Nr. 10/97
Editorial
Zum
Inhalt
|
|
Lotta Dura - Der Kampf wird härter
Er war also unter uns, der Briefbomber: Kein Nazi,
sondern ein "Genosse" (FPÖ-Klubobmann Stadler), kein Rassist, sondern
einer der sich stets für die Schwachen der Gesellschaft eingesetzt und
sogar für caritative Organisationen gespendet hat, kein Frauenfeind,
sondern ein Opfer einer slowenischen (!) Heiratsschwindlerin, die mit seinen
Ersparnissen verschwand, kein normaler Österreicher, sondern ein Genie und
gleichzeitig "schwerkranker Psychopath" (Innenminister Schlögl), ja, nicht
ein mal ein Mensch, sondern "ein einsamer Wolf" (Neue Kronen Zeitung). Vor
allem aber war Franz Fuchs - ein Einzeltäter. Die Gründe für
dessen kriminelle Machenschaften offenbart uns die "Kronenzeitung", die das
Volk sprechen läßt: "Der Schlüssel zum Franz is ganz
g'wiß sein Großvater, der Petritsch-Otto. Er war a Ausländer.
Italiener hams zu ihm g'sagt. A ganz a G'fährlicher und Schlimmer, aber
sehr gescheit."
All diese Versuche der Uminterpretation des BBA-Terrors zum Werk eines
einzelnen Wirrkopfes (mit italienischem Großvater und slowenischer
ex-Freundin!) gehorchen dem Wunsch, das rechtsextreme und rassistische Umfeld
auszublenden. Peter Rabl bringt diesen Wunsch im "Kurier" auf den Punkt:
"Redliche Analyse gebietet etwa das Eingeständnis, daß Jörg
Haider in diesem Zusammenhang wohl unrecht getan wurde. Der 'Ziehvater des
rechtsextremen Terrors' ist schon mangels des letzteren nicht mehr haltbar."
Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Österreichs oberster Polizist
Michael Sika gibt offenherzig Auskunft, warum die Ermittler an der
Einzeltäterthese festhalten: mit der Annahme mehrerer Täter wäre
es nämlich "wieder politisch geworden". Und genau das wollen alle
verhindern. Von Haider bis Schlögl, "Kronenzeitung" bis "Presse" hat
niemand ein Interesse daran, die politischen Dimensionen des Falles
auszuleuchten. Da fragen sich Behörden wie gleichgeschaltete Medien
angesichts der eigentlich vielsagenden Opferauswahl und von Bekennerbriefen,
die vor Deutschtümelei und Rassismus nur so strotzen, was denn den armen
Fuchs, diese österreichische Ausgabe des UNA-Bombers, angetrieben habe.
Bis dato sprachen jedoch unter anderem die Bekennerbriefe mit ihrem geballten
Wissen über germanische Urzeiten gegen die Einzeltäterthese. Jetzt,
da mit zweiwöchiger Verspätung die Bücher gefunden wurden, aus
denen Fuchs sein historisches Wissen bezogen haben soll, verstummen langsam
auch die letzten ZweiflerInnen an der Einzeltätertheorie. Warum Fuchs, der
angeblich angesichts der mit 1. Oktober möglich gewordenen Rasterfahndung
nervös geworden sei, ausgerechnet die historische Bücher
außerhalb seiner Wohnung versteckt und sein Bombenarsenal aber bei sich
behalten haben sollte, bleibt das Geheimnis der Ermittler und ihrer medialen
Sprachrohre...
ZU DIESER NUMMER
Wir führen unsere Auseinandersetzung mit dem Charakter der FPÖ in
diesem Heft fort. Jetzt interessiert uns das neue Programm der Haider-Partei.
Wenn wir dieses mit mit "neurechten" Ansätzen vergleichen, heißt das
weder, daß wir die FPÖ für eine "neurechte" Partei, noch
daß wir den Begriff überhaupt für brauchbar halten. Vielmehr
wollten wir im Rückgriff auf die Arbeit Jost Müllers zeigen, in
welchem Ausmaß FPÖ-Ideologen an der spezifischen Verklammerung von
Konservativismus und Faschismus arbeiten.
Daneben soll die Bedeutung des Parteiprogrammes nicht überschätzt
werden. Gerade faschistische Bewegungen zeichnen sich durch eine inhaltliche
Offenheit aus, die sich auch in den vagen und oft widersprüchlichen
programmatischen Formulierungen äußert. Für diese Typen von
Parteien geht es mehr darum, wie etwas gesagt wird. Der Haider-Berater
Andreas Mölzer spricht dies auch umwunden aus: "Wer liest schon
Parteiprogramme, insbesondere freiheitliche, wenn Jörg Haiders
Wahlkampfreden einfach bedeutenderen Unterhaltungswert haben?"
Es gibt was zu Feiern: vor euch liegt die zehnte Nummer. Da wir aber keine
AnhängerInnen großer Reden sind, sparen wir euch und uns das
Jubilieren. Nur soviel soll gesagt sein: Wenn auch diejenigen, welche die Lotta
dura lesen, unterstützen und sich in irgendeiner Form auf sie beziehen, im
Laufe der letzten drei Jahre beständig mehr geworden sind, so können
wir noch lange nicht zufrieden sein. Noch ist es uns nicht gelungen, das
Projekt innerhalb linksradikaler, antifaschistischer Zusammenhänge als
einen Ausdruck von deren Kämpfen und Diskussionen zu verankern.
Weitgehend herrscht hier höchstens ein Konsumverhalten vor, wie es
gegenüber Zeitungen generell zum Ausdruck gebracht wird. Daneben ist das
Überleben der Lotta dura auch in finanzieller Hinsicht bei weitem noch
nicht gesichert. Also Abos bestellen oder verschenken, spenden, den Handverkauf
organisieren...
P.S.: http://www.nadir.org/nadir/periodika/lotta_dura
Zum
Inhalt
|