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Darf oder soll der Muezzin in Duisburg und auch anderswo den Ezan ausrufen?
Der Ezan ist ein ca. dreiminütiger Gesang des Muezzins, mit dem er die
Gläubigen (sprich Muslime) zum Gebet ruft.
Inhalt des Ezan: "Allah ist groß, Allah ist der Größte. Es gibt keinen
Gott außer Allah und Mohammed ist sein Prophet. Steht auf zum Gebet. Steht
auf zur Arbeit. Allah ist der Größte. Es gibt keinen Gott außer Allah."
Dieser Ruf sollte einmal jeden Freitag und während des Fastenmonats Ramadan
jeden Tag gerufen werden. Zwei von 37 Moscheen und Gebetshäusern in
Duisburg hatten vor ca. eineinhalb Jahren einen Antrag gestellt, daß der
Muezzin zum Gebet rufen darf.
Die Mühlen der Bürokratie und Verwaltung mahlen bekanntlich langsam, und so
gab es so schnell keine Antwort von der Stadtverwaltung. Ein Sturm der
Entrüstung brach los, als dann der Antrag öffentlich wurde. Die "gute
deutsche Volksseele" kochte. Der evang. Pfarrer Dieter Reuter sah den
Untergang des Abendlandes, den endgültigen Kulturkampf zwischen Orient und
Okzident, den "Crash of the civilisations" (wie S. Huntington es nannte).
Eine Erklärung und Stellungnahme des Presbyteriums und ihres
Hauptgeistlichen Retters des Abendlandes wurde in diversen lokalen Medien
veröffentlicht. Hier einige Auszüge aus dieser Erklärung:" Inhaltlich
trägt der Gebetsaufruf einen antichristlichen Charakter und stellt einen
Affront gegen den Glauben der Christen dar.... Der Islam ist eine
antichristliche und nicht christliche Religion. ... Der muslimische Gott
ist ein Zerrbild des wahren Gottes." Die Krönung der geistigen
Schöpfung, der Verteidiger des christlichen Abendlandes ist:" ..die
Verwirklichung der Idee einer multireligiösen und multikulturellen
Gesellschaft ist kein biblisch-christliches Gebot. ...Auch die Forderung
nach einer uneingeschränkten Gewährung staatsbürgerlicher Rechte für
Ausländer, bei gleichzeitig nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, ist kein
biblisch-christliches Gebot." Pfarrer Reuter, das Presbyterium und die
deutschen Unterstützer dieser Erklärung zeigten hier ihr wahres Gesicht.
Nicht wesentlich besser waren dann auch die leider nicht ausbleibenden
Leserbriefe. Sie strotzten vor Rassismus, Chauvinismus und Deutschtümelei.
Die braven deutschen, sonst schweigenden Bürger, ließen ihrem Haß gegen
andere Kulturen und Religionen freien Lauf. Zitate aus einigen
Leserbriefen:"... das Grundgesetz wurde von Deutschen für Deutsche
gemacht. ...sollten die muslimischen Gäste in unserem Land nicht damit
einverstanden sein, steht es ihnen jederzeit frei, in ihre Heimatländer
zurückzukehren und dort dem Ruf des Muezzin zu folgen." Die
deutschen Volksparteien erklärten sich in weiten Teilen solidarisch mit dem
Volk. Sie warnten in diesem Zusammenhang vor Überfremdung, Verfremdung
eines ganzen Stadtteils, bis hin zur grandiosen Erkenntnis "kein zweites
Jugoslawien haben zu wollen" (SPD-Bezierksvertreter). Der "Krieg der
Religionen" wird benutzt um von wichtigen Themen abzulenken, und die
Menschen mit unterschiedlicher Kultur untereinander zu spalten.
