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»Heike Cordes«
Verdeckte Ermittlerin enttarnt
Wir haben »Heike Cordes« als verdeckte Ermittlerin des Staatsschutzes enttarnt. Bis Oktober 1997 war sie wohnhaft in einer Appartementwohnung in der Bleicherstraße 26, c/o Knust, Tel.: 3196863. Sie arbeitete zusammen mit Herrn Zumpe vom LKA, Abteilung 84 (Staatsschutz). Anschrift: Bei den Hühnengräbern 18, 21220 Seevetal. Heike trug kurzes blondiertes, im Ansatz dunkles Haar, ist ca. 176 cm groß, schätzungsweise Mitte dreißig und hat Sommersprossen. Sie erzählte, daß sie Lesbe sei.

Ihre Vorgeschichte und Widersprüche darin:
Heike erzählte, daß sie aus dem Lesbensub in Bremen sei. Dort hat sie nach eigenen Angaben nie politisch gearbeitet. Zudem will sie eine Berufsausbildung zur Krankenschwester gemacht haben. Während ihrer Anwesenheit in unseren Zusammenhängen hat sie unterschiedliche Angaben zu ihrem Arbeitsverhältnis gemacht. Sie will, sofern sie angestellt war, stets in einem privaten Pflegedienst in Harburg gearbeitet haben. Ihre Angaben zu Ausbildung und Arbeitsplatz haben sie aufgrund unserer Nachforschungen als falsch herausgestellt. Sie behauptete 1995 ein Studium begonnen zu haben. Während ihrer Zeit in Hamburg verschwand sie mehrmals ohne Ankündigung für 1-2 Monate. Diese Abwesenheit begründete sie danach auf verschiedene Arten: kranke Mutter, kranke Freundin, Schlüsselbeinbruch.
Politisch arbeitete Heike nach eigenen Angaben in einer FrauenLesbengruppe aus St. Pauli mit dem Schwerpunkt Aidsprävention. Die Existenz dieser Gruppe konnte nie nachgewiesen werden, obwohl Heike sie ständig erwähnte. Keine der Frauen aus der Gruppe ist jemals gesehen worden. Dafür gab Heike unterschiedliche Erklärungen: Die anderen Frauen seien »bürgerlich«, hätten andere Interessenschwerpunkte oder hätten keine Lust auf Kneipen. Über einen längeren Zeitraum diente ihr eine angebliche Auseinandersetzung in der Gruppe als Vorwand, alleine auftreten zu können. Später sagte sie, die Gruppe habe sich aufgelöst und nutzte dies als Argument, warum übernommene Aufgaben nicht erledigt werden konnten. Dies beispielsweise im Zusammenhang mit der Frauendemonstration zum 8. März 1997. Trotzdem übernahm sie noch lange nach der angeblichen Auflösung Aufgaben für ihre Gruppe.

Ihr Vorgehen
Auf Treffen, Veranstaltungen, etc. wirkte Heike stets interessiert und fragte oft nach Positionen und Einschätzungen von anderen, was sie mit dem »Neu sein« erklärte. Wenn sie sich inhaltlich äußerte, waren es meist unangefochtene Positionen, so daß sie nie inhaltlich angegriffen werden konnte. Persönliche Kontakte ging sie kaum ein und wurde unseres Wissens nach auch nie in Begleitung gesehen. Auf Treffen erschien sie stets allein. So ist sie z.B. oft zu spät auf Treffen gekommen und kurz vor Ende gegangen, so daß für sie kaum die Gefahr bestand in persönliche Gespräche verwickelt zu werden. Sie verstand es, Nachfragen aus dem Weg zu gehen oder reagierte sehr gereizt darauf. Sie ging sehr gezielt auf Einzelne zu, allerdings nicht sehr nachdrücklich. Sie ging unaufdringlich vor und stellte keine komplexen, sozialen Beziehungen her. Heike wechselte ständig die Gruppen und die Szenen. Zuerst kam sie in gemischte Zusammenhänge, orientierte sich dann in FrauenLesben-Zusammenhänge und zuletzt wieder gemischt. Hierdurch hatte sie die Möglichkeit, sich quasi als Eintrittskarte auf andere zu beziehen, bzw. sich auf neuen Treffen entsprechend »vorzustellen«.

