Während die Berichterstattung über den Protest gegen die IWF-Tagung in Prag in den bürgerlichen Medien einen breiten Raum einnahm, waren aussagekräftige Berichte »von unten« zum Zeitpunkt der Produktion dieser Ausgabe nicht zu finden. Deshalb können wir leider nur einen Zusammenschnitt autonomer »Kriegsberichterstattung« präsentieren sowie einen Bericht des Prager EAs zu Misshandlungen in den Prager Knästen, dessen nationale Zuschreibungen allerdings wohl mit Vorsicht zu genießen sind Vielleicht findet sich ja jemand, die oder der für die nächste Nummer etwas inhaltsreicher von den Protesten in Prag berichtet. die red.
26.7.
16:30 Alle U-Bahnen-Stationen geschlossen
17:10 Die Polizeiabsperrungen werden an mehreren Stellen durchbrochen. 500 DemonstrantInnen direkt vor dem Kongresszentrum.
17:14 PKWs werden umgeschmissen und als Barrikaden benutzt. Die Polizei ist auf dem Rückzug, Polizeihunde werden eingesetzt. DemonstrantInnen jetzt auch vor dem Osteingang des Kongresszentrums.
17:30 Schlimme Prügelorgien rund um das Kongresszentrum.
17:52 Sektion »Rosa« (hauptsächlich Deutsche, Spanier, Franzosen und US-Amerikaner) haben von hinten an das Kongresszentrum erreicht. Das Kongresszentrum scheint von DemonstrantInnen eingeschlossen zu sein.
17:52 Am Ende einer der Zufahrtsbrücken haben sich mehrere hundert Leute aus Griechenland einem Block von TürkInnen angeschlossen und versuchen die Polizeisperren zu durchbrechen.
18:01 Telefonische Bestätigung an IndyMedia Center (IMC) Radio, dass an mehreren Stellen die Polizeisperren durchbrochen wurden und Teile des Kongresszentrums in der Hand der DemonstrantInnen sind.
18:17 Schwere Angriffe der Polizei auf die Sektionen »Rosa« und »Blau«, denen es gelungen ist, auf das Gelände des Kongresszentrums vorzudringen. Als nur noch eine Treppe die DemonstrantInnen von den IWF-Delegierten trennt, greift die Polizei an. An anderer Stelle startet die von einer der Brücken vertriebene Polizei einen Gegenangriff. Der Reporter von Indymedia mußte seinen Bericht abbrechen, weil er von den Bullen angegriffen wurde.
18:43 Sektion »Blau« bekommt Zulauf. Die DemonstrantInnen versuchen auf dem Gelände des Kongresszentrums die Schienen des Bahnhofs, von dem aus die IWF-Delegierten an- und abreisen, zu besetzen. Der Polizei gelingt es allerdings, dieses zu verhindern.
18:46 Massenfestnahme von 30 Leuten in Kvetna Strasse während der Blockade des Kongresszentrums.
19:30 Die IWF-GegnerInnen ziehen sich vom Kongresszentrum zurück, nachdem die IWF-Delegierten über die Metro, die nicht besetzt werden konnte, aus dem Zentrum wegkommen. Das Ziel der DemonstrantInnen: die Oper. Der Ya Basta-Block hält weiterhin die Zufahrtsbrücke zum Kongresszentrum besetzt.
19:40 Die IWF-Delegierten gehen zur Oper, wo eine große Gala für sie stattfinden soll. Das Gelände um die Oper ist aber schon fest in der Hand von 3.000 DemonstrantInnen, die Strassensperren errichten, um der völlig überraschten Polizei und dem IWF-Gesindel den Zutritt zu verwehren.
19:50 Die Operngala wird offiziell aufgrund »unvorhergesehner Umstände« abgesagt!
20:03 Die Scheiben einiger Metrostationen gehen zu Bruch, nachdem bekanntwurde, dass die Vollsperrungen aller Metrostationen am Nachmittag dazu diente, das IWF-Pack unbehelligt durch die Stadt transportieren zu können.
20:07 McDonalds am der Metrostation Muzeum geht zu Bruch.
20:55 Die Polizei beschießt eine Gruppe von DemonstrantInnen am Museum mit Tränengas.
21:15 Nach einem schweren Tränengasbombardement versuchen 1.000 Bullen den Platz um die Metrostation »Muzeum« zu stürmen.
21:47 Ein Reporter aus dem Kongresszentrum berichtet, dass Weltbankchef Wolfsohn das Kongresszentrum in einer abgewrackten U-Bahn verlassen mußte. Nicht eben standesgemäss für einen solchen Herren.
22:14 Es gibt Berichte über mehr als 500 Festnahmen in der letzten Stunde
22:55 Trotz Verhaftungen sind noch tausende in den Straßen. Die Auseinandersetzungen mit der Polizei gehen unvermindert weiter.
