Aachen: Drohende Abschiebung von Hüseyin Calhan (exponierter kurdischer Sprecher des Wanderkirchenasyls)
Information und Protestfaxaufruf gegen die drohende Abschiebung von Hüseyin
Calhan, (exponierter kurdischer Sprecher des Wanderkirchenasyls).
Aachener Behörden bekennen Farbe:
"Engagiertes Nein gegen Rassismus" heißt engagierte Einleitung
der Abschiebung von Hüseyin Calhan.
Noch während sich der Sprecher des BGS Aachens im Rahmen einer
Veranstaltung der Aachener Zeitung "Farbe bekennen -- Keine Chance den
Rassisten" als Menschenfreund im Aachener Bahnhof positionierte, wurde der
kurdische Flüchtling Hüseyin Calhan von eben diesem Bundesgrenzschutz angehalten,
kontrolliert und festgenommen. Calhan, der seit längerer Zeit illegal und
im Kirchenasyl in Deutschland lebt, verbrachte die Nacht in Gewahrsam des
Polizeipräsidiums Aachen. Die Stadt Aachen/Ausländeramt beantragte gegen ihn am
Vormittag des 28.9. die Abschiebehaft, so daß Hüseyin Calhan noch am
gleichen Tag dem Haftrichter vorgeführt wurde. Schwerbewacht, mit Blaulicht und
Begleitfahrzeug wurde der Gefangenentransport in die Haftanstalt Büren
vollzogen. Weder Angehörige, noch Freunde, Unterstützer und Kirchenvertreter
erhielten am Tag nach der Verhaftung Gelegenheit, mit Calhan zu sprechen. Die
Aachener Behörden verweigerten nahezu gänzlich die Auskunft über den aktuellen
Verbleib und die Verfahrenweise mit Herrn Calhan. Ein Sprecher des
Amtsgericht Aachen erklärte noch innerhalb des Gerichtsgebäudes den
Abschiebehaftbeschluß, während Calhan bereits mit Blaulicht über Rote Ampeln hinweg in die
Abschiebehaftanstalt bei Büren/Westfalen überführt wurde.
Vertreter aller dieser Behörden erklärten noch am Vortag gemeinsam mit
Hüseyin Calhan "ein engagiertes 'Nein' zu Rassismus";
namentlich in der AZ vom 28.8. veröffentlicht: Oberbürgermeister Jürgen
Linden, Polizeipräsident Heinrich Bönninghaus, Carsten Westerkamp
(Bundesgrenzschutz). In voller bewußter politischer Verantwortung liefern sie Hüseyin
Calhan mit der drohenden Abschiebung in die Hände seiner Folterer in der Türkei
aus. Im Namen des Volkes: "Ermessensspielräume seien in diesen Fällen
für Richter nicht vorhanden, selbst in dem Fall nicht, wenn Folter und Tod
drohten" (Gerichtsprecher Dietmar Dumke nach AN, 29.09.00).
Die drohende Abschiebung paßt sich ein in die direkte Anordnung des
Innenministeriums an die Ausländerbehörden in NRW, Aufenthaltsbeendende Maßnahmen
gegen die Teilnehmer des Wanderkirchenasyls NRW einzuleiten.
In vielen Demonstrationen und öffentlichen Veranstaltungen gerade im Jahr
2000 exponierte er sich als Vertreter der kurdischen Flüchtlinge bei
bedeutenden Demonstrationen und öffentlichen Veranstaltungen, so unter vielen
(siehe zur Person) gegen die Leopard II Lieferung vor den Werktoren der
Panzerfabrik Krauss Maffai Wegman in Kassel mit dem Redebeitrag des
Wanderkirchenasyls. In zahlreichen deutschen und türkischen Medien sind Bild und Name von
Hüseyin Calhan erwähnt.
Alleine die Teilnahme am Wanderkirchenasyl gilt in der Türkei schon als
von der PKK inzenierte Aktion, die entsprechend verfolgt und geahndet wird.
Erst im Januar diesen Jahres wurde der abgeschobene Teilnehmer Yusuf Demir von
den türksichen Sicherheitsbehörden massiv mißhandelt und dabei unter
Vorlage von Bildern insbesondere nach Namen von Akteuren und Initiatoren des
Wanderkirchenasyls befragt. Auch der korrigierte Lagebericht des Auswärtigen
Amtes beschreibt an verschiedenen Fällen die Gefährdungspotentiale für
abgeschobene Flüchtlinge in der Türkei. Er folgt damit zumindest ansatzweise den
dauerhaften Darstellungen von Menschenrechtsorganisationen über anhaltende
Folterungen, Mißhandlungen, extralegale Hinrichtungen und anderen massiven
Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Er schließt wegen des Beispiels Yusuf
Demir insbesondere die Verfolgung von TeilnehmerInnen des Wanderkirchenasyls
nicht aus. Vor diesem Hintergrund ist das Bedrohungspotential für Hüseyin
Calhan als exponierter Vertreter des Wanderkirchenasyls im Falle seiner
Abschiebung unvorstellbar hoch.
