Aachen: Staatsschutz ermittelt wegen "Scheckkartenmissbrauch"
Aachen: Staatsschutz ermittelt wegen "Scheckkartenmissbrauch"...!
Dass die staatliche Repression gegen linke und linksradikale Strukturen
gelegentlich seltsame Blueten treibt, ist schon lange bekannt. Was die Fachschaft
Philosophie an der RWTH Aachen zur Zeit erlebt, erreicht allerdings eine
ungeahnte Qualitaet...
Am 09.02.2001 wurde eine Fachschaftsangehoerige am Rande einer
antifaschistischen Kundgebung in Dueren - angeblich zum Zwecke der Personalienfeststellung
- von der Polizei einer Leibesvisitation unterzogen. Die oertlichen
Polizisten stiessen bei dieser Durchsuchung in der Geldboerse der Betroffenen auf die
Kontokarte der Fachschaft Philosophie. Mit der Begruendung, diese Karte sei
nicht auf ihren Namen ausgestellt - bei Bankverbindungen von Koerperschaften,
jede Fachschaft ist eine solche, keine Seltenheit - stellten sie die Karte
zur Ueberpruefung sicher. So weit, so nachvollziehbar.
Bereits vor Ort halfen weder die Beteuerungen der Betroffenen noch die
Angaben eines weiteren anwesenden Fachschaftsangehoerigen - die Kontokarte wurde
einbehalten. Heute - nach fast genau einem Monat - ist die Karte noch immer
verschwunden. Mehr als sechstausend Studierende sitzen auf dem Trockenen: Kein
Geld - keine studentische Interessenvertretung!
Passiert ist in den letzten vier Wochen allerdings doch eine Menge.
Inzwischen hat sich naemlich das Amtsgericht Dueren eingeschaltet und die Karte
hochoffiziell beschlagnahmt: "Verdacht auf Scheckkartenmissbrauch"! Kein einfacher
Anruf bei dem namentlich bekannten Kontokartenhalter, keine Nachfrage in der
Fachschaft Philosophie - ein Ermittlungsverfahren. Die Justiz sei
ueberlastet, heisst es gelegentlich, warum nur?
Aber damit noch kein Vorhang in diesem Theater... mittlerweile hat die
Aachener Polizei eine Zeugenvorladung in dieser Sache verschickt. Absender? Nein,
nicht etwa die Abteilung fuer Wirtschaftskriminalitaet. Sondern? Dreimal
raten? Der oertliche Staatsschutz!
Wir haben es selber kaum glauben koennen, aber tatsaechlich: Der Aachener
Staatsschutz, der schon beinahe traditionell antifaschistisch gesinnte Menschen
und Strukturen mit allen Mitteln kriminalisieren will, schreckt nicht vor
einer solch infamen Methode zurueck, um die Arbeit einer ganzen Fachschaft -
wie gesagt: die Interessenvertretung von ueber 6000 Studierenden - zu
behindern!
Natuerlich ist die Aachener Fachschaft Philosophie schon lange fuer ihr
Engegement gegen Faschismus und Rassismus bekannt. Und genau das ist offenbar der
Aachener Polizei - Unterabteilung Staatsschutz - ein ziemlicher Dorn im
Auge. Wie sonst ist diese Vorgehensweise zu erklaeren? Natuerlich ist dieser
Polizeiabteilung die Struktur dieser Fachschaft bekannt, natuerlich sind ihr die
Aktivist/innen bekannt, natuerlich gibt es ueberhaupt keinen Anlass, von
einem "Scheckkartenmissbrauch" auszugehen!
Der Staatsschutz Aachen tut sich gerade in juengster Zeit wieder mit seinen
vehementen Einschuechterungsversuchen gegen Antifaschist/innen hervor.
Juengste Beispiele sind das Strafverfahren gegen einen Demonstranten gegen das
Eschweiler Neonazi-Zentrum, das nur auf Betreiben des Staatsschuetzers Pabich
zustandekam - und gerade aktuell die massiven Repressionsversuche gegen junge
Antifaschist/innen, die es gewagt hatten, am Stolberger Rathaus gegen die dort
im Rat sitzende "DVU" zu demonstrieren.
Nun koennte man sagen: Die Aachener Staatsschuetzer machen ihre Arbeit eben
pflichtbewusst und ordentlich. Koennte man sagen, wuerde aber nicht stimmen.
Seltsamerweise erweisen sie sich im Bereich "Rechtsextremismus" in unschoener
Regelmaessigkeit als voellig inkompetent. Da wird versucht,
Neonazi-Aufmaersche - wie zuletzt im Juni 2000 am Aachener Lindenplatz - in aller Stille
durchzufuehren. Da finden sich nach einem von Hakenkreuzschmierereien begleiteten
Brandanschlag auf das Ladenlokal eines nicht-deutschen Mitbuergers keinerlei
Anzeichen fuer eine fremdenfeindliche Straftat. In Geilenkirchen wird eine
Asylbewerberunterkunft woechentlich von Dorfbewohners attackiert, und die
Polizei hat keine Spur. Noch vor einer Woche hat der Aachener Staatsschutz
behauptet, keine Ahnung von der Planung des Neonazi-Aufmarschs in Herzogenrath am
24. Maerz zu haben. Antifaschist/innen war dieses Vorhaben der Neonazis zu
diesem Zeitpunkt schon eine ganze Woche bekannt!
Nimmt man diese ganzen Einzelfaelle zusammen und betrachtet sie etwas
laenger, koennte man zu dem Schluss gelangen, der Aachener Staatsschutz sei nicht
nur auf dem rechten Auge blind, sondern mache gemeinsame Sache mit den
Strassennazis und anderen Faschisten!
Wir fordern:
Die sofortige Herausgabe unserer Kontokarte!
Wir stellen fest:
Antifaschistischer Widerstand laesst sich weder kriminalisieren noch
einschuechtern!
Aachener Staatsschuetzer sind doof!
1x1=3
Fachschaft Philosophie Aachen, 09.03.2001
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