Aktion gegen Haider
und Bund Freier Bürger
Am Montag, dem 30.5., hatte der Bund Freier Bürger (BFB) zu einer Wahlkampfveranstaltung auf dem Gänsemarkt aufgerufen, auf der unter anderem Jörg Haider sprechen sollte. Es erschienen ca. 300 AntifaschistInnen, um dies zu verhindern. Ca. 50 Sympathisanten der Veranstaltung waren erschienen. Als M. Brunner (BFB) und Jörg Haider die Bühne betraten, erscholl ein Pfeif-Konzert, Parolen wurden gerufen, Eier und Farbbeutel flogen auf die Bühne. Aufgrund der Lautstärke war von den Reden nichts zu verstehen und die Veranstaltung somit erfolgreich gestört. Nun trat die Hamburger Polizei auf den Plan, um ihrem Ruf alle Ehre zu erweisen und die Faschisten wieder einmal zu schützen. Zivilb., die sich unter die Demonstranten und Demonstrantinnen gemischt hatten, fingen an, wahllos in die Menge zu prügeln, und sprühten mit CS- Gas um sich. Mit Hilfe ihrer uniformierten Kollegen, zwei Hundertschaften waren angerückt, verprügelten sie schon auf der Erde liegende DemonstrantInnen mit äußerster Brutalität. 13 AntifaschistInnen wurden festgenommen, 5 von ihnen wurden später erkennungsdienstlich behandelt, etliche wurden teils erheblich verletzt. Den Festgenommenen droht jetzt Anklage wegen schwerem Landfriedensbruch, versuchter Gefangenenbefreiung, Körperverletzung etc. Unter den Mißhandelten war auch der Journalist Oliver Neß. Mehrere Zivis und Uniformierte stürzten sich auf ihn, schlugen und traten ihn, und ein B. zog ihm den Schuh aus und drehte ihm dann seinen Fuß mehrfach um. Zur Folge hatte dies, daß er neben diversen Prellungen und Blutergüssen einen doppelten Bänderriß erlitt. Oliver Neß hatte in der Vergangenheit über die Machenschaften der E-Schicht berichtet, was den Schluß nahelegt, daß es sich um eine Rache-Aktion der B. handelte. Über diesen Fall wurde dann breit in der Presse informiert. Allerdings beschränkte sich die Berichterstattung auf die Angriffe auf einen Journalisten, über Mißhandlungen von DemonstrantInnen wurde nur am Rande berichtet. Wieder einmal wurden AntifaschistInnen angegriffen. Es handelte sich hierbei nicht um einen polizeitaktischen Fehler oder die Rauflust einzelner Polizisten, sondern war ein gezieltes Vorgehen, um den antifaschistischen Widerstand einzuschüchtern und zu kriminalisieren. Einzelne Faschisten beteiligten sich ebenfalls an den Auseinandersetzungen auf Seiten der Polizei, von denen sie dann geschützt wurden. Nachdem die Kundgebung des BFB beendet war und Haider unter Polizeischutz den Platz verlassen hatte, fand noch eine Demonstration mit 200 Menschen zur Polizeiwache Sedanstraße statt, wo die Festgenommenen hingeschafft worden waren. Ein Teil der AntifaschistInnen wurde nach Forderung der DemonstrantInnen freigelassen, die restlichen fünf wurden erst gegen 20 Uhr am Strohhaus in die Freiheit entlassen. Fazit: Die Aktion kann durchaus als Erfolg gewertet werden. Dem BFB war es nicht möglich, in Hamburg ungestört eine Veranstaltung durchzuführen; der BFB und Jörg Haider wurden in der Presse als eindeutig rechtsradikal betitelt, und laut Morgenpost vom 4.6. sagte der BFB drei seiner Veranstaltungen in anderen Städten ab. In Zukunft sollten wir entschlossener und vor allem geschlossener auftreten, um Angriffen von seiten der Polizei und der Faschisten besser entgegentreten zu können und um Festnahmen zu vermeiden. Also weiterhin keinen Fußbreit den Faschisten! -(Fr)
GAL: Sondersitzung des Innenausschusses! Am 30.5.1994 kam es anläßlich der Kundgebung mit den rechtsnationalen Politikern Haider und Brunner auf dem Gänsemarkt zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei, Ordnern und Demonstranten. Bis heute gibt es keine zuverlässigen Angaben über Verletzte, Anzahl der Festnahmen und über die Ursachen für diesen katastrophalen Polizeieinsatz. Nach Einschätzung von unbeteiligten Beobachtern waren Polizeibeamte in Zivil und Ordner des eingesetzten Sicherheitsdienstes zum Teil nicht auseinanderzuhalten. Polizeibeamte prügelten wahllos auf Demonstrationsteilnehmer ein, nahmen ohne ersichtlichen Grund Personen fest und gerieten völlig außer Kontrolle. Einzelne Journalisten wurden nicht nur an der Berichterstattung gehindert, sondern zudem Opfer polizeilicher Mißhandlungen. Die Einsatzführung hatte das Geschehen über weite Strecken nicht im Griff. Bis heute sind von seiten der Innenbehörde keine klärenden Informationen über den Hergang des Einsatzes erfolgt. Nach bisherigem Kenntnisstand tragen Strafverfolgungseinheiten der Polizei eine Hauptlast an der Eskalation des Polizeieinsatzes. Es scheint, als ob Beamte dieser Einheiten nur auf ein Startzeichen gewartet hätten, um losschlagen zu können. Vor diesem Hintergrund drängen sich Fragen nach dem Einsatzkonzept, der Führungsverantwortung und eingeleiteten Strafverfahren gegen Polizeikräfte und Ordnern geradezu auf. Manfred Mahr, innenpolitischer Sprecher der GAL-Fraktion: "Innensenator Werner Hackmann hat mir gegenüber am Rande der Bürgerschaftssitzung vom 1.6.94 erklärt, er habe Interesse an einer rückhaltlosen Aufklärung der gegen die Polizei erhobenen Vorwürfe. Die GAL-Fraktion nimmt den Innensenator beim Wort. Angesichts der Ungeheuerlichkeit der Vorgänge wird die GAL heute eine Sondersitzung des Innenausschusses beantragen. Nach skandalösen Einsätzen der 16-E- Schicht, dem Desaster der Polizei im Zusammenhang mit dem Itzehoer "Plattenlegerprozeß" und einem unangemessenen Polizeieinsatz gegenüber Schülern auf der Demonstration gegen Bildungsnotstand am 27.4.94 ist das Maß jetzt voll. Wer wehrlos am Boden liegende Menschen mißhandelt, hat bei der Polizei nichts zu suchen. Wer als Polizeibeamter Zeuge brutaler Übergriffe seiner Kollegen geworden ist, von dem kann erwartet werden, daß er dies unverzüglich anzeigt. Es muß sichergestellt sein, daß Polizeibeamten, die sich offenbaren, daraus kein Nachteil erwächst."
DOKumentarfotograf(inn)en-Verband
Jetzt reicht's! Montag, den 30.5.94, wurde der Hamburger Fernsehjournalist Oliver Neß (NDR - WDR) bei seiner Arbeit von Zivilpolizisten angegriffen, brutal mißhandelt und schwer verletzt. Neß beobachtete eine Veranstaltung des österreichischen Rechtsradikalen Jörg Haider auf dem Gänsemarkt. Der Ablauf des Übergriffes läßt darauf schließen, daß es sich um einen gezielten Racheakt gehandelt hat. Oliver Neß ist dafür bekannt, daß er in seinen Fernseh- und Hörfunkbeiträgen die Arbeit der Hamburger Polizei kritisch hinterfragt. Solche Übergriffe auf JournalistInnen hat es durch die Hamburger Polizei in den letzten Jahren schon häufiger gegeben. Zur Zeit läuft vor dem Verwalricht eine Klage der IG Medien, um die Rechtswidrigkeit solcher Polizeize festzustellen. Wir protestieren entschieden dagegen, daß prügelnde PolizeibeamtInnen JournalistInnen an ihrem Verfassungsauftrag - die freie Berichterstattung - massiv hindern. Angesichts des aktuellen Vorfalls ist davon auszugehen, daß die Innenbehörde offensichtlich mehrere PolizeibeamtInnen nicht mehr unter Kontrolle hat. Wir fordern die Innenbehörde auf, dafür zu sorgen, daß brutale Übergriffe auf JournalistInnen endlich aufhören! Ernst Mathiesen, Fernsehjournalist; Christoph Hermani, Fernsehjournalist; Kai von Appen, Taz- Redakteur; Sigrid Meissner, MoPo-Redakteurin; Hans-Peter Weymar, Fernsehjournalist; Nadia Behrens, Redaktionsassistentin; Jörn Breiholz, HH19; Peter Gutzeit, Felix Hoffmann, Uli Schubert, Reinhard Laskowski, Journalisten; Christoph Macherau, NDR-Redakteur; Joachim Geiger, Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt-Ressortleiter Politik; Bernd Mansel, Redakteur Freitag; Regina General, Redakteurin Freitag; Jörg Magenau, Redakteur Freitag; Ulrike Baureithel, Redakteurin Freitag; Renate Renelt, Redakteurin Freitag; Daniel Killy, MoPo-Journalist; Gabriel Grüner, Redakteur; Redaktion Junge Welt; Redaktion Der Freitag; Oliver Tolmein, Fernsehjournalist; Kirsten Rüge, Chefredakteurin Szene Hamburg; Cordula Kropke, Pressefotografin Agenda; Klaus Karzat, Pressefotograf; Marily Stroux, Pressefotografin DOK-Verband; Günter Zint, Pressefotograf DOK-Verband; Karin Prinzhorn-Asmus-Henkel, Christoph Krackhardt, PAN FOTO DOK-Verband; Hinrich Schultze, Pressefotograf DOK-Verband; Michael Enger, Fernsehjournalist; Frank Wieding, Journalist MoPo; Margit Czenski, Fernsehjournalistin. - Das an Innensenator Hackmann gerichtete Schreiben ging zur Kenntnisnahme auch an Amnesty International London, Comittee to Protect Journalists New York, IG-Medien-Hauptvorstand Stuttgart, IG-Medien-Landesbezirk Nord, GAL-Fraktion, Stattpartei-Fraktion, SPD- Fraktion, CDU-Fraktion, Kritische Polizistinnen und Polisten.
