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Berlin: Kostenbewußter BKA-Beamter Trede aß mit Bundesanwaltschaft am Savignyplatz

Trostloser Trede und das Tête-à-tête mit der BAW

Der heutige Verhandlungstag wurde mit der Zeugenvernehmung des BKA-Beamten Ralf
Trede (41) durch die Verteidigung fortgesetzt.
Dem Zeugen Trede wurden Auszüge verschiedener Vernehmungsprotokolle Tarek Mouslis
vorgehalten, wobei drei Themenkomplexe im Zentrum des heutige Prozesstages standen:
Ungereimtheiten bei der Sprengstoffsuche; Einschätzung zur Glaubwürdigkeit der Zeugin
Karmen T. und die Frage, wann Mousli erstmals die Kronzeugenregelung angeboten wurde.

Auch heute konnte nicht geklärt werden, warum die ersten beiden Suchaktionen nach dem
Sprengstoff mit Einsatz von Spezialkräften der Berliner Polizei erfolglos geblieben waren.
Mouslis Vermutung, es könne sich bei dem Versteck "eventuell um einen ähnlichen Graben"
gehandelt haben, sei vom Bundeskriminalamt (BKA) aus nicht nachgegangen worden, weil
Trede schon seit Juni 1999 "tausend Prozent" davon überzeugt gewesen sei, den gesuchten
Sprengstoff in genau diesem Seegraben zu finden. Während gestern festgestellt wurde, dass
die Spezialtaucher jede Menge Diebesgut im Graben entdeckt hatten, es also durchaus
ernsthafte Bemühungen der Berliner Spezialisten gegeben hatte, wollte Trede das Übersehen
des Sprengstoffes und eines Weckers damit erklären, sie hätten "ja nur die Oberfläche des
Schlicks" absuchen können. Entsprechend sah das BKA auch keine Veranlassung, den vielen
Eventualitäten und Unklarheiten bei der Sprengstoffsuche nachzugehen oder überhaupt in
Frage zu stellen, dass in genau diesem Graben Sprengstoff zu finden sein müsse.
Auf die Frage, wie die Glaubwürdigkeit der Zeugin Karmen T. zur damaligen Zeit
eingeschätzt wurde, konnte der Zeuge nur seine persönliche Meinung, nämlich, dass er im
großen und ganzen vom Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen überzeugt war, äußern. Zwei spätere
Haftbefehle gegen Tarek Mousli basierten ja auch tatsächlich auf Aussagen der Zeugin
Karmen T. und wurden mit deren Glaubwürdigkeit begründet.

Kronzeuge von Anfang an...

Immerhin konnte heute auch mit Trede geklärt werden, dass aus den Protokollen der
Vernehmung vom 15.04.99 zu Recht hervorgehe, dass man Mousli die Kronzeugenregelung
schon bei seiner ersten Vernehmung angeboten hatte. Trede, der stets nur unter Druck bereit
war, sich überhaupt konkret an etwas zu erinnern und insgesamt den Eindruck machte, gezielt
renitent an den Fragen vorbei zu reden, erwiderte in diesem Falle, dass, "wenn es so in der
Akte steht, dann stimmt das auch." Wie angespannt die Situation bei der Zeugenbefragung
schon bereits seit gestern Nachmittag war, zeigte sich bei einer Intervention des
Bundesstaatsanwalts Volker Bruns, der Rechtsanwalt Euler vorwarf, "Beweisverfälschung"
zu betreiben, weil dieser energisch versucht hatte, den Zeugen Trede dazu zu bringen, auf die
Fragen der Verteidigung konkret und präzise zu antworten

.. Sprengstoff ganz am Ende

Geklärt werden sollte auch, wie oft nach dem 24.08.99, der Tag des nun auf einmal möglichen
Sprengstofffunds, und Oktober 1999 Gespräche zwischen Mousli und Trede stattgefunden
hatten - keine Antwort, keine Erinnerung. Wie oft sie sich zwischen der ersten vergeblichen
Sprengstoffsuche und dem 24. August 1999 gesehen hätten - keine Antwort, keine
Erinnerung. Obwohl also die Staatsanwaltschaft und BKA-Mann Trede als leitender Beamter
in Sachen "Revolutionäre Zellen" davon ausgehen mussten, mit Tarek Mousli einen
mutmaßlichen Rädelsführer einer "terroristischen Vereinigung" vor sich zu haben, wollte
Trede sich nicht daran erinnern können, wann und wie oft er Kontakt zu Mousli gehabt habe.


Nicht viel besser sah es aus, als es um ein zwischen Bruns und Trede geführtes
Telefongespräch "vor etwa drei bis vier Wochen" ging. Dieses Gespräch war schon
Gegenstand der gestrigen Verhandlung gewesen und musste heute wieder aufgegriffen
werden, weil klar war, dass Trede mit seiner Behauptung, er habe keinen Kontakt zu Bruns
vor seiner Verhandlung gehabt, gezielt auf eine Lüge zugesteuert war - Bruns hatte gestern
hektisch interveniert, und so diesen Meineid seines BKA-Manns abgewendet. Die
Verteidigung stellte daher den Antrag, zunächst Bruns aufzufordern den Raum zu verlassen,
um so Trede getrennt vernehmen zu können. Nur so hätte sich durch eine Vernehmung von
Bundesanwalt Volker Bruns dann klären lassen, ob Trede die Wahrheit sagte.

Ferngespräch in Bogotá...

