Duesseldorf: Frank muss raus !!!
Seit dem 11.4.1999 sitzt unser Genosse Frank Ament im Knast in
Düsseldorf, weil er sich weigert, als Zeuge im "AIZ"-Prozeß
auszusagen. Er soll nach dem Willen des 6. Strafsenats des
Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf dort bis zu 6 Monaten bleiben,
wenn er weiterhin die Aussage verweigert - sog. "Beugehaft". Sorgen
wir dafür, daß sie einen von uns nicht "beugen" können, unterstützen
wir Frank nach Kräften!
Zum Hintergrund:
Seit ca. 2 Jahren findet vor dem Staatsschutzsenat des OLG Düsseldorf
der Prozeß gegen Michael Steinau und Bernhard Falk statt, die
beschuldigt werden, als Mitglieder der sog. "Antiimperialistischen
Zellen (AIZ)" Anfang der 90er Jahre mehrere Anschläge auf Personen und
Einrichtungen des deutschen Imperialismus unternommen zu haben. Nach
ihren Schriften verstand sich die AIZ zunächst als Fortführung des
bewaffneten Kampfes der RAF, später eher im Zusammenhang mit der
"Islamischen Bewegung". Nachdem auch die Angeklagten sich in dem Sinne
geäußert haben, sich für den Aufbau eines islamischen "Gottesstaates"
einzusetzen, hat ihnen die bundesdeutsche Linke, aus der sie kommen,
die Solidarität entzogen; auch die ROTE HILFE unterstützt die
Angeklagten in diesem Verfahren nicht (mehr).
Seit vor wenigen Monaten in diesem Prozeß ein hoher Beamter des
nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes ausgesagt hat, hat der
Prozeß seinen Charakter und seine Stoßrichtung entscheident verändert:
Der Schlapphut gab ein Sammelsurium von "Erkenntnissen" aus der
jahrelangen Observation der Angeklagten zum besten, in dem die Namen
von beinahe allen Menschen auftauchen, mit denen Bernhard Falk oder
Michael Steinau in diesen Jahren Kontakt hatten. Da die beiden sich in
verschiedenen Städten in einer Vielzahl von politischen Gruppen
bewegten, waren die wilden Spekulationen des VS über dise Gruppen und
über die Beziehungen zwischen einzelnen Menschen und diesen Gruppen
plötzlich Thema des Prozesses. Das Gericht nutzt die Chance und
versucht nun, über Vorladungen als Zeugen aller Personen, die der VS
als "Kontaktpersonen" der Angeklagten bezeichnet, nicht nur Material
zur Verurteilung zu bekommen, sondern auch Einblicke in Strukturen und
Zusammenhänge der linksradikalen Scene. Insbesondere betroffen sind
(ehemalige) Strukturen in Aachen, aber auch Gruppen in Hamburg, Berlin
und anderswo.
Für die vorgeladenen Zeugen und Zeuginnen, z.T. Menschen, die
tatsächlich mit den Angeklagten nie etwas zu tun hatten, war und ist
die Situation nicht einfach: Ist in den "üblichen"
Staatsschutz-Prozessen Sympathie, Solidarität oder politische Nähe zu
den Angeklagten ein Motiv, die Aussage zu verweigern und nicht mit den
Verfolgungsbehörden zusammenzuarbeiten, so mußte es hier um etwas
anderes gehen: Zu verhindern, daß mit dem Hebel dieses Prozesses
unsere Strukturen aufgerollt werden, daß der Staatsschutz neue
Erkenntnisse erlangt oder neues Beweismaterial in die Hände bekommt
und darum, die Legitimität dieser Ausforschung nicht anzuerkennen und
dabei noch mitzuwirken. So haben einige ZeugInnen nicht ausgesagt
unter Berufung auf § 55 StPO, wonach niemand etwas aussagen muß, wenn
er oder sie sich damit selbst belasten würde; eine Taktik, von der die
ROTE HILFE abrät, denn sie führt dazu, daß auf einzelne Fragen (bei
denen Selbstbelastung ausgeschlossen ist) doch geantwortet werden muß
und wird und eine selbstbestimmte Grenze zu ziehen schwierig, wenn
nicht unmöglich ist. Andere, die als ZeugInnen vorgesehen waren,
befinden sich im Ausland oder sind anderweitig nicht erreichbar.
Frank hat den Entschluß gefasst, die Aussage gegenüber dem
Staatsschutz offen und offensiv zu verweigern. Von diesem Verhalten
fühlt sich die Staatsmacht getroffen, denn es ist ein Angriff auf die
Legitimität seines Ausforschungsversuchs und vermeidet jede
Unterwerfungsgeste oder Opferrolle! Frank wurde daher unmittelbar nach
seiner Aussageverweigerung in Haft genommen und ist dort bis heute;
maximal können sie ihn 6 Monate festhalten, dann müssen sie ihn
laufenlassen (gesetzliche Höchstdauer der Beugehaft). Er nimmt das in
Kauf, da der Schaden, der durch Aussagen entsteht, höher ist, als die
Nachteile, die ihn erwarten: Konkret bezüglich der betroffenen
Strukturen, aber auch allgemein, wenn Kooperation mit dem
Staatsschutz, Unterwerfen unter dessen Regeln und individualistisches
Taktieren beim Aussageverhalten nicht mehr prizipiell politisch
abgelehnt wird, sondern um sich greift. Er zeigt, daß auch in
Konfrontation mit den staatlichen Machtmitteln ein selbstbestimmtes
und selbstverantwortliches Verhalten möglich ist. Micht die anderen
bestimmen, was wir ihnen erzählen und was nicht, ebensowenig ist das
von den Grenzen des § 55 bestimmt, wir setzen uns vielmehr selbst in
eine Beziehung zum Staatsschutz einerseits und zu unseren Genossen und
Genossinnen andererseits!
