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Bernsdorf: Solidarität mit Thung!

Bernsdorf-Info, Soli für Thung

Mitte Dezember 2000 erstach Thung aus Bernsdorf einen Nazi und verletzte einen anderen schwer. Vorrausgegangen war dem ein etwa 5-jähriger Aufenthalt im rassistischen Bernsdorf (Ostsachsen).
Die Bernsdorfer fürchteten danach ein "zweites Sebnitz", doch nur wenige Zeitungen berichteten. (z.B. Spiegel, taz, jungle world, Konkret) Inzwischen haben sämtliche aus Vietnam Migrierten Bernsdorf aus Sicherheitsgründen verlassen.
Thung wurde in U-Haft genommen, mit einem Haftbefehl wg. Totschlag. Ende März wird der Prozess vermutlich in Bautzen beginnen, die Anklage ist noch nicht klar. Der Prozess ist nicht öffentlich, wegen Thung's jugendlichen Alters.
Die Anwältin und ein dolmetschender anderer Anwalt wollen einen politischen Prozess führen, der sich auch bezieht auf organisierte Nazis, Naziübergriffe, Rassismus und den Umgang von Betroffenen damit.
Thung geht's soweit ganz gut.
Die Kosten der Anwältin werden vermutlich nicht vom Gericht übernommen.
Das Spendenkonto lautet:
Antirassistische Initiative Berlin
Bank für Sozialwirtschaft
BLZ 100 205 00
Konto- Nr. 3039606
Stichwort "Spende Thung"

Eine Soliparty fand am 16. Februar in Berlin statt.

In Dresden findet am 23. Februar die Antira-Party "unity. the trash" statt. (Mit mp3-interaction, media installations and cocktail-lounge.) Die Einnahmen werden an die Prozesskosten gespendet. Es spielen die Bands Systemhysterie (Hannover), Amok Journal (Berlin) und Kaktus Interruptus (Hamburg). (Freitag, 23. Februar, Club rm16, Matzke-Str. 16, Dresden, www.antifa.net/venceremos)


In Berndorf werden die Nazis nicht mehr nur Jugendliche genannt, sondern seit Neuestem rechte Jugendliche. Das gibt der folgende Artikel der Sächsischen Zeitung Lokalausgabe Kamenz vom 17. Februar wieder. Dort wird auch das Problem nicht beim Rassismus gesehen, sondern bei Arbeits- und Beschäftigungslosigkeit. Das Problem mit Nazis wird dazu verharmlost.

SächsZ Kamenz 17.02.01
"In Bernsdorf sind viele Jugendliche rechts"
Martin Jenemann (Internationaler Bund): auch in Radeberg und Ottendorf-Okrilla

