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In der Türkei wird das Denken bestraft

Blinder Menschenrechtsanwalt wegen „Separatismuspropaganda" festgenommen

Wenn vom Thema Menschenrechtsverletzungen die Rede ist, wird in der ganzen Welt zuerst die Türkei genannt. Trotz ständiger Gelöbnisse auf Besserung der Menschenrechte ist die Türkei meilenweit davon entfernt, diese auch nur ansatzweise zu verwirklichen.
Nach einem Interview beim türkischen Fernsehsender "Kanal D" wurde der 52jährige blinde Rechtsanwalt und Menschenrechtler Esber Yagmurdereli vor dem Studiogebäude in Istanbul festgenommen. Ihm drohen 23 Jahre Haft.
Mit dieser Festnahme bestätigt sich die einhellige Aussage aller Menschenrechtsorganisationen über die verheerende menschenfeindliche Situation in diesem Polizeistaat. An diesem Beispiel zeigt sich auch, wie weit die antidemokratischen Verhältnisse in der Türkei den Staat vereinnahmt haben.
Erst vor wenigen Wochen hatte der Vorsitzende des Menschenrechtsvereins der Türkei (IHD) Akin Birdal gesagt, innerhalb der drei ersten Monate der Regierung seien 22 Menschen Opfer unaufgeklärter, von "Banden und Mafia" verübter Morde geworden. 28 Menschen seien per "Exekution ohne Gerichtsurteil, im Verlauf von polizeilichen Einsätzen oder bei Folterung in Polizeigewahrsam" ums Leben gekommen. Auch Birdal wurde jetzt wegen "Separatismus" zu einem Jahr Haft verurteilt. Damit will man den bekannten Menschenrechtler zum Schweigen bringen.
Mit ihm befinden sich in türkischen Gefängnissen rund 150 Schriftsteller, Künstler, Wissenschaftler und andere Intellektuelle. Verurteilt sind sie alle wegen "Separatismus" nach Artikel 8 des türkischen Antiterrorgesetzes: "Schriftliche und mündliche Propaganda, Versammlungen und Demonstrationen, die mit welchen Mitteln, Zielen und Ideen auch immer die Zerstörung der unteilbaren Einheit von Staatsgebiet und Staatsvolk zum Ziel haben, sind verboten".
Yagmurdereli gehört heute zu den Intellektuellen in der Türkei, die es wagen, die Politik gegenüber der kurdischen Bevölkerung zu kritisieren. Er ist ein enger Freund Yasar Kemals, dessen Friedenspreisrede der türkischen Regierung ein Dorn im Auge war. Yagmurdereli ist bekannt als Initiator verschiedener Friedensaktionen, so beispielsweise "Eine Minute Dunkelheit für eine Zukunft in Licht" und "Eine Million Unterschriften für den Frieden". Bereits 1978 wurde der bekannte Intellektuelle wegen seiner kritischen Haltung zum herrschenden Regime zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Nach 13 Jahren (1991) wurde er auf Bewährung freigelassen. Durch seine erneute Haft wird bezweckt, nicht nur ihn, sondern auch andere Intellektuelle zum Schweigen zu bringen. An erster Stelle steht seit Jahren Yasar Kemal, der diesjährige "Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels". Man glaubt ihn einengen zu können, indem man seine Mitstreiter bedroht und verhaftet.
Im Kampf von Kemal; Yaämurdereli, Birdal,... und allen anderen Demokraten für Freiheit und Gerechtigkeit in der Türkei dürfen wir diese Menschen nicht alleine lassen. Unsere volle Unterstützung gebührt diesem Kampf.
Wir fordern die demokratische Öffentlichkeit dazu auf, gegen die Mißstände in der Türkei mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln anzukämpfen.


widerstand@koma.free.de