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Schwerin: Solidarität ist unsere schönste Waffe!

Solidarität ist unsere schönste Waffe!
(aktueller stand der repressionen in schwerin)

In der Nacht vom 29.09. auf den 30.09.2000 wurde im Schweriner Neubaughetto
Großer Dreesch eine Gruppe Punks von drei Neonazis angegriffen. Während die
Betroffenen diesen Angriff abwehrten, traf die Bereitschaftspolizei am Ort
des Geschehens ein und verhaftete den Punk Matthias gewaltsam. Ihm wurden
mit einem Schlagstock einige Zähne rausgeschlagen! Die Nazis durften
hingegen unbehelligt abziehen. Diese "Form der Schlichtung einer
Auseinandersetzung", wie es die Polizei im Nachhinein nannte, blieb nicht
unbemerkt. Immer mehr Menschen kamen von einem nahegelegenen Konzert und
stellten sich den Beamten in den Weg. Es entwickelte sich eine
Straßenschlacht mit etwa 40 Beteiligten auf beiden Seiten, in deren Verlauf
zwei Einsatzfahrzeuge zur Reparatur und zwei Polizisten wegen
Gehirnerschütterung und Nasenbruch ins Krankenhaus geschickt wurden.

Im Verlauf der Riots und auch dannach kam es zu 16 Verhaftungen, die von
absoluter Rigorosität und Brutalität geprägt waren. Mit Schlägen und Tritten
wurden angebliche "Randalierer" abgeführt. Unter ihnen befanden sich auch
völlig Unbeteiligte, die man nur aufgrund ihres links- alternativen Äußeren
bzw. des Fehlens eines Personalausweises in Gewahrsam nahm.
Die darauffolgenden Stunden verbrachten die Gefangenen mit Handfesseln auf
etwa 60 x 80 cm großem Raum in einem Zellenbus. Einige der Betroffenen
wurden dort fast zwei Tage eingesperrt. Sie bekamen weder etwas zu essen und
zu trinken, noch ließ man sie auf Toilette gehen. Stattdessen waren die
Häftlinge schwersten psychischen und physischen Mißhandlungen ausgesetzt.
Nasenbrüche, (Rippen)Prellungen und Hämatome sind nur die offensichtlichsten
Folgen der polizeilichen Gewaltexzesse.

Nach den Verhören wurden vier Menschen dem Haftrichter vorgeführt, während
man alle anderen Beschuldigten unter Meldeauflagen entließ. Das Gericht
bestätigte allerdings nur zwei Haftbefehle, indem es den Betroffenen, René
und Matthias, Fluchtgefahr unterstellte. Ein festes soziales Umfeld in
beiden Fällen liefen der richterlichen Entscheidung nicht zu wider.
Ebenfalls muß der Vorwurf der "Rädelsführerschaft", dessen sich die
Betroffenen in den Augen von Polizei und Staatsanwaltschaft schuldig gemacht
haben, als unhaltbar zurückgewiesen werden, weil sich sowohl René als auch
Matthias (s.o.) bereits vor der eigentlichen Straßenschlacht in Haft
befanden.

Die beiden Gefangenen wurden aufgrund eines mündlichen
Haftprüfungsverfahrens nach zwei Wochen entlassen. Zeitgleich erwuchsen die
skandalösen Umstände, die diese Inahftierungen erst möglich gemacht haben,
zu einem bestimmenden Thema der öffentlichen Auseinandersetzung in Schwerin.
Durch eine ungewohnt kritische Berichterstattung lokaler Medien, sowie der
Initiative des Bundesverbandes zum Schutz vor Rechtsmissbrauch (BSR),
diverser Parteien und autonomer Gruppen, galt bei den Verfolgungsbehörden
Erklärungsnotstand.

Neue "Ermittlungsergebnisse" sollten über die zahlreichen Mißhandlungen und
Rechtsbeugungen hinwegtäuschen. Sechs Wochen nach den Randalen, wurde Arne
verhaftet! Man wirft ihm "Landfriedensbruch" und "Antiftung zum Totschlag"
vor. Laut Angaben der Staatsanwaltschaft, soll sich Arne "gegen 2.25 Uhr
[...] in einer Gruppe befunden haben, aus der heraus gegen Polizeibeamte und
Dienstfahrzeuge Flaschen und Steine geworfen wurden, wodurch unter anderem
ein Polizist bewusstlos zu Boden fiel." Man bezichtigt ihn, im Hinblick auf
den ohnmächtigen Beamten, den Satz "Macht ihn tot, springt ihm auf den
Kopf." von sich gegeben zu haben. Arne befindet sich mittlerweile in der JVA
Bützow und liegt, aufgrund des psychischen Terrors, dem er ausgesetzt war
bzw. noch ist auf der Krankenstation. Der für den 14.11. anberaumte
Haftprüfungstermin brachte keine Änderung an diesem Zustand. Das Gericht
zweifelte nicht daran, daß die Aufrechterhaltung der U-Haft verhältnismäßig
sei. Durch diese Maßnahmen wird versucht, die Szene einzuschüchtern und zu
verunsichern, weil die staatliche Willkür an keiner/keinem von uns
haltmacht. Denkbar ist daher, daß man von Arne (Falsch)Aussagen erpressen
will, damit sich das Repressionskarussell weiter drehen kann. fortsetzung
folgt...

Es wird allzudeutlich, daß juristische Konstrukte aufgebaut bzw. an den
Haaren herbeigezogen werden, um Menschen aus der linken Szene zu
kriminalisieren und sie schlußendlich zu verurteilen. Nach den Randalen sind
allen Verhafteten Ermittlungsverfahren wegen "Körperverletzung",
"Landfriedensbruch", "Widerstand gegen die Staatsgewalt" oder wie im Fall
von Arne "Anstiftung zum Totschlag" anhängig.
Die Kriminalisierung subkultuerellen und linksradikalen Widerstands
komplettiert das Bild einer sauberen und sicheren Landeshauptstadt Schwerin.
Menschen, die sich mit der erdrückenden Normalität einer patriarchalen,
kapitalistischen und xenophoben Gesellschaft nicht abfinden wollen, sind von
Repression bedroht oder betroffen. Diesen Menschen gilt unsere Solidarität!
Dem herrschenden System gilt unsere Verachtung!

Freiheit für Arne!
Einstellung der laufenden Verfahren!
Aufklärung der brutalen Polizeimethoden!
Personelle Konsequenzen bei der Schweriner Polizei!

(vom 14.11.2000)
autonome antifa schwerin

 

18.11.2000
Antifa Schwerin   [Email] [Aktuelles zum Thema: Repression]  Zurück zur Übersicht

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