Im Falle von Abschiebung muß Herr Calhan von schweren
Menschenrechtsverletzungen und Folter ausgehen. Nähere Informationen zur Person Hüseyin Calhans
siehe Rückseite
Flüchtlingsplenum Aachen, Charlottenstr. 6. 52070 Aachen
Oberbürgermeister Aachen Dr. J. Linden 0241 432 8008
Ordnungsdezernent Dr. F. Erlenkämper 0241 432 7438
Ordnungs- und Ausländeramt F.J. Wüller 0241 432 3208
Innenminister Dr. Behrens 0211 871 3355
Hüseyin Calhan darf nicht abgeschoben werden:
Protest- Faxaufruf
Hüseyin Calhan ist im Falle seiner Abschiebung extrem gefährdet. Der 27
jährige Kurde aus Pazarcik wurde in der Türkei mehrfach unter dem Vorwurf der
PKK-Zuarbeit mißhandelt und gefoltert. Sein Versuch, sich dem Militärdienst
zu entziehen mißlang. Nach der zwangsweisen Einziehung zum Militär wurde er
auch wegen kriegskritischer Kommentare nahezu dauerhaft geschlagen und
verprügelt. Seiner Weigerung, sich als Dorfschützer (Spitzel) gegen die Guerilla
zu betätigen, folgten weitere Mißhandlungen, Hausdurchsuchungen, und
Einrichtungszerstörungen. Hüseyin Calhan floh zunächst aus seinem Dorf. Wegen
Plakatierens für die PKK wird er von der Polizei namentlich gesucht und flieht
letzlich im Okt. 1995 aus der Türkei nach Deutschland, wo er Asyl beantragt.
Calhans Asylantrag wurde abgelehnt, weil ihm seine Darstellung nicht geglaubt
wurde. Auch ein Folgeverfahren verlief negativ. In diesem erklären Zeugen,
daß Calhans Eltern bei einer Hausdurchsuchung nach dem Verbleib der beiden
Söhne befragt und dabei von türkischen Behörden mißhandelt wurden.
Während der Unruhen um die Verhaftung von PKK-Vorsitzenden Öcalans im
Februar 1999 erfuhr Calhan, daß mehrere Guerilla-kämpfer und PKK-Symphatisanten
nach ihrer Inhaftierung in der Türkei belastende Aussagen gegen ihn gemacht
haben.
Gerade auch innerhalb seiner Teilnahme am Wanderkirchenasyl entfaltete
Calhan eine Reihe exilpolitischer Aktivitäten mit vielfältigster Medienresonanz
in kurdisch/türkischen und hiesigen Tageszeitungen: Eine kleine Auswahl:
22.1. 2000 Jahrestag des Wanderkirchenasyl - Demonstration Düsseldorf.
Hüseyin Calhans hält eine Rede als der Sprecher der Flüchtlinge im WKA.
23.1. 2000 Artikel auf der ersten Seite der als PKK-Zeitung beschimpften
Özgür Politika: Titel "Mülteciler icin yürüyüs" (Demonstration
für die Flüchtlinge), darin u.a. namentlich gekennzeichnetes Zitat von Hüseyin
Calhan: "Wir alle möchten bestimmt in unser eigenes Heimatland
zurückkehren und leben. Aber es ist notwendig, daß man in diesem Heimatland leben
kann. In dieser Hinsicht ist das Freiheitsprojekt, das von der PKK
entwickelt wurde, eine Möglichkeit".
Die exilpolitischen Positionierungen von Hüseyin Calhan als Sprecher des
Wanderkirchenasyls sind kontinuierlich fortgesetzt worden:
1. 4. 2000 Kreuzweg des Wanderkirchenasyls "Menschen auf der Flucht
- eine Reise wie keine andere" in Düsseldorf: Hüsseyin Calhan tritt
für die Flüchtlinge im WKA auf. Namentliche Erwähnung des Auftritts von
Hüseyin Calhan in deutschen und kurdischen Tageszeitungen. Abdruck der Rede im
Internet abrufbar ( http://www.stadtrevue.de/kmii).
