Woomera: Bericht vom AktionCamp
Am Donnerstag hatte das Camp begonnen, und nachdem ca. 40 Menschen die ersten Zelte aufgebaut hatten, versuchten die Bullen, das entstehende Camp zu raeumen.
Dieser erste Versuch wurde vereitelt und voruebergehend Verhaftete konnten befreit werden.
Am Freitag, dem eigentlichen Anreisetag, machte sich dann gegen 18.00 Uhr eine 'no one is illegal' - Spontandemo auf den Weg zum ersten der drei Zaeune, die das Camp umgeben. Eigentlich als Ruetteln- am- Zaun Aktion geplant, gab es kurz vorher die info, dass die Inhaftierten im detention centre zur gleichen Zeit einen riot starten, um am Zaun die Camp- TeilnehmerInnen zu begruessen.
Der erste Zaun, 3 m hoch und oben mit dickem nato draht (rasiermesserscharf) gesichert, wurde durch das beherzte Klettern und Ruetteln schnell ueberwunden, um dann, berauscht von der Entschlossenheit der Aktion, bis zum eigentlichen Zaun, hinter dem die Gefangenen schon auf uns warteten, vorzudringen.
All dies geschah bis dahin ohne Polizeibegleitung, was sich denn fuer europaeische Verhaeltnisse eher surreal anfuehlte, so mitten in der Wueste.
Nach begeistertem, solidarischem Empfang und zahlreicher Willkommensgesten auf beiden Seiten geschah dann irgendwann das Unfassbare, Inhaftierte bogen mit einer Metallstange eine Oeffnung in den Zaun und einer von innen sprang nach aussen. Unglaublich, frenetischer Jubel auf beiden Seiten. Die geringfuegig vorhandenen Bullen wollten ausrasten, waren aber zu wenige, so dass nach und nach weitere Gefangene auf diesem Weg den Knast verliessen.
Ein wohl unglaublicher Moment fuer viele von uns, das ewige " free the refugees"- skandieren, nun mehr als nur eine Parole. Desweiteren wurden einige Wiederfestnahmen durch AktivistInnen vereitelt, spontan, von vielen mitgetragen.
Irgendwann gelang es den Bullen, den Zaun notduerftig abzuriegeln, trotzdem sprangen weitere von innen ueber die Bullenkette nach aussen.
Insgesamt entkamen 47 Personen (laut mainstream- media) der Hoelle von Woomera, ca. 15 wurden jedoch sofort von Greiftrupps der Bullen wieder festgenommen, der Rest floh ins Camp.
Nach ca. 2 Stunden verliessen wir das Areal, etwas angetrieben von 8 Pferden und ca. 100 Bullen.
Nun war eine voellig neue Situation entstanden, mit der wohl keineR gerechnet haette, aber eine unbekannte Anzahl von Geflohenen versteckte sich in unterschiedlichen Zelten im Camp, darauf wartend; dass wir unser Versprechen einloesen und sie befreien und in Sicherheit bringen.
Waehrend bis in die Nacht hinein intensivst diskutiert wurde; versuchten Einzelne nach dem Abzug der Bullen, die das Camp umstellt hatten, die Befreiten aus dem Camp in die naechstgelegenen Staedte rauszubringen (Port Augusta 200 km, Adelaide 500 km, dazwischen Wueste).
Es war total unklar, was die Bullen derzeit planten und was denn nun zu tun sei; die Entkommenen waren in aeusserstem Stress und warteten auf weitere Unterstuetzung; einige wollten sich lieber sofort toeten als zurueck in den Knast zu gehen. (Einige sassen seit 2 Jahren in Abschiebehaft, auf andere wartet ein Folterregime).
Eine wirkliche Loesung in dieser Nacht gab es nicht, es ist nur bekannt, dass 37 von den 47 wieder gefangen genommen worden sind. Einige sind von der ACM ( privates Wachpersonal von Woomera) bei den Verhaftungen oder spaeter misshandelt worden, u.a. wurden ein zwoelfjaehriges Maedchen und ein dreizehnjaehriger Junge mit Knueppeln geschlagen).
