Amsterdam: (#3) Kalenderpanden-Info (Juristisches)
KEINE RAEUMUNG DER KALENDERPANDEN!
EAT THE RICH!!!
WENN'S SEIN MUSS: BURN AMSTERDAM!!!!!!
AKTIONSWOCHENENDE IN AMSTERDAM 29.9.-1.10.
EUROPAWEITE DEMO AM 1.10. (14 UHR: DAM)
RAEUMUNG VERHINDERN AB 2.10.
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Dok-Info #3 (Juristisches)
von: infocafe aachen 17.09.2000
mailto: infocafe-aachen@gmx.de
Teil Drei unseres Dok-Infos enthaelt "nur" Juristisches, also
Besonderheiten in der niederlaendischen Gesetzeslage, und ein paar Anmerkungen zum
Verhalten niederlaendischer Bullen. Die fuer diesen Letter angekuendigten
Ueberlegungen zur Demo und zu den Handlungsmoeglichkeiten bei einem
Raeumungsversuch reichen wir im naechsten Info nach.
Eine Korrektur zum Info #2 noch: Wir haben geschrieben, dass auf der
letzten Kalenderpanden-Demo im Januar ca. 50 Menschen aus Deutschland waren. Aus
Berlin sind wir mittlerweile darauf hingewiesen worden, dass alleine von
dort zwei Busse mit 60 Leuten in A'dam waren. Sorry, haben wir nicht
mitbekommen. Duerfen trotzdem diesmal mehr werden.
Inhalt:
1) Juristisches
2) die Bullen
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1) Juristisches
Eins vorweg: Das folgende ist natuerlich ausgesprochen theoretisch. Auch
in den Niederlanden scheren sich die Bullen und manche Untersuchungsrichter
gelegentlich einen Dreck um Gesetze.
Zum Aufenthalt in besetzten Haeusern
Wie bereits im ersten Info erwaehnt, sind Besetzungen unter bestimmten
Umstaenden voellig legal. Die Kalenderpanden erfuellen diese Umstaende. Nachdem
ein gerichtlicher Raeumungsbescheid ergangen ist, ist's mit der Legalitaet
allerdings vorbei. Nun laege ein "Hausfriedensbruch" vor. Da aber in der
Regel nur schwer nachzuweisen ist, dass mensch von einer Raeumungsaufforderung
wusste, wird auf Strafverfolgung in der Regel verzichtet. Davon kann
ausgegangen werden. Das schliesst aber nicht aus, das der Vorwurf des
"Hausfriedensbruch" mit anderen Vorwuerfen (z.B. Sachbeschaedigung, Aufforderung zu
Straftaten, Widerstand, Koerperverletzung) gepaart wird. Einer Festnahme sollte
mensch sich also, wenn es geht, entziehen - wie in Deutschland auch.
Was grundsaetzliches: Gemeinschaftlich begangene Straftaten kennt das
niederlaendische Gesetz zwar stellenweise auch, von solchen Konstruktionen wird
aber nur selten Gebrauch macht. Im Regelfall ist also ein Einzelverdacht
bzw. -nachweis noetig. Dafuer werden viel haeufiger als in Deutschland so
obskure Straftatbestaende wie "Aufforderung zu Straftaten" geahndet. Also: Keine
richtigen Parolen an der falschen Stelle...
Die fuer uns relevanten Gesetze entsprechen weitgehend denen in
Deutschland. Seit Sommer diesen Jahres gibt es auch ein dem deutschen entsprechendes
"Vorbeugegewahrsam" - darf aber maximal 24 Stunden dauern und muss plausibel
begruendet werden. Bei der Fussballeuropameisterschaft im Sommer, zu der die
neuen Paragraphen eingefuehrt worden sind, "reichte" es nicht, wie ein
Hooligan auszusehen, sondern mann musste schon mit anderen an entsprechenden
Orten "herumlungern".