3.4. 2000: Protestaktion des Wanderkirchenasyls gegen die umstrittenen
Leopard Panzerlieferungen der BRD an die Türkei vor den Toren der Panzerfabrik
Krauß Maffai Wegmann in Kassel, bei der Hüseyin Calhan als der Redner für
die Flüchtlinge im Wanderkirchenasyl auftritt. Vielfältige Erwähnung in
Medien; u.a. wird die Protestaktion in RTL- Nachrichten und Hessen III erwähnt.
Redebeiträge wie Fotos der Teilnehmer sind via internet recherchierbar und
abrufbar, insbesondere auch Bild und Namensnennung von Hüseyin Calhan's
Auftreten.
21.-30-4. 2000: Bundesweiter Flüchtlingskongreß "unite against
deportation", organisiert von der "Karawane für die Rechte der
Flüchtlinge und MigrantInnen" und "The Voice Jena".
Auf diesem Kongreß von Flüchtlingsgruppen zu Fluchtursachen in
Herkunftsländern und zur Situation in Aufnahmeländern tritt Hüseyin Calhan in
verschiedenen Symposien/Arbeitskreisen als der Sprecher des Wanderkirchenasyls mit
Türkei- und asylkritischen Beiträgen auf. Namentliche Erwähnung seiner
Beiträge unter anderem im internet auf den Seiten http://www.nadir.org/congress
21. Mai 2000: bundesweite Protestdemonstration Power durch die Mauer - Weg
mit allen Abschiebeknästen vor der Abschiebehaftanstalt Büren. Hüseyin
Calhan hält seine Rede aufgrund angekündigter Polizeikontrollen nicht
persönlich. Ein Unterstützer hält die Rede in Hüseyins Namen. Auszug:
"Otto Schily gibt an, daß in der Türkei der Krieg zu Ende ist und
versucht das Asylrecht ganz abzuschaffen. Er will nicht wahrhaben, daß in der
Türkei systematisch gefoltert wird, Leute während der Untersuchungshaft
verloren gehen, Menschen mit dem Polizeischlagstock vergewaltigt werden,
HADEP-Abgeordnete und Bürgermeister in Polizeistationen gefoltert werden. Die
Probleme sind noch die gleichen. In der Türkei hat sich nichts geändert.
Ist das für Sie Demokratie Herr Schily? Heute werden Asylbewerber, die in
die Türkei zurückgeschickt werden, erst festgenommen und dann gefoltert.
Manche überleben die Schikanen nicht. Uns erwartet das gleiche Schicksal, wenn
wir ausgewiesen werden. Wir wollen gerne in unserer Heimat bleiben, arbeiten
und leben. Aber diese Heimat sollte erst für uns Kurden sicher werden. Dann
werden wir Kurden ohne eure Flugzeuge und Polizei freiwillig zurückgehen.
Wir Kurden sind keine Terroristen, wir sind Menschen; wir wollen genau wie
Ihr auf dieser vergänglichen Welt weiterleben, unsere eigene Sprache sprechen
dürfen."
26. August 2000: Protestaktion von Wanderkirchenasyl und Verein Aachener
Friedenspreis "Gefangen in der Unmenschlichkeit - wir brechen
auf" in Aachen zur Friedenspreisvergabe (September 1999). Auftritt Hüseyin
Calhan's als Hauptdarsteller in einem asyl- und türkeikritischem
Theaterstück. Berichte in verschiedenen Medien, u.a junge welt, Aachener Nachrichten,
Aachener Zeitung, WDR- Fernsehen.
Parallel verschiedene namentliche Radio-Intervews in Aachener Lokalsendern
im Zeitraum 2000.
Internet: Mit Standard-Suchprogrammen sind die türkei- und asylkritischen
Reden und Beiträge von Hüseyin Calhan gezielt abrufbar. Sie sind
insbesondere abrufbar auf den Seiten der Informationstelle Kurdistan.
( http://www.nadir/nadir.org/initiativ/isku) und der von 'kein mensch ist illegal'
Köln (http:// www.stadtrevue.de/kmii).
- Für die sofortige Freilassung von Hüseyin Calhan, Halil Arslan und ein
dauerhaftes Bleiberecht für alle Flüchtlinge insbesondere im
Wanderkirchenasyl!
- Für einen Abschiebestopp in die Türkei und andere Folterstaaten
- Gegen Abschiebungen und Abschiebehaft generell!
- Für eine Welt ohne Rassismus!
- Kein Mensch ist illegal!
--
Fluechtlingsplenum Aachen
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