Sachsen: Weiterleitung einiger Texte zu den Aktionen der Fluechtlinge in Sachsen
Weiterleitung einiger Texte zu den Aktionen der Fltchtlinge in Sachsen,
zugesandt von der Autonomen Fltchtlingshilfe KAHINA in Leipzig:
Kontakt:
kahina e.V. (autonome Fltchtlingshilfe)
Bornaische Str 3d, 04277 Leipzig
tel.: 0341-9613826 / 2119313
fax: 0341-3013269
e-Mail: kahinaev@gmx.de
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[1.]
An alle ~mter, Fltchtlingsberatungsstellen, Parteien und andere
interessierte Vereinigungen und Einzelpersonen
Forderungen der Leipziger Fltchtlinge aus allen Asylheimen
1. Allgemeine Arbeitserlaubnis ftr alle Fltchtlinge
Begrtndung: Dies ist die wichtigste Forderung, um die Menschenwtrde der
Fltchtlinge wiederherzustellen, deren Tagesablauf sich gegenwirtig auf
Essen und Schlafen beschrinkt. Die Erftllung dieser Forderung lust viele
andere Probleme der Fltchtlinge, die nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen
wiren, wenn die die Muglichkeit zur legalen Arbeit erhalten wtrden.
Aueerdem waren die Fltchtlinge nicht mehr zu unterbezahlter Schwarzarbeit
gezwungen.
2. Alle, die keine Arbeit finden, sollen Sozialhilfe gemie
Bundessozialhilfegesetz (wie Deutsche) erhalten. Diese Leistung soll in
Bargeld ausgezahlt werden. Keine Pakete oder Gemeinschafts- bzw.
Magazinverpflegung.
3. Verbesserung der Wohnbedingungen ftr alle Fltchtlinge: keine
eberbelegung der Heime, Renovierung der Zimmer, keine Unterbringung von
Ledigen und Familien bzw. alleinstehenden Frauen in einer Wohneinheit.
4. Abschaffung der Pflicht zum Aufenthalt in einer bestimmten Stadt oder
einem Landkreis ftr alle - Freiztgigkeit innerhalb der gesamten BRD.
5. Verbesserung der sozialen Situation: freie Arztwahl auch ftr Fltchtlinge
6. Fakultative kostenlose Deutschkurse ftr alle Fltchtlinge. Auch Kurse,
die der Integration dienen, sollen angeboten werden.
7. Da die Abschaffung der Heimunterbringung gegenwirtig unrealistisch
erscheint, fordern wir Asylheime, in denen nicht mehr als 30 Personen
untergebracht sind, um eine Konzentration von Fltchtlingen an bestimmten
Orten zu verhindern.
8. Alle Punkte beziehen sich auf Asylbewerber und Personen mit Duldung. Die
Unterscheidung zwischen Personen mit Duldung und Aufenthaltsgestattung ist
ungerechtfertigt.
Zur Durchsetzung dieser Forderungen hat sich ein Unterstttzungskreis
gegrtndet, bestehend aus Vertretern der Heimrite, von KAHINA e.V.,
Vertetern des Btroprojektes Bornaische 3D und der Landtagsabgeordneten
Heike Werner (PDS-Fraktion), die sich ftr die Rechte der Fltchtlinge
einsetzen. Dieser Kreis wird eventuelle Verhandlungen mit den stidtischen
und anderen Behurden im Namen der Fltchtlinge fthren, Pressearbeit
vornehmen und den Fltchtlingen die Infrastruktur zur Verftgung stellen.
Ebenfalls hat sich ein Rat, bestehend aus Vertretern vieler Heimrite aus
Leipziger Heimen und soclchen aus der niheren Umgebung gegrtndet. Dieser
wird die von den Fltchtlingen beschlossenen Aktivititen koordinieren.
