München: Bericht von Demonstration
München: 600 Menschen auf Trauerdemonstration für erschossenen italienischen Demonstranten
Am frühen Montagabend zeigten über 600 Menschen auf einer Demonstration ihre Trauer und ihre
Wut über den Tod eines 23jährigen italienischen Demonstranten am vergangenen Freitag bei den
Protesten gegen den Weltwirtschaftsgipfel in Genua.
Zur gleichen Zeit sind in Genua noch hunderte von AktivistInnen in Haft, darunter mindestens
39 Deutsche, die teilweise im Gefängnis von Polizei- und Justizangehörigen misshandelt werden.
Ihnen werden elementare demokratische Grundrechte verweigert.
In Redebeiträgen wiesen VetreterInnen des Münchner Bündnisses gegen Rassismus und des Arbeitskreises
Internationalismus darauf hin, dass man sich nicht in "gute" und "böse" GipfelgegnerInnen spalten liesse,
da alle das gleiche Anliegen haben. Die Eskalation in Genua ist von vorneherein durch Massenmedien
und Politiker vorangetrieben worde, indem Schreckenszenarien erfunden wurden und die Stadt einem
militärisch gesicherten Hochsicherheitstrakt galt. Wer in einer solchen Situation einem 20jährigen
Polizisten eine scharfe Waffe in die Hand gibt, trägt die Schuld an dem einkalkulierten Tod von Demonstranten.
Um 18:00 versammelten sich über 600 Menschen auf dem Marienplatz, um ihrer Trauer und ihrer Wut
über die Geschehenisse in Genua Ausdruck zu verleihen, und zogen von dort zur Münchner Freiheit,
wo um 20:30 Uhr eine Abschlusskundgebung stattfand.
In Genua wurde am Freitag Abend ein junger Italiener von einem italienischen Carabinieri mit zwei
Kopfschüssen getötet und anschliessend zweimal überrollt. Am frühen Sonntagmorgen stürmten italienische
Polizeitruppen ein unabhängiges Medienzentrum sowie eine gegenüberliegende Schule, die von der Stadt als
Unterkunft für GipfelgegnerInnen zur Verfügung gestellt wurde.
Die ca. 50 Menschen wurden im Schlaf überrascht und es wurde blindlings auf Schlafende eingetreten und
eingeschlagen. Fotos zeigen etliche mit Blut verschmierte Wände und Heizungen. Fast alle Menschen, die sich
in der Schule aufhielten, mussten ärtzlich behandelt werden, und alle anderen wurde sofort festgenommen.
Sogar Polizeisprecher bezeichneten diese Aktion als Rache der Polizei für die Ereignisse der vorangegangenen
Tage. Die Razzia passierte zu einem Zeitpunkt, als viele GipfelgegnerInnen Genua schon wieder verlassen hatten
und die Protestaktionen nahezu beendet waren.
Unter den Verletzten und Festgenommenen befinden sich auch mindestens 39 AktivistInnen aus Deutschland, aus
München sind mindestens 4 Jugendliche derzeit in iatlienischer Haft. Selbst den Eltern wurde bis jetzt weder
der genaue Aufenthaltsort, etwaige Vorwürfe und der Gesundheitszustand mitgeteilt. Den Verhafteten wurde bis
jetzt von den italienischen Behörden eine anwaltliche Betreuung verweigert. Es gibt nachweislich Berichte,
dass männliche Gefangene in Haft misshandelt und gefoltert wurden, mindestens ein Gefangener wurde aus der
Haft in ein Krankenhaus eingeliefert.
Trotz der begrenzten Möglichkeiten versucht die Rote Hilfe e.V. München in Verbindung mit RechtsanwältInnen,
dem Ermittlungsausschuss Berlin und den Eltern der Betroffenen, Informationen aus Italien zu bekommen und den
Jugendlichen geeigneten Rechtsbeistand zukommen zu lassen.
Wir bitten Sie, der demokratischen Aufgabe der Presse gerecht zu werden und über diese Ereignisse zu berichten.
Für weitere Fragen steht Ihnen ein Vertreter der Roten Hilfe e.V. München unter der Telefonnummer
0175/5596245 zur Verfügung. Im Internet gibt es zahlreiche Fotos, Videos und Augenzeugenberichte zu den Vorfällen.
Wir laden Sie ein, sich ein Bild über die Ereignisse in Genua zu machen, und empfehlen folgende Links für eine
weitere Recherche:
http://de.indymedia.org/
http://de.indymedia.org/2001/07/4866.html - ausführlicher Bericht mit Fotos und Videos
http://de.indymedia.org/2001/07/4888.html - Interview mit Betroffenen der Stürmung des Medienzentrums
http://de.indymedia.org/2001/07/4863.html - ein weiterer Bericht
http://italia.indymedia.org/ - Berichte aus Genua
Mit freundlichen Grüssen,
Frank Mayer, Pressesprecher der Roten Hilfe e.V. Ortsgruppe München
Kontakt: muenchen@rote-hilfe.de
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