Ihre Aktivitäten/was sie mitbekommen hat
Heike tauchte unseres Wissens das erste Mal etwa 1994 in Hamburgs linken Zusammenhängen, genauer in dem Bündnis »Kein Fußbreit den Faschisten« (im Folgenden kurz KFDF) auf. Eventuell war sie vorher schon in VVN-Zusammenhängen, das wissen wir nicht genau. Im Bündnis KFDF war sie mehr oder weniger kontinuierlich bis zum 8. Mai 1995. Sie befand sich dort in einer internen Arbeitsgruppe und verfasste innerhalb des Bündnisses einen Artikel über eine rechte Schwulengruppe, welcher im Antifaschistischen Info Nr. 1 zu lesen ist. 1994 trat sie dem »Bündnis gegen das PKK-Verbot« bei. Auf diesem Bündnis erzählte sie, von KFDF zu sein. Hier schloß sie Kontakte zu der Kurdistansolidarität Hamburg und dem FrauenKurdistanKomitee. Heikes Ansatz war ein konkretes Projekt, eine medizinische Delegation nach Kurdistan. 1995 kam sie auf die Treffen des offenen FrauenKurdistanKomitees. In beiden Zusammenhängen war es ihr relativ schnell möglich an Internas zu gelangen. Ab Frühjahr 1995 konzentrierte sie sich auf die Frauenstrukturen in Hamburg. Sie erschien regelmäßig am FrauenLesbenTag im Schwarzmarkt. Dort hatte sie Einblick in aktuelle Informationen und bekam Diskussionen mit.
Aufgrund ihrer angeblichen Krankenschwesterausbildung fuhr sie am 9.3.96 mit den Hamburgerinnen als Demosani zur 8.März-Demonstration zum Thema Kurdistan nach Bonn. Weiter nahm sie teil
- im November 1996 am FrauenLesbenaktionstag im Karoviertel
- im November 1996 an der FrauenLesbenveranstaltung zu Aussageverweigerung im Kölibri - im Februar 1997 am Treffen zum Prozessbesuch wegen der Demo am 16.6.1995
- 6.03.1997 FrauenLesben-Vokü in der B5 zum Thema Ravensbrück
- 9.03.1997 8.März-Demo in Hamburg
- 12.03.1997 Rote Hilfe Veranstaltung zu Peru
Im Anschluß daran schloß sie sich der daraus entstandenen Gruppe zum geplanten Redeverbot von Isaak Velasco (Europasprecher der MRTA) an. Dieser Gruppe gehörte sie bis ca. August 1997 an. Auf diesem Gruppentreffen war sie kontinuierlich, und übernahm verschiedene Aufgaben.
- 18.03.1997 Libertad Demonstration
- 15.05.1997 offenes Treffen zum Aufbau eines neuen FrauenLesben-Infoladens
Auf diesem Treffen gab sie sich wieder als Delegierte einer,FrauenLesbengruppe aus St. Pauli« aus. In der folgenden Zeit zog sie sich aus der FrauenLesbenszene zurück.
- Mai/Juni 1997 Mitarbeit an der Broschüre »Neue Akropolis«
Am 5. August kündigt sie der Gruppe, die zu Isaak Velasco arbeitete an, etwa 4-6 Wochen nicht in Hamburg zu sein, wurde allerdings 3 Tage später wieder und unseres Wissens nach zum letzten Mal gesehen. Sie verschwand somit sehr plötzlich. Im Oktober/November war ihre Wohnung aufgegeben.
Ob sie außer in den o.g. Zusammenhängen noch in anderen war. wissen wir nicht. Das wäre Sache der Betroffenen.
Unsere Einschätzung Unserer Einschätzung nach hat«Heike« über einen 4-jährigen Zeitraum versucht, ein weites Spektrum linksradikaler, feministischer und autonomer Politik abzudecken und für den Staatsschutz »auszuleuchten«. Antifa, Kurdistansolidarität, autonome FrauenLesbenzusammenhänge und internationale Solidarität. Interessant ist, daß der VS-Bericht ans der betreffenden Zeit über jede dieser Gruppierungen erstaunlich detailliert ist.
«Heike« ging dabei nicht bei einem Thema einer Gruppe in die Tiefe, sondern bewegte sich von Zusammenhang zu Zusammenhang, erfaßte mehr die Breite der Bewegung. Sie war zudem bei fast allen aktuellen Anlässen aktiv, dort, wo sie erstmal nicht auffiel. In einzelnen Fällen bekam sie durchaus auch tiefergehende Einblicke in Internas- ohne daß sie besonders viel mit den Menschen dieser Gruppe zu tun gehabt hätte. Gründe dafür waren u.a. ihr sehr so souveränes und sicheres Auftreten. In alle Zusammenhänge und Gruppen hat sich »Heike« mit dem Bezug auf andere Strukturen, in denen sie arbeiten würde, eingeführt. Mit dieser uralten Methode ist sie an keiner Stelle auf nachhaltige Schwierigkeiten gestoßen, obwohl schon relativ einfache Nachfragen hätten ergeben können, daß niemand sie näher kannte. Es stellte sich heraus, daß jedoch fast alle Zusammenhänge sie »ein wenig komisch« fanden und sich z.B. über ihre plötzlichen und unangekündigten Abwesenheiten wunderten. Die Tatsache, daß keine anderen Frauen aus der »St. Pauli Frauengruppe- jemals in Erscheinung traten, hätte schon früher zu stärkeren Nachfragen und gegebenenfalls zu Konsequenzen führen müssen. Obwohl Heikes Auftreten eigentliche relativ schnell ein diffuses Mißtrauen erzeugte, gab es lange keine konsequenten Versuche, Genaueres herauszufinden und die Verantwortung für die Situation zu Übernehmen.

