Frankfurt/ Main: "Wann folgt der nächste Todesflug der Lufthansa?"
kein mensch ist illegal
Rhein-Main
Tel. 0172-6688454
Pressemitteilung 16.11.2000
zur "Presse- und Analysten-Konferenz" der Lufthansa AG
am 15. November 2000 auf dem Frankfurter Flughafen
"Wann folgt der nächste Todesflug der Lufthansa?"
AktivistInnen von "kein mensch ist illegal" konfrontierten die Lufthansa
AG bei ihrer gestrigen Pressekonferenz auf dem Frankfurter Flughafen
erneut mit Fragen zur Behandlung von "Deportees"
Mit einem Transparent: "LH-588 FRA-Khartum - Wann folgt der nächste
Todesflug der Lufthansa?" betrat eine Handvoll AbschiebegegnerInnen
gestern den Ort der halbjährlich von Lufthansa durchgeführten
Pressekonferenz. Nachdem die TransparentträgerInnen vom ruppig
auftretenden Sicherheitsdienst aus dem Saal gedrängt waren, plazierten
sie sich gut sichtbar vor dem Eingang und verteilten ihre eigene
Presseerklärung an die JournalistInnen. Darin wird der Lufthansa
vorgeworfen, offenbar wieder Abschiebungen von Flüchtlingen auch gegen
deren Widerstand zuzulassen. Und dies genau mit dem Linienflug LH-588,
auf dem 1999 der sudanesische Asylbewerber Aamir Ageeb bei einem
Abschiebeversuch ums Leben kam. Beschrieben wurde dies am Beispiel eines
Sudanesen, der am 3. November mit Handfesseln und BGS-Begleitung in die
Maschine nach Khartum gebracht und trotz lautstarken Protests
abgeschoben worden sei, ohne daß der verantwortliche Flugzeugführer
eingegriffen habe.
Während draußen vor der Tür der Lufthansa-Sicherheitsdienst erfolglos
versuchte, die anwachsende Schar von Polizeibeamten davon zu überzeugen,
daß die AbschiebegegnerInnen mit ihrer Minidemonstration strafbare
Handlungen begingen, konnten weitere Mitglieder der Gruppe das Geschehen
im Saal verfolgen.
In seiner halbstündigen Bilanzrede verlor der Vorstandsvorsitzende
Jürgen Weber erwartungsgemäß kein Wort zur Frage der Abschiebungen.
Nachdem auch Finanzchef Kley sein Statement abgegeben hatte, durften
Fragen gestellt werden. Ein Sprecher von "kein mensch ist illegal" hielt
Weber vor, daß in der jetzigen Zeit, in der doch alle die Toleranz
gegenüber Ausländerinnen beschwörten, auch Lufthansa hätte ein gutes
Zeichen setzen können, in dem sie Schluß mache mit den Abschiebungen.
Als direkte Frage folgte, wie denn der Stand der Verhandlungen mit dem
Innenministerium aussehe bezüglich der Entbindung von der sogenannten
Beförderungspflicht. Und ob die Tatsache, daß erneut Abschiebungen gegen
den Widerstand der Betroffenen in Lufthansamaschinen durchgeführt
würden, darauf schließen lasse, daß auch wieder, wie im Falle Ageeb im
vergangenen Jahr, Tote riskiert würden.
Weber erwiderte zunächst, daß er sich im Umgang mit ausländischen
Menschen nichts erzählen lasse, denn schließlich seien bei Lufthansa
doch viele Leute aus anderen Ländern beschäftigt, es sei geradezu eine
multikulturelle Personalzusammensetzung. Bezüglich der Abschiebungen
bleibe es beim Gesagten: "gegen den Willen" des Betroffenen werde nicht
abgeschoben.
Auf die Verhandlungen mit dem Bundesinnenministerium ging Weber nicht
ein, erst auf die wiederholte Forderung nach einer Antwort auf diese
konkrete Frage erwiderte er nach spürbarem Zögern, hierzu wolle er sich
zur Zeit nicht äußern.