Brutaler Polizeieinsatz in Altona Über 300 uniformierte und ungezählte zivile Polizisten wurden am Sonnabend, den 4.6., eingesetzt, um eine Kundgebung gegen die Abschiebung von 50 iranischen Flüchtlingen aus der Türkei in den Iran zu unterbinden. Seit den Morgenstunden wurden rund um den Spritzenplatz in Ottensen, auf dem die Kundgebung stattfinden sollte, zig Mannschaftswagen und Gefangenentransporter postiert. Uniformierte griffen jeden ab, der irgendwie "ausländisch" aussah, ganz Ottensen wurde in einen Belagerungszustand versetzt. Die Kundgebung war "wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" verboten worden - so jedenfalls die Auskunft der Einsatzkräfte. Als sich gegen 11.15 Uhr weniger als 20 Leute sammelten und mit einer Megaphonansprache gegen die Abschiebungen begannen, griff etwa eine Hundertschaft an. Mit Schlagstockeinsatz trieben sie die Teilnehmer gegen Hauswände, warfen sie zu Boden, setzten sich jeweils zu mehreren auf einzelne, fesselten sie und verbrachten sie unter massiver körperlicher Gewalt in die Gefangenentransporter. Eine Reihe von Passanten brachte ihre Empörung über den brutalen, durch nichts gerechtfertigten Einsatz zum Ausdruck, konnte aber bei einem Verhältnis von 1:10 oder 1:20 gegenüber der Polizei nichts ausrichten. Mehrere Leute, die nicht an der Kundgebung beteiligt waren, sich aber dem Polizeieinsatz entgegenstellten - darunter alte Menschen - wurden gleich mitverhaftet. Die Parteien CDU, SPD und FDP, die mit Wahlkampfständen auf dem Spritzenplatz waren, machten nicht den geringsten Versuch, die Polizei von ihren Übergriffen abzubringen. Mit solchen Polizeiaktionen soll offenbar jede öffentliche Éußerung zum Thema Türkei/Kurdistan/Iran/Abschiebungen im Keim erstickt werden. Nach den Polizeiübergriffen vom 30. Mai (Haider-Kundgebung auf dem Gänsemarkt) hatte Hackmann laut Abendblatt vom 4.6. leichte Kritik geäußert und ankündigen lassen, "einen Einsatz in der Form wie am Montag wird es mit Sicherheit nicht noch einmal geben". Was davon zu halten ist, konnte man am selben Tag in Altona sehen. -(res)
Protest gegen Völkermord in Kurdistan
Angriff auf kurdische Farben und Symbole Rund 200 Kurdinnen und Kurden protestierten am Freitag, den 27.5., mit einer Mahnwache vor dem Konsulat der Türkischen Republik gegen den Völkermord in Kurdistan. "Nach einem Bericht des Menschenrechtsvereins (IHD) sind infolge massiver Bombardements und Dorfzerstörungen durch die türkische Armee innerhalb der letzten zwei Wochen 35000 Kurden von Nord-Kurdistan (Türkisch-Kurdistan) nach Süd-Kurdistan geflüchtet. So wurden in den letzten drei Monaten Februar bis April 61 oppositionelle Gewerkschafter, Journalisten und Menschenrechtler durch die Konter-Guerilla ermordet. Seit Anfang Februar wurden 138 Dörfer zwangsweise evakuiert und zerstört, 2115 Personen festgenommen und gefoltert. 39 Menschen verschwanden nach ihrer Festnahme. Bei den Angriffen der türkischen Armee wurden innerhalb der drei Monate 109 Zivilisten ermordet. () Nach der Verlegung von 150000 zusätzlichen Soldaten und Spezialeinheiten Mitte März diesen Jahres nach Kurdistan führt der türkische Staat mit nunmehr knapp 500000 Soldaten, Dorfschützern und Angehörigen von Spezialeinheiten einen Vernichtungskrieg gegen das kurdische Volk." (Aus einer Presseerklärung des Kurdistan Informationsbüros in Deutschland über die Menschenrechtsbilanz Februar bis April 1994) Die Polizei griff die Protestversammlung wegen der mitgeführten kurdischen Fahne mit einem Schlagstockeinsatz an und machte damit erneut deutlich, daß die Repression gegen die Kurden auch in Hamburg stets noch weiter verschärft wird. Mit aller Gewalt soll den Kurden untersagt werden, ihre Farben und Symbole zu zeigen - Farben und Symbole, die in den langen Jahrzehnten des Unabhängigkeitskampfes zu einem festen Bestandteil der kurdischen Volkskultur wurden. Ihr Verbot, ihre gewaltsame Verfolgung enthüllen das PKK-Verbot als Unterdrückung einer nationalen Minderheit. Die Angriffe auf die kurdischen Farben und Symbole durch die Behörden der BRD können deshalb gar nicht ernst genug genommen werden. Sie abzuwehren, darf nicht allein den als nationaler Minderheit verfolgten Kurden überlassen bleiben. -(scc)
Demonstration gegen Abschiebungen Am 27.5. demonstrierten ca. 100 Menschen am Flughafen Fuhlsbüttel gegen die täglichen Abschiebungen in alle Welt, vor allen Dingen gegen die Abschiebung von KurdInnen in das Kriegsgebiet Türkei/ Kurdistan. Außerdem wurden die Urlauber aufgefordert, Urlaub in die Türkei zu boykottieren, da die Türkei ohne Devisen, die sie alljährlich durch den Tourismus verdient (6,8 Mrd. jährlich), den Krieg gegen die Kurden nicht führen könnte. Die Anfangskundgebung fand um 16.30 Uhr im neuen Terminal 4 statt, wo die DemonstrantInnen jedoch nach einer halben Stunde von der Flughafenleitung aufgefordert wurden, das Gebäude zu verlassen. Dem wurde Folge geleistet, um eine unnötige Auseinandersetzung mit der Polizei zu verhindern. Anschließend zog die Demonstration zu einem anderen Eingang, wo es zu einer kleinen Rangelei mit der Polizei kam. Die Polizei zeigte sich dabei wieder von ihrer gewohnten Seite. Ein Polizist griff einer Frau, die in der ersten Reihe der Demonstration stand, bei dem kleinen Tumult offensichtlich mit voller Absicht an die Brust. Als das Opfer dieses notgeilen Widerlings ihn nach seiner Dienstnummer fragte, fanden er und seine Kollegen ganz zufällig keine Visitenkarte zum Draufschreiben. Mit einem Foto des Polizisten zog sich die Menge schließlich vor das Terminal 4 zurück, wo sich die Demonstration nach einer Abschlußkundgebung um ca. 17.30 Uhr auflöste. Es ist schade, daß nicht mehr Menschen an dieser Demonstration teilnahmen, denn auch diese nicht so groß angekündigten Demos sind wichtig. -(Antifa Walddörfer)
HHer Polizisten schützen türkische Faschisten Gegen den Widerstand von rund 200 Antifaschistinnen wurde am Sonntag, den 26.5., von mehreren Hundertschaften Polizei eine Veranstaltung der Grauen Wölfe durchgesetzt. Am Mittwoch zuvor wurde bekannt, daß ein türkisch-islamischer Kulturverein, eine Tarnorganisation der Grauen Wölfe, in der ehemaligen Diskothek Hit House in Hamburg Nettelnburg eine Veranstaltung durchführen will. Aufgrund eines Dringlichkeitsantrages der GAL- Fraktion beschloß die Bergedorfer Bezirksversammlung am Donnerstag einstimmig, von Innensenator Hackmann ein Verbot der Veranstaltung zu fordern. Hackmann überging diese Aufforderung mit der Begründung, daß es sich um Privaträume handeln würde. Erinnern wir uns: Im Bürgerschaftswahlkampf 93 war es der Innenbehörde ein leichtes, die Demonstration einer zu den Wahlen kandidierenden Partei, der Nationalen Liste, nicht zu genehmigen. Offensichtlich wird jetzt, wo die SPD keine antifaschistische Note im Wahlkampf mehr braucht, eine andere Linie gefahren. Womöglich war auch die Unterstützung der Grauen Wölfe durch das türkische Konsulat ein Grund dafür, deren Veranstaltung polizeilich durchzusetzen. Der Ort der Veranstaltung, das Hit House in Nettelnburg, wurde schon ab 5 Uhr morgens von der Polizei überwacht, um eine Besetzung des Gebäudes zu verhindern. Nach einer Kundgebung um 12 Uhr blockierten die in der Mehrzahl kurdischen und türkischen Antifaschistinnen den Zugang zum Hit House. Daraufhin wurden die Teilnehmer des Graue-Wölfe- Treffens in Zusammenarbeit mit der Polizei umgeleitet und sammelten sich in der Nähe. Ebenfalls in der Mittagszeit wurden vor der Eiffestr. 602c Graue Wölfe gesehen. Dort befindet sich in der Wohnung des FAP-Mitgliedes Jens Siefert das Nationale Info Telefon. Welche Rolle das NIT bei dieser Veranstaltung spielte, ist unklar. Eine Gruppe Skinheads wurde jedenfalls von Polizei in Rothenburgsort an der Weiterfahrt Richtung Nettelnburg gehindert. Gegen 14 Uhr begann die Polizei, die blockierenden Antifaschistinnen abzudrängen. Dabei wurden beim Schlagstockeinsatz drei Antifaschistinnen verletzt, einem jungen Kurden wurde mit einem Faustschlag ein Zahn ausgeschlagen. Hinter den Polizeiketten marschierten die Veranstaltungsteilnehmer in das Hit House. Zahlreiche unter ihnen reckten den Arm hoch und trugen neben türkischen auch Fahnen der faschistischen MHP. Als schwache Antwort auf diese Provokation wurden sie mit allerlei gerade greifbaren Gegenständen beworfen. Trotz Eskalation durch einen kurzen SEK-Einsatz und den aufgefahrenen Wasserwerfer protestierten die Antifaschistinnen weiterhin mit Parolen gegen Polizei und Graue Wölfe. -(K)
PDS-Veranstaltung
Militärische Außenpolitik? Die Rolle von Militär für die internationale Politik - das war das Thema einer Veranstaltung im Europawahlkampf, zu der die PDS eingeladen hatte. Unter den ca. 30 TeilnehmerInnen waren Horst Leps, Mitglied der SPD, Uli Cremer, Kandidat von Grünen/Bündnis 90 für den Bundestag, und Andrea Lederer, MdB der PDS/ Linken Liste. Die Unterde zwischen den Parteien wurden schnell deutlich: Während Horst und Uli sich Gedanken aus einer möglichen Regierungsbeteiligung heraus machten und daher, wie Uli es ausdrückte, natürlich mit einem Bein im Opportunismus steckten, begriff sich Andrea Lederer klar als Opposition gegen die geplante Zäsur der deutschen Außenpolitik - Militär wieder als Mittel von internationaler Politik zu begreifen. Einig war man sich allenfalls in der Ablehnung der konkreten Planungen der jetzigen Bundesregierung. Während Horst sogar davon sprach, daß es für den Fall eines breiten gesellschaftlichen Konsenses über internationale Normen - der zur Zeit nicht existiere - es natürlich auch militärischer Mittel zur Durchsetzung derselben bedürfe (quasi als Weltpolizei einer gerechten Ordnung), entwickelte Uli ein Programm, das Deutschland in der internationalen Arena den Platz eines Kriegsdienstverweigerers zuwies, indem er zivile Mittel der Konfliktlösung entwickelte. Nicht in den Blick kam ihm dabei, daß eines seiner Argumente gegen Militäreinsätze - ein ökonomisch so mächtiger Staat wie die BRD mit weltweiten Interessen könne nicht militärischen Schiedsrichter spielen, da er immer eigene Interessen verfolge - ebenso auf die von ihm vorgeschlagenen zivilen Mittel der Konfliktregulierung zutrifft. Allerdings mit dem Vorteil, daß Konflikte nicht mehr mit militärischen, sondern mit ökonomischen Mitteln ausgetragen würden. Andrea legte dagegen den Schwerpunkt auf die Notwendigkeit gesellschaftlicher Opposition gegen die geplanten Erweiterungen der außenpolitischen Optionen der BRD. Die militärische Option müsse durch Abrüstung, Abschaffung der Wehrpflicht, Auflösung der Nato und anderer Militärblöcke und letztlich durch die Abschaffung der Bundeswehr verhindert werden - auch wenn dies zur Zeit wenig realistisch erscheine. Die Möglichkeiten, die "Normalisierung" Deutschlands als Militärmacht zu verhindern, wurden leider nur wenig diskutiert. Welche Möglichkeiten es für den Wiederaufbau einer breiten Friedensbewegung gibt - weite Teile der SPD und Teile der Grünen, die sich früher zur Friedensbewegung zählten, vertreten heute bellizistische Positionen - war nicht Gegenstand der Debatte. Gerade dies ist aber - im linken Dialog unterschiedlicher Gruppierungen - angesichts der Umsetzung der neuen militärischen Planungen notwendiger denn je. (Markus Gunkel)
