Dieses Dokument ist Teil des Buches Wie geschmiert - Rüstungsproduktion und Waffenhandel im Raum Hamburg, 1998
22761 Hamburg (Bahrenfeld), Leverkusenstr. 13,
bis
1985: Schützenstr. 75-85
Kommanditkapital: 2,5 Mio. DM (1990)
Beschäftigte: 250
(1981), 450 (1987), 240 (1992)
Umsatz: ca. 40 Mio DM (1990)
Die Firma befand sich in der Zeit ihres Bestehens 1949-1992 stets im Besitz von Kurt Eichweber und seiner Frau Herta. Als persönlich haftende Gesellschafterin des Unternehmens fungierte von 1962 bis 1974 die -> Precitronic Gesellschaft für Feinmechanik und Electronic mbH, von 1974 bis 1992 die Eichweber GmbH. Am 31.3.1992 beantragte das Unternehmen Konkurs, nachdem Löhne und Gehälter nicht mehr ausbezahlt werden konnten. Jahrelange betriebsinterne Auseinandersetzungen waren dem vorausgegangen. Im Juni 1992 wurden die Anlagen und Geräte zweier Produktionsbereiche mit 1.800 Posten versteigert. 7 Die Auflösung der Gesellschaft erfolgte formell am 2. Oktober 1992 durch die Eröffnung des Konkursverfahrens. Den Luftfahrtbereich erwarb die Autoflug GmbH & Co., Rellingen. Kurt und Herta Eichweber machten für den Abstieg das zurückgehende Rüstungsgeschäft verantwortlich; ehemalige Mitarbeiter erklärten dagegen, einzige Ursache hierfür sei "Mißmanagement" gewesen. 8 Vom Konkurs nicht betroffen war Eichwebers Firma für Patente und Lizenzvergaben, die -> Precitronic Gesellschaft für Feinmechanik und Electronic mbH.
Seit den 60er Jahren war die Entwicklung von Schusssimulatoren zum Kriegstraining ein Spezialgebiet der Firma. Hierbei nutzte Eichweber die Möglichkeit, Laser als Medium für die Simulation direkt gerichteter Schüsse einzusetzen. Der 1964 erstmals vorgestellte taktische Lichtschusssimulator - "talissi" - wurde in den 70er und 80er Jahren durch Nutzung von Halbleiterlasern technisch weiterentwikelt. Mit den talissi-Schußsimulatoren kann unter Verzicht auf Übungsmunition intensive Schiess- und Gefechtsausbildung betrieben werden, bei der eine Messung der Trefferquoten erfolgt. Eichweber präsentierte Simulatoren insbesondere für Kampfpanzer (Leopard 1 und 2, M48, M60, AMX30) und Panzervernichtungswaffen (Milan, TOW, Dragon, HOT), seit 1987 auch für Handwaffen. Als Käufer von talissi-Simulatoren sind ausser der Bundeswehr die Streitkräfte der USA, der Niederlande und der Schweiz bekannt geworden.9 Ausserdem weisen Indizien darauf hin, dass die türkische Armee zu den Kunden der Hamburger Firma gehörte; auf der Rüstungsausstellung Idea '87 in Ankara präsentierte Eichweber in Verbindung mit einer türkischen Firma u.a. Simulatoren für die Antipanzerwaffe Milan.10 Für den Luftwaffen-Sektor umfasste das Eichweber-Angebot: "Entwicklung, Fertigung, Lizenzen, Instandsetzung, Materialbewirtschaftung, Dokumentation, Handbücher - Flugüberwachungs-, Triebwerksüberwachungs-, Navigations-und Kreiselgeräte, Magnetfeldsonden, Bordelektrik, Kraftstoffmengenmess- und steuergeräte.11 Um 1971 hatte sich Eichweber in das anlaufende Produktionsprogramm für das Kampfflugzeug MRCA/Tornado einklinken können und die Fertigung von Kraftstoffmessanlagen übernommen. Für die Entwicklung eines Tankmesssystems für den Jäger 90/Eurofighter gab Eichweber bis 1992 nach eigenen Angaben 9 Mio. DM aus.12 Die Fa. Eichweber war bis zum Konkurs 1992 verantwortlich für die Instandhaltung des ab 1965 eingeführten Flug- und Taktiksimulators "Breguet-Atlantic". Von den 450 Eichweber-Beschäftigten im Jahr 1987 waren 120 in der Forschung und Entwicklung tätig. Ingenieure von Eichweber haben auf Wehrtechnik-Tagungen wiederholt über ihre Arbeit berichtet. 13 Kurt Eichweber war über viele Jahre Mitglied im "Rüstungswirtschaftlichen Arbeitskreis" (RAK), in dem Vertreter der führenden deutschen Rüstungsfirmen mit Repräsentatanten der Bonner Militärbürokratie über aktülle Fragen beraten.
Im Frühjahr 1983 machte in Hamburg ein Aufkleber "Kennen Sie Kurt Eichweber?" die Runde, der auf die militärischen Aktivitäten der bis dahin weitgehend unbekannten Firma aufmerksam machte.14 Am 5.5. 1983 fand vor dem Firmengebäude eine Kundgebung mit rd. 200 TeilnehmerInnen statt, zu der aus dem autonomen Spektrum aufgerufen worden war und bei der gegen die Rüstungsproduktion bei Eichweber lautstark protestiert wurde.15 Die Polizei setzte Schlagstöcke ein, um DemonstrantInnen daran zu hindern, Parolen auf die Strasse zu malen. Es sollen, so wurde auf einem späteren Flugblatt berichtet, während der Demonstration auf den Fabrikdächern Polizisten mit MP's gestanden haben. Fahrrad-Demos zu Rüstungsbetrieben im Raum Altona/Bahrenfeld am 24.9. und 29.10.1983 führten ebenfalls bei Eichweber vorbei. Am 23.1.1991 kam es im Rahmen einer Frauendemonstration gegen den Golfkrieg zu einer Aktion mit roter Farbe vor dem Eichweber-Gebäude in der Leverkusenstrasse.16
Kurt Eichweber hatte als junger Ingenieur während des 2. Weltkriegs nach eigener Aussage "technisch interessante Aufgaben zu lösen und wehrtechnische Erzeugnisse allgemein kennengelernt".17 Sein Betrieb produzierte nach der Firmengründung 1949 zunächst Sondergeräte für die britische, die belgische und die französische Armee, ab 1955 auch für die Bundeswehr.
Anmerkungen: