Seit mittlerweile fast vier Jahren existiert im schleswig-holsteinischen Neum¸nster die Nazi-Kneipe Club 88, die sich im Laufe der Zeit immer mehr zu einem wichtigen (–ffentlich zug”nglichen) Nazi-Treffpunkt in Schleswig-Holstein entwickelt hat. Der Name des Clubs ist zugleich Programm: Die Ñ8ì steht als Code f¸r das ÑHì, den achten Buchstaben im Alphabet. Zusammen mit dem Slogan Ñthe very last resortì ergibt sich im faschistischen Sprachgebrauch die Losung ÑHeil Hitler - der allerletzte Auswegì. Die Kneipe befindet sich im Stadtteil Gadeland, der schon in den 80er Jahren als rechte Hochburg Neum¸nsters galt.
Der Club 88 trat die Nachfolge der Nazi-Kneipe Zum Kelten in Itzehoe an, welcher der schleswig-holsteinischen Fascho-Szene zuvor als ¸berregionaler Treffpunkt diente und aufgrund antifaschistischer Proteste dichtmachen musste. Konzessionsinhaberin ist Christiane Dolscheid aus Neum¸nster, die den Club bislang gemeinsam mit dem Neum¸nsteraner Nazi-Schl”ger Tim Bartling betrieb. Der 29-j”hrige Zeitsoldat unterh”lt beste Beziehungen zu der Tostedter Nazi-Clique um Sascha Bothe, die neuerdings als Blood & Honour-Sektion Nordmark (die internationale Blood & Honour-Szene wird in England und Schweden f¸r Anschl”ge auf Linke und Gewerkschafter verantwortlich gemacht) auftritt und zum Aktionsb¸ro Norddeutschland um die Hamburger Neonazi-Chefs Thomas Wulff und Christian Worch (Ex-Nationale Liste). Als geb¸rtiger D”ne pflegt Bartling dank seiner Sprachkenntnisse auch intensive Kontakte zur d”nischen Nazi-Szene. Inzwischen wurde er als Mitbetreiber des Club 88 von Jan Steffen Holthusen, seines Zeichens Mitarbeiter der Hamburger Nazi-Postille Hamburger Sturm, abgel–st.
Die MacherInnen des Club 88 sowie der ¸berwiegende Teil seiner Klientel sind eng in die Strukturen der sog. Freien Nationalisten eingebunden. Zudem unterhalten sie enge Beziehungen zu den militanten Hammerskins um den L¸neburger Sven Grewe, einer international operierenden Neonazi-Elitetruppe. Der Club 88 wird allerdings ebenso von parteipolitisch organisierten Jung-Nazis wie den Jungen Nationaldemokraten (JN) oder den im B¸ndnis Rechts f¸r L¸beck bzw. Kiel organisierten Faschos genutzt. Auch Christiane Dolscheid ist seit vielen Jahren in der militanten Naziszene aktiv; so fungiert sie als Ortsgruppenleiterin des Skingirl-Freundeskreises Deutschland (SFD) sowie als Autorin f¸r das Skingirl-Fanzine Walk¸re und den Hamburger Sturm. Ausserdem bet”tigte sie sich bei den diversen Nazi-Aufm”rschen der letzten Zeit als Sanit”terin in der Nazi-Sanit”tsorganisation Braunes Kreuz sowie als Anti-Antifa-Fotografin.
Trotz seiner bescheidenen Gr–þe (max. 40 Leute plus Gartennutzung), avancierte der Club 88 in den dreieinhalb Jahren seiner Existenz zu dem Treffpunkt der militanten Nazi-Szene Norddeutschlands. Anf”nglich diente er als Treffpunkt der regionalen Fascho- und ihrer Sympathisanten-Szene als Ort, an dem sie sich ungest–rt komat–sen Bes”ufnissen und ihrer Nazi-Musik hingeben konnten. Des weiteren bietet der Laden einen regen Nazidevotionalien-Handel: die KameradInnen k–nnen hier ihren Bedarf an CD`s, Schirmm¸tzen, Kapuzenpullis, T-Shirts, Fanzines und anderem Propaganda-Material decken. Ausserdem sind hier Infos ¸ber anstehende Nazi-Konzerte, Veranstaltungen und Aufm”rsche erh”ltlich.
