolfgang Pütz, trug vor, hinter dem Forderungspaket der IG Medien stehe "letztlich die Intention der Sozialisierung der Betriebe und unserer Wirtschaft". Diesen Text verbreitete der Bundesverband Druck dann im Januar 1994 in den Druckbetrieben als Broschüre mit dem Titel "Die Zwangsjacke - Stellungnahme des Bundesverbandes Druck zu den Tarifforderungen der IG Medien". "Wir wissen, was die IG Medien wirklich will", heißt es da. "Wir wissen, daß sie trotz des Konkurses der sozialistischen Systeme auf diese schwört. Ich persönlich habe immer wieder gesagt, daß ich diese soziale Marktwirtschaft und das damit verbundene Gesellschaftssystem in dieser Bundesrepublik mit allen mir zur Verfügung stehenden Kräften unterstütze und verteidige. In diesem Willen weiß ich die Unternehmer der Druckindustrie geschlossen hinter mir." Der Bundesverband Druck sieht sich offenbar nicht mehr in einer Tarifverhandlung, sondern in einem Krieg. "Jede Forderung dieses Paketes setzt jedoch ein Stück notwendiger unternehmerischer Freiheit und ordnungspolitisch notwendiger Spielräume außer Kraft () Mit diesem Forderungspaket startet die IG Medien den Generalangriff auf die Marktwirtschaft " Diesen Ton schlagen die Druckunternehmer auch in ihren zahlreichen Aushängen und Briefen an die Beschäftigten an. Nachdem der Bundesverband Druck sich jeder Verhandlung verweigerte, rief die IG Medien den Schlichter an, um überhaupt zu einem Termin zu kommen. Am 8. Februar fand die Schlichtung zum Manteltarifvertrag statt. Wieder forderte der Bundesverband Druck, die IG Medien müsse ihr gesamtes Forderungspaket vom Tisch nehmen. Die IG Medien schlug eine Denkpause vor, um zunächst die Situation zu entspannen und dann vielleicht wieder ins Gespräch zu kommen. Auch dies wiesen die Druckunternehmer schroff zurück. Stattdessen deuteten sie an, daß sie Teile des bestehenden Manteltarifvertrages aushöhlen und den Flächentarifvertrag in Frage stellen wollen. In den Tarifverhandlungen für die Papier- und Kunststoffverarbeitung im März wurden die Unternehmer konkret mit ihren Gegenforderungen: Die "Öffnung des Manteltarifvertrages für betriebsindividuelle Lösungen" solle den Betrieben Kostenentlastung bringen, das heißt für einzelne Betriebe, Beschäftigtengruppen oder einzelne Arbeitnehmer Arbeitszeiten mit der Rückkehr zur 40-Stunden-Woche oder auch, "wenn dieser Weg der kostengünstigere ist gegenüber Entlassungen", eine Arbeitszeitverkürzung auf 34 Stunden pro Woche. Der Verteilungsspielraum soll auf zwölf Monate ausgedehnt werden, d.h. Jahresarbeitszeit. Sollte die IG Medien darauf nicht eingehen, werde über Lohn und Gehalt nicht verhandelt. Am 31. März kündigte die IG Medien den Lohntarifvertrag im Druckgewerbe mit den Forderungen: - Erhöhung der Löhne und Gehälter um fünf Prozent und zusätzliche Anhebung der unteren Lohngruppen; - Verhandlung über Beschäftigungssicherung unter Berücksichtigung der arbeitsplatzsichernden Forderungen zum Manteltarifvertrag; - als eine beschäftigungssichernde Maßnahme soll das Vorziehen der 35- Stunden-Woche diskutiert werden. Durch die Verbindung der Lohnforderungen mit "Eckwerten für Tarifverträge zur Sicherung der Arbeitsplätze" versuchte die IG Medien, den Knoten in den festgefahrenen Verhandlungen zu lockern. Der Bundesverband Druck hatte daran kein Interesse. Am Vorabend der ersten Lohnrunde im Druckbereich bot Hauptgeschäftsführer Klemm vom Bundesverband Druck eine "Beschäftigungsoffensive" an: Arbeitsplätze könnten nur gesichert und geschaffen werden, "wenn Kostensteigerungen gebremst werden und die Wettbewerbsfähigkeit durch Flexibilisierung der Arbeitszeit gestärkt wird". In der Verhandlung am 16.3. gab es statt eines Angebots die Erpressung, nur wenn die IG Medien darauf eingehe, seien die Arbeitgeber zu moderaten Lohnerhöhungen bereit. In der zweiten Verhandlungsrunde am 23. März setzte der Bundesverband Druck konkret nach: Arbeitszeitkorridor nach oben und unten; zuschlagsfreie Überstunden bei langem Ausgleichszeitraum, Wiedereinführung der Samstagsarbeit (als normaler Arbeitstag), keine Verbesserungen bei Teilzeitarbeit. Niedrigere Einstiegslöhne bei der Einstellung älterer und arbeitsloser Menschen seien ein Anreiz, Erwerbslose von der Straße zu holen und den Alten eine Chance zu geben. Über Lohn könne geredet werden, wenn man bei diesem Beschäftigungspaket vorangekommen sei. Die Arbeitgeber erklärten das Scheitern. Die Mitglieder haben "von Kiel bis Kempten" die gesamten Verhandlungen mit zahlreichen Warnstreiks unterstützt. Aber inzwischen muß man nicht mehr fragen, welche Fortschritte kann sie durchsetzen, sondern: Wie kommt die IG Medien noch mit einem blauen Auge davon? Nach den Tarifabschlüssen bei Chemie, Metall und ÖTV war schon zu befürchten, daß es in der Druckindustrie nicht zur tarifpolitischen Wende in der Sozialpolitik kommt. -(ulk)