Diskussion im Movimento "Movimento" heißt der offene Club der DGB-Jugend in Hamburg - und bietet ein umfangreiches Clubprogramm im Gewerkschaftshaus. Das DGB-Jugend-Forum, eine politisch aktuelle und anspruchsvolle Reihe, thematisiert zur Zeit die deutsche und internationale Militär- und Friedenspolitik. So waren dort Vertreter des französischen Konsulats, der Bundeswehr und des Hamburger Friedensforschungsinstituts zu Gast. Neulich nun war die PDS/Linke Liste geladen, um ihre friedens- und sicherheitspolitischen Vorstellungen der lebhaften Diskussion auszusetzen. Die jungen Gewerkschafter aus der IG Chemie, der Gewerkschaft Gartenbau, Landwirtschaft und Forsten, der ÖTV, der GEW, der IG Metall und der Gewerkschaft Bau/Steine/ Erden fragten besonders über die PDS- Programmpunkte "Abschaffung aller Wehr- und Zwangsdienste", die Zukunft der UNO, die Rolle Deutschlands und der Nato im Bürgerkrieg in Jugoslawien. Müßten nicht Diktatoren, massive Menschenrechtsverletzer mit letztendlich militärischen Mitteln gestoppt werden? Kann sich Deutschland ganz aus militärischen Konflikten heraushalten? Sind Friedensmärsche in einer Situation wie in Jugoslawien und Somalia die adäquate Antwort? Einigkeit bestand darin, daß der Somalia-Einsatz kein Problem gelöst hat und daß die Position der Bundesregierung, weltweit Rohstoffressourcen notfalls militärisch zu sichern, abgelehnt wird. Aber - so wurde gefragt - sind doch Aggressoren denkbar, die uns bedrängen würden. Es ginge letztendlich um Macht - und könne man dort dann machtlos sein? Erkannt wurde auch, daß die treibende Kraft in der UNO die USA seien und daß ein Sitz Deutschlands im Sicherheitsrat nicht unbedingt eine Lösung darstelle - aber dann könne man mitentscheiden. Fragen der Kriegsursachenforschung, der Konfliktprävention und der zivilen Konfliktregelungen bis hin zum zivilen Druck (Wirtschaftsembargo mit internationalem Ausgleichsfonds) und dem Einsatz von Friedenskorps - das zeigte die Diskussion im Detail - waren bei den jungen Gewerkschaftern bisher wenig diskutiert. Einigkeit bestand in der Forderung nach Rüstungsexportverbot als erstem Schritt zum Verbot der Rüstungspro duktion. Es ging also um Alternativen zur herrschenden Politik, für die eine große Aufmerksamkeit in einem engagierten Gewerkschafterkreis vorhanden ist. (Im Rahmen dieses Kurzberichtes verzichte ich darauf, die PDS-Argumente zu wiederholen, die ich voraussetze, zumal ich selber der Referent des Abends war.) (Horst Bethge)
Proteste gehen weiter
Bildungs- und Sozial abbau - ohne uns! Das Sozialsystem der Bundesrepublik wird massiv umgebaut. Erkämpfte und gewachsene Ansprüche werden reduziert, um Mittel für Industriesubventionen, Großmachtpolitik und für die Reichen freizubekommen. Die PDS hat darauf wiederholt hingewiesen - und auch in Hamburg öffentlich zur Debatte gestellt. Zuletzt am 24.5. auf einer größeren Versammlung im Curio-Haus. CDU-regierte und SPD-dominierte Bundesländer unterscheiden sich in ihrer Politik des Umbaus des Sozialsystems nur graduell, nicht prinzipiell. Auch in Hamburg werden, jetzt unter SPD- und STATT-Partei-Regie verstärkt und beschleunigt, das Gesundheits-, Bildungs-, Verkehrswesen, die sozialen und kulturellen Einrichtungen, die öffentliche Infrastruktur und die Hochschulen mit laufend neuen Haushaltskürzungen überzogen. Anstatt die Gewerbesteuer anzuheben und rigorose Steuerprüfungen vorzunehmen, teure Großprojekte wie Hafenerweiterung und 4. Elbtunnelröhre zu bauen, wird die schlechter gewordene Hamburger Haushaltslage - u.a. eine Folge der unsozialen Bonner Wirtschafts- und Steuerpolitik und mangelnder Vorsorge durch den Senat in den Jahren der "Boomtown Hamburg" (Vereinigungsgewinnlerin) - an die Bevölkerung weitergegeben. Deshalb kam es vor den Haushaltsberatungen für 1994 bereits zu Protesten in den Schulen, Hochschulen, Kindergärten und im Sozialbereich. Dieser Protest ist ungebrochen. Das gegen die GEW verhängte Zwangsgeld in Höhe von DM 15000,- und die durch Gehaltsabzug und eventuelle Eintragung in die Personalakte versuchte Einschüchterung von 1272 LehrerInnen, die sich an den demonstrativen Aktionen beteiligten, können die Betroffenen nicht abschrecken, weiterhin zu protestieren - denn die Haushalte für 1995, 1996, 1997 sollen in ihren Rahmendaten noch vor der Sommerpause den Senat passieren. Die Vakanzrate und Streichung von 15% Erstsemesterplätzen an der Universität, die drastischen Mittelkürzungen für Sozialeinrichtungen und Sozialinitiativen, die Schließung von Kultureinrichtungen (u.U. eines Theaters), die Reduzierung der Filmförderung, die Erhöhung der Kingebühren bis auf über 600 DM je Kind, Kürzungen bei der Innenbehörde (Feuerwehr) und in der allgemeinen Verwaltung (Ausdünnung von Servicegen bei Orts- und Bezirksämtern, dem Grundbuchamt u.a. durch die sonannte "Drittstellenregelung", d.h. nur jede dritte freiwerdende Stelle wird nachbesetzt) sind ebensowenig vom Tisch wie die Arbeitszeitverlängerung für alle Lehrer um eine Unterrichtsstunde, der sogenannte bedarfsdeckende Unterricht für Referendare und der Wegfall der Altersermäßigung für über 55 Jahre alte Lehrer. Darum bereiten die Betroffenen, Initiatoren und Organisationen mit den Gewerkschaften ÖTV und GEW für den 30. Juni eine weitere Protestversammlung vor, die alternativen Charakter haben wird. Mitglieder des Ensembles des Thalia-Theaters wirken mit - die dort gespielte Dreigroschenoper Brechts gibt Anregung, Vorbild und Folie für den Pro test. Schon jetzt sollte sich das demokratische und linke Hamburg diesen Termin merken - und jeder, der gegen Bildungs- und Sozialabbau protestieren will, überlegen, wie er den Protest mit anderen sichtbar machen kann. Motto: Die einen stehen im Dunkeln, die anderen im Licht (Brecht). (Horst Bethge)
Am 11.6. findet in Bonn eine bundesweite Demonstration von GEW, IG Metall, Schülern und Studierenden statt
Gegen Sozialabbau und Bildungsklau
Wohnungslos, doch in der "Offensive" Bad Bramstedt. Eine Million Menschen sind in Deutschland obdachlos. So der Internationale Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung in Den Haag. In Brad Bramstedt sind offiziell etwa 53 Obdachlose registriert. Aber es dürften mehr sein. Angesichts steigender Mieten geht die Tendenz weiter nach oben. "Wenn das Einkommen nicht mehr ausreicht oder nach einer Ehescheidung die Wohnung einem Ehepartner zugesprochen wird, geht es oft erschreckend schnell", sagt Familie Steinberg. Meldet sich jemand beim Sozialamt als Obdachloser, muß ihm noch am selben Tag eine Unterkunft bereitgestellt werden. Aber die kommunalen Wohnheime sind meist überbelegt. Also muß in einer privaten Pension ein Zimmer gemietet werden. Und das wird teuer. Wieviel kostet dort pro Tag ein Einzelzimmer, fragt Ute Steinberg die zuständigen Behörden. Familie Uwe Steinberg kennt sogar ein Bordell, das zur "Läusepension" wurde. Diesen Namen verdienen die Buden häufig. Oft sind sie so verdreckt, daß viele Obdachlose lieber "Platte" machen. Auf gut deutsch: im Freien übernachten. Auch weil in solchen Unterkünften gestohlen wird. Ute Steinberg: "Wenn die schlafen, bleibt folglich ein Auge immer wach." Wieviel DM hat das örtliche Sozialamt in den ersten fünf Monaten dieses Jahres für die Unterbringung der Obdachlosen hinlegen müssen? Natürlich könnte man für die horrenden Summen, die Obdachlosigkeit kostet, auch Sozialwohnungen bauen. Doch Horst Dekkert, Sozialamtsleiter in Bad Bramstedt, meint, dann müßten die Städte auch Einflußmöglichkeiten auf die Belegung der Wohnungen haben. Denn die Wohnungsbaugesellschaften seien daran interessiert, nur "seriöse" Mieter aufzunehmen. Aber in einer Schlichtwohnung im Lohstücker Weg 3 begegnet man auch Wohnungslosen, die anders als die weithin bekannte Schablone wirken, die gesund und sauber aussehen. Solche Leute haben sich seit längerem in einer "Wohnungslosenoffensive" zusammengeschlossen. Wer noch nicht "ganz unten" ist, kann sich politisch engagieren. Das Ziel ist, "illegalen" Wohnungsleerstand aufzustöbern, um Wohnungslose unterzubringen. Möglichst nicht durch gewaltsame Hausbesetzungen, sondern mit Öffentlichkeitsarbeit wolle man Druck auf die Behörden ausüben. So Uwe Steinberg. (Uwe Steinberg, Bürgerinitiative für den Bau mietgünstiger Sozialwohnungen)
TERMINE
Fr, 10.6.Soli- und Info- Abend der Gruppe IRM (International Refugee Movement), mit Informationen über die Lage der Flüchtlinge in der BRD, Diskussionen, Essen, Trinken, Musik. Eintritt gegen Spende, 20.00 Uhr, Haus für Alle, Amandastr.
