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Cottbus/Guben: Kommentar zum neuen Gedenkstein für Farid Guendoul

Cottbus/Guben, den 28.03.2000


Gemeinsame Erklärung der Antifa Guben und der Anlaufstelle für
Opfer rechtsextremer Gewalt

Kommentar zum neuen Gedenkstein für Farid Guendoul in Guben


In der Nacht zum 13. Februar 1999 starb in Guben der algerische
Asylsuchende Farid Guendoul, nachdem er sich in Panik vor einer
Gruppe Rechtsradikaler in einem Hauseingang in Sicherheit bringen
wollte und sich dabei schwer verletzte.

Die Antifa Guben setzte im Sommer 1999 zur Erinnerung an diese
Tat in unmittelbarer Nähe des Hauses eine Gedenkplatte. Diese
wurde in der Folgezeit unzählige Male geschändet und in der
Silversternacht irreparabel zerstört. Eine neu angebrachte
Gedenktafel wurde nur 3 Wochen nach ihrer Einweihung, in der
Nacht vom 3. zum 4. März 2000 gestohlen.

Das Gubener Forum gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit, an dem
VertreterInnen verschiedener Parteien, Vereine und anderer
Institutionen teilhaben, setzte sich daraufhin zusammen, um eine
neue Inschrift vorzuschlagen: "Farid Guendoul (28 Jahre),
verblutet am 13. Februar 1999. Mahnmal gegen Rassismus, gegen
Fremdenfeindlichkeit, gegen Gewalt. Die Würde des Menschen ist
unantastbar."

Diese neue Inschrift verwischt die Tatsachen und das Geschehen in
dieser Nacht. Wie auch in dem seit Juni 1999 stattfindenen
Prozess gegen 11 der mutmaßlichen Täter vor dem Cottbuser
Landgericht, wird hier versucht, die Täter und ihre Motivation
außen vor zu lassen. Die Inschrift läßt offen, wie Farid Guendoul
starb. Er "verblutete". Warum? Angesichts der Tatsache, daß es
viele Stimmen gibt, die Farid Guendoul eine Mitschuld an seinem
Tod zusprechen, erscheint es uns unerläßlich, die Umstände und
die Täter nicht außen vor zu lassen.

"Die Würde des Menschen ist unantastbar." ist der erste Satz des
Artikels 1 des Grundgesetzes. Es ist ein Hohn, angesichts der
rassistischen Umstände, unter denen Asylsuchende in diesem Land
leben und die wiederholt zum Tod von Flüchtlingen führten, diesen
Satz in Stein zu meißeln. Farid Guendouls Würde wurde mehr als
einmal und nicht nur von Rechtsextremen angetastet. Auch eine
Gesetzgebung, die ihn - wie alle anderen Flüchtlinge - zwang, als
Mensch zweiter Klasse zu leben, ist mitverantwortlich für ein
Klima, das rassistische Angriffe ermöglicht und immer wieder
erzeugen wird.

Es kann nicht darum gehen, daß die meisten GubenerInnen mit der
Inschrift des Steins leben können, oder darum, den Gedenkstein
aus dem unmittelbaren Umfeld der Tat zu nehmen, wo er als
Provokation angesehen wird. Vielmehr sollte es Anliegen sein, die
Umstände, die zum Tod von Farid Guendoul führten, klar zu
benennen und nicht mit sehr allgemeinen Aussagen zu verwässern.
Es ist ein Akt der Solidarität, die Sichtweise der Opfer zu
akzeptieren, für die es sich in dieser Nacht um eine
"rassistische Hetzjagd durch rechte Gubener Jugendliche"
handelte. Schutz der Täter, der Wunsch, endlich Ruhe zu haben,
oder die Angst, daß das Gerichtsurteil nicht der Inschrift
entsprechend ausfallen könnte, dürfen dagegen nicht zur
Motivation für eine Inschrift werden.

Wir protestieren dagegen, daß eine derartig verharmlosende
Inschrift auf dem Stein angebracht werden soll.

Die Gubener Stadtverordnetenversammlung wird am 29. März 2000, ab
16.00 Uhr über die Inschrift und den Standort entscheiden.

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* Anlaufstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt *
* Parzellenstraße 79 *
* 03046 Cottbus *
* Fon: 0172/7585772 *
* Fax: 0355/797587 *
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01.04.2000
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