In der BRD leben zur Zeit etwa sieben Millionen MigrantInnen, davon sind
ca. 3 Millionen Muslime (darunter sind etwa ½ Million Aleviten, die nicht
zur Moschee gehen), mit ihren über 1300 Moscheen und Gebetshäusern. Davon
leben ca. 60 000 'Muslime', die meisten aus der Türkei, im
Duisburger-Norden. Bei einer Arbeitslosigkeit von 16.8%, miesen
Wohnverhältnissen und Perspektivlosigkeit grassiert in der deutschen
Bevölkerung eine massive Verdrängungs- und Existenzangst. Anstatt gegen
Arbeitslosigkeit, miese Wohnungen und kapitalistische Krise aufzubegehren,
suchte und fand das "gesunde Volksempfinden" seinen Gegner in den Muslimen,
sprich Türken. So wird aus der Angst und Perspektivlosigkeit einer
deutschen Bevölkerung Rassimus und Haß auf andere Kulturen.
Das Prespyterium, mit seinem Kampf gegen den Ruf des Muezzin, fand auch
Unterstützung von "einigen Demokraten aus der Türkei in NRW". Sie, die
türkischen Demokraten; wehren sich gegen Unterdrückung durch den Islam, sie
verweisen auf das Drama in Sivas. Ihre Haltung gegen den Islam ist
verständlich, nicht aus Rassimus, sondern aus der Sicht der Unterdrückten.
An der Unterdrückung von Mädchen und Frauen in islamischen Gesellschaften
zeigt sich der reaktionäre und rückständige Charakter dieser Religion. Doch
anstatt Pfarrer Reuter und seine Mannen zu unterstützen, wäre es wichtiger
gewesen die politischen Hintergründe des Ezan-Rufs aufzuzeigen. Wer, warum,
wieso und welche Interessen sich hinter dem Muezzin-Ruf verstecken: Die
anmeldende Sultan-Ahmed-Moschee gehört zum DITIB (Diyanet Isleri Türk
Birligi), die andere Moschee gehört zum Türkischen Kulturverein. DITIB ist
die Dachorganisation von ca. 700 Vereinen und Moscheen in Deutschland und
untersteht direkt dem staatlichen Ministerium für Religiöse Angelegenheiten
(Diyanet Isleri) in Ankara. So nimmt der türkische Staat direkt Einfluß auf
die Moscheen und Vereine und übt gleichzeitig Kontrolle auf die hier
lebenden türkischen Migranten. Desweiteren gilt DITIB als Zweig des
türkischen Geheimdienstes MIT in Deutschland, der über die Moscheen,
Gebetshäuser und Vereine sein Agentennetz leitet. Zudem sind Moscheen und
Vereine die politischen Aktions- und Organisationsfelder der faschistischen
Grauen Wölfe. Dies öffentlich zu machen hätte das Anliegen einiger
"Demokraten aus der Türkei" und auch der hiesigen Linken sein sollen. Es
wäre wünschenswert gewesen, die Verbindung von Moschee, MIT und Graue Wölfe
am Beispiel Duisburg der Öffentlichkeit deutlich zu machen. Der
Antragsteller Gürsel Dogan (Mitglied der Muslimischen Türkischen Union,
MTU, und Vorsitzender des Duisburger Ausländerbeirats) ist bekannt für
seine Nähe zur MHP. So stand er in einem vollen Versammlungsraum, an dessen
Wand der heulende Wolf der MHP in Übergröße zu sehen war (Report-Sendung
vom 6.1.1997)
Denn dies ist die eigentliche Aufgabe; Verbindungen zwischen türk.
Faschisten, dem türk. Geheimdienst, dem türk. Staat und der türk.Mafia
aufzuzeigen. Hier sei an den Susurluk-Unfall erinnert.
Ein gültiges Grundrecht in der BRD ist die Religions- und Glaubensfreiheit,
das vom Grundgesetz geschützt wird. Dieses Recht gilt auch für Muslime und
nicht nur für Christen.
Auch wenn für das Grundrecht auf Glaubensfreiheit eingetreten wird, darf
die politische Aufgabe, gegen die Verdummung durch die Religion, nicht
vergessen werden. Es gilt heute immer noch das Wort von Karl Marx:
"Religion ist Opium für das Volk". Wir glauben nicht an die Gerechtigkeit
nach dem Tod, sondern wollen Gerechtigkeit hier und jetzt auf Erden und
zwar weltweit.
(J.G.)
PS: Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung
der Redaktion wieder.
widerstand@koma.free.de
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