Berlin: Polizei bei junge Welt
Polizei bei junge Welt
Staatsanwaltschaft auf der Suche nach dem potentiellen
Attentäter Olaf Staps. jW-Bericht
Wieder einmal wurde die Tageszeitung junge Welt heimgesucht.
Am Freitag nachmittag rückten etwa zwei Dutzend Berliner
Polizisten samt Staatsanwaltschaft in die Redaktionsräume in der
Karl-Liebknecht-Straße ein. Nach Auskunft des ermittelnden
Oberstaatsanwaltes Heinke suchten die Beamten einen
Briefumschlag des polizeilich gesuchten Berliners Olaf Jürgen
Staps. Die Suche verläuft seit mehreren Wochen jedoch ebenso
wenig erfolgreich wie engagiert.
Eineinhalb Monate, nachdem Staps angedroht hatte, auf der
traditionellen Liebknecht-Luxemburg-Demonstration aus
Enttäuschung über die PDS ein »Blutbad« anzurichten, sorgt der
Fall damit erneut für Aufsehen. Staps legte dem zweiseitigen
Schreiben, das am Donnerstag der jW-Redaktion zuging, eine
Diskette bei, auf der sein umfangreicher Briefwechsel mit der
PDS, der Berliner Polizei und der Hausverwaltung des Hauses
dokumentiert ist, in dem Staps bis zuletzt wohnte. In einem der
Dokumente will er vom Berliner Polizeipräsidenten Hagen
Saberschinsky eine Straffreiheitszusage erreichen, da er seit
seiner Drohung polizeilich gesucht wird. Dieser auf den 22.
Februar datierte Brief soll Saberschinsky bereits zugegangen
sein.
Nach Staps' Auskunft sind Kopien der Diskette auch der
Berliner Zeitung, der taz und dem alternativen Kulturzentrum
Mehringhof zugegangen. Dies konnte am Freitag nur die taz
bestätigen, deren Räume von der Polizei jedoch nicht durchsucht
wurden.
Der Streit hatte sich entzündet, als der Mann seine Wohnung im
Berliner Stadtteil Friedrichshain räumen sollte. Die PDS-
Baustadträtin war Staps' Bitte nicht nachgekommen, die
Räumung zu verhindern und verwies den Mann an die
Sozialbehörden. Die Auseinandersetzung erreichte mit den
Attentatsdrohungen auf die Demonstration Anfang Januar ihren
Höhepunkt.
Auf jW-Anfrage erklärte eine Polizeisprecherin am Donnerstag,
der Behörde sei entgegen Staps' Darstellung kein Schreiben
zugegangen, in dem der Mann eine Straffreiheitszusage verlange.
Die Beamtin forderte die jW- Redaktion jedoch auf, den
Behörden das Originaldokument zur Verfügung zu stellen. Dies
wurde jedoch mit Hinweis auf den Informantenschutz
verweigert. Dietmar Koschmieder, Geschäftsführer des Verlages
8. Mai erklärte dazu: »Unabhängig von der Art der Information
reichen wir keine Dokumente weiter«. Dies sei eine
grundsätzliche Frage. Zudem seien Inhalt der Diskette und des
Begleitschreibens der Polizei ohnehin bekannt.
Dennoch wurden alle Redaktionsräume über mehrere Stunden
durchsucht. Und das, obwohl dem Oberstaatsanwalt bekannt
war, daß die Originaldokumente nicht mehr vorhanden waren.
Der Anwalt des Verlages 8. Mai, Andreas Forer, erklärte nach
der Polizeiaktion, das Vorgehen sei »völlig unverhältnismäßig«.
»Uns wurde von dem Staatsanwalt kein richterlicher Beschluß
vorgelegt«, so Forer. Die Durchsuchung sei klar rechtswidrig
und für die Polizei zudem erfolglos. Bei der Aktion sind
Fotografen tätlich angegriffen worden. Der Verlag 8. Mai
protestiert gegen die Polizeiaktion und behält sich rechtliche
Schritte vor.
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