27.9.
09:00 Festnahme bei der Blockade des Hilton-Hotels. Die Polizei geht außerordentlich brutal vor.
10:00 460 Festnahmen im Laufe der Nacht. Massive Deportationen, besonders nach Deutschland. Den Festgenommen wurden Rechtsanwälte und Anrufe verweigert.
10:10 Die Polizei fordert die Schließung des Convergence Center (Gegenkongress) binnen zwei Stunden. Angeblich will sie dort Leute beim Bauen von Mollis gesehen haben. Der Koordinator des Convergence Centers wird verhaftet.
12:15 DemonstrantInnen planen vom Namisti Miru Platz zu den Gefägnissen zu ziehen. Den Gefangenen wird immer noch das Telefonieren verweigert.
12:41 Die Polizei hat Namisti Miru abgesperrt.
12:41 Die Jugoslavska Strasse, auf der sich das Büro der Peoples Global Action befindet (PGA), ist von der Polizei gesperrt worden.
13:14 Die Polizei erlaubt den Abzug der DemonstrantInnen vom Namisti Miru. Beim Verlassen des Platzes werden sie von starken Polizeikordons mit chemischen Waffen auf beiden Seiten eingekreist. Der Presse wird weiterhin der Zugang verboten.
13:39 Bericht aus dem Knast über ein reingeschmuggeltes Handy. Die Gefangenen sind nach Geschlechtern getrennt. Während die männlichen Gefangenen nicht geschlagen wurden, soll die Gruppe der Frauen von der Polizei geschlagen und sexuell belästigt worden sein.
13:47 Die Polizei teilt mit, dass das Convergence Center bis 00.00 vollständig geräumt sein muss. Die Fristverlängerung kam nur aufgrund von massiver Presseanwesenheit zustande. Angeblich sei die Polizei im Auftrag des Vermieters da. Der wußte allerdings auf Rückfrage von gar nichts. Tut aber nichts zur Sache. Die Polizei versucht offensichtlich alle Versammlungsräume der IWF-GegnerInnen zu schließen.
14:01 500 Leute ziehen nordwestlich von Namisti Miru durch sie Stadt, eingekesselt von der Polizei. Ziel des Marsches ist die Erkundung der Lage der Gefangenen. Es wird über eine Auflösung unter der Bedingung verhandelt, dass man vier Beobachter in den Knast schicken kann und dass keine Personalien festgestellt werden.
14:19 DemonstrantInnen die mit Bussen deportiert wurden, berichten das sie von den Bullen in den Bussen verprügelt wurden.
14:21 Der Marsch zum Knast, der aus rund 1000 DemonstrantInnen bestehen soll, wird weiterhin von der Polizei eingekesselt. Niemand darf den Wanderkessel ohne Personalienfeststellung verlassen. Es wird diskutiert, wie weiter vorgegangen werden soll.
14:47 IMC zufolge sind 7 Festgenommene aus dem Knast freigelassen worden. Sie berichten, dass sie geschlagen wurden und über 20 Stunden lang gefesselt waren.
17:23 Berichte bestätigen sich, wonach eine Gruppe von 25 inhaftierten Frauen von der Polizei geschlagen und sexuell belästigt wurde. Amnesty International, NOW und Frauenrechtsorganisationen wurden informiert und sollen Druck auf die tschechische Regierung ausüben.
18:05 IMC erhält einen Bericht, wonach das Treffen des IWF am morgigen Donnerstag abgesagt wurde. Der Bericht wurde bestätigt. Offizielle Begründung, das Treffen solle früh enden und man sei heute sowie mit der Tagesordnung fertig geworden.
19:10 Das ZDF Heute-Journal berichtet, der IWF sei vorzeitig beendet worden, »vermutlich wegen der anhaltenden Proteste«. Auch andere Sender und Nachrichtenagenturen berichten, trotz Dementi der Kongressleitung, dass die IWF-Tagung aus Furcht vor weiteren Protesten nicht fortgesetzt wird.
19:20 Die offiziellen Feierlichkeiten, die für heute abend auf der Karlsbrücke geplant waren, sind laut IMC abgesagt worden.
19:33 Es sammeln sich Leute in der Altstadt. Einige hundert Polizisten sind ebenfalls in der Gegend.
20:01 400 Demonstratinnen besetzten die Karlsbrücke auf der die abgesagten offiziellen Feierlichkeiten stattfinden sollten. Die Polizei beginnt die Brücke von beiden Seiten einzuschließen. DemonstrantInnen aus der Altstadt machen sich auf den Weg zur Brücke.
20:40 Mehr und mehr Leute versammeln sich in der Altstadt zu einer großen Siegesfeier.
[Alle Infos aus Indymedia und Berichten aus Prag]