Sa, 11.6.Der Frauenverband Courage stellt sich vor. Diskussionsrunde bei Kaffee und Kuchen, Spielplatzheim, Eppendorfer Park, Frickestr. 1 (U-Bahn Kellinghusenstr., Bus 113 bis UKE), 15.00 Uhr. Wir haben zwei Lübecker Frauen eingeladen, die schon seit längerer Zeit im Courage aktiv sind und uns einiges über ihre Arbeit und den Verband berichten können. Außerdem wollen wir uns einen Videofilm ansehen, der einen Einblick in die Entstehung des Gesamtverbandes sowie über die Arbeit in den Courage-Gruppen gibt.
Mi, 15.6.Kriminalität und Kontrolle, mit Sebastian Scheerer. Die alte Disziplinargesellschaft des 18. und 19. Jahrhunderts hat ausgedient und ist dabei, sich zur Kontrollgesellschaft zu entwickeln. Die konstruierten Bedrohungen der allgemeinen und der organisierten Kriminalität sowie des Sozialschmarotzertums sollen neue Formen der sozialen Kontrolle rechtfertigen. Mit der bürgerlichen Privatsphäre bröckelt in diesem Jahrhundert auch der ihr entsprechende Rechtsstaat. Es geht darum, zu lernen, prinzipiell neue Formen von Herrschaft und Kontrolle des ambulanten Subjekts überhaupt erst mal wahrzunehmen, Formen der Kontrolle in einer Gesellschaft ohne Privatsphäre, aber auch ohne Klasse und - auch das muß neu gedacht werden - ohne die herkömmlichen Möglichkeiten von organisierter Gegenwehr. Eine Veranstaltung der MASCH, WiWi Bunker, Uni HH, Von-Melle-Park 5, R77, 19.00 Uhr.
Do, 16.6.Im Rahmen der Vortragsreihe "Antifaschismus in Theorie und Praxis" findet die Veranstaltung statt: Die Volksfrontpolitik der Komintern 1935 und ihre Widersprüche. Haus für Alle, Amandastr. 58, 19.30 Uhr.
Fr, 17.6.Zur Arbeitswerttheorie, es geht um den Arbeitsbegriff bei Marx im Kontext der Wertformanalyse, insbesondere um die Kritik des Gebrauchswertfetischismus. 18.00 Uhr, Haus für Alle, Raum 12. Veranstalter: Hamburger Studienbibliothek und MASCH.
Sa, 18.6.Im Rahmen der Filmreihe im Magda-Thürey-Zentrum wird der Film Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt gezeigt. Millionen Erwerbslose und Obdachlose, Millionen leben in Armut. Nicht nur heute, sondern auch 1931. Im Film wird dem Elend der Erwerbslosigkeit der Halt und die Hoffnung der proletarischen Solidarität gegenübergestellt. 16.00 Uhr, Magda- Thürey-Zentrum, Lindenallee 72, U-Bahn Christuskirche
Mo, 20.6.Peter-Paul Zahl liest aus seinem neuen Roman Der schöne Mann. Peter-Paul Zahl, 1944 in Freiburg geboren, verbrachte elf Jahre in der DDR, elf Jahre in Westberlin und zehn Jahre im Knast. Zwei Jahre lang arbeitete er als Dramaturg mit Peter Stein an der Berliner Schaubühne. Seit 1985 lebt er überwiegend auf Jamaica. Ort: Literaturzentrum.
Mi, 29.6.Vorbereitungstermin für eine Exkursion: Bauernkriegspanorama Bad Frankenhausen. "Die Frühbürgerliche Revolution in Deutschland" ist der Titel des 1987 fertiggestellten Panoramabildes Werner Tübkes. Eine Zeit der Gegensätze und des Umbruchs entsteht vor unseren Augen: Feudalismus und Bürgertum, überkommene Produktion und technischer Fortschritt, Fanatismus und Aufklärung. Unerträgliche soziale Spannungen brechen auf, geistige und religiöse Auseinandersetzungen prägen die Zeit und verändern das Weltbild der Menschen in Europa am Beginn des 16. Jahrhunderts. Wir erleben die inneren Antriebe der damaligen Akteure, ihre Hoffnungen, Leiden, Gefühle, die Vielfalt sozialer, geistiger und politischer Kämpfe. Vor uns entsteht die Herausbildung einer neuen Epoche der Menschheitsgeschichte. Der Vorbereitungsabend dient einer Einführung in das Bild, seiner Entstehungsgeschichte sowie der wesentlichen historischen Bedingungen. Die Exkursion findet am 9./10. Juli statt. Außer dem Panorama in Bad Frankenhausen werden mit Mühlhausen und Stolberg zwei wichtige Stätten des Lebens Thomas Müntzers besucht. Anmeldung bis zum 29.6. Eine Veranstaltung der Masch, Ort: Uni HH, Allendeplatz 1, Pferdestall, Raum 109, 19.00 Uhr.
Do, 30.6.Protestkundgebung gegen Bildungs- und Sozialabbau mit Dominique Horwitz und weiteren Mitgliedern des Thalia-Theaters, Lehrern, Schülern, Eltern, Kindergärten, Sozial- und Bildungseinrichtungen. 17.00 Uhr, Gänsemarkt.
23.7.-6.8.Internationales Camp in Neuengamme zum gemeinsamen Lernen aus der unterschiedlichen Geschichte mit Menschen aus vier Nationen. Das Camp wird organisiert vom Museumspädagogischen Dienst HH, der DGB-Jugend und der AGfJ, Anmeldung sofort bei: DGB-Jugend, Petra Heese, Besenbinderhof 60, 20097 HH, Tel.: 2858256.
Cubanische Filmtage
1.-15. Juni 1994
Vom 1. bis 15. Juni veranstaltet das Kino 3001 mit Unterstützung der Hamburger Kulturbehörde Cubanische Filmtage, zu denen zahlreiche Gäste erwartet werden. Das Filmprogramm soll einen Überblick über die Entwicklung des cubanischen Filmschaffens anhand ausgewählter Werke geben. Insgesamt wird es 16 Vorstellungen mit 3 Dokumentarfilmblöcken und 5 Spielfilmen geben. Alle Filme werden im Original mit deutschen Untertiteln gezeigt. Als besonderes Bonbon wird es jeweils sehr kurze und sehr originelle Zeichentrickfilme ("Filmminutos") als Vorfilme geben. Für die Eröffnung am 1. Juni um 20.30 Uhr konnte der beste Kenner der cubanischen Filmszene, der Berliner Filmwissenschaftler Peter B. Schumann, gewonnen werden. Die äußerst selten gezeigten Dokumentarfilme von Santiago Alvarez stehen auf dem Programm: Muerte al invasor von 1961 über die Niederschlagung des vom CIA organisierten Invasionsversuches, Now, der den Rassismus der amerikanischen Gesellschaft anprangert, Hanoi, martes 13, in dem Alvarez den Freiheitskampf der Vietnamesen in einen historischen Zusammenhang stellt, und El tigre salto. Außerdem als echter Leckerbissen Por primera vez von O. Cortazar, der die erstaunten Gesichter bei der ersten Kinoaufführung in einem Dorf (gezeigt wurde Charly Chaplin) für die Ewigkeit festgehalten hat. Die ausgewählten Spielfilme beschäftigen sich in unterschiedlichsten Formen mit den cubanischen Realitäten: In gewisser Hinsicht von Sara Gomez (1974) ist leider bis heute der einzige cubanische Film von einer Frau geblieben. Die Siedlung Miraflores war eine der ersten, die nach der Revolution durch die dort ansässige Bevölkerung aufgebaut und in Besitz genommen wurde. Von den dortigen Konflikten zwischen alter und neuer Generation und den selbstbewußt auftretenden Frauen und den Schwierigkeiten der Männer mit der neuen Rollenverteilung erzählt dieser mit vielen Laiendarstellern gedrehte Film. Der Lehrer von Octavio Cortazar (1977), der die Geschichte eines Lehrers zu Beginn der Alphabetisierungskampagne in der 60ern schildert, war einer der größten cubanischen Zuschauererfolge. In dem berühmten Film Die Überlebenden schildert T.G. Alea 1978 in einer grotesken Satire die Versuche einer Adelsfamilie, sich und ihr Dienstpersonal auf ihrem gewaltigen Stammsitz vor einer Ansteckung mit der "Revolutionskrankheit" zu schützen. Bis zu einem gewissen Punkt von T.G. Alea (1983) erzählt die in der Filmgeschichte einzigartige Liebesgeschichte zwischen der Hafenarbeiterin Lina und dem Drehbuchautoren Oscar, der für einen Film über das Überleben des Machos in der cubanischen Gesellschaft recherchiert.
Höhepunkt: Daniel Diaz Torres zu Gast Als Höhepunkt der Reihe und zu unserer besonderen Freude ist es uns gelungen, nach drei Jahren Verbot endlich Alicia an den Orten der Wunder (1991) von Daniel Diaz Torres für drei Aufführungen nach Hamburg zu holen. Der Film war der Überraschungserfolg der Berlinale, konnte aber seitdem nicht mehr in Deutschland aufgeführt werden. Alicia, eine Beraterin in Sachen Theater, wird nach Maravillas geschickt, einem wunderlichen Ort in der tiefsten Provinz. Sie trifft dort auf Menschen, die sich längst daran gewöhnt haben, die absonderlichsten Eingriffe in ihr Leben als die natürlichste Sache der Welt hinzunehmen. Ein irrwitziger Film umfassender Kritik, wie es ihn seit Aleas Tod eines Bürokraten nicht mehr gegeben hat. Am 14. Juni wird der Regisseur des Films, Daniel Diaz Torres, unser Gast sein.
Weitere Dokumentarfilme () Cuba Va Collective, 1993, ein 60minütiger Film, der die aktuelle Stimmung unterschiedlichster gesellschaftlicher Gruppen einfängt. In Zusammenarbeit mit der Cultur Cooperation finden folgende Begleitveranstaltungen statt: Zur Eröffnung der Ausstellung Cubanischer Filmplakate, die in Cuba seit 30 Jahren von einer eigenen Künstlergruppe im aufwendigen Siebdruckverfahren hergestellt werden, wird Ullrich Wallburg, Kunsthistoriker aus Cottbus, eine Einführung halten. Die Eröffnung findet am 2. Juni um 19.00 Uhr im Foyer des Filmhauses statt, und die Ausstellung ist bis zum 13. Juni einschließlich zu sehen.
