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Halle/Saale: Demonstration am 03.02.02: "BGS-'Idealismus', struktureller Rassismus, Staatsterrorismus"

Der gesamte Bahnhof in Halle/S. wird von Kameras überwacht. So wird jeder Mensch erfasst, der das Bahnhofsgebäude betritt. Der über kugelgelagerte Kameras gefilmte Mensch kann so bis zum Bahngleis und zum Einsteigen in den Zug lückenlos überwacht werden. Wenn man am Bahngleis steht, kann man gut sehen, wie die Kameras auf ausländisch aussehende Menschen schwenken. Die BGS-Beamten, die in der Bahnhofhalle sind, stürzen dann in großer Eile auf das entsprechende Gleis. Eine rassistische Kontrolle mehr findet statt.

Trotzdem war es am 31.01.02 möglich, das zwei Neonazis mit Kampfhund und Flüchtlinge beschimpften, bespuckten und bedrohten, ohne dass der BGS auftauchte, obwohl die BGS-Station am selben Gleis Nummer 6 ist. Die Neonazis fielen bereits im Zug von Dessau nach Köthen auf, sie misshandelten den Stafford Terrier so sehr, dass andere Passagiere ?Alarm schlugen? Trotzdem konnten sie ungehindert die Fahrt fortsetzen. Die Bahnbeamten nehmen genauso wenig wie der BGS an dem Kampfhund Anstoß, obwohl Kampfhunde in Bahnhöfen und der Bahn nicht erlaubt sind und die Bahnbeamten geschult wurden um solche zu erkennen, noch an den pöbelnden Glatzen direkt an der BGS-Station.

Ein Flüchtling konnte so nicht in den Zug steigen. Einer der Flüchtlinge wurde dann im Zug von den Naziglatzen um 21.20 h mit einem Butterfly-Messer zwischen Halle Hbf und Halle-Ammendorf bedroht. Der zuvor heißgemachte Kampfhund bekam den Maulkorb abgenommen und wurde auf den Flüchtling gehetzt. Der Hund versuchte dem Angegriffenen an die Kehle zu springen, dieser stürzte, der Kampfhund verbiss sich im Unterschenkel und die beiden Neonazis traktierten ihn mit Tritten und Schlägen. Glücklicherweise verloren die Rechten dabei das Messer, so dass er sich gegen die Angreifer verteidigen konnte. In Halle-Ammendorf stoppte der BGS den Zug. Die Gewalttäter wurden vernommen, es wurde festgestellt, dass sie etwa 1,6 Promille hatten, der Hund wurde ins Tierheim gesteckt -und die Täter wurden freigelassen.

Am nächsten Tag erstattete das Opfer, das am Abend noch ins Krankenhaus gebracht werden musste, Anzeige. Er wurde fotografiert. Danach vollendete der BGS seine völlige Ignoranz und Desinteresse gegenüber den Bedürfnissen und Gefühlen von Gewaltopfern und gab die Bilder ohne Einverständnis des Opfers an die Bildzeitung und die Mitteldeutsche Zeitung (MZ) weiter. So wurde, nachdem am 07.02. das Fehlverhalten des BGS bekannt wurde die Fotos des Opfers auf den Titelseiten dieser Zeitungen veröffentlicht. Eine sehr bedrohliche Situation für einen Flüchtling in einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt. Die Täter werden nicht mit Bild veröffentlicht, der Name wird noch nicht mal erwähnt.

Das Opfer rechtsextremer Gewalt wird der Gefahr neuer Übergriffe ausgesetzt, die Täter werden geschützt. Dieses sowohl von BGS als auch von den Zeitungen verantwortungslose Verhalten markiert den Gipfel der Skrupellosigkeit. Es ist auch nicht zu erwarten, dass dieselben Beamten, die Flüchtlinge abschieben und tagtäglich durch rassistische Kontrollen schikanieren oder Zeitungen die immer wieder durch rassistische Hetze (Schwarze = Drogendealer) auffallen, fähig sein könnten auf Flüchtlinge, die Opfer eines schweren Übergriffs wurden, angemessen reagieren könnten.

Außerdem zeigt dieser Angriff in aller Deutlichkeit, dass weder Kameraüberwachung (?an Brennpunkten) noch Gesetzesverschärfungen etwas bringen, wenn BGS-Beamte und Bahnangestellte diese bei (rechten) Gewalttätern seelenruhig ignorieren.
Filmende Kameras schaffen keine Sicherheit, wenn die Bilder von denjenigen angesehen werden, die selber permanent rassistische Kontrollen durchführen und bereits fünf Flüchtlinge bei Abschiebungen umgebracht haben. BGS-Beamte, die hauptsächlich gegen Flüchtlinge und MigrantInnen eingesetzt werden, sind absolut unfähig, genau diejenigen deren Schikanierung, Misshandlung und Abschiebung sie als Aufgabengebiet haben, vor Neonaziangriffen zu schützen. Sie vollenden den staatlichen Rassismus und dulden den Rassismus der Nazis als Ergänzung ihrer eigenen Gewalt.

Schärfere Gesetze können nicht helfen, wenn Neonazis als nicht-störende Normalbürger wahrgenommen werden, und nicht angewandt werden.

Keine Kameraüberwachung, keine Gesetzesverschäfungen!!!

Die Erfahrung mit Kameraüberwachung der letzten Jahre zeigt, das durch Kameras keine Straftaten verhindert werden können. Wenn in einem solchen offensichtlichen Fall von rassistischer Gewalt, diejenigen, die vor den Bildschirmen sitzen und die Situation live erfolgen, nicht reagieren, stellt sich die Frage welche Funktion Kameras überhaupt haben. Wäre auch nicht eingeschritten worden, wenn die Täter nicht-deutsch ausgesehen hätten?

Konsequenter Opferschutz statt BGS-Willkür!!!

Demonstration am 03.02.02 "BGS-'Idealismus', struktureller Rassismus, Staatsterrorismus"

12.00 h in Halle/S. Hbf am BGS-Parkplatz
oberer Eingang am Busbahnhof

 

26.02.2002
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