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Berlin: 67. Prozesstag: Von 'Feuerwalzen' und 'Göttinen' - Polizeibeamte kramen in ihren Erinnerungen

67. Prozesstag: Von 'Feuerwalzen' und 'Göttinen' - Polizeibeamte kramen in ihren Erinnerungen

Heute gaben sich eine Vielzahl von LKA- und BKA-Beamten ein Stelldichein zur Zeugenvernehmung. Im gut besuchten Zuschauerraum, heute nahezu ausschließlich ein Zuschauerinnenraum - eine Klasse von Pflegedienstleiterinnen verfolgte das Geschehen -, begann der Reigen mit einem Eklat in Gestalt von Hans-Joachim Löber (56). Löber, 14 Jahre beim Entschärfungsdienst und jetzt als Polizeidozent tätig, beschimpfte die Richterin, weil diese ihn trotz einer Beerdigung hatte zwangsweise vorladen lassen. Danach äußerte sich Löber zu dem nicht gezündeten "Sprengbrandsatz" in dem Fluchtwagen, der für die Beinschüsse auf Korbmacher genutzt wurde.

Sodann wurden die Landeskriminalbeamten Arnold Fischer (57), Jörg Reutsch (42) und der jetzt in Vilnius/Litauen tätige BKA-Mann Rüdiger Richter (39) zum Anschlag auf die Siegessäule und dem dort vorgefundenen zweiten nicht gezündeten Sprengsatz befragt. Während Fischer, der "den ersten Angriff durchgeführt" hatte von Beschädigungen an der "Göttin" zu berichten wusste, sprach Reutsch von einer "Puppe", die auf einer hohlen Säule stehe - "kein Vollmaterial, wäre ja auch statisch sinnlos", so der gelernte Maschinenbauer. BKA-Mann Richter beendete den vormittäglichen Reigen und berichtete, dass er derjenige gewesen sei, der die Feinasservierung der gefundenen Beweismittel unternommen habe.

Nach der Mittagspause wurden sodann Uwe Igelmann (32) und Uwe Hübel (44) zu den verschiedenen Wohnorten von Sabine Eckle bzw. Rudolf Schindler vernommen. Während Hübel schlicht bei den Einwohnermeldeämtern von Gütersloh und Frankfurt/M. angerufen und so die Meldeadressen Schindlers erfahren hatte, galt es unter den ProzessbesucherInnen als nicht ganz ausgeschlossen, dass der umfänglich recherchiert habende Igelmann sich demnächst das Leben nehmen würde, weil er sich bei einem Dutzend unterschiedlicher Meldeadressen von Sabine Eckle, die diese seit den 50er Jahren gehabt hatte - "das tut mir wirklich sehr leid" -, an eine Hausnummer nicht mehr erinnern konnte.

Zu insgesamt fünf Anträgen nahm sodann die Bundesanwaltschaft Stellung. So wurden die Anträge von den Rechtsanwältinnen Würdinger und Studzinsky vom 28. März 2002 moniert (vgl. den dortigen Prozessbericht), dem Antrag von Rechtsanwalt von Schlieffen auf eine erneute Zeugenvernehmung wurde entsprochen. Widersprochen wurde hingegen dem Antrag der VerteidigerInnen Lunnebach und Kaleck, die die Wortlautabschrift des Videos von der zweiten MehringHof-Durchsuchung verlesen haben wollen.

Abschließend brachte die Vorsitzende Richterin, Gisela Hennig, zur Kenntnis, dass der MfS-Vorgang "Separat" mit Zeugenvernehmungen zur Identifizierung des Angeklagten Borgmann in das Verfahren eingeführt werden soll. Der Prozeß wird am kommenden Freitag, 9.15 Uhr, fortgesetzt.

 

11.04.2002
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