Bisher sind folgende Aktivititen geplant:
Ab 03.07.2000 wird ein Streik gegentber Leistungen des Sozialamtes
stattfinden. Dieser wird sich erstrecken auf die Annahme des Taschengeldes
(80,-DM) und auf die Pakete sowie die Gemeinschafts- bzw.
Magazinverpflegung ("Sachleistungen"). Das Taschengeld ist ohnehin so
gering, dass der Verlust desselben die Fltchtlinge nicht mehr treffen kann.
Das Essen in den Paketen bzw. der Gemeinschaftsverpflegung ist mehrheitlich
kurz vor dem Verfallsdatum bzw. bereits dartber, so dass auch dieser Streik
die soziale Lage der Fltchtlinge kaum verschlechtern kann.
Am Donnerstag, dem 06.07.2000 um 15 Uhr wird eine Demonstration, an der
viele Fltchtlinge aus Leipzig und Umgebung teilnehmen werden sowie deutsche
UnterstttzerInnen, staatfinden. Diese wird auf dem Markt beginnen.
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[2.]
ebersetzung der Erklirung der Fltchtlinge auf der Pressekonferenz am
03.Juni 2000
Es wird gesagt: "Viele Fltchtlinge kommen nach Deutschland." Deutschland
ist nicht das einzige Land, das Fltchtlinge aufnimmt und auch nicht das
einzige Land, das Menschenrechte und Demokratie ftr sich in Anspruch nimmt.
Aber die Fltchtlinge in vielen Lindern leben in viel besseren Bedingungen
als hier, was damit begrtndet wird, dass in Deutschland so viele
Fltchtlinge leben wtrden und demzufolge keine mehr aufgenommen werden
kunnten. Das stimmt nicht. Es kunnen noch Fltchtlinge aufgenommen werden,
sogar die deutsche Regierung bringt welche ins Land: ktrzlich versprach
Aueenminister Fischer, 400 Suldner der Stdlibanesischen Armee in
Deutschland aufzunehmen als Hilfe ftr Israel. Ein weiterer Vorwand ftr die
schlechten Lebensbedingungen der Fltchtlinge hier ist das angebliche Fehlen
finanzieller Mittel. Auch dies stimmt nicht. Wenn die Fltchtlinge unter
normalen Bedingungen leben wtrden, wtrden sie tberhaupt nicht auf Geld vom
Staat angewiesen sein.
Und jetzt will ich ein einen eberblick dartber geben, wie fltchtlinge im
demokratischen Staat Deutschland, in dem die Menschenrechte beachtet
werden, leben:
Die politische Lage der Fltchtlinge
Die meisten Fltchtlinge bekommen eine sehr schnelle Ablehnung ihrer
Asylantrige, seien nun ihre Aussagen wahr oder falsch. Danach kunne sie
noch eine Klage beim Verwaltungsgericht anstrengen, was nocheinmal drei bis
vier Jahre in Anspruch nimmt. Der Ausgang der Verfahren ist ungewie. In
dieser langen Zeit leben die Menschen unter den schwierigsten Bedingungen.
Die wirtschaftliche Lage
Die Fltchtlinge bekommen im Monat 80,- DM Taschengeld. Dies ist eine sehr
geringe Summe, die nicht ftr die grundlegenden Bedtrfnisse eines Menschen
ausreicht, z.B. Fahrscheine ftr Straeenbahn/Bus (Monatskarten kosten 60,-
DM). Wenn jemand raucht und jeden Tag eine Schachtel Zigaretten benutigt,
die 5,- DM kostet, braucht er allein ftr Zigaretten ca. 150,- DM monatlich.
Ftr die Bezahlung eines Rechtsanwaltes wird ebenfalls Geld gebraucht.
Selbst wenn der RA Ratenzahlung zuliet, sind dies mindestens 100,- DM
monatlich. Auch ftr Telefonkosten benutigt man mehr als 80,- DM im Monat,
besonders wenn man ab und zu die Familie/Freunde zu Hause anrufen will. Wie
soll jemand all diese Ausgaben mit 80,- DM bestreiten? Dazu bekommt man
noch Kleidergutscheine tber 120 DM aller drei Monate, mit denen man nur in
bestimmten Liden einkaufen kann. Dies ist eine sehr geringe Menge, die
nicht ausreicht, um sich ordentlich zu kleiden.