Abschlußveranstaltung In einer Abschlußveranstaltung am 15. Juni im Kino 3001 soll ein Schlaglicht auf die aktuelle wirtschaftliche, politische und kulturpolitische Situation Cubas geworfen werden. Eingeladen wurden Dorothee Piermont (Europaabgeordnete), Peter Schirrmann (Deutsche Ibero-Amerika-Stiftung) und Bert Hoffmann (Institut für Ibero-Amerika-Kunde). Zeit: 20.00 Uhr. Ort: Stadtteiletage, Montblanc-Haus, Schanzenstr. 75-77, Aufgang Hinterhof, 1. Stock. Weitere Informationen gibt Ihnen gerne Mathias Fahrig (392112) oder Lars Stubbe (4399461).
Do, 9.6., 20.30Der Lehrer Fr, 10.6., 20.30Der Lehrer Sa, 11.6., 20.30Die Überlebenden So, 12.6., 20.30Die Überlebenden Mo, 13.6., 20.30Alicia an den Orten der Wunder Di, 14.6., 20.30Alicia an den Orten der Wunder. Gast: Daniel Diaz Torres Mi, 15.6., 18.00Alicia an den Orten der Wunder Alle Filmen werden gezeigt im: Kino 3001, Schanzenstr. 75, im Hof
Fragen an die AG/R
Aus der obenstehend abgedruckten Abbildung, mit der die AG/R ihre Position zum Parlamentarismus im allgemeinen und den Europawahlen im besonderen zum Ausdruck bringen will, ohne ein einziges Argument zu entwickeln, ergeben sich unter anderem die folgenden Fragen: - Die Stoßrichtung der Parlamentarismus"kritik" als linke ergibt sich einzig aus den Urhebern und aus der Zeitung, in der sie abgedruckt ist, nicht aus der Bildfolge selbst. Das Feuerzeug als "konstruktives Mißtrauen" weckt im Gegenteil schlimme Assoziationen. Da es einen rechten, faschistischen Antiparlamentarismus gibt, bedarf linke Parlamentarismuskritik des sorgfältigen Arguments, da der Aufruf, nicht zu wählen, noch keine inhaltliche Position beinhaltet. Welche Kritik an faschistischem Antiparlamentarismus habt Ihr, und worin seht Ihr die grundlegenden Unterschiede zwischen linker und rechter Parlamentarismuskritik? - Es ist zur Zeit modern, die Ursachen für die Schwäche der Linken in Westdeutschland nicht bei der Linken selbst, sondern bei den "Massen" zu suchen, und zwar auch noch ausschließlich. M.E. rührt das unter anderem daher, daß es in der Linken weit verbreitet ist, die eigenen Auffassungen für eine Art von Offenbarung und höherer Einsicht zu halten. Eine solche Haltung bezieht die Legitimation für das eigene Handeln aus den Zielen bzw. aus der Überzeugung von der absoluten Richtigkeit der eigenen Auffassungen. Linke Ideologien sind aber weder Offenbarungen noch höhere Einsicht, sondern der gedankliche Reflex der durch Klassenspaltung geprägten gesellschaftlichen Verhältnisse; sie bilden sich aus der Kritik dieser vorgefundenen Verhältnisse und wollen ihre Énderung. Kritik drückt Wertungen aus; den Wertungen liegen Interessen zugrunde. Linke Ideologien - als Systeme von Wertungen und Grundanschauungen - werden in dem Maße zur politischen Kraft, wie es gelingt, sich mit anderen über die zugrundeliegenden Interessen zu verständigen. Linke Politik muß sich deshalb der den eigenen Auffassungen zugrundeliegenden Interessen bewußt werden und die Verständigung mit anderen darüber suchen. Das bedeutet nicht zuletzt, daß die Linke die Legitimation für ihr eigenes Handeln in der Außenwelt, in der Verständigung suchen muß und daß sie den Kampf um Zustimmung großer Menschengruppen (und nicht nur kleiner Zirkel und Szenen) führen muß. Sie muß sich im Kampf um Verständigung und Zustimmung auch solch förmlichen Verfahren aussetzen, wie dies Wahlen sind, auch wenn das Ergebnis meist noch so bitter ist. Der Verzicht darauf kann leicht in Elitarismus umschlagen. Daran schließt sich die Frage an, wie Ihr den Kampf um Verständigung und um Zustimmung in großem Maßstab führen wollt, wenn Ihr anratet, bei Wahlen grundsätzlich nicht anzutreten? - Die Arbeit, die die Bundestagsgruppe der PDS in den letzten Jahren gemacht hat, war für den außerparlamentarischen Widerstand in vieler Hinsicht eine Unterstützung. Wie begründet Ihr, daß Ihr auf eine solche Art von Unterstützung verzichten könnt? Oder aber: Welche Kritik habt Ihr an der Parlamentsarbeit der PDS-Bundestagsgruppe? Wäre es nicht das Mindeste, solche Kritik zu formulieren? Wie verhaltet Ihr Euch zum erklärten Bestreben der politischen Reaktion, die Parlamente sozialistenfrei zu bekommen, um nach Belieben schalten und walten zu können? Haltet Ihr es für belanglos, ob - beispielsweise - die für die Entfesselung der BRD-Kriegspolitik nötige Grundgesetzänderung an einer Sperrminorität scheitert oder nicht? (scc)
Die Kommunistische Plattform
der PDS stellt sich vor
Es liegen zur Veranstaltung der Kommunistischen Plattform zwei Beiträge zu; wir drucken sie trotz Überschneidungen beide ab.
Man/frau war wohl unter sich. Rund 20 Menschen füllten die historische Etage der "Münze" am Hauptbahnhof. Jedenfalls ein durchaus interessanter Anfang der KPF - wie sich selbst die Plattform abkürzt -, zu der die beiden Sprecher Monika Balzer und Joachim Holstein eingeladen und zu der aus Berlin Dr. Heinz Marohn gekommen war. Dr. Marohn ist einer der fünf Bundessprecher. Zunächst gab der Referent aus der Hauptstadt die Beweggründe für die Gründung der Plattform am 31.12. 1989 bekannt. Sie sei eine von mehreren Plattformen gewesen, die die PDS als pluralistische Partei gebildet habe, aber als einzige im wesentlichen bestehengeblieben. Seit dieser Zeit gebe es die Mitteilungen der KPF, die nach Marohns Kenntnis auch in der Alt-BRD über einige hundert Abonnenten verfügen und monatlich erscheinen. Es gehe nicht nur um die Bewahrung traditioneller kommunistischer Identität - darum auch -, sondern um die aktive Mitarbeit der Kommunisten der PDS in den Basisorganisationen der Partei. Gegen den Versuch, die Kommunisten aus der PDS auszugrenzen und sie hinauszudrängen, wie es der PDS-Vorständler Wolfgang Gehrcke und andere versuchen, würde man sich wehren. In der nachfolgenden Diskussion, in der es vor allem um die Entwicklung eines Profils der KPF nicht nur in theoretischen Dingen, sondern in ganz praktischen Angelegenheiten wie Bischofferode oder das EKO-Stahlwerk in Eisenhüttenstadt ging, konnte einiges geklärt werden. Auch die Fragen nach der Mitarbeit von Kommunisten, die nicht der Plattform angehören - ob in der PDS oder außerhalb - warf Fragen auf. Während ein Diskussionsteilnehmer darauf verwies, daß nur 6 Prozent der ehemaligen SED-Mitglieder in der PDS sind und hier ein großes Potential von Sympathisanten - vor allem Wähler - vorhanden ist, mochte ein anderer - Andreas G. von der PDS Hamburg - dies nicht so sehen. Wer erst einmal raus aus einer Partei ist - das wissen die westdeutschen Kommunisten am besten -, sei sehr schwer wieder zu organisieren. Natürlich war auch der Wahlkampf Thema - insbesondere die Irritationen um den Grafen von Einsiedel, dessen 600jähriger Stammbaum wohl kompetenter mache in deutscher Geschichte als Leute, die nicht von Adel sind - so kürzlich in einer Polemik im Neuen Deutschland von Gregor Gysi und anderen gegen die Einwürfe von KPF und westdeutscher Landesverbände. Hier wurde an den DEFA-Film Krupp und Krause erinnert und auf die jahrhundertelange Kampftradition der deutschen Arbeiter und Bauern verwiesen. Die Frage nach dem Grundwiderspruch zwischen Arbeit und Kapital, der Rolle der Banken - es wurde auf eine neue Untersuchung von Hermanus Pfeiffer verwiesen - und die aktuellen Versuche, die Bodenreform wieder rückgängig zu machen, waren Anliegen der Teilnehmer, die sich vor allem aus dem PDS- und DKP-Spektrum zusammensetzten. Gerade der Skandal um Betrüger Schneider und die Deutsche Bank und die "peanuts" - 50 Millionen sind für diese Bank Kleinigkeiten, aber nicht für die Gläubiger - hätte die Bereitschaft der Bevölkerung wesentlich gefördert, gegen die Großbanken vorzugehen und z.B. die Vergesellschaftung zu fordern. Wo bleiben da die PDS und die anderen Linkskräfte? Abschließend sei noch auf die Broschüre Warum sind KommunistInnen in der PDS? hingewiesen, die im Auftrag des Bundeskoordinierungsrates veröffentlicht wurde und bei der PDS, Kleine Alexanderstr. 28, 10178 Berlin erhältlich ist. P.S. Warum ehemalige DKP-Aktive, die vor vier Jahren mit bundesweiten Schlagzeilen die PDS in Westdeutschland aus der Taufe hoben und jetzt sich genötigt sehen, die Kommunistische Plattform der PDS wiederum im Westen zu forcieren, ist für den Verfasser nicht nachvollziehbar. U.S.
Leserzuschrift
Willkommen in
Großdeutschland!
Am 10.5.1994 fand eine Wahlkampfveranstaltung der PDS/LL zur Europawahl mit Hauptredner Hans Modrow im Curio-Haus statt. Vor der Veranstaltung wurde unten abgedrucktes Flugblatt ("Die nationale Linke?!") verteilt und ein Transparent mit der Aufschrift "Willkommen in Großdeutschland" ausgebreitet. Bei der Aktion ging es nicht darum, eine Veranstaltung zu "stören" oder zu "verhindern". Die Veranstaltung selber wurde von uns lediglich benutzt, um an ein tendenziell "irgendwie" linkes Spektrum von potentiellen PDS-WählerInnen eine Frage zu stellen, die unseres Erachtens bisher nicht genügend reflektiert wurde; die Frage nach dem Nationsbegriff innerhalb der Linken. Da jedoch eine "Wahlkampfveranstaltung" nicht der richtige Ort ist, um eine inhaltliche Diskussion zu führen, verstanden wir unsere Aktion als "Anmerkung". Es ging uns nicht primär um Personen (Modrow, Einsiedel), sondern um die nationalen Tendenzen, die innerhalb der Linken erkennbar sind.
