Soviel Antifa war noch nie!

Sich über die staatlich verordnete Antifa-Politik der rot-grünen Regierung lustig zu machen, ist nicht schwer. Sie als chauvinistische Veranstaltung einer Standort-und Imagekampagne zu entlarven, ist selbstverständlich. Genauso notwendig ist es aber, den gleichzeitig voranschreitenden rassistischen und antisemitischen gesellschaftlichen Konsens nicht aus dem Blick zu verlieren. Aus diesem Grunde dokumentieren wir einen Beitrag aus der »Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung«, der dort am 14.September unter dem Titel »Warten bis der erste verletzt wird? Jüdische Gemeinde Weiden befürchtet weitere Anschläge« erschienen ist


Im Mai wurde der Gedenkstein zur Erinnerung an die ermordeten Juden aus Weiden beschmiert, im Juni gingen zwei Fenster des Gemeindehauses zu Bruch, im September wurde gegen die Eingangstür des Gemeindehauses ein Glas mit Farbe geschleudert. Weidens Gemeindevorsitzende Gabi Brenner glaubt nicht mehr an Zufälle oder dumme-Jungen-Streiche und will das Thema bewußt in die Öffentlichkeit tragen. Was zu tun ist und wie ein solches Klima zustande kommt, darüber sprach sie mit Heide Sobotka.

Können die Anschläge von Weiden als Nachahmungstaten der Anschläge auf die Synagoge in Erfurt und auf die jüdischen Zuwanderer in Düsseldorf gesehen werden?

Brenner: Ich denke schon, daß dies so ist. Und das Schlimmste dabei ist, daß die Polizei von vornherein abwinkt und sagt, Anzeigen bewirken nichts. In zwei Wochen werde ich wieder die Mitteilung über die Einstellung des Verfahrens erhalten. In der Gesellschaft und bei der Polizei als Spiegelbild der Gesllschaft herrschen eine enorme Gleichgültigkeit. Im Gegenteil, als ich mich jetzt nach dem dritten Anschlag an die Presse wandte, warf mir der Oberbürgermeister vor, ich würde die Sache »zu hoch hängen«. Der rechte Druck in der Gesellschaft ist nichts Neues und die schweigende Mehrheit trägt dieses Klima.

Glauben Sie, daß es sich um gezielte Anschläge von rechts handelt?

Brenner: Der CSU-Oberbürgermeister Hans Schröpf ist nicht der Ansicht. Er erklärte, es gebe kein »judenfeindliches Weiden«. Beim neuerlichen Anschlag am 1. September habe ich der Polizei deshalb bewußt einen »nichtantisemitischen Anschlag« gemeldet. Auch der Staatsschutz, an den ich mich gleich beim ersten Anschlag auf den Gedenkstein gewandt hatte, versicherte mir, es gebe keine rechtsextreme Szene bei uns. Und trotzdem trifft man hier am Sonntag nachmittag am Bahnhof die Glatzen an. Mir ist es im Prinzip auch gleichgültig, ob es eine rechte Szene ist oder sonst etwas. Tatsache ist, wir sind Ziel von Anschlägen. Wer die ausübt, ist mir egal, ich will, daß die Täter gefunden werden. Und da geschieht nichts.

Befürchten Sie denn weitere Anschläge?

Brenner: Das wird sicherlich nicht der Letzte gewesen sein. Die Täter fühlen sich ermutigt. Denn, je weniger man hinschaut, je weniger man Einhalt gebietet, je weniger man tut, um so mehr werden sie ermutigt, noch mehr zu machen. Ich bin mittlerweile so weit zu glauben, wahrscheinlich schaut man hier erst hin und ist dann erst betroffen, wenn es den ersten Personenschaden gibt.

Werden Sie jetzt die Sicherheitsmaßnahmen verstärken?

Brenner: Ich hatte nie vor, aus der Gemeinde eine Festung zu machen. Aber irgendwo muß ich jetzt langsam aufrüsten. Das widerstrebt mir, weil ich diejenige war, die die Gemeinde geöffnet hat. Ich habe allein bis Ende Juli in diesem Jahr neunundzwanzig Führungen und Vorträge mit Schülern und verschiedensten Gruppen gehabt. Jetzt frage ich mich ernsthaft: Was hast Du damit eigentlich bewirkt? Ich arbeite sehr viel mit der Volkshochschule zusammen. Wir bieten gemeinsam viele Veranstaltungen, Lesungen, Konzerte oder Bildungsreisen an. Aber wenn es hier ein solches Klima gibt, daß sich beispielsweise die Volkshochschule fragen lassen muß: »Warum läßt sie sich vor den Karren der Jüdischen Gemeinde spannen?« nur weil im Heft steht, daß wir Mitveranstalter sind, dann zeugt das von einem gefährlichen politischen Klima.



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