Hinz und Kunzt

Hilfe zur Selbsthilfe für Obdachlose?

Seit einem halben Jahr gibt es nun schon die Hamburger Obdachlosenzeitung Hinz und Kunzt. Von Anfang an ist uns aufgefallen, daß darin über die Problematik der Obdach- und Wohnungslosen nur wenig berichtet wird, dagegen beispielsweise einem Veranstaltungskalender für (Gut-)Verdienende und Kulturtips sehr viel Platz eingeräumt wird. Außerdem fallen die vielen großformatigen Anzeigen ins Auge. Uns interessierte, was einer der zahlreichen Verkäufer von Hinz und Kunzt von der Zeitung hält, aber vor allem auch, ob z.B. der Verkauf der Zeitung Obdachlosen perspektivisch dazu verhilft, von der Straße wegzukommen, und wofür die Einnahmen aus dem Verkauf und den Anzeigen sowie die Spenden verwendet werden. Wir haben letzten Sonntag am Hauptbahnhof Günther (33), einen der Verkäufer, angesprochen, und er erklärte sich bereit, ein Interview zu geben. Seit 4 Monaten verkauft er bereits diese Zeitung. Sein Verkaufs"stand" wechselt dabei von Woche zu Woche, denn jeden Montag werden die Plätze neu eingeteilt. Letztendlich haben wir kaum über den Inhalt von Hinz und Kunzt gesprochen. Es hat sich im Gespräch jedoch bestätigt, daß nur 2 bis 3 der insgesamt 40 Seiten für die Obdachlosen selbst vorgesehen sind. Über den Inhalt (und die Auswahlkriterien) dieser wie auch der anderen Seiten entscheidet die Redaktion; die Verkäufer haben darauf keinen Einfluß. Bis zur nächsten Ausgabe der Lokalberichte werden wir in dieser Sache nachrecherchieren. Wir veröffentlichen nun Auszüge aus dem fast einstündigen Interview: -(jes, jeh)

Wieviele Zeitungen bekommst Du für den Verkauf?

