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Wien: Festnahmen rund um die Opernball-Demo

Wie wir soeben erfahren haben wurden nach der Opernball-
Demonstration am 2.3.2000 in Wien mehrere Menschen
misshandelt und verhaftet. Zumindest zwei von ihnen befinden
sich derzeit in Untersuchungshaft. Deshalb rufen wir alle
fortschrittlichen und demokratischen Menschen auf, nicht
zuzulassen, dass unser Widerstand kriminalisiert wird. Lassen wir
die Gefangenen nicht alleine! Kommt alle zur Demo am 4.2. um 14
Uhr am Wiener Ballhausplatz!

Im Folgenden dokumentieren wir eine Stellungnahme der
Rechtshilfe Wien:

Festnahmen rund um die Opernball-Demonstration

Im Zuge der Opernball-Demonstration wurden mindestens fünf
Personen festgenommen. Um ca. 22 Uhr wurden bei einer
KünstlerInnen-Aktion gegen die schwarz-blaue Regierung der
Schauspieler Hubsi Kramer und Peter Siegel festgenommen.
Vorgeworfen wird ihnen "Nationalsozialistische Wiederbetätigung".
Die beiden wurden noch in der Nacht auf den 3.3 freigelassen.
Um 23 Uhr wurde ein Fotograf von behelmten Zivilpolizisten
angegriffen, daraufhin flüchtete er sich in ein Lokal in Opernnähe.
Er hatte Polizisten, die auf einen Demonstranten einschlugen,
fotografiert. Seine Kamera wurde von den amtshandelnden
Polizisten zerstört. Die anwesenden Gäste konnten die
Festnahme verhindern. Um 23.50 wurde eine weitere Person auf
dem Nachhauseweg am Burgring von Zivilpolizisten
festgenommen. Nach Zeugenaussagen kam es zu schweren
Übergriffen seitens der Polizei. Die Festgenomme wurde von
Beamten gegen eine Mauer geschleudert und geschlagen.
Um ca. 0.30 Uhr kam es zu einem weiteren Polizeieinsatz in der
Schwarzenbergstrasse. An diesem Einsatz waren vermummte
Beamte beteiligt. Vier Personen wurden mit vorgehaltener Waffe
(Pistole) aus einem Taxi gezerrt, zwei von ihnen wurden
festgenommen. Obwohl alle Festnahmen im ersten Bezirk
erfolgten, wurden drei der Festgenommenen in das
Polizeikommissariat 16.Bezirk gebracht. Der Rechtshilfe war es
nur unter grossen Schwierigkeiten möglich, diesen
Aufenthaltsort der Festgenommenen in Erfahrung zu bringen., alle
weiteren Auskünfte werden von der Polizei (und im Landesgericht)
nach wie vor verweigert, und zwar nicht nur der Rechtshilfe,
sondern auch dem Anwalt der Festgenommenen, der ab dem 3.3.
morgens intervenierte.
Die Drei befinden sich derzeit im landesgerichtlichen
Gefangenenhaus, vorgeworfen wird ihnen (angeblich) "Widerstand
gegen die Staatsgewalt", "Sachbeschädigung",
"Landfriedensbruch", etc. Diese Festnamen sind nicht die ersten,
seit Beginn der Proteste gegen die schwarz-blaue Regierung.
Am 19.2 wurden vier Personen festgenommen und viel mehr
polizeilich misshandelt. Mehr als 150 Personen wurden perlustriert.
Auffällig ist, dass die gezielten Polizeieinsätze nicht während und
in den Demonstrationen stattfinden, sondern vorher und nachher.
Sie richten sich gegen bestimmte Zielgruppen, am 19.2
beispielsweise "jugendliche" Männer, vorzugsweise aus dem
Ausland. Auffällig ist weiters , dass die
Vorgehensweise bei Personalienkontrollen und Festnahmen immer
die gleiche ist: die Betroffenen werden gezwungen, sich an die
Wand zu stellen und die Beine zu spreizen wie in amerikanischen
B-Movies, häufig begleitet von Schlägen und Beschimpfungen.
Das ist uns ein Hinweis darauf, dass es sich keinesfalls um
"Übergriffe schwarzer Schafe" handelt, sondern um
abgesprochenes, gezieltes Vorgehen. Ein weiterer Hinweis darauf
ist die Aussage des Innenministers Strasser, in der er das
Vorgehen der Polizei bei der Demonstration vom 19.2.
ausdrücklich gelobt hat. Die Wiener Polizei treibt also ein
doppeltes Spiel: Während die oben genannten Polizeieinsätze
stattfanden, sprach Einsatzleiter Schnabel im ORF über den
"gelungenen, friedlichen Polizeieinsatz".
Der ORF beteiligt sich an dieser Strategie, im Mittagsjournal vom
3.3. beispielsweise spricht er von den drei Festgenommenen als
"gewaltbereites, linksradikales Potential in Wien" - andere Medien
stehen dem ORF in nichts nach.
"Linksradikal" ist, scheint es, gleich "gewaltbereit" = "gewalttätig"
und gehört festgenommen. Hierbei geht es nicht um Festnahmen
wegen konkreter, strafrechtlich relevanter Vorfälle, sondern um die
Verfolgung von Linken.
Das zeigt sich auch daran, dass immer wieder
FlugblattverteilerInnen von Zivilpolizisten belästigt werden, die ihnen
auch die Flugblätter wegnehmen wollen.Aber auch nicht
organisierte Menschen werden von der Polizei schikaniert. So
wurde ein Auto mit Leuten, die von einer Demonstration
heimfuhren, gestoppt. Alle Personen wurden perlustriert und ihre
Personalien aufgenommen. Trotz und wegen dieser Erfahrungen ist
es umso notwendiger, weiterhin zu protestieren und Widerstand
gegen diese Regierung und ihre asozialen Pläne zu leisten. Die
breiten Proteste sollen durch die Erfassung, Einschüchterung
(über Übergriffe und Mobbing) und Kriminalisierung geschwächt
werden.

Deshalb dürfen wir uns nicht vereinzeln lassen:

Kommt zu Demos nicht allein sondern in Gruppen, geht
geschlossen wieder von der Demo weg!
Anzeigen, Übergriffe, etc dürfen nicht totgeschwiegen werden, wir
müssen sie öffentlich machen!

Wir müssen und gegenseitig beim Umgang mit der Repression
helfen:

Darüber, dass wir untereinander darüber sprechen
Darüber, dass die Rechtshilfe informiert wird, die Übergriffe
zueinander in Bezug setzen und veröffentlichen kann!
Die Gefangenen dürfen nicht allein gelassen werden- führen wir die
Demonstrationen am Landesgericht vorbei!
Wenn ihr von der Polizei belästigt werdet (Anzeigen können auch
erst später erfolgen) - meldet euch gleich bei der Rechtshilfe!
Sofortige Freilassung aller Gefangenen!
Sofortige Einstellung aller Verfahren!

Rechtshilfe ist während jeder Demonstration unter der Nummer 535
91 09 erreichbar.

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Klassenkampf und Solidaritaet im Internet:
Texte, Diskussionen, aktuelle Termine,
Ankuendigungen, Flugblaetter,etc.
auf den Internetseiten der KomAk- Wien:
http://www.geocities.com/komak_wien/


 

05.03.2000
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