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Gemarke: Situation der kurdischen Fluechtlinge in der Kirche

Information über die Situation der kurdischen Flüchtlinge in der Gemarker
Kirche


Wie Sie vielleicht wissen, suchen seit dem 22.11.1998 27 kurdische
Flüchtlinge Zuflucht in den Gemeinderäumen der Gemarker Kirche. Sie haben
sich zu diesem Schritt entschlossen, da ihre rechtlichen Möglichkeiten, eine
Abschiebung zu verhindern, ausgeschöpft waren. Die Flüchtlinge hatten sich
bemüht, in einer Kirche des sog. "Wanderkirchenasyls" in Köln Schutz vor
einer drohenden Abschiebung zu bekommen.

Die Lage im Wanderkirchenasyl

Das Wanderkirchenasyl, an dem sich über 40 Gemeinden beteiligen, bietet seit
einem Jahr Flüchtlingen Schutz vor der Abschiebung. Diese 240 Flüchtlinge
stehen auf einer Liste, über die z. Zt. die Landeskirche Rheinland mit dem
nordrheinwestfälischen Innenministerium verhandelt, um eine Duldung der am
Kirchenasyl Beteiligten zu erreichen. Da momentan keine weiteren Flüchtlinge
auf diese Liste kommen können, es aber weiterhin viele kurdische Flüchtlinge
gibt, die aufgrund drohender Abschiebung in der Illegalität leben, blieb den
heute in der Gemarker Kirche Zufluchtsuchenden nichts anderes übrig, als
sich unabhängig vom Wanderkirchenasyl um den Schutz einer Kirche zu bemühen.
Nachdem sie sich als Gruppe zusammengeschlossen und diesen Entschluß gefaßt
haben, nahmen sie Kontakt zu einzelnen WuppertalerInnen auf.

Einzelfallprüfung?

Ziel der Flüchtlinge war es von Anfang an, für die gesamte Gruppe ein
Bleiberecht zu erreichen. Eine Einzelfallprüfung ist für sie zu keinem
Zeitpunkt eine Lösung gewesen, da die generelle Verfolgung der KurdInnen in
Kurdistan von der deutschen Asylrechtsprechung nicht als solche anerkannt
wird und überdies das Angebot der Einzelfallprüfung ohnehin nur für
Flüchtlinge aus NRW gelten würde - ein Großteil der KurdInnen in der Gemarke
aber kommt aus anderen Bundesländern. Ein Rechtsanwalt, der ihre Fälle
begutachtet hat, sieht selbst bei einer zusätzlichen Einzelfallprüfung für
die meisten keine Chance auf Duldung. Gerade weil die rechtlichen
Möglichkeiten ausgeschöpft sind, sehen sich die kurdischen Flüchtlinge
gezwungen, in der Kirche Zuflucht zu suchen, und auch gerade deshalb ist es
wichtig, für eine umfassende politische Lösung (Abschiebestop in die Türkei
als Bürgerkriegsland) einzutreten. Zitat der evangelischen Landeskirche:
"Solange in den Notstandsprovinzen der Türkei weiterhin Tausende von Dörfern
zerstört werden, die türkische Armee den freien Waren- und
Arzneimittelverkehr einschränkt, Oppositionelle ohne Gerichtsverfahren
verfolgt, gefoltert und ermordet, die Kultur der Minderheiten zerstört, sind
Flüchtlinge aus den kurdischen Gebieten offenkundig gefährdet und
schutzbedürftig. Angesichts ihres Schicksals dürfen die Flüchtlinge nicht
als Illegale kriminalisiert werden." Dadurch, daß das Presbyterium der
Gemarker Kirche eine Zustimmung der Flüchtlinge zu einer Einzelfallprüfung
zur Bedingung für eine Unterstützung seitens der Kirche gemacht hat, wird
sie genau der oben beschriebenen Situation der KurdInnen nicht gerecht.

Keine Lösung ohne Öffentlichkeit

Um einen möglichst hohen Schutz vor Abschiebung zu erhalten und dem Ziel
einer politische Lösung näherzukommen, wollen die Flüchtlinge in der Gemarke
eine möglichst große Öffentlichkeit, die sie unterstützt und sich mit ihnen
solidarisiert. Da die Flüchtlinge die Kirchenräume aus Angst vor Verhaftung
nicht verlassen können, sind sie auf unsere Unterstützung angewiesen, um
diese Öffentlichkeit herzustellen. Da vom ersten Tag an eine Versorgung der
Flüchtlinge sichergestellt werden mußte, haben sich im Vorfeld 10-15
UnterstützerInnen zusammengefunden, um dieses zu organisieren. Bereits am
ersten Sonntag vergrößerte sich diese Gruppe auf ca. 50 Menschen. Dieser
"Unterstützungskreis" ist auch weiterhin nötig, um nicht nur die materielle
Versorgung zu gewährleisten, sondern auch die Isolation der Flüchtlinge
aufzuheben, Gespräche zu führen und die Flüchtlinge menschlich zu
unterstützen. Durch den Beschluß des Presbyteriums, keine "öffentlichen
Veranstaltungen" mehr in den Räumen der Kirche zuzulassen, wird den
Flüchtlingen die einzige Möglichkeit genommen, selber in die Öffentlichkeit
zu treten. Sie hoffen auf ein breiteres Interesse der Gemeindemitglieder,
und haben nicht die Absicht, die Gemeindearbeit zu beeinträchtigen, sondern
wünschen sich eine engere Zusammenarbeit.

