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Gelsenkirchen: Wahlkreisbüro von Dr. Ludger Volmer besetzt

Pressemitteilung

Wahlkreisbüro von Dr. Ludger Volmer durch
Genua-Solidaritätsgruppen besetzt

Anläßlich des internationalen Aktionstages für die
inhaftierten Globalisierungs-kritikerInnen in Genua
haben Angehörige verschiedener Solidaritätsgruppen aus
dem Ruhrgebiet am Montag, um 11.00 Uhr, das
Wahlkreisbüro von Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im
Auswärtigen Amt, besetzt. Die BesetzerInnen fordern
von Ludger Volmer sich persönlich in Genua für eine
schnelle Freilassung der noch inhaftierten
Bundesbürger einzusetzen. Vom auswärtigen Amt erwarten
sie eine eindeutige politische Verurteilung der
Menschenrechtsverletzungen und
Grundrechtsein-schränkungen durch die italienische
Polizei und Justiz. Ludger Volmer soll sich noch heute
persönlich zu den politischen Forderungen und Anliegen
der BesetzerInnen äußern.

Um 14.00 Uhr laden wir Sie zu einer Pressekonferenz in
den Räumlichkeiten des Wahl-kreisbüros in der
Wildenbruchstr. 15-17 in Gelsenkirchen (Nähe
Hauptbahnhof) ein. Dort werden auch Betroffene der
Polizeiwillkür in Genua über ihre Erfahrungen
berichten. Telefonisch sind wir unter der Nummer 0177/
8392739 erreichbar.

Genua-Solidaritätsgruppen aus dem Ruhrgebiet und dem
Bergischen Land


RESOLUTION:

Globaler Aktionstag zu Genua am 20. August 2001

Wahlkreisbüro von Ludger Volmer in Gelsenkirchen
besetzt

Für die sofortige Freilassung aller noch inhaftierten
GlobalisierungskritikerInnen

 Ein Monat nach der Erschießung des
Demonstranten Carlo Giuliani durch einen italienischen
Carabinieri;
 ein Monat nach der brutalen Erstürmung der
Unterkunft des Genua Social Forums durch
Spezialeinheiten der Polizei;
 ein Monat nach den schockierenden Berichten
über schwerste Mißhandlungen gefangener Demonstranten
in Polizeiwachen und Krankenhäusern;
 ein Monat nach der Dokumentation schwerer
Menschenrechtsverletzungen und
Grundrechtseinschränkungen durch Abgeordnete des
deutschen Bundestages;
 ein Monat nach den massiven Forderungen nach
einer internationalen Untersuchungskommission zur
Aufklärung der polizeilichen Gewaltexzesse in Genua;

sitzen immer noch 15 deutsche
GlobalisierungskritikerInnen in verschiedenen
italienischen Gefängnissen in Untersuchungshaft

Sie wurden alle erst nach dem eigentlichen
Demonstrationswochenende bei Fahrzeug- und
Personenkontrollen in ganz Norditalien verhaftet.
Schwarze Kleidungsstücke, in den Fahrzeugen gefundenes
Werkzeug und Campingutensilien - wie Zeltstangen oder
Brotmesser - sollen ihre Zugehörigkeit zu der von der
italienischen Polizei und Justiz konstruierten
kriminellen Vereinigung ‘Black Block’
beweisen. Ohne wirkliche Beweise für ihre Beteiligung
an konkreten Straftaten werden sie mit Haftstrafen
zwischen acht und fünfzehn Jahren bedroht, indem ein
Teil der Demonstranten in Genua einfach zu einer
kriminellen Vereinigung deklariert und mit
Instrumenten der Mafia- und Terrorismusbekämpfung
verfolgt wird. Da die Verhaftungen am Gipfelwochenende
selbst offenbar strafrechtlich wenig Verwertbares
erbracht haben und der Polizeiüberfall auf die
DIAZ-Schule zu einem Medienskandal zu werden drohte,
hat die italienische Polizei offenbar im Nachhinein
noch fieberhaft nach medial präsentierbaren
Sündenböcken gesucht.