Anlage:
Text der Presseerklärung v. 15.11.2000
deportation.class stop!
http://www.deportation-alliance.com
»kein mensch ist illegal«
Rhein-Main
Telefon 0172-6688454
Pressemitteilung anläßlich der Pressekonferenz der Lufthansa am
15.11.2000
LH-588 Frankfurt -Khartum:
Wann folgt der nächste Todesflug in der Lufthansa Deportation Class?
Lufthansa belügt die Öffentlichkeit! Auf der Aktionärsversammlung im
Juni diesen Jahres in Berlin hatte Vorstandsvorsitzender Jürgen Weber
höchstpersönlich behauptet, Abzuschiebende würden nicht mehr gegen ihren
Widerstand mit LH-Maschinen transportiert. Noch Ende August betonte die
LH-Pressesprecherin Monika Göbel, "wenn der Abzuschiebende sich wehrt
oder so etwas ankündigt", verweigere Lufthansa die Mitnahme.
Wie sich nun erneut herausstellt, entspricht dies nicht den Tatsachen.
Am Freitag, dem 3.11.2000, wurde der sudanesische Flüchtling Yagoop Adam
Abdel Shafee mit dem Lufthansaflug LH-588 abgeschoben. Nach
Informationen von Alaeldin Agha, dem Vorsitzenden der sudanesischen
Menschenrechtsorganisation (SMRO), der noch unmittelbar vor dem Abflug
mit Yagoop Shafee telefonierte, wurde dieser gefesselt und in Begleitung
von zwei Bundesgrenzschützern zum Flugzeug gebracht. Auch im Flugzeug
hatte Herr Shafee lautstark und eindeutig gegen seine Abschiebung
protestiert.
LH-588 - unter derselben Flugnummer war im Mai vergangenen Jahres Aamir
Ageeb bei seiner Abschiebung in den Sudan getötet worden. Er war
ebenfalls gefesselt, ihm war ein Motorradhelm auf den Kopf gesetzt
worden und drei BGS-Beamte drückten ihn beim Start des Flugzeugs auf den
Boden, bis er erstickte.
Vor dem Hintergrund dieses Vorfalls und unter dem Eindruck einer von der
Initiative "kein mensch ist illegal" gestarteten Kampagne gegen die
"Deportation Class" hatte Lufthansa im April erstmals bekanntgegeben,
sogenannte Deportees nicht mehr zu transportieren, wenn diese sich
wehren.
Zudem kommen mittlerweile immer mehr Rechtswissenschaftler zum Schluß,
daß der Pilot und damit auch die Fluggesellschaft für die Folgen von
Zwangsanwendungen bei Abschiebungen voll verantwortlich sind. Jürgen
Weber hatte im Juni auf der Aktionärsversammlung gar behauptet, er würde
mit dem Bundesinnenministerium darüber verhandeln, wie Lufthansa
gänzlich aus den Zwangstransporten aussteigen könne.
Umso skandalöser erscheint nun die Tatsache, daß Lufthansa sich erneut
zum willfährigen Helfer von Abschiebungen macht, die gegen den
Widerstand der Betroffenen und unter Anwendung aller Gewaltmittel
durchgesetzt werden. Lufthansa nimmt augenscheinlich in Kauf, daß erneut
Menschen in Lufthansamaschinen zu Tode gebracht werden.
Die Initiative "kein mensch ist illegal" protestiert in aller Schärfe
gegen die brutale Abschiebepraxis und kündigt an, die Kampagne gegen die
"Deportation Class" zu verschärfen.
Weitere Informationen zur Abschiebung von Herrn Shafee über Herrn Agha
von der Sudanesischen Menschenrechtsorganisation(SMRO) in Frankfurt,
Tel.: 0171/223741
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