"Die nationale Linke"?! "Deutschland, einig Vaterland" (H. Modrow, 1990) "Da ich letzten Endes immer noch ein Deutschnationaler bin " (H. Graf von Einsiedel, 1994) In einer Zeit, in der die Restauration der "deutschen Nation" vorrangiges Ziel in einem völlig souveränen deutschen (einigen) Vaterland geworden ist, sollte es die Pflicht einer wie auch immer gearteten sozialistischen Partei sein, die verbrecherische Idee der "deutschen Nation" zu bekämpfen und ihr eine aufgeklärte, emanzipatorische Alternative (Sozialismus) entgegenzuhalten. Die Idee der "deutschen Nation" war stets gebunden an einen übersteigerten Nationalismus, der das "deutsche Kulturgut" immer über seine Nachbarn gestellt hat. Der "Expansionszwang" vorrangig gen Osten ist genauso an den Begriff Nation ("deutsche") gekoppelt wie die Kette von: "Wir sind das Volk!" "Wir sind ein Volk!" "Wir sind das deutsche Volk!" was dann auch bedeutet: "Wir sind stolz, Deutsche zu sein!" "Deutschland den Deutschen!" "Ausländer raus!" Die "deutsche Nation", die auf "Blut und Eisen" eines geschlagenen Frankreichs gegründet wurde, hat keine Existenzberechtigung. "Deutschland denken heißt Auschwitz denken!" Eine Umdeutung des Nationenbegriffs ist nicht zuletzt durch Auschwitz unmöglich, sie führt nicht zur Emanzipation und Aufklärung, sondern zu ihrem Gegenteil! Nicht die Nationalisten sind das Problem, sondern die Nation, auf die sie sich beziehen. Im Falschen gibt es nichts Richtiges. Im Begriff "deutsche Nation" findet sich nichts Positives, von dem aus man den Begriff positiv umdeuten könnte. Nicht die Teilung Deutschlands ist "unnatürlich", sondern die Existenz Deutschlands. Insofern ist die Aufgabe einer sozialistischen Partei, sich vor der "nationalen Falle" in acht zu nehmen und nicht in Rücksicht auf WählerInnenstimmen auf den großdeutschen Zug aufzuspringen. "Die nächste Aufgabe des Sozialismus ist die geistige Befreiung des Proletariats von der Vorherrschaft der Bourgeoisie, die sich in dem Einfluß der nationalistischen Ideologie äußert. Das Vaterland der Proletarier, dessen Verteidigung alles andere untergeordnet werden muß, ist die sozialistische Internationale." (Rosa Luxemburg) Die Linke ist antinational, oder sie ist nicht, alles andere bedeutet: Willkommen in Großdeutschland! Arbeitsgruppe "Kritik"
Bund Freier Bürger
(M. Brunner)
Der "Bund Freier Bürger" (BFB) nennt sich auch gerne "DM-Partei". Das stimmt, der BFB vertritt in der Tat die Interessen der Wohlhabenden in diesem Land. Der BFB wurde am 23.1.1994 von Manfred Brunner gegründet. Brunner war Kabinettschef von EG-Kommissar Martin Bangemann (FDP). Bekannt wurde er durch seine Verfassungsklage gegen die Maastrichter Verträge 1993. Seine Partei hat die Aufgabe, reaktionäre EG/EU-Kritik zusammenzufassen sowie Artikulationsmöglichkeiten für rechte BürgerInnen zu bieten, ohne daß diese gleich in den Geruch rechtsextremer Gesinnung geraten sollen. Gleichzeitig muß die Seriosität auch so weit gewahrt bleiben, daß es möglich wird, Koalitionen mit der CDU/CSU einzugehen. Brunner möchte mit seinem BFB "Verzahnungspunkte mit dem bürgerlichen Lager" gewinnen (nach Antifaschistische Nachrichten 1/94, Köln). Solch eine Partei fehlt bislang in der BRD, da es den REPs nicht gelang, den faschistischen Stallgeruch loszuwerden, wodurch die REPs für "HonoratiorInnen" derzeit nicht geeignet sind. Entsprechend wichtig ist es für den BFB, daß er nicht als das enttarnt wird, was er ist: eine Partei der extremen Rechten. Gleichzeitig besteht zwischen dem BFB und der österreichischen FPÖ des Jörg Haider eine derart enge Verbindung, daß der Verdacht, daß der BFB ein FPÖ-Ableger ist, besteht. Haider: "Wir können uns vorstellen, daß wir in absehbarer Zeit in Deutschland mit einer eigenen Partei kandidieren, so wie wir schon in Südtirol angetreten sind." (nach Antifaschistisches Infoblatt März/ April 94, Berlin) Das war vor der BFB- Gründung. Hat Haider diese Partei jetzt? Fest steht, daß Haider erheblichen Aufwand in den BFB investiert. So wollte er für den BFB vor den Europawahlen in jedem Bundesland mindestens einmal öffentlich auftreten, um mit seinem Bekanntheitsgrad dem BFB auf die Beine zu helfen. Die Informationen über den BFB sind eher spärlich. Trotzdem soll im Folgenden versucht werden, die Grundzüge der Politik dieser "freiheitlichen Alternative der rechten Mitte", so die Eigenbezeichnung in einem Werbeflugblatt, darzulegen.
Reaktionäre, nationalistische Kritik der Europäischen Union Der BFB spekuliert auf die Stimmen derjenigen Menschen, die Unmut gegenüber der Europäischen Union haben. Seine EU-Kritik beabsichtigt, mit populären Behauptungen über die EG den bestehenden Mißmut in eine reaktionäre, nationalistische Richtung zu kanalisieren. Erleichtert wird dem BFB seine demagogische Propaganda durch das weitgehende Fehlen einer linken EU-Kritik. Diese müßte im wesentlichen folgende Punkte ansprechen: 1) Nicht die BRD ist der "Zahlmeister Europas", sondern ganz im Gegenteil ermöglicht der "gemeinsame Markt" dem BRD-Kapital mit seinen hochentwickelten Produktivkräften den leichteren Zugriff auf die Ökonomien der weniger wirtschaftsmächtigen EU-Staaten. 2) Entsprechend sind die EG-Investitionen in die ärmeren EG-Regionen auch keine Wohltaten der großen Industriestaaten, um den schwächeren auf die Beine zu helfen, sondern im Gegenteil dienen diese Investitionen den Interessen der Großkonzerne, die letztlich diese Projekte durchführen, Material liefern und sich die Produktionen billig aneignen können. Diese Investitionen fließen zu einem Gutteil zurück in die Kassen der reichen Staaten, genauer: in die Kassen "ihrer" Großkonzerne. 3) Der "gemeinsame Markt" ermöglicht den Zugriff auf billige Arbeitskräfte in Staaten mit geringerem Lohnniveau als dem der BRD. Tendenziell werden arbeitsintensive Produktionen in diese Staaten verlagert, technologieintensive Produktionen sowie Planungs-, Koordinierungs- und Entscheidungszentren verbleiben in den imperialistischen Metropolen. 4) Die geplante EU sieht noch weniger demokratische Mitbestimmung und Kontrolle vor, als dies ohnehin der Fall ist. Entscheidungen werden in erster Linie nicht im - immerhin gewählten - Europaparlament getroffen, sondern vorwiegend in verschiedenen, nicht- parlamentarischen Organen, wie dem Ministerrat oder schon im Entscheidungsvorfeld von unkontrollierbaren "Expertenstäben". 5) Gemeinsam können die EG-Staaten wirkungsvoller fortschrittliche Bewegungen bekämpfen, ArbeiterInnenschutzrechte aushebeln und die EU-Abschottung gegen diejenigen Menschen organisieren, die in ihrem Land keine Existenz mehr finden - auch durch das Wirken der EG - und deshalb in die imperialistischen Staaten kommen. 6) Gemeinsam läßt sich ebenfalls besser die internationale Ausplünderung von Menschen aller Kontinente betreiben, als starker Block gegenüber den Hauptkonkurrenten USA und Japan. Diese längere Schilderung schien mir nötig, um den reaktionären Charakter der BFB-EU-Kritik deutlicher machen zu können, denn keiner der oben genannten Aspekte einer fortschrittlichen EG-Kritik ist beim BFB zu finden. Tendenziell läßt sich festhalten: Die Kritik des BFB basiert darauf, daß er den BRD-Konzernen noch mehr Ausbeutungsmöglichkeiten wünscht, bei noch weniger finanziellem Einsatz und noch schärferen Repressionsmaßnahmen gegenüber allen Menschen, die der Kapitalverwertung im Wege stehen. Im ein zelnen:
I. Populistische Parolen Beim BFB ist in den verschiedensten Variationen die Rede von den "etablierten Parteien" und ihrer "Euro-Bürokraten-Diktatur", von "ausufernde(r) Bürokratie", "Brüsseler Bürokraten" usw. usf. An keiner Stelle wird versucht, diese Darstellungen zu konkretisieren, indem beispielsweise gesagt würde, wie die EG anders organisiert und verwaltet werden könnte. Kein Wunder, denn nennenswert anderes will der BFB auf dieser Ebene gar nicht. Er will lediglich mehr Macht für die BRD (-Monopole). Die "Bürokraten- Kritik" wird allein deshalb aufgenommen, weil sie von vielen Menschen als die eigentliche Ursache von Mißständen betrachtet wird. Und diese Art Kritik kann mensch getrost weiter verbraten, da sie nicht zu einer Positionierung gegen die wirklichen Ursachen sozialer Mißstände führt: den kapitalistischen Gesellschaftsstrukturen! Insofern die "Bürokraten-Kritik" zur Verschleierung gesellschaftlicher Hintergründe beiträgt, ist sie selbstverständlich ReaktionärInnen aller Couleur herzlich willkommen.
II. Erhalt der D-Mark Die DM in ihrer vielgepriesenen "Stabilität", ist ein Instrument deutscher Politik in der internationalen Wirtschaft. Eine "starke Währung" verschafft Vorteile gegenüber einer "schwachen", d.h. stärkeren inflationären Schwankungen unterworfenen Währung. Der Schritt zum Ecu als gemeinsamer Währung der EU-Staaten ist daher für das BRD-Kapital mit Wagnissen verbunden und zumindest auch mit der Aufgabe gewisser Vorteile gegenüber Konkurrenten innerhalb der EG, v.a. Frankreich. (Warum die BRD dennoch mittut, ist mir unklar. Möglich, daß auch sie ein kleines Opfer bringen mußte, um das Ziel des "gemeinsamen Marktes" zu erreichen, möglich aber auch, daß die gemeinsame Währung den Zugriff auf die EU-Märkte erleichtert.) Was die BRD und ihre Konzerne aber - möglicherweise - schwächen könnte, ist Ansatzpunkt der reaktionären Kritik. Der BFB baut dabei auf unterschwellig vorhandene Éngste in der Bevölkerung vor Inflation, wenn er zu befürchten vorgibt, daß "die Mark auf dem Altar Europas geopfert wird" und "mit der Aufgabe der Deutschen Mark würde Deutschland ohne Not auf seine größte Stärke verzichten". Das Schüren von Éngsten vor Abschaffung der DM ist ein Hauptpfeiler des BFB-Wahlkampfes. Deshalb nennt er sich auch gern die "DM-Partei".
