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Sozialismus und Religion

Der Sklave, der sich seiner Sklaverei bewußt geworden ist und sich zum Kampf für seine Befreiung erhoben hat, hört bereits zur Hälfte auf, ein Sklave zu sein. (Lenin)

"Die Religion ist Opium des Volkes - dieser Ausspruch von Marx bildet den Eckpfeiler der ganzen Weltanschauung des Marxismus in der Frage der Religion. Der Marxismus betrachtet alle heutigen Religionen und Kirchen, alle religiösen Organisationen stets als Organe der bürgerlichen Reaktion, die die Ausbeutung verteidigen und die Arbeiterklasse verdummen und umnebeln sollen....
....Man muß verstehen, die Religion zu bekämpfen, dazu aber ist es notwendig, den Ursprung, den Glauben und Religion unter den Massen haben, materialistisch zu erklären. Den Kampf gegen die Religion darf man nicht auf abstrakt-ideologische Propaganda beschränken, darf ihn nicht auf eine solche Propaganda reduzieren, sondern er muß in Zusammenhang gebracht werden mit der konkreten Praxis der Klassenbewegung, die auf die Beseitigung der sozialen Wurzeln der Religion abzielt. Warum findet die Religion in den rückständigen Schichten der Bevölkerung noch Boden? Wegen der Unwissenheit des Volkes, antwortet der bürgerliche Fortschrittler. Also, nieder mit der Religion, es lebe der Atheismus. Der Marxist sagt: Das ist falsch. Eine solche Auffassung ist oberflächliche, bürgerlich beschränkte Kulturbringerei. Eine solche Auffassung erklärt die Wurzeln der Religion nicht gründlich genug, nicht materialistisch, sondern idealistisch. Die Wurzeln sind hauptsächlich sozialer Natur...."(1)
In seiner ersten Schriften "Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie" formulierte Marx: ... "die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik. ....Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die Religion das Selbstbewußtsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren hat. Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät. Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewußtsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Kompendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d’honneur (2) , ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also unmittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistige Aroma die Religion ist.
Die religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.
Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.
Die Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette abwerfe und die lebendige Blume breche. Die Kritik der Religion enttäuscht den Menschen, damit er denke, handle, eine Wirklichkeit gestalte, wie ein enttäuschter, zu Verstand gekommener Mensch, damit er sich um sich selbst und damit um seine wirkliche Sonne bewege. Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solange er sich nicht um sich selbst bewegt."(3)

In Bezug "Auf dem Gebiet der religiösen Beziehungen" legte Lenin 1919 folgendes dar:
"....sich nicht zufriedenzugeben mit der bereits dekretierten Trennung der Kirche vom Staat und der Schule von der Kirche, d.h. mit Maßregeln, die die bürgerliche Demokratie versprochen, aber infolge der mannigfachen tatsächlichen Verbindung des Kapitals mit der religiösen Propaganda nirgends in der Welt zu Ende geführt hat.
Die Partei erstrebt die vollständige Zerstörung der Verbindung zwischen den Ausbeuterklassen und der Organisation der religiösen Propaganda wie auch die faktische Befreiung der Werktätigen Massen von den religiösen Vorurteilen, wozu sie die umfassendste wissenschaftlich aufklärende und antireligiöse Propaganda organisiert. Dabei ist sorgfältig jede Verletzung der Gefühle der Gläubigen zu vermeiden, da sie lediglich zur Stärkung des religiösen Fanatismus führt."(4)

"Erklärung der Religion zur Privatsache - mit diesen Worten wird gewöhnlich die Stellung der Sozialisten zur Religion ausgedrückt. Doch die Bedeutung dieser Worte muß man genau definieren, damit sie keine Mißverständnisse hervorrufen können. Wir fordern, daß die Religion dem Staat gegenüber Privatsache sei, können sie aber keinesfalls unserer eigenen Partei gegenüber als Privatsache betrachten. Den Staat soll die Religion nichts angehen, die Religionsgemeinschaften dürfen mit der Staatsmacht nicht verbunden sein. Jedem muß es vollkommen freistehen, sich zu jeder beliebigen Religion zu bekennen oder gar keine Religion anzuerkennen, d.h. Atheist zu sein, was ja auch jeder Sozialist in der Regel ist. Alle rechtlichen Unterschiede zwischen den Staatsbürgern je nach ihrem religiösen Bekenntnis sind absolut unzulässig. Selbst die Erwähnung der Konfession der Staatsbürger in amtlichen Dokumenten muß unbedingt ausgemerzt werden. Es darf keine Zuwendungen an eine Staatskirche, keine Zuwendungen von Staatsmitteln an kirchliche und religiöse Gemeinschaften geben, die völlig freie, von der Staatsmacht unabhängige Vereinigungen gleichgesinnter Bürger werden müssen. Nur die restlose Erfüllung dieser Forderungen kann Schluß machen mit jener schmählichen und verfluchten Vergangenheit....
Vollständige Trennung der Kirche vom Staat - das ist die Forderung, die das sozialistische Proletariat an den heutigen Staat und die heutige Kirche stellt."(5)

(1) Lenin, "Über das Verhältnis der Arbeiterpartei zur Religion", S. 404 f
(2) Ehrenpunkt
(3) Karl Marx, "Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosohie", in Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, Bd. 1, Berlin 1961, S. 378
(4) Lenin, "Programmpunkt: Auf dem Gebiet der religiösen Beziehungen", 1919, Werke Band 29, S. 118
(5) Lenin, "Sozialismus und Religion", Werke Band 10, S. 71>BR>


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