Richterin Hennig wollte diesen Antrag schon im Alleingang ablehnen, als ihr vom Kollegen
Hanschke zugeflüstert wurde, dass - wenigstens pro forma - sich das Gericht erst zur Beratung
zurückziehen müsse. Nach kurzer Beratung und etwas längerer Kaffeepause wurde der Antrag
abgelehnt und Bundesstaatsanwalt Bruns durfte im Saal bleiben. Trede, jetzt in einer
ähnlichen Situation wie sein damaliger Vorgesetzter, BKA-Kollege Schulzke, der von der
Bundesanwaltschaft wegen seines schlechten Erinnerungsvermögens gerügt worden war,
entschuldigte sich langatmig. Es täte ihm "wirklich leid", gestern nicht mehr an dieses
Telefonat gedacht bzw. es "verdrängt" zu haben. Ja, er hätte diesen Anruf in Bogotá erhalten,
Themen wären die Kosten des Telefonats, die Kosten für seine Reise, seine große Bedeutung
hier in Bogotá und auch kurz seine bevorstehende Aussage im Gerichtsverfahren gewesen.

Bruns teilte ihm nicht nur mit, dass er vorgeladen werde, weil sein Kollege Schulzke "keine
gute Figur" bei seinen Aussagen gemacht hätte. Dieser habe "sich nur schwer erinnern"
können. Bruns nannte ihm auch die Schwerpunkte der anstehenden Vernehmung in diesem
Hauptverfahren: den "Fundort Wassergraben", die Telefonüberwachungsbänder und den
Großeinsatz im MehringHof.

.. Steuergelder in Berlin

Trede behauptete, sich selbstständig auf diese Verhandlungstage vorbereitet zu haben, ohne
von jemandem eingewiesen worden zu sein. Auf wiederholte Nachfragen meinte er sodann,
sich an den Inhalt dieses Telefongesprächs mit Bundesanwalt Bruns nicht mehr genau
erinnern zu können, denn er sei zu diesem Zeitpunkt "in einer extremen Situation" gewesen.
Was ihm zu dem Komplex Wassergraben gesagt worden sei, daran wollte er sich nach "drei
bis vier Wochen" nicht mehr erinnern können. Bei den Telefonüberwachungsbändern sei es
um die Kosten der Kopien gegangen - "die 20.000 Mark Kopierkosten haben auch mich
empört" -, aber um nichts Inhaltliches. Das habe ihn aber ohnehin nicht interessiert, denn er
habe sich "aus der Telefonüberwachungsgeschichte heraus gehalten", so allen Ernstes einer
der beiden leitenden Kriminalbeamten in Sachen Berliner "RZ".

Plaudern und Speisen am Savignyplatz...

Gefragt, ob er denn seit gestern Nachmittag noch Unterstützung erhalten habe, um sich besser
zu erinnern, wich Trede erneut aus. Er habe sich, weil es ihm "sehr peinlich und unangenehm"
gewesen sei, bei Bruns nach Prozessende um 17.00 Uhr dafür entschuldigt, dieses Telefonat
vergessen zu haben - und sei dann mit ihm und Bundesanwalt Maegerle per Taxi zum
Savignyplatz gefahren, um dort zu Abend zu essen. "Bis etwa 23.00 Uhr" hätten sie dort
gegessen und geplaudert. Allerdings habe er seine Erinnerung, das Telefonat mit Bruns und
den Fahndungsverlauf in Sachen "RZ" betreffend, "alleine wiederhergestellt."
Bei dem gemeinsamen Essen sei es zwar "auch um die Hauptverhandlung" gegangen, man
habe sich über einige Verteidiger unterhalten, die einem von Zeit zu Zeit das Gefühl
vermittelten, "im Kasperletheater" zu sein. "Ich hatte nicht das Gefühl", so Trede, sein
Aussageverhalten sei von den Bundesstaatsanwälten bewertet worden. Auch sei er am Ende
der gestrigen Hauptverhandlung schon "müde und etwas unkonzentriert" gewesen. Er hätte
jedoch noch erwähnt, dass damals "im Juni 1999 die Situation beim BKA schon ins
Chaotische ging", was er in seiner Vernehmung aber nicht habe sagen wollen. Das sei aber
die einzige Sache gewesen, die über das hinausging, was er im Gerichtssaal gesagt habe.
Auch sonst hätten weder er, noch Bruns oder Maegerle in irgendeiner Form den Verlauf des
Prozesstages inhaltlich kommentiert.

.. und Schweigen im Kammergerichtssaal 500

Vollständig verweigerte Trede Aussagen dazu, wie denn nach zwei vergeblichen Versuchen,
Sprengstoff in dem Wassergraben zu finden, seine Kollegen vom BKA und der damalige
Leitende Bundesstaatsanwalt Monka darauf reagiert hätten, dass Mouslis Angaben nicht zu
einem Fund geführt hatten. Mehrmals schwieg er minutenlang, um dann wieder keine
Antwort auf die Fragen der Verteidigung zu geben.
Wann ihm bekannt geworden sei, dass Überwachungsbänder nicht in die Hauptverhandlung
eingeführt worden waren, konnte er ebenfalls nicht mehr erinnern, meinte nur: "Ich wusste
das vorher nicht, ich habe mich aber auch nicht darüber gewundert, dass die vergessen
wurden."

Nächster Verhandlungstag ist Donnerstag, der 20. Dezember 2001. Es wird ein weiterer
Versuch unternommen, den Zeugen Trede zu befragen.

 

15.12.2001
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