Die richtige Stimmung kommt aber erst bei den Konzerten im Clubhaus auf: Mit Ñeiner sch–nen Ballade zu Ehren der Waffen-SSì begann der Rostocker ÑLiedermacherì AndrË L¸ders seinen Live-Auftritt im vergangenen September. Die Kameraden waren begeistert. Zu solcherlei Anl”ssen platzt der Club zwar aus allen N”hten, aber da sich in der Nachbarschaft niemand daran st–rt, werden Partys auch mal auf die Straþe vor dem Club ausgedehnt. So fanden sich beispielsweise zur Feier zum dreij”hrigen Bestehen des Clubs im Oktober letzten Jahres rund 250 Nazis ein. Gehindert wurden sie daran zu keiner Zeit. Unter den Partyg”sten finden sich durchaus Neonazis aus dem benachbarten Ausland, v.a. aus D”nemark und Schweden, aber auch aus Holland oder ÷sterreich. Gedankt wird den Club-ManagerInnen mit begeisterten Party-Berichten in diversen Skin-Zines und Szenebl”ttern. Die Herausgeber des Hamburger Sturm preisen den Club gern als Ñunser Sturmlokalì an. Die weitverbreitet auftauchenden Aufkleber und Klamotten mit dem Club 88-Emblem tragen ihrerseits zu Bekanntheitsgrad der Kaschemme bei.
Der Club 88 fungiert als die ideale Schnittstelle zwischen rechter Subkultur auf der einen und stramm organisierter Politszene auf der anderen Seite: neben seiner Funktion als Party-Treff nimmt der Club 88 eine wichtige Rolle innerhalb des organisierten Nazi-Spektrums ein. Dies wird z.B. deutlich bei der Organisation und Durchf¸hrung von Demonstrationen, nicht nur, aber v.a. im norddeutschen Raum. Ob Elmshorn, L¸beck, Hamburg, Rostock oder Kiel: keine Veranstaltung, kein Aufmarsch der militanten Naziszene findet mehr statt ohne die Leute vom Club 88, sei es als einheitlich gekleideter Block innerhalb des Demozuges oder gar als Organisatoren und RednerInnen. Oftmals werden Aufm”rsche auch von der Neum¸nsteraner OrdnerInnen Truppe begleitet.
Ein weiteres ÑRekrutierungsfeldì der Strukturen rund um den Club stellt das Organisieren von Fuþballturnieren dar. Im August vorigen Jahres fand das erste vom Club 88 organisierte Skinhead-Fuþball-Turnier auf dem –rtlichen Sportplatz des Vereins ETSV Gut Heil mit 100 Teilnehmern statt. In den Jahren davor nahm das 88-Team stets am Skinhead-Turnier in Tostedt (Nordheide) teil. Mittlerweile finden in Neum¸nster des –fteren am Wochenende Kicker-Nachmittage im Stadtteil Faldera statt, an denen sich das 88- Team mit Kindern und Jugendlichen aus dem Viertel zum Fuþballspielen trifft. Eltern und NachbarInnen sind zufrieden, ihre G–ren mal f¸r `n paar Stunden los zu sein und die aufopferungsvollen Nazi-Glatzen machen sich beliebt...
Mit dem Hinweis auf die ÑArgumentationshilfe f¸r rechte Gewaltì verzichtet die Club 88-Szene in Neum¸nster angeblich auf Ñmilitante Aktionenì, um die weitere ungehinderte Existenz ihres Szene-Ladens nicht zu gef”hrden. Abgesehen davon, dass es auch in Neum¸nster immer wieder zu Angriffen und Drohungen gegen Menschen kommt, die sich –ffentlich gegen den Club 88 bzw. f¸r die sofortige Schlieþung des Ladens einsetzen, oder die einfach nur rein ”uþerlich nicht in das Ñextrem Deutsche Weltbildì passen, passiert in Neum¸nster rein gar nichts. Abgesehen von wenigen verharmlosenden bzw. bewusst negierenden Ÿuþerungen einzelner Stadtoberen ob der Ñihnen ja so gebundenen H”ndeì, weil die ÑJugendlichen ja nichts Verbotenesì t”ten, scheinen sich in Neum¸nster selbst nur sehr wenige Menschen ¸berhaupt dar¸ber zu wundern, dass der Club 88 immer noch existiert.
Entnommen dem Aufrufflugblatt zur Demo gegen den Club 88 am 24.6.00