Frankfurt /Main: Die Farben der Roma- Kinder
"Die Farben der Roma- Kinder"
Wanderausstellung von Kindermalerei aus Jarovnice (Slowakei)
bis 31.1.2001 in Frankfurt a. M. im Amt für multikulturelle Angelegenheiten,
Walter-Kolb-Str. 9-11, danach im Eine-Welt-Haus in Magdeburg (9.02.01 -
18.03.01) in der Schellingstr. 3-4.
Ein Teil der Ausstellung in Mülheim an der Ruhr bis Mitte Februar im Theater.
Ausstellungskatalog 16 Seiten, farbig, (A4)
Kontakt: MitOst e.V: Thomas Büttner, Berlin, t.buettner@gmx.net
Spendenkonto: Kennwort: Roma, MitOst e.V.
Deutsche Bank München, BLZ 700 700 10
Kt. 9518 481
Beschreibung der Ausstellung:
Eine Geigerin, "CINCA PANNA" steht auf ihrem Arm, Blumen bedecken ihr Haar und
ihre Kleidung, spielt mit entrücktem Gesicht und weit aufgerissenen Augen auf
ihrem Instrument, um das Vögel schwirren. Ihre Nase sieht aus wie ein
Violinschlüssel, ihr Mund wie ein Herz, ihre Augen ähneln Noten. Das Bild ist
großformatig.
Der Zeichenlehrer der Kinder von Jarovnice sagt: "Sie sind talentiert und
kreativ, werden aber weder studieren noch arbeiten."
Jarovnice ist ein kleiner Ort im Osten der Slowakei. Von 3200 Einwohnern sind
2200 Roma. Sie hausen abgesondert in einer Elendssiedlung. Für "weiße" und Roma-
Kinder gibt es zwei getrennte Schulen.
Auf einem der ausgestellten Fotos posieren Roma- Jungen lachend in
Boxerhaltung, ausgestattet mit Plastiktüten, vielleicht Geschenken ihrer
Besucher. Auf einer steht riesig das Logo DR. OETKER. Im Hintergrund verfallene
Hütten.
Der größte Teil der europäischen Roma- 6,5 Millionen von insgesamt etwa 8,5
Millionen- lebt in Osteuropa. Die meisten, fast anderthalb Millionen, findet man
in den Gebieten der ehmaligen jugoslawischen Föderation, in Bulgarien (800 000),
Ungarn (600 000) und der Slowakei (500 000).
Nach dem Zusammenbruch des Sozialismus in diesen Ländern waren Roma und Sinti
die ersten, die aus den Betrieben geworfen wurden, ihre Wohnung verloren, in
Gettos und Reservate gedrängt, Opfer rassistischer Gewalt wurden.
Bildungsmisere, Prostitution und Drogensucht ("Schnüffeln") gehören zu ihrem
Alltag .
Das sieht man nicht auf den Bildern der Roma- Kinder.
Ein blonder Mann mit schwarzem Schnurrbart und grünem Hut lenkt Peitsche
schwingend eine bunte Kutsche mit bunten Rädern und buntem Zugpferd. Neben ihm
eine schöne Frau mit langem schwarzen Haar, goldenen Kreolen, im Arm ein
gewickeltes lilagesichtiges Baby. Ihr Blick ist aus großen Augen skeptisch gen
Himmel gerichtet Verschiedene Arten von Lachen zeigen die weißgestreifte Katze,
das sich aufbäumende Pferd, dessen Reiter sich erschrocken mit roten Händen
festklammert, und die schiefmündige gelbe Sonne. Ein grüner Hund mit weißen
Punkten, ein großer grüner Schmetterling, ein blühender Baum und ein Pferd mit
einem Geiger auf dem Rücken vervollständigen die Szenerie.
Rote und blaue Pferde recken auf einem Bild des 15jährigen Jozef Husár unter
karminrotem Himmel und einem großen weißen Mondball ihre Hälse. In langen Fäden
ist die Tusche am Blatt heruntergelaufen.
Von technischer Perfektion keine Spur. Die Umrisse werden mit dicker schwarzer
Tusche gezeichnet, dann mit leuchtenden Farben, oft Grundfarben, flächig
ausgemalt. Motive: Märchen, Folklore, Porträts, Landschaften. Die Menschen sind
meist blond und blauäugig.
1938 erschien Himmlers Erlaß über die "Lösung der Zigeunerfrage aus dem Wesen
der Rasse heraus". "Zigeunergesetze" waren in der Bundesrepublik bis in die
70er Jahre hinein gültig. In den sozialistischen Ländern, so der
Ausstellungskatalog, seien Sinti und Roma zur Seßhaftigkeit, zur Assimilation
gezwungen, ihre Kultur sei unterdrückt worden. Wenn dargestellt wird, wie sehr
sich die Lage der Roma nach der "samtenen Revolution" in der Tschechischen und
Slowakischen Republik verschlimmert hat, folgt daraus allerdings, daß es ihnen
vorher besser ging. Von Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und gesellschaftlicher
Ausgrenzung waren sie frei oder sollten sie zumindest, dem gesellschaftlichen
Vorsatz gemäß, frei gewesen sein.
In der DDR wurden alle Sinti seit Mitte der 60er Jahre als Verfolgte des
Naziregimes anerkannt und erhielten Verfolgtenrenten. Die Erzählung "Ede und
Unku" der Schriftstellerin Alex Wedding über die Freundschaft zwischen einem
Berliner Arbeiterjungen und einem Sinti- Mädchen in den 30er Jahren war eines
der bekanntesten Kinderbücher der DDR.
Wie zäh rassistische Formeln sind, habe ich noch selbst als Kind in der DDR
erlebt: "Zick- zack, Zigeunerpack" gehörte beim Gummi- Twist zum von den
Großmüttern überkommenen eisernen Repertoire der Zählreime.
Die wunderbaren Bilder der Roma- Kinder aus Jarovnice wurden in Deutschland, in
der Schweiz, Frankreich, Österreich, Ungarn und in den USA gezeigt. Sie
erhielten Auszeichnungen in der Tschechischen Republik, in Indien, Japan und von
UNICEF.
Die Ausstellung, die derzeit in Deutschland zu sehen ist, wurde vom MitOst e.V.-
einem Verein für Sprach- und Kulturaustausch mit mittel- und osteuropäischen
Ländern- konzipiert und organisiert. Neben den Kinderzeichnungen sind Fotos über
das Leben der Kinder in Jarovnice und Informationstafeln zur Geschichte, Kultur
und zur aktuellen Situation der Roma in Osteuropa zu sehen. Die Exposition kann
zu günstigen Konditionen ausgeliehen werden. Spenden kommen der Roma- Schule von
Jarovnice zugute, an der der Zeichenlehrer Ján Sajko mit bunten Farben so
unerschütterlich gegen das seinen Schülern zugedachte Los ankämpft.
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