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Frankfurt: Terroristische Gene: Früherem RAF-Mitglied zwangsweise Blut abgenommen

Frankfurt. Am vergangenen Dienstag (30.1.) stellten Beamte des BKA und der frankfurter Staatsschutzabteilung der früheren Aktivistin der Rote Armee Fraktion (RAF) Gisela Dutzi bei einem Arbeitsamttermin eine Falle. Die ehemalige politische Gefangene wurde nach dem Termin festgenommen. Dabei kam es zu einem Gerangel und Gisela Dutzi wurde gewaltsam zum Polizeipräsidium verschleppt. Ihr wurde ein Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH) eröffnet, nachdem ihr (körpereigenes) Material zum Zwecke der DNA-Identitätsfeststellung entnommen werden soll. Ihr wurde mitgeteilt, dass die freiwillig eine Speichelprobe abgeben könne, würde sie sich allerdings weigern, würde ihr unter Zwang Blut abgenommen werden.

Der Beschluss der BGH ist vom Oktober vergangenen Jahres datiert. Er enthält keine konkrete Begründung, bezieht sich auf das DNA-Feststellungsgesetz und listet als Beleg für die gesetzlich verlangte "negtive Sozialprognose" u.a. die Teinahme an Hungerstreiks und Abgabe von Prozesserklärungen, Kontakte zu gegenwärtig inhaftierten oder entlassenen politischen Gefangenen, die Aussageverweigerung und deswegen verhängte Beugehaft und eingestellte Ermittlungsverfahren auf. Nach dem erst im vergangenen Jahr von der SPD/Grüne-Bundesregierung um das Organisationsdelikt "Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nach $129a" erweiterten Gesetz über den "genetischen Fingerabdruck" braucht es keinen konkreten Tatverdacht und keine konkrete Straftat, in dessen Rahmen ermittelt wird. Ausreichend ist die Annahme, dass die DNA-Feststellung im Hinblick auf neue Verfahren relevant werden könnte.

Da im Polizeipräsidium kein ärztliches Personal zur zwangsweisen Blutabnahme anwesend waren, wurde Gisela Dutzi ins Gerichtsmedizinisches Institut gebracht. Gisela Dutzi klärte die diensttuende Ärztin über den Zusammenhang auf, verwies sie darauf, dass sie gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt hat und forderte sie auf, sich nicht zur Vollstreckerin des Staatsschutzes zu machen. Die Ärztin entschied, den BGH-Beschluss umsetzen zu müssen: Gisela Dutzi wurde von den Beamten festgehalten, die Arme auf den Rücken gedrückt und ihr dann Blut abgepumpt.
Anschließend wurde sie auf die Straße gesetzt.

Dieser Vorfall verdeutlicht, dass ehemalige politische Gefangene immer wieder Repressionsmaßnahmen des Staatsschutzes ausgesetzt sind. Die Bereitschaft zu Distanzierung, erklärtem "Gewaltverzicht" und Zusammenarbeit mit den staatlichen Organen wird immer aufs neue überprüft und als Begründung für erneute Schikanen herangezogen.
Es ist davon auszugehen, dass die gewaltsam erbeutete DNA-Probe bei Gisela Dutzi kein Einzelfall war, noch bleiben wird. Es wird damit gerechnet, dass auch andere ehemalige Gefangene aus der Stadtguerilla und Widerstandsgruppen davon betroffen sein werden. Zumal das BKA bereits 1999 ankündigte, das gesamte in den vergangenen 30 Jahren sichergestellte und archivierte Material mit den neuen kriminaltechnischen Mitteln wie der DNA-Analyse erneut zu überprüfen, um zu neueren gerichtsverwertbaren Zuordnungen zu kommen.

(so oder so-infodienst 31.01.01)

 

01.02.2001
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