Unterstützungskreis - wer ist das?

Der Unterstützungskreis besteht aus Menschen, die sich engagieren und
praktische Hilfe leisten wollen. Neben nicht organisierten Einzelpersonen
sind auch Menschen dabei, die unterschiedlichsten Gruppen angehören
(Kirchen, Grünen, Gewerkschaften, PDS, Amnesty International, Kirchliche
Hochschule, Antifaschistischer Koordinationskreis Wuppertal, Autonome
Antifa, Jusos, Falken, Junge Linke/JungDemokratInnen, Kein Mensch ist
illegal Wuppertal). Keinem und keiner der UnterstützerInnen geht es dabei um
persönliche politische Interessen , sondern einzig und allein darum, den
Flüchtlingen in jeglicher Form zu helfen. Der UnterstützerInnenkreis
erweitert sich ständig und die Flüchtlinge heißen auch weiterhin jede und
jeden willkommen, sich zu beteiligen.

Öffentlichkeit ja, aber wie?

Leider wird in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, daß es diverse
Initiativen zur Unterstützung gibt. So planen beispielsweise SchülerInnen
des Carl-Duisberg-Gymnasiums eine Podiumsdiskussion zur Situation der
kurdischen Flüchtlinge. Eine Delegation von SchülerInnen des Gymnasiums
Siegesstraße besuchte die SPD-Ratsfraktion und bat um eine Stellungnahme.
Weiterhin bereiten mehrere SchülerInnenvertretungen eine
Solidaritätsdemonstration vor und haben allein an einer Schule 400
Unterschriften gesammelt. Es gab mehrere Schülervertreter-Versammlungen,
eine Delegation überreichte Johannes Rau eine Petition. Das Medienprojekt
Wuppertal erstellt einen Dokumentarfilm über die Situation der Flüchtlinge,
eine Informations- und Kulturveranstaltung ist geplant.

Die Flüchtlinge und wir bitten das Presbyterium der Gemarker Kirche,
weiterhin Schutz und Bleiberecht zu gewähren, um die drohende Abschiebung in
die Türkei zu verhindern!

Wir bitten alle, die Flüchtlinge in der Kirche konkret zu unterstützen!

Für einen Abschiebestop in die Türkei!

Kein Mensch ist illegal!


Unterstützungsplenum für Kirchenzuflucht

VisdP: Unterstützungsplenum für Kirchenzuflucht, c/o Infoladen,
Brunnenstr.41, 42105 W´tal, Fon/Fax: 311790,

Internet: www.fortunecity.com/boozers/georgebest/573, Spendenkonto: Freie
Medien e.V.,

Konto-Nr.: 470834-437, Postbank Essen, BLZ 36010043 Stichwort Kirchenzuflucht

Wir bitten Sie, einen Beitrag zur Unterstützung der Flüchtlinge zu leisten,
indem Sie eine eigene oder die unten vorgeschlagene Erklärung an die
Gemarker Gemeinde schicken. Adresse: Presbyterium der Gemarker Kirche,
Zwinglistr. 5, 42275 Wuppertal, Telefax: 0202/2553049


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An das Presbyterium der Gemarker Gemeinde,

Wir fühlen uns betroffen von dem Schicksal der kurdischen Flüchtlinge in der
Gemarker Kirche. Wir wünschen den Flüchtlingen ein sicheres Leben hier bei
uns, solange die Zustände in der Türkei ihnen dies dort nicht erlauben. Wir
drängen auf einen Abschiebestop in die Türkei und auf eine Anerkennung der
KurdInnen als Bürgerkriegsflüchtlinge. Bis dahin bitten wir die Gemeinde,
den Flüchtlingen alle nötige Unterstützung zu kommen zu lassen und sich vor
ihren Ängsten nicht zu verschließen. Wir bitten Sie, alles zu tun, daß den
kurdischen Frauen, Männern und Kindern die Hoffnung auf ein Leben in Frieden
und Freiheit erhalten bleibt.

Name Anschrift Ort Datum Unterschrift

 

05.12.1998
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