So viele, wie ich Geld in der Tasche habe, um die 50 Pfennige pro Stück auszulegen. Man muß die Zeitung ja im voraus bezahlen.

Woher hast Du das nötige Geld bekommen, als Du das erste Mal die Zeitung verkauft hast?

Beim ersten Mal bekommt man einen Verkäuferausweis und erhält die ersten 10 Zeitungen umsonst, damit man ein Startkapital hat. Diesen Verkäuferausweis müssen wir ständig mit uns führen. Jeder, der obdach- oder wohnungslos ist, kann ihn erhalten. Hinten auf dem Ausweis sind die Regeln aufgeführt, an die man sich halten muß (kein Alkohol, keine Drogen, kein Betteln während des Verkaufs). Wenn man sich nicht daran hält, gibt es beim ersten Mal eine Verwarnung, beim zweiten Mal wird der Ausweis für eine Woche eingezogen, und beim dritten Mal ist er ganz weg.

Wieviele Zeitungen verkaufst Du durchschnittlich?

Das kommt darauf an, wie lange ich stehe und verkaufe, aber im Monat werden es schon etwa 2000 sein. Das wären dann - ohne Trinkgeld, reiner Verkaufserlös - 2000 DM im Monat.

Manch einer verdient keine 2000 DM im Monat, wenn er arbeitet

Ein anderer lebt auch nicht auf der Straße, und das kostet ja doppelt. Zum Beispiel kann ich nicht zu Hause kochen, sondern muß essen gehen.

Angenommen, Du würdest Dir von dem Geld etwas beiseite legen und Dir nach einer gewissen Zeit eine Wohnung mieten - könntest Du dann die Zeitung trotzdem weiterverkaufen?

Soweit ich weiß, gibt es eine Toleranzgrenze von 3 Monaten. Genau weiß ich es nicht, aber man kann die Zeitung noch eine Zeitlang weiterverkaufen, es ist also nicht sofort Schluß damit. Aber man hat davon natürlich noch lange keine Arbeit, keine Arbeit heißt kein Geld, ohne Geld kann wiederum die Miete nicht bezahlt werden Das ist der Teufelskreis, in den man dann wieder hineinkommt. Und viele von uns haben ja auch noch Schulden.

Wie lange bist Du jetzt schon wohnungslos?

Seit ich nach Hamburg gekommen bin, das ist jetzt 7 Jahre her. In der Zeit hier in Hamburg habe ich nicht ein einziges Mal eine Wohnung gehabt. Ich habe vorher als Schaustellergehilfe gearbeitet, mußte dann aber mit dieser Arbeit aus gesundheitlichen Gründen aufhören. Ich bekomme zur Zeit Arbeitslosengeld, alle 14 Tage 310,80 DM. Da das Geld nicht immer pünktlich kommt, bin ich auch in der Beziehung voll auf den Verkauf der Zeitung angewiesen.

Das heißt also, was die Zeitung Dir bringt, ist im Endeffekt: Geld?

Ja, aber weil ich durch die Zeitung zusätzlich was verdiene, konnte ich auch schon einen Haufen Schulden bezahlen. Eigentlich würde ich mich ja am liebsten selbständig machen wollen, aber das ist halt nicht einfach. Ich habe früher mal einen Teeladen gehabt, dann lange Zeit als Kellner, aber auch als Stapelfahrer gearbeitet. Aber dann geht es halt los, man braucht eine Wohnung, ohne die keine Arbeit, ohne Arbeit keine Wohnung Bei einer Zeitarbeitsfirma würde ich sofort Arbeit bekommen, aber rein technisch gesehen wäre ich ja blöd, wenn ich das machen würde. Ich würde dort zum einen wesentlich weniger Geld verdienen

und Du müßtest dann auch 8 Stunden arbeiten

Ja, zwar arbeite ich manchmal auch so lange, aber ich kann mir die Arbeitszeit selbst einteilen, kann dann Pause machen, wann ich will, und wenn ich mal keine Lust mehr habe, dann höre ich halt auf.

Wenn man es also böse formulieren würde, könnte man sagen, daß die Tatsache, daß Du die Zeitung verkaufst, dabei gutes Geld verdienst, eigentlich genau das Gegenteil von dem bewirkt, was bewirkt werden soll im Sinne von "Hilfe für Obdachlose" oder "Hilfe zur Selbsthilfe" zum Beispiel?

Mag sein, daß das das Ziel und Zweck der Zeitung ist - aber wo steht das denn? -, doch eigentlich läuft es doch so: "Hauptsache, ihr verkauft unsere Zeitung; ob ihr dadurch von der Straße kommt oder nicht, ist nicht unsere Sache." Es sind ja auch kaum Leute da, also Sozialarbeiter oder Psychologen, die sich um uns und die Probleme kümmern. Da ist keiner, der eine entsprechende Ausbildung hätte.

Zur Zeit hat Hinz und Kunzt eine Auflage von 120000. Hat sich an der Auflage innerhalb dieses halben Jahres etwas verändert?

Die Auflage ist momentan konstant. Zuerst waren es 30000 Exemplare, und es wurden noch einmal 30000 nachgedruckt. Bei der Novemberausgabe waren es schon 60000, und es wurden noch 50000 nachgedruckt. Die Dezemberausgabe haben sie von ursprünglich 90000 auf 120000 gesteigert, bei der Januarausgabe waren es 150000 zuzüglich 30000 nachgedruckte Exemplare, und seitdem hat Hinz und Kunzt eine Auflage von - offiziell - 120000. Diese 120000 werden von zur Zeit 450 Obdach- bzw. Wohnungslosen verkauft. Wieviele Zeitungen jeder einzelne verkauft, hängt von seinem persönlichen Einsatz ab. Manche holen sich dann, wenn eine neue Ausgabe herauskommt, die Zeitung ab und sahnen die ersten Tage richtig ab, oder manchen reicht es auch, wenn sie pro Monat z.B. 100 oder 200 DM über den Verkauf verdienen. Ich teile mir das halt über den Monat hinweg ein. Die Auflage bemißt sich danach, wieviele Zeitungen von den Verkäufern abgeholt werden. Wenn alle weg sind, wird nachgedruckt. Ob die abgeholten Zeitungen auch alle verkauft werden, ist unser Problem und Risiko, denn zurückbringen dürfen wir keine mehr.

Erfahrt Ihr, was mit dem Geld passiert, das für die Zeitung eingenommen wird? Bei 120000 verkauften Exemplaren wären das 60000 DM, hinzu kommen Einnahmen aus den zahlreichen Anzeigen, und in der Zeitung selbst sind ja auch immer wieder viele Sponsoren aufgeführt.

Bis jetzt habe ich noch nichts davon gehört, was mit dem Geld passiert. Es heißt immer nur, es werde für die Zeitung verwendet. Uns als Verkäufer wird nichts über den Verbleib des Geldes gesagt, auch nicht, wieviel mit der Zeitung verdient wird. Wir wissen nur von den 50 Pfennigen, die wir pro Exemplar bezahlen müssen.

Hast Du denn einen Vorschlag, was man anders machen könnte und sollte in bezug auf den Verkauf und die Einnahmen?