Aufgrund von fehlenden oder unverständlichen
Übersetzungen wichtiger juristischer Dokumente und
richterlicher Ausführungen bei den
Haftprüfungsterminen, sowie aufgrund von fehlenden
Informationen über die konkreten Anklagevorwürfe und
die dafür vorgebrachten Indizien, war den Inhaftierten
eine wirksame Verteidigung unmöglich. Das gesamte
Verfahren - von den Umständen der Festnahme, über die
Behandlung auf den Polizeirevieren, den Bedingungen in
der U-Haft, den Abläufen bei den Haftprüfungsterminen
bis zu der Konstruktion der Anklagevorwürfe -
entspricht in keiner Weise auch nur rechtsstaatlichen
Mindeststandards. Diese Fakten sind nicht zuletzt
durch die ausführlichen Reiseberichte der
Bundestagsabgeordneten Annelie Buntenbach, Christian
Ströbele und Heidi Lippman ausreichend dokumentiert.

Trotzdem ist die Unterstützung der Inhaftierten durch
die deutschen Behörden minimal. Mitarbeiter des
deutschen Konsulates interessierten sich lediglich für
die Gewährleistung gewisser Mindeststandards in den
Haftbedingungen und die Garantie eines
Rechtsbeistandes. Während selbst die österreichische
Regierung durch die Entsendung einer Vertreterin des
Außenministeriums politischen Druck auf die
italienischen Behörden ausübt, gibt es von Seiten des
deutschen Außenministeriums keine offizielle
Stellungnahme. Weder wird öffentlich Kritik am
Vorgehen der italienischen Polizei und Justiz geübt,
noch wird ein offizieller Regierungsvertreter zur
Aufklärung der Ereignisse nach Genua entsand. Offenbar
geht die rot-grüne Bundesregierung jeglichem
politischen Konflikt mit der neuen italienischen
Regierung - an der die Rechtspopulisten der Lega Nord
und die Neofaschisten der Allianza Nationale beteiligt
sind - aus dem Weg. Im Gegenteil, der für die
Polizeibrutalität politisch verantwortliche
italienische Innenminister Claudio Scajola erhielt von
Innenminster Otto Schily mit seiner Forderung nach
einer europäischen Anti-Krawall-Polizei politische
Rückendeckung.

Während die Weitergabe von internen Polizeidaten in
Österreich eine Regierungskrise und einen
Medienskandal auslöst, werden den inhaftierten
Deutschen bei Haftprüfungen umfangreiche Listen des
BKA’s über ihre Demonstrationsaktivitäten in der
Bundesrepublik vorgelegt. Dabei geht es noch nicht
einmal um rechtskräftige Verurteilungen sondern
lediglich um die Teilnahme an bestimmten
Demonstrationen oder rechtswidrige Ingewahrsamnahmen,
wie z.B. anläßlich der beiden berüchtigten Dortmunder
Kessel. Auch wird von der persönlichen Anwesenheit von
BKA-Beamten bei einzelnen Haftprüfungsterminen
berichtet. Damit unterstützen deutsche Polizeibehörden
die aberwitzige Kriminalisierungsstrategie der
italienischen Polizei.

Wir wenden uns entschieden gegen die Kriminalisierung
einer unliebsamen internationalen politischen
Protestbewegung. Legitime politische Kritik an einem
Armut und Hunger produzierenden Weltwirtschaftssystem
darf nicht mit paramilitärischen Methoden und dem
Einsatz äußerster Polizeibrutalität unterdrückt
werden.

- Wir fordern von Ludger Volmer sich als
zuständiger Staatsminister im auswärtigen Amt
persönlich in Genua über die ungeheuerlichen
Ereignisse zu informieren und für eine schnelle
Freilassung der noch Inhaftierten einzusetzen.

- Wir fordern von Ludger Volmer eine
öffentliche Stellungnahme zu unseren politischen
Forderungen und Anliegen.

- Wir fordern von der deutschen Bundesregierung
sich für die sofortige Freilassung der inhaftierten
GlobalisierungskritikerInnen einzusetzen.

- Wir fordern vom deutschen Außenministerium
eine klare Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen
und Grundrechtseinschränkungen durch die italienische
Polizei und Justiz.

- Wir erwarten eine eindeutige Protestnote des
Auswärtigen Amtes gegenüber der italienischen
Regierung, die das Vorgehen ihrer Behörden politisch
deckt.

- Wir erwarten von der Bundesregierung, daß sie
sich auf der Ebene der Europäischen Union für eine
Verurteilung der italienischen Regierung und der
italienischen Behörden einsetzt.

- Wir fordern eine offizielle europäisch
besetzte Untersuchungskommission zur Aufklärung der Vorwürfe gegen die italienische Polizei.

- Wir fordern die Aufklärung der illegalen
Weitergabe personenbezogener Daten durch deutsche
Behörden an die italienische Polizei.

 

20.08.2001
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