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Hinrichtungen durch die Sicherheitskräfte wurden legalisiert
Außergerichtliche Hinrichtungen, Massaker und andere antidemokratische
Maßnahmen und Menschenrechtsverletzungen sind in der Türkei durch das
Parlament legalisiert worden. In seiner Regierungserklärung hatte der
Islamistenführer Necmettin Erbakan vor fünf Monaten die Aufhebung des
Ausnahmezustandes in zehn kurdischen Provinzen angekündigt, um so seine
"demokratische" Absichten zu zeigen. Schließlich wird die Türkei von Zeit
zu Zeit von verschiedenen europäischen Staaten und Gremien wegen ihrer
Kurdenpolitik und Menschenrechtsverletzungen immer wieder ermahnt. Die
Aufhebung des Ausnahmezustandes könnte nach vielen Beobachtern als eine
Voraussetzung für den ersten Schritt zur Lösung des Kurdistan-Konfliktes
dienen. Deshalb forderten sie immer wieder, den Ausnahmezustand aufzuheben,
der in den kurdischen Provinzen seit nun fast seit 20 Jahren ununterbrochen
anhält.
Ende August hat das türkische Parlament eine Anzahl von Gesetzen
verabschiedet. Anstelle des Ausnahmezustandes treten nun Regelungen, die
die Handschrift der Militärs tragen, d.h. die keineswegs liberaler sind als
die bisherigen Bestimmungen. Nach den neuen vom Parlament gebilligten
Bestimmungen wurde der Ausnahmezustand in den kurdischen Regionen nicht nur
beibehalten, sondern auf das ganze Land ausgedehnt.
Durch dieses Gesetz erhalten die Provinzgouverneure erheblich erweiterte
Befugnisse. So können sie z.B. ohne Einschaltung der Regierung in Ankara,
Militäreinsätze anfordern. Sie haben die Möglichkeit vom Militär außerhalb
ihres Gebietes Hilfe zu fordern, jedoch haben sie nicht die Möglichkeit,
über die Durchführung und den Umfang dieser Militäroperationen zu
entscheiden. Darüber entscheidet allein der Generalstab.
Das heißt, wenn die "Zivilregierung" nicht in der Lage ist zu regieren,
werden sie dieses dem Militär Stück für Stück überlassen. Aber sie werden
diese Macht nicht mehr zurückbekommen. Somit werden die Regelungen für
einen Militärputsch legalisiert. Wenn der Zustand es erfordert, kann der
Innenminister den Gouverneuer des betreffenden Ortes sogar als Koordinator
benennen.
Durch eine weitere Neuerung kann der Generalstab in "Ausnahmesituationen"
Zensur über die elektronischen Medien ausüben, ohne vorher irgendwelche
politische Instanz einzuschalten. Dies alles bedeutet, daß Kurdistan
weiterhin verstärkt als Gebiet des Ausnahmezustandes bleibt. Der
staatlichen Macht werden alle gesetzlichen "Störfaktoren" aus dem Wege
geräumt. Die Veränderungen in diesem Gesetz bewirken, daß bereits
praktizierte Handlungen gegen Menschen, die nicht verurteilt sind,
legalisiert werden. Die Sicherheitskräfte erhalten weiterhin das Recht,
"gezielt und ohne Forderung" auf Menschen zu schießen, die sich einer
Überprüfung zu entziehen versuchen. Dies war zwar auch in der Vergangenheit
gängig, doch wurde sie jetzt auch legalisiert. So haben die
Sicherheitskräfte die Möglichkeit nach ihrer Lust und Laune jede unliebsame
Person zu bestrafen.
In einer Zeit, in der der Staatsappart, die Zivilfaschisten und die Mafia
zusammenarbeiten, kann die Polizei diese Macht in vielen Bereichen
einsetzen. Aufgrund dieser Forderungen können sie einen Menschen töten, mit
der Behauptung, die Person wäre auf die Forderung stehenzubleiben, nicht
eingegangen.
Die Polizei kann auch die Menschen mit Gewalt zur Aussage zwingen. Wenn
früher ein Zivilist durch einen Polizisten getötet wurde, gab es eine
Verhandlung zum Vorschein, dieses dauerte Jahre, der Polizist bekam
höchsten nur einige Jahre Gefängnisstrafe. Diese Formalität ist somit auch
aufgehoben. Durch dieses Gesetzesänderung sind auch die wenigen
demokratischen Rechte aufgehoben worden die existierten. Durch die neuen
Gesetze sollen den außerparlamentarischen Gruppierungen und dem Nationale
Befreiungskampf Kurdistans "bessere" Schläge versetzt werden. Außerdem
sollen dadurch die fortschrittlichen, demokratischen Personen
eingeschüchtert werden.
Seit diese Regelungen in Kraft getreten sind, haben die Mörder bereits mit
der Erfüllung ihrer Aufgabe begonnen.
Durch das neue Gesetz wird außerdem die "Benachteiligung" der Armeekräfte
durch neue finazielle Unterstützung behoben (sie bekamen bereits die
doppelte Lohn) und die sogenannten Dorfschützer können, wenn es die
Notwendigkeit erfordert, ihre Regionen wechseln und ohne nach der Herkunft
der Waffen zu fragen, erhalten sie Waffenscheine. Die Zwangsdeportierten
aus den Dörfern können nur dann in ihre Dörfer zurückkehren, wenn sie
akzeptieren, gegen die PKK zu kämpfen.
Die Diskussionen über die Einführung dieser Regelungen fingen vor etwa
eineinhalb Jahren an. Der Generalstabschef Hakki Karadayi und der von ihm
geleitete "Nationale Sicherheitsrat" hatten die Regierung auf die
Einführung von neuen Regelungen im Kampf gegen den "Separatismus"
aufmerksam gemacht. Dem "Nationalen Sicherheitsrat", der als die
eigentliche politische Entscheidungsinstanz in der Türkei gilt, gehören
neben dem Staatspräsidenten und führenden Regierungsvertretern die Chefs
aller Waffengattungen sowie der Oberbefehlshaber der paramilitärischen
Gendarmerie an.
Das Militär konnte in den 12 Jahren des schmutzigen Krieges keine große
Erfolge aufweisen und hatte immer mehr an Prestige verloren. Die neuen
Regelungen gelten nicht nur für die kurdischen Provinzen, sondern für alle
80 Provinzen der Türkei. Somit wurde der Ausnahmezustand nicht nur
beibehalten, sondern auf das ganze Land ausgedehnt.
widerstand@koma.free.de
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