Die könnten doch z.B. sagen: Paß auf, du verkaufst, sagen wir mal, 1000 Zeitungen im Monat, du gibst uns jetzt nicht 50 Pfennige pro Zeitung, sondern 1 DM, das wären dann 500 DM Gewinn. Für diese 500 DM bekommst du von uns eine Wohnung gestellt oder ein Zimmer. Dort kannst du einziehen und wohnen, und solange du monatlich deine Zeitungen verkaufst, hast du eine Wohnung. Denn wenn ich jetzt allein losgehe und eine Wohnung suche - selbst wenn ich eine bekommen würde -, hätte ich doch gar nicht so viel Geld, um Miete, Kaution, Maklergebühr usw. aufbringen zu können. Als einzelner geht das nicht. Und die könnten doch z.B. ein ganzes Haus mieten. Soweit ich weiß, steht z.B. in Altona das ehemalige Arbeitsamt leer. Dort könnten sie doch eine ganze Etage mieten oder mehr, und dann werden die Zimmer an uns einzeln weitergegeben. Viele hätten eine Unterkunft und müßten nicht auf der Straße rumhängen. Gut, daß das nicht für alle 450 Verkäufer geht, ist mir klar, alle werden das auch nicht wollen, aber man könnte doch mit 10 oder 15 Leuten anfangen, und wenn es gut läuft, könnte man es ausbauen. Hauptsache, sie fangen zumindest mal an. Diese 500 DM wären auch ein Betrag, den man zahlen kann, der im Rahmen der Möglichkeiten liegt, und es bleibt dann ja auch noch Geld für mich übrig. Ich müßte zwar die nächsten Zeitungen wieder kaufen, aber davon kommt ja auch wieder Geld rein.

"Was sind Kranke wert?" lautete ein weiteres Transparent auf der großen Demonstration des Pflegepersonals 1988. Dieser Frage wird sich demnächst die Gesundheitssenatorin FischerMenzel stellen müssen, und zwar auf Personalversammlungen in den staatlichen Krankenhäusern des Landesbetriebes (LBK). Im April hatte die Geschäftsführung des LBK ihre Vorstellungen zur "rechtlichen Verselbständigung", wie die Privatisierung dort genannt wird, den Beschäftigten unterbreitet und mit ihnen und der ÖTV diskutiert. Besonderen Diskussionsbedarf erregten die beabsichtigte Ausgliederung von "unrentablen" Betriebsteilen, der offenkundige Vorrang von wirtschaftlichen vor medizinischen Notwendigkeiten und die lächerliche Drittelparität für die Arbeitnehmervertreter im geplanten Aufsichtsrat. Weil die Geschäftsführung Fragen nach der demokratischen Kontrolle durch die BürgerInnen und der gesundheitspolitischen Verantwortung für z.B. Krebs- und Aidskranke nicht beantwortete, sondern an die "Politik" verwies, beschloß die Personalversammlung im AK Barmbek, als letztendlich Verantwortliche die Senatorin zu laden und u.a. auf eine "humane Pflege" festzulegen. -(brg)

1. Mai1. Mai1. Mai1. Mai1. Mai1. Mai1. Mai1. Mai1. Mai1. Mai1. Mai1. Mai1. Mai

000®12.00 Uhr Treffpunkt Bahnhof Altona/Museumstr.

000®12.30 Uhr Demonstration 000®14.00 Uhr DGB-Kundgebung mit dem Hamburger DGB-Vorsitzenden Pumm Planten und Blomen

000®15.00 Uhr Der SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Scharping spricht Beteiligt Euch an der DGB-Demonstration im Internationalen Block

000®14.00 Uhr Kundgebung des Internationalen Blocks Rentzelstraße/Fernsehturm (Zur eigenen Kundgebung siehe auch S. 9)