Es ist nicht sicher, was den anderen 10 passiert ist, aber einige sind definitiv durch die Bullensperrungen gekommen. Es gibt ein ein Netzwerk zur Unterstuetzung von illegalisierten MigrantInnen, aber z.Zt. ist nix klar und die Infos werden verdeckt gehalten. Allerdings gab es neben grosser Begeisterung auch einiges an Selbstkritik bezueglich mangelhafter Vorbereitung fuer die Folgen der Aktion, zu negativ zu planen und dementsprechend solch eine Situation erst gar nicht zu denken etc. Einige MigrantInnen waren sehr enttaeuscht und fuehlten sich im Stich gelassen, mit dem wohl schrecklichen Gefuehl nach einem kurzen Moment der Freiheit wieder geknastet zu werden.
Am folgenden Tag, die meisten Leute schienen eher muede und beschaeftigt die Ereignisse des Vortags und der Nacht zu verdauen, geschah eher wenig. Allerdings gab es nachmittags im Rahmen eines meetings, das die eigentlichen BesitzerInnen des Landes, Leute vom Kokatha-Volk einberufen hatten, Kritik an der Aktion. Diese wurde als zu gewaltaetig und so nicht mit den indigenen EignerInnen abgesprochen empfunden. So zeigte sich fuer uns, das das geplante Zusammenbringen der verschienden Kaempfe sehr schwierig ist, solange nicht-indigene AktivistInnen nicht respektvoll genug mit den urspruenglichen EignerInnen umgehen. Die Kokatha Leute kaempfen seit Jahrzehnten um die Rueckgabe ihres Landes, gegen den Uraniumabbau auf ihrenm Land, Atommuellendlager, den Abschiebeknast und befuerchten, das ihre Forderungen im gerade hippen Kampf fuer die Rechte der Fluechtlinge untergehen.
So wurde gestern nacht dann beschlossen, eine Resolution fuer die UN zu verfassen, die die Kokatha in ihrem Kampf unterstuetzt und die verschieden Kaempfe solidarisch verbindet. Im Camp gab es Schwierigkeiten, den noetigen Respekt nicht mit hierarchisiertem Gehorsam zu verwechseln, also selbstaendig zu denken und respektvoll zu handeln - fuer uns als deutsche Aktivisten ein krasses Thema, ein fortschreitender genocide, Landrechte, ueberhaupt die Anerkennung des Voelkermordes an den Aborigines und wie das Leute, die die weisse Dominanzkultur gewoehnt sind, so fuer sich umsetzen. Viel zu denken und etwas andersartigen Rassismus neu zu erleben...
Auf AktivistInnen Seite gabs ca. 30 Verhaftungen( alle sind wieder frei, aber vom Camp gebannt ), wenige Verletzte, relativ wenig Polizeistress, was u.U. auf Kompetenzstreitigkeiten innerhalb der verschiedenen Ordnungsinstanzen (Commonwealth-Police, South-Australia- und Federal-Police ) zurueckzufuehren ist - das gesamte Areal befindet sich im vom Commomwealth geklauten und militaerisch abgesicherten Sperrgebiet, welches in den 50igern auch als Atomtestgelaende missbraucht wurde ( noch heute sterben Kokatha People und andere an den Folgen der Tests ).
Das camp wird noch bis Montag mittag andauern, einige Leute planen, hierzubleiben und weitere Kontakte zu den Inhaftierten aufzubauen, es wird vermutlich noch Aktionen zum Uraniumabbau und weitere Aktionen am Zaun geben.
Es sind weitere Aktionen an geplanten und den 7 weiteren Abschiebeknaesten geplant. Toll war zu hoeren, das es Soli-Aktionen in Edinburgh, NYC, Melbourne und Berlin gab! Sie wurden begeistert aufgenommen. Insgesamt ist die Stimmung weiterhin gut, wobei uns scheint, das viele durch Freitag Angst vor ihrer eigenen Courage und Staerke bekommen haben. Auch ist der Alltag in der Wueste hier ziemlich anstrengend, staubig, heiss und windig.
Sonnige Gruesse vom down under aktionstourismus!
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