Presserklärung des Bundesvorstandes der Roten Hilfe 11.10.
PE: Massnahmepaket zur Inneren Sicherheit
Presserklärung des Bundesvorstandes der Roten Hilfe:
Maßnahmepaket zur Inneren Sicherheit
Heute berät der Bundestag in der ersten Sitzung über das von der
Bundesregierung vorgelegte und am 27.September 2001 vom Bundesrat
bewilligte Maßnahmenpaket zur Inneren Sicherheit. Dieses beinhaltet in
erster Linie die Streichung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz, die
Einführung des § 129 b StGB und eine Erweiterung des Lauschangriffs.
Es handelt sich hierbei um Schnellschüsse der Bundesregierung, die nicht
(nur) als eine rein populistische Maßnahme anzusehen sind. Von vielen wird
hier die Gunst der Stunde genutzt, um schon lange in der Schublade liegende
Gesetzesverschärfungen mit möglichst wenig Widerstand durchzudrücken und
somit die Grundrechte weiter einzugrenzen.
Sie sind in keinster Weise geeignet, Vorfälle, wie wir sie am 11.September
2001 erlebt haben, zu verhindern. Selbst das Ziel, das subjektive
Sicherheitsempfinden der Bürger zu erhöhen, schlägt in das Gegenteil um:
Ähnlich wie zu Zeiten der "Terroristenverfolgung" in den 70er Jahren wird
nun wieder hinter jedem Baum ein Terrorist vermutet. Dies dient nur
wenigen, wie z.B. den Herstellern von Gasmasken, die gerade Rekordumsätze
schreiben.
Dafür werden jedoch weitere Einschränkungen der Grundrechte hingenommen und
wer hieran Kritik übt, wird schnell als "Terroristenschützer" moralisch
verurteilt. Es darf nicht mehr differenziert werden; frei nach dem Motto:
"Datenschutz darf kein Täterschutz sein" ist nun fast alles erlaubt, was
nur den erwünschten Erfolg bringen könnte.
Von diesem ersten Maßnahmenpaket sind abgesehen von der Ausweitung des
Lauschangriffs und der E-mail-Überwachung in erster Linie Nichtdeutsche
betroffen. Sie haben keine Lobby und somit hält sich auch der Widerstand in
Grenzen. Fleißig wird an neuen und alten rassistischen Feindbildern
gebastelt, um die "Einheitsfront" der "zivilen" Gesellschaft festzuklopfen.
Waren vor ihrer Regierungsbeteiligung noch einige Grüne bereit, sich für
die Rechte der Nichtdeutschen einzusetzen, so beschränkt sich der
parlamentarische Protest gegen solche Maßnahmen heute auf die Fraktion der
PDS.
Besonders deutlich zeigt sich dies an der (fast nicht stattgefundenen)
Diskussion um den § 129 b StGB. Äußerten sich Grüne vor kurzem noch wie
folgt: "Eine Neufassung des § 129 b StGB darf daher keinen neuen
Gesinnungstatbestand schaffen, sondern muss sich auf die Bekämpfung
terroristischer und krimineller Aktivitäten konzentrieren", so sieht der
jetzige Entwurf nur einen reinen Verweis auf die Gültigkeit der §§ 129, 129
a StGB für ausländische Organisationen vor. Es gibt somit keinen Grund zu
der Annahme, warum dieser nun kein Gesinnungsparagraph werden sollte. Des
weiteren handelt es sich bei den §§ 129, 129 a StGB unserer Erfahrung nach
in erster Linie um Ermittlungsparagraphen, da diese den Weg zu erweiterten
bzw. erleichterten Ermittlungsmethoden eröffnen, jedoch bei weniger als 10
% der Ermittlungsverfahren überhaupt ein Gerichtsverfahren eröffnet wird.
Auch dieser, von den Grünen früher oft kritisierte Punkt soll nicht
korrigiert werden, sondern wird nun auch noch auf ausländische
Organisationen erweitert.
Der Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. protestiert aufs schärfste gegen
diese Gesetzesverschärfung und erneuert in diesem Zusammenhang seine
Forderung nach der Abschaffung der §§ 129, 129 a StGB.
Wir fordern alle fortschrittlichen Kräfte auf, nicht in den
(inter-)nationalen Chor der JAsager einzustimmen, sondern ihren
berechtigten Protest gegen den weiteren Abbau von Grundrechten und gegen
die Gesetzesverschärfungen an die Öffentlichkeit zu tragen.
Der Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. am 11.10.2001
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