Der Staat gibt ftr jeden Fltchtling 522 DM aus, davon sollen ca. 450 DM ftr
Lebensmittel und andere Gebrauchsgtter sein; in einigen Bundeslindern kann
man mit Gutscheinen tber diese Summen in bestimmten Geschiften einkaufen,
in manchen bekommt man Pakete oder kauft tber ein Punktesystem (siehe
Pressemappe) ein oder in sog. Magazinen (tberteuerte Geschifte). Viel von
diesem Essen ist kurz vor dem Verfallsdatum oder sogar schon abgelaufen.
Die Preise sind viel viel huher als in normalen Geschiften. Dies alles wird
nur getan, um auf die Fltchtlinge Druck auszutben und nicht, weil es etwa
eine wirtschaftliche Notwendigkeit sei.
In den Leipziger Asylheimen leben jeweils zwischen 150 und 200 Personen,
dies sind sehr groee Zahlen. Diese Konzentration von Menschen fthrt zu
rassistischen Stigmata unter der deutschen Bevulkerung und fthren aueerdem
zwangsliufig zu Gewaltausbrtchen und Krankheiten, die wiederum rassistische
Klischees bedienen.
Es woghnen z.B. in einem Heim in einem Zimmer, welches 2,5 x 2,5 m groe
ist, 4 Personen. In manchen Zimmern wohnen 6-7 Personen in alten Hiusern
mit alter Ausstattung. Dies ist ebenfalls eine sehr groee Zahl.
Der Zustand eines Menschen, der unter solche Bedingungen leben mue (er
wohnt nicht gut, iet nicht gut und hat kein Geld, kann nicht rauchen - kann
nichts machen), fthrt dazu, dass die Leute sehr viel "Freizeit" haben.
Aueerdem dtrfen sie auch nicht arbeiten, und wenn sie schwarz arbeiten und
dabei aufgegriffen werden, mtssen sie eine Geldstrafe.bezahlen. Daher
beginnt ein solcher Mensch tber illegale Dinge nachzudenken, um an Geld zu
kommen, dazu gehuren Diebstahl und Drogenhandel. Dies soll keine
Entschuldigung ftr Drogenhandel sein, aber eine Anklage gegen diejenigen,
die die Leute dazu bringen. Und wer dennoch im Heim bleiben will und sich
all den Bedingungen unterwirft, der lebt in einer Art offenem Vollzug und
beobachtet die Verbrechen der anderen. Und wenn er dann seine Rechte
einfordert, wird ihm gesagt, es sei nicht genug Geld da, das Boot sei voll.
Wir fordern von der deutschen Bevulkerung, bevor wir dies von der Regierung
forden, uns als Menschen zu betrachten: Mensch ist Mensch. Es gibt keinen
Unterschied zwischen Schwarz und Weie, zwischen diesem und jenem.
Die Lusung all dieser Probleme liegt in der Erftllung unserer Forderungen,
die da lauten:
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[3]
6.7.2000
Protest- und Forderungsschreiben der Fltchtlinge die in der Stadt Leipzig
und in Landkreisen Leipziger Land und Delitzsch leben
Wir die Fltchtlinge aus Afghanistan, Iran, Irak, dem geteilten Kurdistan,
Bosnien, Kosovo, Nigeria, Zaire, Palistina, Tunesien, ~thiopien, Sudan und
aus anderen Lindern fordern die verantwortlichen Behurden auf, folgendes
nicht aueer Acht zu lassen:
Wie Sie wissen, befinden wir uns seit mehr als einem Monat in einem
unbefristeten Hungerstreik. Die Verantwortlichen besonders das
Regierungsprisidium Leipzig hat uns gezwungen, unsere heutige Demonstration
durchzufthren. Wir freuen uns, dass an der Demonstration sich viele
Leipziger Btrger beteiligen. Die Politik der heutigen Regierung ist Folge
der unmenschlichen Politik der alten Regierung gegentber Fltchtlingen und
Immigranten. Hier werden die Werte des Menschenrechtes, der Europiischen
Menschenrechtsbeschltsse und der Genfer Fltchtlingskonvention vullig aueer
Acht gelassen. Besonders in Sachsen wird die Politik der sichsischen
Regierung auf brutale Art und Weise gegen die Fltchtlinge durchgesetzt.