Die juristischen Technix sind im Prinzip auch dieselben. Der EA heisst
"Arrestantengroep" [sprich: -chub], das Recht, ueber den Grund und die Dauer
einer Ingewahrsam- oder Festnahme unterrichtet zu werden und z.B. als Frau
nicht von einem Mann durchsucht zu werden, gibt's auch. Sollen sogar oefter
beachtet werden als in Deutschland ueblich. Maul halten und nix unterschreiben
gilt auch hier.
Unueblich sind Bullenkessel auf Demos und ueberhaupt die willkuerliche
Gleichbehandlung einer Personengruppe. Fast alle am Rande des EU-Gipfels 1997
in Gewahrsam genommenen DemonstrantInnen haben spaeter
Entschaedigungszahlungen zugesprochen bekommen.
Juristische Besonderheiten als "AuslaenderIn"
Vergleichbar der deutschen Realitaet werden auch in den Niederlanden
Nicht-Niederlaender gesondert behandelt. Bei einer Ingewahrsamnahme, auch dem
"harmlosen" Vorbeugegewahrsam, ist damit zu rechnen, der "Fremdenpolizei"
uebergeben zu werden. Die findet dann in Absprache mit dem Herkunftsland heraus,
wie weiter zu verfahren ist. Das kann eine Freilassung schon mal erheblich
rauszoegern und/oder mit der Abschiebung enden. Beim EU-Gipfel wurde dieses
Verfahren ausgiebig erprobt, indem die "auslaendischen" DemonstrantInnen in
lustigen Gruppenfahrten und -fluegen nachhause gebracht wurden. Fuer die
Deutschen hatte das einen laengeren Aufenthalt in BGS-Kasernen an der Grenze mit
ED-Behandlung etc. zur Folge. Konsequenz: In jedem Fall - und noch viel
mehr als ueblich - in den Bezugsgruppen aufeinander achten und unbedingt in
Kontakt mit der "arrestantengroep" bleiben, wenn jemand fehlt.
Ausweis dabei haben?
Der einzige grosse Unterschied zwischen Deutschland und den Niederlanden
ist, dass es in NL keine Verpflichtung gibt, den Personalausweis bei sich zu
tragen oder sich sonstwie auszuweisen. Das hat keine Folgen - und sie
duerfen deshalb auch niemanden bedeutend laenger festhalten. Die niederlaendischen
"arrestantengroepen" empfehlen deshalb dringend, NIE einen Personalausweis
auf Demos und bei Aktionen dabeizuhaben und auch keinerlei Angaben zu den
Personalien zu machen. Wir sehen das nicht ganz unkritisch. Die potentiellen
Vorteile liegen auf der Hand. Fuer Deutsche in den Niederlanden gibt es aber
einen handfesten Nachteil: Wer der Moeglichkeit einer Abschiebung entgehen
will (der BGS WIRD die Identitaet heruasfinden), sollte - soweit er/sie nicht
perfekt Niederlaendisch spricht - waehrend des gesamten Aufenthalts bei den
Bullen kein Wort reden. Ausserdem auch keinerlei Hinweis auf die
nicht-niederlaendische Herkunft bei sich tragen (keine deutschen Telefonkarten z.B.).
Das, glauben wir, kann sehr stressig sein. Mit Beharren auf den Rechten und
aehnlichem ist dann nix, "EA" anrufen sowieso nicht. Wir wollen kein
endgueltiges Urteil abgeben, was nun besser ist. Zieht die Moeglichkeit, ohne Perso
unterwegs zu sein, ruhig in Betracht, aber vergesst die moeglichen
Nachteile nicht.
Gewahrsams-/U-Haft-Dauer
- - einfache Ingewahrsamnahme wg. Verdacht oder zur Personalienfeststellung
max. 6 Std. (die Zeit zwischen 0 und 9 Uhr zaehlt allerdings nicht mit) -
ohne Personalienangabe plus nochmal 6 Std
- - begruendetes "Vorbeugegewahrsam" bzw. "Gefahrenabwehr" max. 24 Std. -
das Gesetz ist noch weitgehend unerprobt, nach Lust&Laune ruhig heftig mit
Klage drohen
ACHTUNG! In diesen ersten 6 bzw. 12 bzw. 24 Stunden gibt es kein Recht auf
ein Telefongespraech!