III. "Zahlmeister Deutschland" Dieser Propagandapunkt läuft zweigleisig: a) "wir" zahlen zuviel und b) "wir" haben zu wenig zu bestimmen. "Wieder einmal konnte sich der große Zahlmeister Deutschland nicht durchsetzen ()" "Schon Bundeskanzler Helmut Schmidt klagte: Deutschland ist der Zahlmeister der EG. Aber erst Helmut Kohl spielte so richtig den Big Spender ()" Gerechnet wird vom BFB ausschließlich mit dem Input der BRD. Die großen Gewinne, die das BRD-Kapital daraus zieht, finden keinerlei Erwähnung. Auch nicht erwähnt wird beispielsweise, daß die Ex-DDR in den nächsten sechs Jahren aus dem EG- Regionalfonds für ärmere EG-Regionen, der insgesamt 34 Mrd. Ecu umfaßt, etwa 14 Mrd. Ecu bekommen wird (NZZ 6.7.93). Daß solche Fakten verschwiegen werden, verdeutlicht die demagogischen Absichten des BFB. Genauso werden Fakten unterschlagen, wenn es um den angeblich geringen Einfluß der BRD auf EG-Entscheidungen geht. Immer wieder wird betont, daß "deutsche Interessen in Brüssel und Bonn rücksichtslos vernachlässigt werden", daß "sich Helmut Kohl bei den Verhandlungen von den Franzosen über den Tisch ziehen ließ und die Interessen Deutschlands auf dem Altar Europa geopfert hat". Und - oh Graus! - selbst das "18%-Inflationsland() Griechenland" darf mitbestimmen. Dieser Lug und Trug besteht nicht nur darin, daß völlig außer acht gelassen wird, daß ein wirtschaftlich mächtiger Staat wie die BRD in der Lage ist, schwächere Staaten zu erpressen, besteht innerhalb der EG doch eine Abhängigkeit der "Kleinen" von den "Großen". Nein, bloße Zahlen widerlegen den BFB schon und zeigen, welch überdimensionierten Einfluß die BRD innerhalb der EG hat und daß keineswegs von einem Bündnis Gleichberechtigter geredet werden kann: Im (entscheidenden) EG-Ministerrat hat Griechenland 5 Stimmen, die BRD aber 10! (NZZ 5.10.93) Noch krasser im Europaparlament: Griechenland wird im am Sonntag zu wählenden neuen Europaparlament 25 Abgeordnete stellen, die BRD beinahe viermal soviel, nämlich 99! (NZZ 16.10.93) Im Ergebnis postuliert der BFB: "Europa JA, aber NICHT SO " Er möchte "Ein Europa der Vaterländer", aber dennoch die "Vollendung des Binnenmarktes". Die Angst vor dem "Verlust der eigenen Souveränität" ist Ausdruck einer anderen politischen Strategie, auf welche Weise die BRD und ihre Konzerne maximalen Einfluß erlangen können; eine andere Strategie, als sie derzeit von den herrschenden Kapitalfraktionen und ihren Parteien vertreten wird. Der BFB kalkuliert, daß eine BRD, die keine bindenden Verpflichtungen innerhalb der EU hat, besser ihre Interessen gegen die anderen durchpressen kann, als mit der Strategie, möglichst viel, möglichst eng und dauerhaft zusammenzuschließen, damit die anderen EU-Staaten nicht mehr "von der Schippe springen" können. Weiterhin schadet die reaktionäre EU-Kritik den BRD-Unterhändlern in Brüssel nicht, sondern kann eingesetzt werden als zu berücksichtigende Stimmung in der Bevölkerung, mit der den anderen EG- Staaten noch mehr Einfluß abgetrotzt werden kann. (Die Zitate dieses Abschnittes stammen, wenn nicht anders angegeben, aus dem Werbeflugblatt D.M., Informationsdienst Bund Freier Bürger, Extra Mai/Juni 1994)
Die weiteren Programmpunkte und ein Blick auf das Personal des BFB runden das Bild einer rechtsextremen Partei ab Der BFB spricht sich aus gegen das Tarifsystem und das System der Sozialversicherung, da diese Haupthemmnisse einer "wirtschaftlichen Gesundung" wären. Joachim Starbatty, stellvertretender Vorsitzender des BFB, verlangt eine Marktwirtschaft ohne soziales Netz. Die Steuerpolitik soll dagegen "mittelstandsorientiert" sein, die deutsche Landwirtschaft geschützt werden. Dazu paßt die Forderung nach Erhalt der Familie als "Fundament jedes Gemeinwesens" (Programm, nach AN 4/94). Familie, Mittelstand und deutsche Scholle waren schon immer Kern rechtester Gesellschaftsvorstellungen! In dieser "idyllischen" deutschen Welt stören alle Nichtdeutschen. Daher verlangt der BFB die Abschaffung des Asylrechts und eine Regulierung der Arbeitsimmigration, womit gemeint sein dürfte, kommen darf, wer von den Kapitalisten gebraucht wird, alle anderen sind unerwünscht (AN 4/94). Brunner will, daß "Ausländerfeindlichkeit nicht länger mit Einwanderungsfeindlichkeit gleichgesetzt wird", denn er sei "einwanderungsfeindlich aber ausländerfreundlich" (AN 1/94). "Ein in Deutschland beschäftigter Italiener bekommt deutsches Kindergeld auch für seine unehelichen Kinder, die in Italien leben." (D.M., BFB-Werbeflugblatt Mai/Juni 94) Dieser selbe Italiener zahlt, das verschweigt der BFB, auch "deutsche" Sozialabgaben und Steuern. Und Rechte sollen natürlich nur die "Deutschen" haben, wie Brunner schon in seiner Verfassungsklage gegen die Maastrichter Verträge formulierte: "Freie Entfaltung der Persönlichkeit in Deutschland ist notwendig eine freie Entfaltung der deutschen Persönlichkeit." (zitiert nach: Gegen den DM-Imperialismus, GNN-Vlg., Köln 1993, S. 39) Im Bereich "Innere Sicherheit" spricht der BFB sich gegen den "laschen Rechtsstaat" aus (AN 4/94).
Personalien Entsprechend der Absicht des BFB, eine seriöse Partei darzustellen, deren Verstrickungen zur Neuen Rechten nicht bekannt sein sollen, war Brunner bewußt vorsichtig bei der Auswahl exponierter Parteimitglieder. Es wurde wert auf "HonoratiorInnen" gelegt, um sich den Anschein intellektueller Respektabilität zu geben. Entsprechend viele AkademikerInnen finden sich in den Parteigremien. Dennoch lassen sich einzelne Verbindungen in die Braunzone nachvollziehen: - Karl Albrecht Schachtschneider (Ordinarius für öffentliches Recht, Nürnberg, stellvertr. Bundesvors.) ließ sich bereitwillig von der Jungen Freiheit interviewen. - Regina Freifrau von Schrenck-Notzing (Ammerland, Beisitzerin im BuVo) ist die Gattin von Caspar Schr.-N., der Criticon herausgibt. Criticon versteht sich als "Bollwerk gegen den Liberalismus", sorgt sich um das "biologische Potential" der Deutschen und ist gegen die "Umerziehung", weswegen ein Schlußstrich unter die deutsche Vergangenheit gezogen werden soll. Criticon ist eines der Theorieorgane der Neuen Rechten, denen es häufiger gelingt, in konservative Bereiche vorzustoßen (AN 3/94). - Bruno Bandulet (Verleger, Bad Kissingen, Beisitzer im Präsidium) ist Autor in Criticon. - Wolf von Zworowski (Kassel, Beisitzer im BuVo) ist Gründer der "Deutschen Partei" (1993), nachdem er lange Zeit Landtagsvizepräs. für die CDU im Hess. Landtag war. Für die DP verhandelte er mit der DSU über ein Zusam mengehen. - Gunnar Sohn (Bonn, Beisitzer im BuVo) ist ständiger Autor in Criticon und Mut, einer Zeitschrift mit Criticon vergleichbaren Absichten. (Informationen aus Antifaschistisches Infoblatt März/April 94, Berlin) Und auch der Meister selbst ließ sich von der Jungen Freiheit interviewen. Überhaupt Brunner. Er scheint eine Art Partei-Führer zu sein, jedenfalls steht er deutlich im Mittelpunkt, mal abgesehen von Kamerad Haider. Von den 4 Seiten des schon erwähnten Werbeflugblattes geht es auf der Titelseite ausschließlich um Manfred Brunner und seine heldenmütigen Verdienste im Kampf gegen die Maastrichter Verträge: "Manfred Brunner (47) () lehrt die etablierten Parteien das Fürchten. () war nie ein angepaßter Karrierist () bewies Brunner, daß er keinen Respekt vor den Mächtigen kennt. Er machte offen Front ()" Sowohl die personellen Verflechtungen als auch die inhaltlichen Standpunkte des BFB ergeben das Bild einer rechtsextremen Partei. Einer Partei allerdings, deren Konzeption nur dann aufgehen kann, wenn es ihr gelingt, genau diese Zusammenhänge mit Rechtsaußen zu verschleiern. Und genau das könnte Ansatzpunkt antifaschistischer Tätigkeit gegen den BFB sein. Reißen wir ihnen die Maske bürgerlicher Wohlanständigkeit vom Gesicht! -(F)
In dieser Ausgabe u.a.:
Polizeieinsatz in Altona; Protest gegen Völkermord in Kurdistan; Demo gegen Abschiebungen; Polizisten schützen türkische Faschisten; Militärische Außenpolitik?; Diskussion im Movimento; Bildungs- und Sozialabbau - ohne uns! Cubanische Filmtage Zu den Europawahlen Bündnis Freier Bürger