In seinem Urteil vom 17.11.1992 hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Anrechnung des Ehegatten-Einkommens auf die Arbeitslosenhilfe wegen der sehr niedrigen Freibeträge für verfassungswidrig erklärt. () Vom 1.1.1994 an darf der Ehepartner/ Lebensgefährte die Summe behalten, die er bekäme, wenn er selbst arbeitslos wäre und Arbeitslosenhilfe bezöge. () Das sind 53% des bereinigten letzten Nettoeinkommens (bei Menschen ohne Kinder. Mit Kinder erhöht sich die Arbeitslosenhilfe auf 57%). Dieser Freibetrag darf 212,87 DM wöchentlich nicht unterschreiten Dazu kommen dann noch rechtlich vorgeschriebene zu zahlende Unterhaltsleistungen, die ebenfalls nicht angerechnet werden dürfen. () So weit, so gut. Allerdings gab es für Unterhaltspflichtige, die Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld, Übergangs- und Altersübergangsgeld bezogen oder beantragt hatten, eine sehr seltsame Auslegung, was das Einkommen betrag, auf dessen Grundlage die hypothetische Arbeitslosenhilfe zu berechnen war. Bei dieser wurde zur Berechnungsgrundlage das bezogene bzw. beantragte Arbeitslosengeld u.ä. genommen. Das heißt, wenn jemand z.B. Arbeitslosengeld bezog , wurde das zur Grundlage für die Berechnung der hypothetischen Alhi genommen (also 53% von 60%!). Und nicht, wie nach dem Urteil vorgesehen, das letzte bereinigte Nettoeinkommen! () Was zu Anfang noch wie ein Rechenfehler im Nürnberger Runderlaß an die Arbeitsämter ausgesehen hatte, entpuppte sich dabei als ernstgemeinte Durchführungsanweisung der zuständigen Sachbearbeiter in den Bonner Ministerien. Aufgrund des zunehmenden öffentlichen Drucks von Initiativen, aber auch Arbeitsämtern, wurde diese illegale Anweisung mit Erlaß vom 3.3.93 an die Arbeitsämter zurückgenommen Da überhaupt nicht sicher ist, daß das Arbeitsamt von sich aus die Falschberechnungen korrigiert und die vorenthaltenen Alhi-Beträge nachzahlt, ist allen Betroffenen dringend zu raten, einen diesbezüglichen Antrag beim Arbeitsamt zu stellen! (Aus: Informationsblatt der GAL)

Es gibt eine neue Informationsbroschüre, die sich an Flüchtlinge wendet und die verschiedenen Aspekte (Einreise, Asylantragstellung, Unterbringung, Rechtsmittel etc.) anhand der Praxis in Hamburg erläugert. Die Herstellerinnen sind besonders auf die Schwierigkeiten in der Praxis eingegangen und geben Beispiele dafür, wie ein Antrag gestellt werden sollte, damit von der geringen "Chance", nicht gleich abgelehnt und abgeschoben zu werden, Gebrauch gemacht werden. Das Info gibt es in serbokroatisch, türkisch, farsi, engl., franz., rumänisch, deutsch. Bestellungen an: Schwarze-Katze-Büro, Thadenstr. 118, HH. (Aus: Comlink HH)

Lokalberichte HamburgNr. 9/1994, 28.März 1994 Herausgeberkreis: Arbeitsgemeinschaft gegen reaktionäre Gesundheitspolitik (AGG), Arbeitskreis Azania, Arbeitsgemeinschaft BWK bei der PDS/LL Hamburg, Freunde des kurdischen Volkes Hamburg, Anarchistische Gruppe/RätekommunistInnen (AG/R), Hochschul-Antifa, Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg. Die Lokalberichte erscheinen in enger Zusammenarbeit mit dem Info der PDS/LL. Redaktionstreffen und Redaktionsschluß: Montag, 9. Mai, 18.00Uhr. Die Lokalberichte erscheinen vierzehntäglich. Jahresabo 39,- DM (Förderabo: 46,80,-), zu zahlen auf das Konto GNN-Verlag, HASPA, BLZ20050550, Kt-Nr. 1330/110055. Red. Lokalberichte, c/o GNN, Palmaille 24, 22767 Hamburg, Tel. 381393, Fax 3898331. V.i.S.d.P.: Christiane Schneider. Verlag, Herstellung, Drucklegung: Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung Schleswig-Holstein/Hamburg mbH