- - die 6/12/24 Stunden kann ein Staatsanwalt ("officier van justitie") auf
drei Tage verlaengern - jetzt gibt's das Recht auf ein Telefongespraech -
keinesfalls einen Pflichtverteidiger ("piketadvokaat") akzeptieren!
- - nach drei Tagen kommt der Untersuchungsrichter ins Spiel und kann U-Haft
verhaengen, zuerst fuer maximal 10 Tage, dann dreimal fuer 30 Tage - mehr
nicht... - bei den Richterterminen hat dein Anwalt dabeizusein - drauf
beharren!
Sprachprobleme
Die Bullen werden kaum so nett sein, fuer unsereins eineN DolmetscherIn
herbeizuschaffen. Eins der groessten Probleme in einer Festnahmesituation ist
sicher die Sprachbarriere. Es kann schon sehr unangenehm sein, nicht
mitzukriegen, was um eineN herum abgeht und sich moeglicherweise nicht Luft machen
zu koennen. Darauf sollte mensch sich vorbereiten, aber vor allem ist es ein
Grund mehr, sich die Bullen vom Leib zu halten.
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2) die Bullen in den Niederlanden
...sind auch Bullen! Es gibt - wie in Deutschland - "normale"
Uniformierte, Sondereinheiten und Zivis ("stillen" bzw. "agenten in burger"). Die beiden
erstgenannten lassen sich wie gehabt unterscheiden, die Zivis in den
Niederlanden tragen relativ selten Schnurrbaerte!
Einen entscheidenden Unterschied haben wir schon oefters festgestellt.
Niederlaendische Bullen treten "selbstbestimmter" auf als deutsche. Das ist im
Alltag ganz nett, weil's irgendwie menschlicher wirkt. Auf Demos und
vermutlich auch bei Raeumungen hat es aber auch einen Nachteil: Sie benutzen ihren
Schlagstock, wenn sie es fuer noetig halten und nicht, wenn es ihnen gesagt
wird. Ihr individuelles Verhalten ist durchaus flexibler als hierzulande,
mensch sollte sich geistig von den ueblicherweise statischen Situationen
gegenueber deutschen Bullen loesen und auf spontanes Verhalten einstellen, vor
allem in unuebersichtlichen Situationen. Ausserdem sind sie erheblich
schwieriger zu verunsichern als deutsche. Andererseits gucken sie meistens nicht
grundlos boese.
...ist echt schwer zu beschreiben. Kurz gesagt: Niederlaendische Bullen
sind unkalkulierbarer als deutsche. Dafuer im Gegenzug weniger brutal.
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3) Anmerkung
Das juristische ist furchtbar theoretisch. Wir finden es bei Aktionen in
den Niederlanden besonders wichtig, sich auf die Situation, "AuslaenderIn" zu
sein, einzustellen und Bullenstress moeglichst zu vermeiden. Das ist im
Umfeld einer geplanten Haeuserraeumung gar nicht so einfach. Deshalb moechten
wir den jeweiligen Bezugsgruppen nahelegen, diesen Faktor nicht auf die
leichte Schulter zu nehmen und sich entsprechend vorzubereiten. Das kann auch
heissen, bei Bedenken etwas kuerzer zu treten. Es wird eine Menge
Moeglichkeiten geben, sich sinnvoll einzubringen, ohne zwingend "in der ersten Reihe" zu
stehen. Aber dazu mehr im naexten Letter...
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Dok-Info #4 ... kommt am Mittwoch oder so.
dann:
- - Ueberlegungen zur Demo
- - Aktionsoptionen bei einem Raeumungsversuch
- - kleiner A'dam-Guide (Anreise & Aufenthalt)
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