27.
Juni 1993/2003 - 10 Jahre nach dem Tod von Wolfgang Grams
Glaubt den Lügen der Mörder nicht!
Kein Vergeben - Kein Vergessen!
Gemeinsam den Kampf um Befreiung organisieren!
Vor zehn Jahren,
am 27. Juni 1993, schlug das Bundeskriminalamt (BKA) in Bad Kleinen gegen
die Rote Armee Fraktion (RAF) zu. Wolfgang Grams wurde laut Aussagen von
ZeugInnen von der GSG 9 hingerichtet, Birgit Hogefeld ist seither in Haft.
Die Staatsschutzaktion in Bad Kleinen offenbart öffentlich das Ausmaß
des staatlichen Vernichtungswillens gegen seine radikalen und militanten
Gegner und markiert zugleich eine schwere Niederlage für die Linke
in der Bundesrepublik.
Es hat in Deutschland
und weltweit immer linken Widerstand gegeben und es wird ihn auch zukünftig
geben. Es gibt kein Ende der Geschichte, der politische Kampf für
die Abschaffung der kapitalistischen, rassistischen und patriarchalen
Verhältnisse, die auf Ausbeutung und Unterdrückung beruhen,
ist möglich.
Wir nehmen den zehnten
Jahrestag zum Anlass folgende Themenbereiche bundesweit in die Öffentlichkeit
zu tragen und darüber eine breite Auseinandersetzung anzuregen.
Gegen
das Vergessen!
Um den 20. Jahrestag von Stammheim herum gab es in den bürgerlichen
Medien einen breit angelegten Versuch, mit der die herrschende Version
von fast 25 Jahren bewaffneten Kampf in der BRD endgültig in den
Geschichtsbüchern festgeschrieben werden sollte. In einem solchen
Ausmaß war dieses nur möglich, weil die Linke weder die Aufmerksamkeit
noch den Willen hatte, die Widersprüchlichkeit der staatlichen Rolle
in die Öffentlichkeit zu tragen, geschweige denn die Ziele und Motivationen
der bewaffnet Kämpfenden zu vermitteln. 10 Jahre nach Bad Kleinen
wollen wir einen Gegenpol zur bürgerlichen Geschichtsschreibung schaffen
und nicht nur in der Linken unsere Version der Geschichte zur Diskussion
stellen.
Wolfgang
Grams wurde laut ZeugInnenaussagen durch die GSG 9 hingerichtet!
Im bürgerlichen Diskurs und den Medien wird von "Erschießung"
sowie von "Tod unter ungeklärten Umständen" gesprochen.
Deutsche Gerichte haben bereits ihr endgültiges Urteil "Selbstmord"
gefällt. Dem gilt es die existierenden Fakten entgegen zu setzen.
Eines unserer Ziele ist es, dass das Stichwort Bad Kleinen auch in der
bürgerlichen Öffentlichkeit mit Kritik am staatlichen Vorgehen
verbunden bleibt.
Freiheit
für die politischen Gefangenen!
Für ihre Mitgliedschaft in der RAF sind noch immer Birgit Hogefeld,
Brigitte Mohnhaupt, Christian Klar, Eva Haule und Rolf Clemens Wagner
im Knast. Die Angeklagten im Prozess gegen die Revolutionären Zellen
(RZ) sind von Haftstrafen bedroht. Aus der kurdischen und der türkischen
Linken sitzen zahlreiche GenossInnen auch in deutschen Gefängnissen;
ebenso wie Thomas Meier Falk oder die wegen zweier Brandanschläge
auf Polizeiinfrastruktur verfolgten Marco Heinrichs und Daniel Winter.
Mit den Auseinandersetzungen um die Gipfeltreffen in Göteborg und
Genua wurde deutlich, dass auch die Antifa- und "Antiglobalisierungsbewegung"
unmittelbar von Gefängnisstrafen betroffen sind. Der Frage nach dem
Verhältnis zu den politischen Gefangenen muss sich die Linke stellen.
Ohne dieses sind offensive Schritte der Linken wie beispielsweise in Göteborg
oder Genua nicht zu verantworten. Die Bedrohung durch Knast kann nicht
zum bloßen persönlichen Risiko der Einzelnen und zum Problem
der Angehörigen verkommen. Politische Solidarität ist eine Aufgabe
der Linken insgesamt.
Weg
mit den §§ 129, 129a, 129b!
Die Forderung nach Abschaffung dieser Paragraphen, soll die Möglichkeiten
von Verfolgung von politischer Gesinnung außerhalb bürgerlicher
Rechtsgrundsätze, die sich der Staat geschaffen hat und immer weiter
ausbaut, zum Thema machen. Zu den §§ 129 und 129a ist nach dem
11. September 2001 der § 129b hinzu gekommen. Das Wesen dieser staatlichen
Verfolgungslogik, die nicht eine konkret begangene Straftat zu Grunde
legt, sondern ganz unverhohlen zu erwartenden politischen Protest zu unterbinden
versucht, drückt sich ebenso in den Gefahrenabwehrgesetzen oder den
Beschränkungen der Reisefreiheit aus. Diese Herausforderungen in
der Linken zu thematisieren und nach Handlungsmöglichkeiten zu suchen,
ist ein weiteres Anliegen unserer Initiative.
Die bewaffnet Kämpfenden waren keine Popstars!
Seit ca. zwei Jahren eignen sich Popmagazine, junge FilmemacherInnen und
MusikerInnen ein eigenes Bild des bewaffneten Kampfes an. Grundsätzlich
ist dies zu begrüßen, denn diese sind teilweise Versuche sich
mit einem Teil linker Geschichte auseinander zu setzen und sich unabhängig
von der herrschenden Geschichtsschreibung ein eigenes Bild zu machen.
Im Vordergrund steht dabei aber vor allem persönliche Faszination
von den einzelnen Akteuren und ihrer Konsequenz. Auch das ist gut. Da
sich das Ganze aber eher im popkulturellen als im politischen Rahmen abspielt,
führt dieses zu einer Individualisierung der Geschichte, reduziert
die Entscheidung für den bewaffneten Kampf und die Illegalität
auf die einzelnen Personen und blendet dabei den vorher und parallel geführten
breiten Diskurs der Linken und damit die politischen Hintergründe
aus.
Wir erhoffen uns
eine verbindliche Diskussion um die skizzierten politischen Aufgabenstellungen,
sowie Rückmeldungen für zu erarbeitende praktische Aktionsformen.
Geschichte wird gemacht, nehmen wir unsere in die eigenen Hände!
18. März 2003
Libertad!
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