Frank muß daher von uns allen, die er direkt oder indirekt durch sein
Verhalten vor Verfolgung schützt, derart massiv unterstützt werden,
daß das staatliche Kalkül, ihn (stellvertretend für viele) zu
"beugen", nicht aufgeht! Seine Beugehaft muß im Gegenteil zur
Demonstration werden, die dem Staat zeigt, daß er auch mit dem Mittel
der Beugehaft-Drohung nicht durchkommt gegen selbstbestimmte,
politisch hergeleitete Solidarität! Wenn das gelingt, wird das
Beugehaft-"Schwert" ein ganzes Stück stumpfer und damit der eine oder
andere zukünftige Beugehaftfall vielleicht sogar vermieden.
Frank braucht Geld: für Zeitungen, Bücher, Radio, Knasteinkauf;
ebenso für die Anwältin; für seine draußen weiterlaufende Miete;
schließlich verlangt der Staat unverschämterweise noch für jeden Tag
Beugehaft von dem Gefangenen über DM 40,- Kostenbeitrag - in 6
Monaten sind allein das mehrere tausend Mark! Die ROTE HILFE hat ein
Beugehaft-Sonderkonto eingerichtet:
Kontonummer: 775 280 107
Postbank Berlin
BLZ: 100 100 10.
Richtet Daueraufträge ein (DM 5,- monatlich helfen schon sehr viel!),
spendet Fetenerlöse o.ä., stellt Sammelbüchsen auf!
Sehr wichtig ist, daß sowohl Frank, als auch der OLG-Senat
mitbekommen, daß viele Menschen Frank unterstützen. Daher schreibt
Solidaritäts- bzw. Protestbriefe an:
Frank Ament
z.Zt. JVA Düsseldorf
Ulmenstraße 95
40476 Düsseldorf
OLG Düsseldorf, 6. Strafsenat
Cecilienallee 3
40474 Düsseldorf
Fax: 0221-4971548.
Verbreitet die Information weiter, setzt Meldungen/Artikel in lokale
Zeitungen o.ä., macht eigene Flugblätter, Aushänge...! Gruppen, Plena,
Treffen könnten Solidaritätsresolutionen oder -grüße verabschieden und
veröffentlichen (bitte immer 1x an Frank, 1x an den Strafsenat und 1x
an die ROTE HILFE senden), usw., usf.!
Frank sitzt stellvertretend für uns alle in Beugehaft!
Wir werden ihn begleiten und unterstützen, solange er dort sitzen
muß!
Frank muß raus!
Weg mit den §§ 129/129a, Gesinnungsjustiz und
Beugehaft!
Solidarität ist eine Waffe!
Zur aktuellen Situation:
Frank wurde am 12.4., am 20.4. und am 27.4. bei Gericht "vorgeführt"
und versucht zu befragen. Er hat dem Gericht die "Achtung" verweigert,
indem er mit dem Rücken zum Gericht stehenblieb und dafür noch
insgesamt 2 Wochen "Ordnungshaft" (zusätzlich zur Beugehaft)
aufgebrummt bekommen. Eine weitere "Vorführung" ist nicht angeordnet,
da das Gericht dessen Sinnlosigkeit eingesehen hat. Er sitzt jetzt in
Beugehaft in der JVA Düsseldorf und "kann sich jederzeit melden, wenn
er zur Aussage bereit ist" (so das Gericht), was er aber nicht tun
wird. Er sitzt momentan allein in "Quarantäne", da er nicht mit dem
Anstaltsarzt kooperiert; er hat aber Gemeinschafts-Hofgang. Bereits in
den ersten Tagen wurde versucht, ihm einen Mithäftling als Spitzel in
die Zelle zu setzen, der ihm sofort Zigaretten schenken und über
politische Zusammenhänge ausfragen wollte - Frank hat dies durchschaut
und zurückgewiesen. Mit Schlafentzug (Dauerbeleuchtung und
- -beobachtung) wollen sie ihn zusätzlich unter Druck setzen. Frank kann
Besuch bekommen, eine Genehmigung ist bei der JVA (Adresse s.o.) zu
beantragen. Frank ist 36 Jahre alt, Taxifahrer, lebt in Hamburg und
Berlin, wo er politisch aktiv war und ist in antiimperialistischen und
internationalistischen, antimilitaristischen und antipatriarchalen
Zusammenhängen. Gesundheitlich geht es Frank gut, er freut sich auf
Post!
ROTE HILFE e.V., Ortsgruppe Hamburg
Postfach 306302
20329 Hamburg
Fax: 040-4390812
"wichtig ist mir politisch, daß im kontext aussageverweigerung
rüberkommt, daß sie dir den arbeitsplatz, die wohnung + den fernseher
nehmen können, aber nicht die solidarität von genossInnen, freundInnen
+ kämpferInnen der rebellion, der praktischen politischen arbeit. daß
jeder kampf, den wir verlieren, einen nächsten sieg bedeutet:
vertiefung + erweiterung der anstrengung um befreiung, emanzipation
der menschen, verbesserung + ausweitung unserer sozialen + politischen
strukturen. solidarität ist was unheimlich zärtliches, das terrain,
auf dem ich als mensch überhaupt bestehen kann. was sind soziale
beziehungen, gemeinsame kämpfe in der perspektive um freiheit
gegenüber konsumartikeln, entfremdeter (lohn)arbeit?"
(aus einem Brief von Frank aus dem Knast vom 16.4.1999)
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