Next: Die nächsten Ziele Up: Erste Erfahrungen Previous: Kritik Ein offenes ArchivEine andere Debatte schloß sich hieran an, von der wir erst während ihres Verlaufes ahnten, daß sie so alt zu sein scheint wie die linken Archive selbst: Ist es sinnvoll, gesammelte Information völlig öffentlich anzubieten? Diese Frage erhält ansgesichts der 'totalen Öffentlichkeit' eines Web-Servers im Internet zugegebenermaßen eine neue Qualität. So hatten wir anfangs eine Dokumentation einiger Aktivitäten faschistoider Burschenschaftler im Archiv (die wir mittlerweile, als eine Konsequenz der Debatte, entfernt haben). Diese Dokumentation beinhaltete auch direkte Verweise (Hyperlinks) auf Propaganda von Burschenschaftlern im Netz. Der Kernpunkt der Fragen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben, ist: Können unsere Feinde diese Sammlungen nicht für ihre Zwecke nutzen, arbeiten wir ihnen nicht zu, werden wir unserer Verantwortung gerecht, die wir als Redaktion haben, wenn wir solches Material jedem zur Verfügung stellen, der einen Internet-Zugang hat? Das Problem ist nicht nur auf Studenten begrenzt, die an der Uni Netzzugang haben und denen wir es ersparen, sich die Adressen ihrer Lieblingsburschenschaften selbst herauszusuchen. Es ist ein prinzipieller Unterschied zwischen einem netzbasierten Archiv und einem Papierarchiv, das ein Papierarchiv von dessen NutzerInnen physikalisch betreten werden muss, wodurch sich für die BetreiberInnen erst die Chance ergibt, im Zweifel Material nicht auszuhändigen. Zudem ist durch das Betreten eines linken Archives, beziehungsweise seiner Räumlichkeiten, schon eine Hemmschwelle geschaffen, die ein x-beliebiger Burchschenschaftler nicht ohne weiteres passieren würde. Wie haben diese prinzipiellen Fragen letztendlich natürlich auch nicht, vor allem nicht alleine, lösen können. Wir sind allerdings zu einigen Teilergebnissen gelangt: So ist es ersteinmal im Rahmen unserer Möglichkeiten erstrebenswert, Originalmaterial der Gegenseite nicht unkommentiert aufzunehmen, und eine aus unserer Sicht geschriebene Darstellung ist auf jeden Fall der Wiedergabe von Originalmaterial vorzuziehen. Zu bestimmten Themen ist solches Material allerdings oft nicht erhältlich beziehungsweise dessen Existenz uns nicht bekannt. In diesen Fällen kann es mitunter sinnvoll sein, auch ungesichtetes Material aufzunehmen, oder Material, das wir als Archivgruppe nicht vollständig beurteilen können. Dann überwiegt unserer Meinung nach das Interesse an Dokumentation und Information den möglichen Schaden, den die NutzerInnen des Archives durch Kontakt mit 'ungefiltertem' Material erleiden könnten, um es polemisch auszudrücken. Wir schätzen das so ein, weil wir prinzipiell daran glauben, daß jeder Mensch selber in der Lage ist, Informationen zu beurteilen, wenn er sich die Zeit nimmt und nicht einseitig informiert wird. Ein anderer Standpunkt würde auf das Entstehen von Geheimarchiven hinauslaufen, zu denen nur eine Elite Zugang hat; vergleiche die Schilderung derartiger Archive und ihrer gesellschaftlichen Auswirkungen in Umberto Eco's 'Der Name der Rose'.
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