Die Attacke eines Vietnamesen, der nach einer Pöbelei auf dem Weihnachtsmarkt einen Bernsdorfer niederstach, rüttelte
die Region auf: Haben wir besonders viele rechte Jugendliche und wie gut läuft die Arbeit im Jugendclub? Das waren nur
zwei Fragen, die gestellt wurden. Erst kürzlich trafen sich Bernsdorfer Stadträte mit Jugendlichen und dem Träger des
Jugendclubs, dem Internationalen Bund. Wir fragten Martin Jenemann, den IB-Chef im Landkreis Kamenz und in
Hoyerswerda.
Beim letzten Treffen wurde die Bildung eines Clubrates angeregt. Was ist seither passiert? Wir haben einen
Clubrat gebildet, bei dem fünf Bernsdorfer mitmachen. Die Jugendlichen haben jetzt einen Schlüssel für den Jugendraum
bekommen. Bisher klappt es gut. Am vorletzten Wochenende haben sie sich sehr vorbildlich benommen, der Club war noch
nie so sauber. Die Jugendlichen haben aber auch gemerkt, dass sie nun eine hohe Verantwortung haben. Für Notfälle
haben wir eine Hotline eingerichtet.
Wie läuft die Arbeit im Clubrat? Etwas schwierig. Den Jugendlichen ist selbst klar geworden, dass das ein Lernfeld für
die Demokratie ist. Es müssen Argumente ausgetauscht werden und man muss zuhören können. Zurzeit schreien sie sich
noch zu oft an. Noch unterstützen wir sie, indem wir die Sitzung moderieren. Später wollen wir uns hier zurückziehen.
Gibt es in Bernsdorf besonders viele rechte Jugendliche? Hier gibt es rechtsorientierte und unpolitische Jugendliche.
Ich habe noch nicht festgestellt, dass es Probleme zwischen diesen Gruppen gibt. Die tolerieren sich, denn sie kennen
sich von Kindheit an. Insgesamt kann man schon sagen, dass in Bernsdorf besonders viele Jugendliche rechts sind.
Andere Schwerpunkte im Landkreis sind Radeberg und Ottendorf-Okrilla. In Lauta hingegen gibt es ganz wenige.
Wie bewerten Sie das Engagement der Stadträte? Die Stadträte sind nach dem Vorfall auf dem Weihnachtsmarkt
wach geworden. Leider war es wieder so, dass sie es erst merken, als das Kind in den Brunnen gefallen ist. Nun machen
sie sich ernste Sorgen und befassen sich mit den Problemen der Jugendlichen. Sie haben gemerkt, dass es nicht
ausreicht, darauf zu verweisen, wie es früher war. Wir leben nicht im Früher, sondern im Jetzt.
Immer wieder wird den Jugendlichen vorgeworfen, sie gestalten zu wenig ihre Freizeit? Die Eltern bauen eine
gewisse Erwartungshaltung bei den Jugendlichen auf, dabei vergessen sie oftmals ihre eigene Jugend. Doch wie war das
mit der eigenen Aktivität. Viele ältere Kollegen erzählten mir, wo sie alles mitmachen mussten, obwohl ihnen das nicht
gepasst hat. Es hat kaum jemand widersprochen, dass vieles sinnlos war. In der Tat haben wir in Bernsdorf ein Problem,
obwohl wir viele Aktivitäten anbieten, doch die Jugendlichen wollen lieber abhängen. Es gibt aber auch viele, die Fußball
spielen. Es ist unser gesellschaftlicher Auftrag, diese Freizeitbeschäftigungen zu fördern. Ich sehe jetzt schon wieder die
Probleme in Bernsdorf und Lauta, wenn unsere Jugendlichen Volleyball spielen wollen. Da gibt es immer Ärger mit der
Nachbarschaft. In diesen Konflikt könnten die Stadträte auch mal eingreifen. Auch die Bemühungen der Schulverwaltung
könnten stärker sein. Zwei Stunden Sport in der Schule reichen meiner Meinung nach für die Jugendlichen nicht aus. Und
wenn Stunden gestrichen werden, sind es meist die Sportstunden.
Glauben Sie, dass die Eltern an der rechten Einstellung ihrer Kinder mitverantwortlich sind? Eltern sollten eine
Vorbildfunktion haben. Doch wenn beide Elternteile zu Hause arbeitslos sitzen, den ganzen Tag fernsehen und es nicht
schaffen mit ihren Problemen fertig zu werden, dann ist es um die Vorbildfunktion schlecht bestellt.
Haben Sie den Eindruck, dass die Gewaltbereitschaft zugenommen hat? Solange wie ich hier bin, also von 1992 bis
2001, gab es da keine großen Veränderungen. Es kommt immer mal vor, dass Türen eingetreten werden und in
Einrichtungen eingebrochen wird. Ich glaube sogar, dass die Zahl der Einbrüche abgenommen hat. Sorgen mache ich mir,
was den Umgang untereinander angeht, vor allem in der Schule. Der schon gewalttätiger geworden.
Wissen die Eltern immer, dass ihre Jugendlichen rechts sind? Ich glaube nicht, dass alle Eltern die Symbole kennen,
die Rechtsorientierung zeigen. Deshalb erlauben sich manche Eltern das Urteil: "Mein Sohn ist doch nicht rechts."
Welche Ziele verfolgt der IB in der Zukunft? Jugendarbeit muss stärker in der Öffentlichkeit präsent sein. Deshalb
wollen wir stärker in der Politik mitmischen. Unsere Mitarbeiter sollen künftig in die Ratssitzungen. Wir wollen auch mehr
mit den Kirchen, mit der Feuerwehr und den Vereinen zusammenarbeiten.
Gespräch: Maik Brückner

 

20.02.2001
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