Postreform II: Warnstreiks für "Sozialtarifvertrag" Rund 200 Postlerinnen und Postler besetzten am 26.5. kurzzeitig das City-Postamt 102 in der Mönckebergstr. Am Samstag streikten in 31 Städten im ganzen Bundesgebiet rund 3500 Postbeschäftigte. Im zentralen Hamburger Postverteilamt Hühnerposten legten 170 Briefsortierer für vier Stunden die Arbeit nieder, 500000 Briefe blieben dadurch liegen. Am Montag wurden Warnstreiks vorläufig ausgesetzt. Sollten die Tarifverhandlungen allerdings nicht vorankommen, will die DPG die Streiks weiterführen aus weiten. Mit den Aktionen will die Postgewerkschaft einen "Sozialtarifvertrag" durchsetzen, d.h. die betrieblichen Sozialleistungen für die Postbeschäftigten bei der Überleitung des Personals aus dem bisherigen Bundesunternehmen Post in die privaten Postunternehmen absichern. Jeder weiß, daß die Bezahlung bei der Post - vor allem in den sogenannten unteren, angeblich einfachen, dafür aber um so anstrengenderen Tätigkeiten - nicht hoch ist. Auszuhalten war dies vor allem aufgrund der zusätzlichen Sozialleistungen. Diese Dienstvereinbarungen und Schutzregelungen wurden in mehr als vierzig Jahren gewerkschaftlicher Arbeit erkämpft und durch Eigenleistungen und Beiträge der Versicherten aufgebaut. Es geht dabei um die selbstverwalteten Einrichtungen wie die Zusatzversorgung für die Arbeiter und Angestellten bei der Post (vor allem bei niedrigen Einkommen eine notwendige Aufbesserung der Rente), um die Postkleiderkasse und das Erholungswerk; es geht um die Wohnungsfürsorge, den betriebsärztlichen Dienst (arbeitsmedizinischer Arbeitsschutz), die Studienstiftung; es geht um Gemeinschaftsverpflegung, Kindererholungsfürsorge, Bereitstellung der persönlichen Schutzausrüstung. Die Liste ist nicht vollständig. Die Summe dieser Leistungen für alle 670000 Postbeschäftigten beträgt, aufs Jahr gerechnet, ca. 700 Mio. DM. Für die Manager der neuen Privatunternehmen Post ist das alles nur ein Klotz am Bein, eine Einschränkung der Unternehmensfreiheit, Sozialklimbim, der weg muß In den Verhandlungen über den "Sozialtarifvertrag" am Montag konnte "kein Durchbruch erzielt werden". Die Postlerinnen und Postler werden also weiterkämpfen müssen und brauchen die Solidarität der anderen Gewerkschaften. -(ulk, scc)
Einladung zur
Offenen Landesversammlung der PDS/Linke Liste Hamburg
Samstag, 18. Juni, 11.00 bis 18.00 Uhr
Tagesordnung: Eröffnung und Konstituierung Referate zur politischen Situation nach der Wahl; Aussprache und Diskussion Aufstellung der KandidatInnen zur Landesliste; Beschluß über das Wahlverfahren Wahl der KandidatInnen zur Landesliste * Vorstellung und Befragung der KandidatInnen Weitere Wahlen zur: * Vertrauensperson * Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Wahl der Schiedskommission der PDS/Linken Liste Hamburg Verschiedenes
Rifondazione Comunista
Diskussionsveranstaltung mit
Viviana Finzi Vita (Rom)
von der Rifondazione Comunista
Am 27./28.3.94 fanden in Italien die Parlamentswahlen statt. Nachdem die bürgerlichen Parteien ihren Einfluß im Laufe der letzten Jahre fast vollständig verloren haben, stehen sich zwei große Blöcke gegenüber: Die "Forza Italia" des Mediengigaten Berlusconi mit Lega Nord und der neofaschistischen MSI. Andererseits die "Progressisti" mit den Linksdemokraten der PDS, der Rifondazione Comunista, den Grünen und der Anti-Mafia-Bewegung La Rete. Drei Bereiche sollen im Mittelpunkt unserer Diskussion stehen: 1. Was waren und sind die Ursachen für den Zusammenbruch des klassischen italienischen Parteiensystems, welche Machtverschiebungen gibt es in der italienischen Gesellschaft? Welche Rolle spielen die Medien? Was sind die Ursachen für die neue Verschärfung des Nord SüdKonfliktes in der italienischen Gesellschaft? Wie konnte es geschehen, daß Neofaschisten ihren politischen Einfluß derart ausweiten konnten? 2. In welche Richtung wird sich die italienische Innenund Außenpolitik nun entwickeln? Ist eine soziale und ökonomische Repression zu befürchten? Droht eine Neuauflage italienischer Großmachtpolitik? 3. Wie beantwortet die italienische Linke die Krise der Politik? Welcher Widerstand entwickelt sich von unten? Welche Perspektiven für gesellschaftliche Veränderungen sehen SozialistInnen und KommunistInnen? Wie sieht sie aus, die Politik der "Rifondazione Comunista"? Und: gibt es eine Chance für eine politische Formierung der italienischen Linken?
Freitag, den 10. Juni 1994, 18 Uhr, Palmaille 24
Veranstalter: PDS/Linke Liste Hamburg
Die Kommission Programmatische Erneuerung des Parteivorstandes der DKP lädt zu einem Hearing: Die sozialistische Alternative zum realen Kapitalismus Kurzinformationen zum geplanten Ablauf: Um mehr Zeit für die Diskussion zu haben, sollen keine längeren Einleitungsreferate gehalten, sondern Konferenzunterlagen vorher versandt werden, u.a. mit den Ausarbeitungen: Willi Gerns: "Die sozialistische Alternative zum realen Kapitalismus"; Fred Filius: "Über den dritten sozialistischen Anlauf in Europa"; Ansgar Knolle-Grothusen: "Produktivkraftentwicklung und Gesellschaftsformation". Neben der Plenumsdiskussion finden drei Arbeitsgruppen statt: - AG 1: Ist ein künftiger Anlauf zum Sozialismus in einem Land denkbar, kann er nur als gleichzeitiger oder gemeinsamer Ausbruch in einer Reihe hochentwickelter imperialistischer Staaten erfolgreich sein, muß er neben Ländern der Metropolen auch Länder der Peripherie einschließen? Konsequenzen für die internationale Zusammenarbeit der Kommunisten und Linkskräfte. - AG 2: Braucht ein dritter Anlauf zum Sozialismus einen eigenen - sozialistischen - Typ der Produktivkraftentwicklung? Was bedeutet das für die Systemkonkurrenz? Kampf um die Erhaltung der Lebensgrundlagen der Menschheit und Kampf um Sozialismus - Zusammenhang und Schlußfolgerungen für die Bündnispolitik der Kommunisten. - AG 3: Die Rolle der Kommunistischen Partei und anderer fortschrittlicher Parteien beim Eröffnen des Weges und beim Aufbau des Sozialismus. Demokratie und Machtausübung im Sozialismus. Samstag, 25.6., 10-18.00 Uhr im Haus für Alle, Amandastr. 58 Anmeldungen und Anforderung der Konferenzunterlagen bitte an: DKP-Bezirksvorstand HH, Tarpenbekstr. 66, 20251 Hamburg, Tel.: 4804900, Fax: 4804210. 10,- DM Unkostenbeitrag.
Kommunistische Plattform im Kreuzfeuer Unter diesem Titel hatte die KPF Hamburg am 27.5. zu ihrer ersten öffentlichen Veranstaltung in die "Münze" eingeladen; Rede und Antwort standen Heinz Marohn, einer der Bundessprecher, und die Hamburger SprecherInnen Monika Balzer und Joachim Holstein. Mit etwa 20 Interessierten fand das Treffen regen Zuspruch; erfreulich auch die Mischung aus altbekannten Genossinnen und Genossen aus PDS und DKP und "neuen" Gesichtern. Heinz Marohn skizzierte in seinen einleitenden "notwendigen Anmerkungen" Aspekte der Entstehung und Entwicklung der Kommunistischen Plattform und nahm ausführlich Stellung zum Verhältnis der KPF zur PDS insgesamt. Er machte deutlich, daß die KPF sich im Gegensatz zu Wolfgang Gehrckes Auffassung nicht als "Partei in der Partei" sieht, sondern als integralen Bestandteil der PDS, der für eine programmatische und politische Weiterentwicklung dieser Partei unverzichtbar ist; die Arbeitsweise der KPF entspricht voll dem Statut der PDS. Die Genossinnen und Genossen, die "sich der KPF zurechnen" (schließlich gibt es weder separate Mitgliederlisten noch Beiträge, also auch keine exakten Zahlen über die personelle Stärke), wirken in den Organisationen der Basis, in Vorständen, Kommissionen und Parlamenten. Die KPF beteiligt sich - wie einzelne Genossinnen und Genossen, wie andere Gliederungen und Zusammenschlüsse - an der Ideologie- und Willensbildung der PDS. Dabei wirft die KPF vor allem vier Fragen auf: *Bedarf linke Politik einer theoretischen Grundlage? *Wie stellt sich die PDS der Macht- und Eigentumsfrage? *Gibt es eine verantwortbare revolutionäre Alternative zum Sozialreformis mus? *Wie verhält es sich mit dem "revolutionären Subjekt"? (Ausführlicher dargelegt sind diese Fragenkomplexe im PDS-Pressedienst 22/94 vom 3.6.94) Der Bogen der Debatte spannte sich von der Frage, welches Potential die KommunistInnen in der PDS ausmachen im Vergleich zu denen, die seit 1989 aus SED, SED-PDS und PDS ausgetreten sind, über Fragen des Profils der PDS im Bundestagswahlkampf (Einsiedel und andere) bis hin zum Verhältnis von Tagespolitik und Fernziel, der revolutionären Perspektive. Hier machten mehrere DiskutantInnen auf Versäumnisse der PDS aufmerksam, die weder im Arbeitskampf von Bischofferode optimal aufgetreten sei noch die Chance genutzt habe, die spontane Empörung großer Teile der Bevölkerung über die Rolle der Banken (Schneider-Skandal) aufzugreifen und, pointiert formuliert, die Macht- und Eigentumsfrage zu stellen. Die KPF wird in Hamburg in Zukunft regelmäßig öffentliche Veranstaltungen anbieten. Am 21.6. möchten wir mit allen Interessierten über die weitere Arbeit diskutieren. Beginn 19.30 Uhr im Landesbüro Palmaille 24 »in der "Münze", Münzplatz 1 (Nähe Hbf, Besenbinderhof und Postamt Hühnerposten)À. Kontakt: Monika Balzer (2195004) und Joachim Holstein (218496). Monika Balzer, Joachim Holstein
Lokalberichte HamburgNr. 12/1994, 9.Juni 1994 Herausgeberkreis: Arbeitsgemeinschaft gegen reaktionäre Gesundheitspolitik (AGG), Arbeitskreis Azania, Arbeitsgemeinschaft BWK bei der PDS/LL Hamburg, Freunde des kurdischen Volkes Hamburg, Anarchistische Gruppe/RätekommunistInnen (AG/R), Hochschul-Antifa, Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg. Die Lokalberichte erscheinen in enger Zusammenarbeit mit dem Info der PDS/LL. Redaktionstreffen und Redaktionsschluß: Montag, 20.Juni, 18.00Uhr. Die Lokalberichte erscheinen vierzehntäglich. Jahresabo 39,- DM (Förderabo: 46,80,-), zu zahlen auf das Konto GNN-Verlag, HASPA, BLZ20050550, Kt-Nr. 1330/110055. Red. Lokalberichte, c/o GNN, Palmaille 24, 22767 Hamburg, Tel. 381393, Fax 3898331. V.i.S.d.P.: Christiane Schneider. Verlag, Herstellung, Drucklegung: Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung Schleswig-Holstein/Hamburg mbH