Unsere Erfahrungen
Wir haben selbst sehr lange gebraucht, wirklich stichhaltige Beweise zu finden. Obwohl wir uns schon bald sicher waren, daß »Heike« eine Bullenfrau ist, wollten wir sie nur mit sicheren Beweisen öffentlich enttarnen. Der Umgang mit einem Spitzelverdacht bedarf größter Umsicht und Verantwortung. Es darf nicht sein, daß Vermutungen unbedacht öffentlich geäußert werden. In der Vergangenheit ist es schon öfter vorgekommen, daß Personen fälschlicherweise als Spitzel bezichtigt wurden. Bei einem konkreten Spitzelverdacht ist es wichtig, sorgfältig und genau zu sein, auch wenn es kurzzeitig nicht weitergeht, hartnäckig dranzubleiben und gegebenenfalls bei vertrauten GenossInnen Hilfe zu holen, oder die Arbeit an andere weiterzugeben. Aus unseren Erfahrungen fordern wir dazu auf: Versucht neue Leute, die in eure Strukturen kommen, genauer kennenzulernen, fragt sie auch nach ihrem persönlichen Alltag und ihrer Geschichte. Niemand, der sich wirklich politisch engagieren will, wird entsprechende Fragen komisch finden. Wenn sich jemand auf andere Gruppen bezieht, fragt dort nach. Das ist kein unberechtigtes Mißtrauen, sondern notwendiger Schutz politischer Strukturen. Sprecht in euren Gruppen über solche Fälle und diskutiert eure Strukturen und euren Umgang. Laßt es uns ihnen nicht so einfach machen. Seid subversiv und hartnäckig!
HH im Januar 1999


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