Berlin: Bericht 4. Prozesstag
12.4.2001, 4. Prozesstag: Prozess wird neu aufgerollt. Antrag auf
Aufhebung der Haftbefehle abgelehnt
Der Berliner RZ-Prozess ist geplatzt. Mit dem heutigen Beschluss des Gerichts,
das Verfahren mit dem gegen Rudolf Sch. in gleicher Sache zu verbinden,
muss der Prozess neu aufgerollt werden. Das Gericht entschied darüber
hinaus am späten Nachmittag die Haftfortdauer bei den vier Angeklagten.
Nach nur 40 Minuten verkündete Richterin Gisela Hennig am 4. Prozesstag die
Aussetzung der laufenden Hauptverhandlung. Der Senat gab keinen Termin für die
Eröffnung des neuen Prozesses bekannt.
Zuvor hatte der 1. Strafsenat des Kammergerichts Berlin beschlossen, dass Rudolf
Sch. zusammen mit den anderen Beschuldigten der Prozess gemacht werden soll.
Richterin Hennig gab "prozessökonomische Gründe" für diese Entscheidung an.
Dem gegenüber hatten sich bereits am Vortag RA Jasper v. Schlieffen und RAin
Silke Studzinsky schriftlich gegen eine Verbindung ausgesprochen.
Rudolf Sch. wird der gleichen Taten beschuldigt wie die anderen vier Angeklagten.
Darüberhinaus wirft die Bundesanwaltschaft (BAW) ihm "Rädelsführerschaft" vor.
Verfassungsbeschwerde wegen Fortdauer der Untersuchungshaft
Zu Beginn des 4. Verhandlungstages informierte RA Johannes Eisenberg das
Gericht darüber, dass er Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht
wegen der unverhältnismäßig langen Untersuchungshaft eingelegt habe. Eisenberg
warf dem Gericht und der BAW vor, das Verfahren zu verschleppen. Sie hätten
nichts dafür getan, das Verfahren zu befördern. So sei es bisher weder zu
Sachverhaltsaufklärungen, noch zur Verlesung der Anklage gekommen. Dies sei ein
eklatanter Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot. Als Skandal bewertete er
darüber hinaus, dass es seit über drei Monaten zu keiner mündlichen Haftprüfung für
die Angeklagten gekommen sei.
Gericht ordnet Haftfortdauer an
Im Anschluss an die Hauptverhandlung fand noch im Gerichtssaal eine mündliche
Haftprüfung bei den vier Angeklagten statt. Hintereinander konnten alle vier
Angeklagten mit ihren VerteidigerInnen vor dem Gericht unter Ausschluss der
Öffentlichkeit ihre Anträge auf Aufhebung der Haftbefehle bzw. deren
Außervollzugsetzung vorbringen. Nach mehrstündiger Beratung gab der 1.
Strafsenat des Kammergerichts Berlin am späten Nachmittag bekannt, das es alle
Anträge ablehne. Die Beschuldigten sind somit weiterhin in Untersuchungshaft.
Obwohl die Angeklagten bis zu ihrer Verhaftung in festen sozialen Verhältnissen
gelebt haben, geht das Gericht von einer bestehenden Fluchtgefahr aus.
Anderweitige Beschwerdegründe, wie z.B. Verfahrensfehler,
Verfahrensverschleppung durch die Ermittlungsbehörden oder eine
unverhältnismäßig lange U-Haftdauer in Bezug auf das zu erwartenden Strafmaß
konnte das Gericht nicht erkennen.
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