Aachen: Antirassist in erster Instanz verurteilt
Vor dem Amtsgericht Aachen ist heute ein Antirassist wegen
?Sachbeschaedigung" zu einer Geldstrafe von 600,- DM verurteilt worden.
Am 15. April 2000 war Juergen Ruettgers in Aachen, um dort seine
rassistische ?Kinder statt Inder" - Kampagne vorzustellen. Ca. 40 AntirassistInnen
fuehrten eine Protestkundgebung durch. Dem Angeklagten war vorgeworfen worden,
am Rande dieser Proteste zwei Reifen eines CDU-Wahlwerbetransporters
zerstochen zu haben.
Die Beweisaufnahme, unterem anderen die Vernehmung von drei Polizisten des
Bundeskriminalamts, ergab keine hinreichenden Indizien auf eine
Tatbeteiligung des Angeklagten, geschweige denn ueberhaupt auf eine Tat. Strittig blieb
naemlich, ob es an diesem Tag tatsaechlich beschaedigte Reifen gab!
Die Anklage stuetzte sich im wesentlichen auf die Aussagen von zwei
BKA-Beamten. Einer will gesehen haben, wie der Angeklagte sich hinter (!) dem
Transporter an den Reifen zu schaffen machte, was - wie Fotos aus der
entsprechenden Sichtperspektive belegen - kaum moeglich ist. Ein anderer will gesehen
haben, wie der Angeklagte einen ?Milchdosenoeffner" von sich geworfen hat.
Hierzu fuehrte ein weiterer (oertlicher) Polizeizeuge allerdings aus, dass
dieses ?Tatwerkzeug" inmitten einer Personengruppe auf dem Boden gelegen habe.
Von den angeblichen Beschaedigungen der Reifen war auf entsprechenden
Fotos nichts zu sehen. Der BKA-Beamte, der schon das ?Tatwerkzeug" eindeutig
dem Angeklagten zuordnen zu koennen vorgab, faselte von einem ?Speicheltest,
der auf ein kleines, sich gleich wieder verschliessendes Loechlein hinwies".
Alles in allem waren es diese fragwuerdigen Indizien, von zahlreichen
weiteren Widerspruechen in den Zeugenvernehmungen mal abgesehen, die bei
objektiver Betrachtung zu einem Freispruch haetten fuehren muessen.
Die Richterin schloss sich aber offenbar der Zeugen-Mentalitaet an: ?Wer
es wagt, gegen die CDU zu demonstrieren, und dazu noch bunte Haare hat, muss
wohl kriminell sein.? (Der Angeklagte in seinem Schlusswort)
Auffaellig war noch, dass sie ansonsten die politische Dimension des
Prozessgegenstandes ignorierte und damit auch keinen Raum fuer weitere Fragen
liess. So darf sich der Autoverleih Mahr & Soehne GmbH in Aachen nun ueber zwei
nigelnagelneue Autoreifen freuen. Vertreter dieser Firma in einer
parallelen Zivilklage - das nur am Rande - ist uebrigens der Aachener CDU-Vorsitzende
Rechtsanwalt Rolf Einmahl...!
Wohl um ihr Gewissen ein wenig zu beruhigen, reduzierte die Richterin im
Urteil die von der Staatsanwaltschaft geforderte Geldstrafe von 40 auf 30
Tagessaetze.
In seinem Schlusswort rief der Angeklagte unter dem Beifall der
BesucherInnen zu weiterem Widerstand gegen die rassistische Hetze der CDU auf. ?Ich
wuensche mir, dass irgendwann nicht mehr die DemonstrantInnen, sondern die
Hetzer der CDU hier auf der Anklagebank sitzen". Am Rande des Prozesses wurden
Protestpostkarten gegen die aktuelle, rassistische Idee der CDU verteilt.
Wortlaut: ?Wenn die Aachener CDU sich an der von Herrn Merz vorgeschlagenen
rassistischen Kampagne zum naechsten Bundestagswahlkampf beteiligt, kuendige
ich hiermit meinen aktiven Protest an."
Fachschaft Philosophie Aachen, 16.11.2000
P.S. Der nunmehr Verurteilte hat angekuendigt, Rechtsmittel gegen dieses
Urteil einzulegen. Da aber auch in einer Berufung - wie der heutige Tag
lehrt: im Zweifel gegen den Angeklagten - die Gefahr einer Verurteilung besteht,
steigt damit auch das finanzielle Risiko. Bereits jetzt ist alles in allem -
Geldstrafe, Prozess- und Anwaltskosten, sowie moeglicherweise die
Reifenrechnung im parallelen Zivilprozess - von mindestens 2500,- DM Unkosten
auszugehen. Das weitere Vorgehen des Angeklagten ist demnach von finanzieller
Unterstuetzung abhaengig. Auch viele kleine Betraege helfen natuerlich weiter.
Wir sammeln Spenden auf unserem Konto:
Fachschaft Philosophie, Konto 30 98 506 bei der Sparkasse Aachen, BLZ 390
500 00, Verwendungszweck ?Ruettgers"
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