Dies verletzt nicht nur unsere Wtrde, sondern auch gegen Grundwerte der
Menschlichkeit gerichtet ist.
Im _ 23 der UN-Menschenrechtscharta wird das Recht auf Arbeit ftr jeden
garantiert. Aber leider wird nicht nur uns das Recht auf Arbeit verweigert,
sondern die sichsische Regierung entscheidet, was wir Essen mtssen. Wenn
wir arbeiten dtrften, wtrde kein Bedtrfnis entstehen, gegen Fresspakete zu
demonstrieren.
In _13 dieses Beschlusses wird das recht auf Freiztgigkeit garantiert. Aber
wir dtrfen nicht bestimmte Gebiete, wo wir wohnen mtssen verlassen. Zum
Beispiel wenn ein Asylbewerber aus Leipzig nach Taucha fihrt macht er sich
strafbar. Wenn wir Antrige auf Besuch von Familienangehurigen, die an
anderen Orten in Deutschland leben, stellen, werden solche Antrige
grundsitzlich abgelehnt.
Im _ 25 dieses Beschlusses ist das Recht auf medizinische Betreuung,
Wohnung, Essen und Kleidung festgeschrieben . Besonders auch der Schutz des
Kindes wird garantiert. Wir erhalten aber leider in Sachsen medizinische
Betreuung nur in Notfillen. Weil wir monatlich 80.-DM als Taschengeld
erhalten, werden damit unsere Kinder die in Kindergarten und Schule gehen
benachteiligt. Wir kunnen weder Essengeld noch Schulsachen bezahlen.
Im _ 30 dieses Beschlusses ist festgelegt, dass jeder Staat verpflichtet
ist die Menschenrechtsbeschltsse nicht nur in Bezug auf die eigenen Btrger,
sondern auch in Bezug auf die in dem Land lebenden Auslinder auch
durchzusetzen. Die unmenschlichen gesetzlichen Bestimmungen, wie das
Auslindergesetz, das Asylverfahrens- und das Asylbewerberleistungsgesetzes
verstoeen gegen diese Menschenrechtsnormen.
In der Erginzung zum Asylbewerberleistungsgesetz, die am 1.6.1997 in Kraft
getreten ist, wurde gesetzlich die Zuteilung von Fresspaketen auf 3 Jahre
begrenzt. Deshalb wird diese erginzende Reglung ab 1.6.2000 wirkungslos. In
diesen 3 Jahren konnten wir die Lebensmittel per Bestellung oder in
Magazinen erhalten, die sich in den Asylheimen befinden. Diese Lebensmittel
sind sehr tberteuert. Tausende Mark werden damit von uns geklaut und in die
Tasche der profitierenden Firmen gewirtschaftet. Die neueste Entscheidung
des Regierungsprisidiums und der Stadt Leipzig, die am 5.7.2000 in der
Leipziger Volkszeitung veruffentlicht war, besteht darin das alle
Asylbewerber nur noch Pakete erhalten.
Wir haben keine Geduld mehr und wollen nicht mehr als Menschen 2. Klasse
betrachtet werden. Im Namen der Menschlichkeit und der Gleichberechtigung
aller Menschen fordern wir sie auf, sich daftr einzusetzen, dass die
ungtltige Erginzung des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht mehr
willktrlich durch Behurden angewandt wird.
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Ende
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