In den letzten Nummern der rZ haben wir versucht, das Thema Exil/Untertauchen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Wir warten immer noch auf Rücklauf...kann doch nicht sein, daß alle das genauso sehen ? Da wir immer noch finden, daß eine breitere Diskussion dazu wichtig ist, werden wir das Thema weiterhin aufgreifen. An dieser Stelle auch noch mal Grüße an die Untergetauchten in den diversen Verfahren!!In der letzten rZ wurde in einigen Texten bereits angerissen, daß Flucht/Abtauchen/Exil sich nicht für alle Menschen gleich betrachten läßt. Die Situation von Frauen kann dabei eine andere sein als die von Männern, die Situation von Flüchtlingen hier ist eine völlig andere als die von Menschen, die hier von einem politischen Verfahren betroffen sind und sich dafür entscheiden, abzutauchen.
Besonderen Schwierigkeiten sehen sich lesbische Frauen ausgesetzt, die hier in Deutschland in die Illegalität abgedrängt werden. Noch immer gilt die Verfolgung im Herkunftsland aufgrund der sexuellen Orientierung nicht als Asylgrund...
Grenzen auf für alle!
Wir sind ein Zusammenschluß mehrerer FrauenLesbengruppen, die illegal in Berlin lebende Frauen materiell unterstützen. In Berlin ist das Bündnis vielleicht eher bekannt durch das dazugehörende Spendenkonto (mit dem eher unpassenden Namen) "Sorglos". Hervorgegangen ist die Zusammenarbeit aus einer Arbeitsgruppe zur "Aktion Fluchtburg" auf einem gemischten Kongreß vor ca. zwei Jahren. Seitdem bemühen wir uns durch das zur Verfügungstellen von Wohnungen, Kontakten zu AnwältInnen und ÄrztInnen und teilweise durch Hilfe bei der Jobsuche den Frauen das Leben in der Illegalität zu erleichtern. Die illegalisierten Migrantinnen leben hier ausgeschlossen vom sozialen Netz und medizinischer Versorgung, sind rechtlosen und oftmals ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen ausgeliefert und immer mit der Angst konfrontiert, von der Polizei aufgegriffen und abgeschoben zu werden. Als Teil eines Kampfes gegen die weltweiten Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse sehen wir vor diesem Hintergrund die Notwendigkeit antirassistischer Arbeit auch in Form konkreter Alltagssolidarität. Das bedeutet, die Illegalisierten in so elementaren Bereichen wie Gesundheitsversorgung, Wohnen und Arbeit zu unterstützen. Unsere Priorität liegt auf der Unterstützung von FrauenLesben, da ein Ansatzpunkt unserer Organisierung immer auch der Kampf gegen sexistische Ausbeutung und Unterdrückung ist. Daher ist für uns der Sexismus, der illegalisierten Frauen neben rassistischer Unterdrückung entgegenschlägt, ein wesentlicher Grund, ausschließlich Frauen zu unterstützen. Frauen kommen sowohl über "allgemeine" Fluchtwege als auch über Frauenhandel, Heiratsvermittlung oder organisierte Zwangsprostitution in die BRD. Für sie alle bedeutet das Leben und Arbeiten hier - neben der Unsicherheit, schlecht oder häufig gar nicht bezahlt zu werden, rausgeschmissen, verpfiffen und angezeigt zu werden - eine besondere Abhängigkeit und Ausbeutung als Frau. Ein Hauptarbeitsbereich von illegalisierten Frauen sind die der staatlichen Kontrolle weitgehend entzogenen Privathaushalte. Wir denken, daß gerade bei dieser isolierten Arbeit Frauen verstärkt dem Zugriff eines individuellen Arbeitgebers ausgeliefert sind. Viele Arbeitgeber wissen (oder ahnen) von dem illegalen Status der Frauen und daß diese keine rechtlichen Möglichkeiten haben, sich gegen Übergriffe zu wehren. Entsprechend sicher sind sie sich, daß die von ihnen ausgeübte Gewalt für sie selbst keine Konsequenzen haben wird.Ob auf der Straße, bei der Arbeit, bei der Unterkunfts- oder Arbeitssuche - illegalisierte Frauen müssen bei der Konfrontation mit sexueller Gewalt, die ihnen in dieser Situation begegnet, ständig darauf achten, daß ihr Sich-zur-Wehr-Setzen keine staatlichen Stellen auf sie aufmerksam macht, denn das hieße Kontrolle der Personalien und damit Abschiebung.
Für viele Frauen kommt hinzu, daß sie ein Überleben nicht nur für sich, sondern auch für ihre Kinder organisieren müssen. Der entsprechend höhere Bedarf an Geld für Unterhalt und Kleidung und der Ausschluß der Kinder von Kitas und Schulen bedeutet eine zusätzliche Belastung.
Unsere Arbeit hat neben einer Menge neuer Kontakte, Freundschaften und Erfahrungen auch Probleme und Grenzen mit sich gebracht.
Unsere Mittel und Möglichkeiten sind begrenzt, so daß wir nur sehr wenige Frauen erreichen und unterstützen können. Leider bleibt uns neben der praktischen Arbeit oft kaum Zeit und Energie für eine kontinuierliche Zusammenarbeit über unsere konkrete Zusammenarbeit hinaus. Wir halten aber den Ausbau eines größeren Unterstützungsnetzes und die Zusammenarbeit mit anderen antirassistischen Gruppen für dringend notwendig, da eine solche Arbeit perspektivisch nur etwas bewirken kann, wenn sie sich als Teil eines umfassenden Kampfes gegen Rassismus versteht.
Wir hoffen, daß die Idee, solche Strukturen aufzubauen, Gruppen inspiriert und Unterstützung findet.
Spendenkonto:
S. Bartholmes
Stichwort Sorglos
Konto Nr.: 1500151498
Berliner Sparkasse BLZ.: 100 500 00Kontaktadresse:
"Sorglos"
c/o Antirassistische Initiative e.V.
Yorkstraße 59
10965 Berlin