Österreich: Uni-Wahlen
### ÖH Wahl 2001 ###
Die Rechnung, bitte
Die ÖH Wahl 2001 brachte den größten Linksruck auf den Unis seit 1945. Die
grüne GRAS und der sozialdemokratische VSSTÖ gewannen deutlich hinzu und
haben künftig mit 23 von 45 Mandaten gemeinsam eine absolute Mehrheit in der
Bundesvertretung der österreichischen Studierenden, die durch 2 Mandate des
Kommunistischen StudentInnenverbandes noch gefestigt wird. Vor allem die
GRAS und der VSSTÖ konnten deutlich hinzugewinnen (GRAS +6 Mandate, VSSTÖ +4
Mandate), während der KSV sein (allerdings sehr gutes Ergebnis) der letzten
Wahl überraschenderweise kaum verbessern konnte und weiterhin bei 2 Mandaten
hält.
Die rechten Fraktionen verloren durchgehend deutlich, die ÖVP-nahe
Aktionsgemeinschaft, die bisher die Exekutive stellte, verlor 11,5% und 5
Mandate (jetzt 15), das Liberale Studentenforum halbierte sich (jetzt 2
Mandate) ebenso wie die rechtskonservative JES (0 Mandate). Der traditionell
von rechtsextremen und faschistischen Burschenschaften dominierte Ring
freiheitlicher Studenten (RFS) verlor ebenfalls deutlich, 1,5% von 4,5%,
also mehr als ein Viertel seiner Stimmen, und eines seiner beiden Mandate.
Besonders erfreulich das Ergebnis der Uni Wien: GRAS und VSSTÖ halten jetzt
bei jeweils 8 Mandaten (jeweils +4), der KSV hält bei 2, gegen 8 der AG und
1 für das LSF, der RFS hat sich (ebenso wie z.B. auf der Uni Graz)
verabschiedet. Dies ist besonders beachtlich, gab es doch bei der letzten
Wahl auf der Uni Wien noch eine rechte Mehrheit.
Offensichtlich ist auch, daß viele traditionell rechte WählerInnen zu Hause
geblieben sind, so sank die Wahlbeteiligung bspw. am Wiener Juridicum, einer
AG-Hochburg. Es scheint, als wollten viele VP und FP-nahe Studierende ihr
Wahlverhalten nicht ändern, aber für Schwarz-Blau und damit für
Studiengebühren wollten sie denn auch nicht stimmen. Insgesamt stieg die
Wahlbeteiligung gegenüber der katastrophal schlechten Beteiligung von vor
zwei Jahren nur leicht auf 27,9%, was vor allem angesichts des durch die
Einführung der Studiengebühren sehr politisierten Klimas überraschend ist.
Die Studierenden haben mit dieser Wahl den Studiengebühren eindeutig eine
Absage erteilt und einer politischen ÖH, die nicht reine Service-Politik
vertritt (hinter der sich dann die konservative Politik der ÖVP versteckt)
einen Auftrag gegeben. Die AG hat ihre de facto Zustimmung zu den
Studiengebühren hinter einem zahnlosen Bildungsvolksbegehren versteckt, der
RFS hat sie gleich offen begrüßt. Die Fraktionen der Linken hingegen lehnen
die Studiengebühren klar ab und haben auch Aktionen, z.B. einen
Zahlungsboykott, angekündigt. Nun liegt es an ihnen, die Politik, für die
sie gewählt wurden, auch umzusetzen, wobei gegenüber der Politik von GRAS
und VSSTÖ natürlich Wachsamkeit geboten ist. Aber auch Vorsicht vor
Querschüssen aus den eigenen SP und Grün-Reihen ist angebracht, lehnte doch
etwa SP-Chef Gusenbauer in einem Presse-Interview Studiengebühren keineswegs
generell ab, sondern meinte, daß man über ein Gesamtpaket durchaus mit ihm
reden hätte können.
Gleichzeitig ist nun eine Diskussion über den besten Weg, die
Studiengebühren und den Bildungsabbau zu stoppen, notwendig. Der derzeitige
Bildungsabbau betrifft keineswegs nur Studierende, auch die Lehrenden an den
Unis sind von den Einsparungen betroffen und in diesem Bereich gibt es ja in
der letzten Zeit auch immer wieder gewerkschaftliche Maßnahmen. Gleichzeitig
brodelt es an den Schulen, in der LehrerInnenbasis wird immer vehementer der
Streik gefordert, vor einigen Tagen wurde aus diesem Grund sogar in
Vorarlberg eine Unabhängige Bildungsgewerkschaft gegründet, die gute Chancen
hat, in Vorarlberg bald stärker als die GÖD (Gewerkschaft Öffentlicher
Dienst) zu werden, die bisher Streiks ablehnte.
Das Problem der Studierenden ist - vergangene Streiks haben dies bewiesen -
daß ein Streik der Studierenden zwar unangenehm ist, letztlich aber
natürlich die Studierenden, vor allem, wenn er verloren geht, sehr stark
selbst trifft. Das Problem von Kampfmaßnahmen der Studierenden, vor allem
von Streiks ist, daß sie keinen direkten wirtschaftlichen Druck ausüben.
Dieses Problem kann nur mit dem Versuch überwunden werden, andere
gesellschaftliche Gruppen in die Auseinandersetzung einzubeziehen. Dafür
eignen sich nicht nur die LehrerInnen, auch andere Gruppen im Öffentlichen
Dienst, etwa die PostlerInnen sind massiv von Einsparungen betroffen und
haben sich ja auch schon im März mit einer Demo, auf der auch die Forderung
nach Streiks sehr präsent war, zu Wort gemeldet. Die schwierige Aufgabe ist
nun, diese verschiedenen Proteste zu vernetzen. Eine fortschrittliche
ÖH-Exekutive ist da eine gute Ausgangsbasis.
ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat meinte in einer ersten
Stellungnahme, daß es bedauerlich sei, daß "die Linken" gestärkt worden
wären, aber daß dies nichts daran ändern würde, daß "notwendige Reformen" an
den Unis umgesetzt würden, womit sie die Studiengebühren ansprach. Es liegt
nun an den Studierenden, Frau Rauch-Kallat zu zeigen, daß sie sich irrt.
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AL - Antifaschistische Linke
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