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Osnabrück: Presseerkärung zu Prozessen wg. Hausbesetzung

Wir stehen in diesen Tagen vor Gericht, weil wir in der
Nacht zum 30. Juni 2001 die Gesmolderstrasse 19 besetzten. Anstoss für diese
Besetzung gab zum einen die Wohnungsnot einiger Jugendlicher, als auch unser
Vorhaben, dort ein selbstverwaltetes, soziales und multikulturelles Zentrum
zu realisieren.

Zur Umsetzung unserer Ideen und Utopien wählten wir die Aktionsform der
Hausbesetzung, da seitens der Stadt auch nach der Räumung der Langen Strasse
1992 trotz anders lautender Aussage in Gesprächen mit OB Fip keine
Bereitschaft zu erkennen war ein geeignetes Objekt zur Verfügung zu stellen.
Anstatt uns in langwierigen und aussichtslosen Verhandlungen als Bittsteller
von der Stadt abhängig zu machen, wählten wir nach dem Prinzip der direkten
Aktion den Weg der Eigeninitiative. Leider wurden wir schon eine halbe
Stunde nach Eintreten in das Gebäude von der Polizei wieder "herausgeräumt".

Uns allen wird nun vorgeworfen uns "öffentlich zusammengerottet" zu haben
"in der Absicht Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen [...] zu
begehen". Dies ist eine böswillige Unterstellung - auch angesichts der
Tatsache, dass wir uns widerstandslos räumen liessen. Desweiteren seien wir
"in das befriedete Besitztum eines anderen widerrechtlich eingedrungen" und
uns wird "schwerer Hausfriedensbruch" vorgeworfen. Mittlerweile hat das Haus
einen schweren Haus-ab-bruch hinter sich... Dieses Haus, Besitz der Stadt
Osnabrück, stand zuvor über Jahre hinweg leer...es war also ganz und gar
nicht befriedet, sondern leblos und verwahrlost. Wir hingegen wollten mit
unserer Besetzung dem Haus Leben einhauchen und ihm wieder einen Sinn geben
- wir nennen das InstandBesetzung. Gewalttätigkeiten gegen Sachen, oder gar
Personen, hatte niemand im Sinn. Ganz im Gegenteil, wir haben nach wie vor
friedliche Absichten, die wir bereits durch die Besetzung deutlich gemacht
haben. Denn sie sollte die Schaffung eines selbstverwalteten, offenen
Zentrum für alle ermöglichen.

Aber die Politik der Stadt ist schon seit Jahren danach ausgerichtet (und
daran ändert auch ein "Regierungswechsel" nichts), kleine Projekte
zusammenzukürzen, derweil uns immer neue und noch grössere Konsumtempel vor
die Nase gesetzt werden. Diese aber lassen ganze Bevölkerungsgruppen aussen
vor: SchülerInnen, Studierende, Flüchtlinge, Sozialhilfeempfänger,
Arbeitslose und so fort. Die Menschen werden zu Objekten, passiven
Konsumenten degradiert. Der Kunde ist König - solange er zahlt. Und die
städtischen Jugendzentren beschränken sich auf Konsumangebote statt
Eigeninitiative und selbstbestimmtes Denken zu fördern.

Polizisten mit Knüppeln in der Hand und die gerichtliche Verurteilung von
Instandbesetzungsversuchen können unserer Meinung nach reichlich wenig dazu
beitragen diese Probleme zu lösen.

Daher besteht nach wie vor die Notwendigkeit eines selbstverwalteten
Zentrums. Derartige Projekte arbeiten in anderen Städten höchst erfolgeich
und leisten nicht nur für das kulturelle Leben einer Stadt einen wichtigen
Beitrag, z.B. AJZ Bielefeld, UZ Kornstrasse/Hannover, Alhambra /Oldenburg.

Die ersten Prozesse gegen jugendliche und heranwachsende Besetzer der
Gesmolderstrasse gingen vergleichweise glimpflich aus: ein Arbeitseinsatz im
Umfang von 10 Stunden, 2 Geldbussen von je 25 Euro sowie zwei Verwarnungen.
Die Besetzer befürchten jedoch bei den noch verbleibenden Prozessen gegen
die "erwachsenen" Besetzer härtere Sanktionen.

Die ehemaligen BesetzerInnen der Gesmolderstrasse

 

21.02.2002
anonym zugesandt   [Aktuelles zum Thema: Squatting]  Zurück zur Übersicht

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