Berlin: Info zum 82. Prozesstag am 20. Juni 2002
Info zum 82. Prozesstag am 20. Juni 2002
Der Prozess konnte erst nachmittags um 13 Uhr beginnen, da einer der Richter sich wohl beim Verzehr - was man hörte - von Gänseleber den Magen verdorben hatte. Dennoch fand er sich sichtlich angeschlagen bereit, den Ausführungen des Klebstoff-Gutachters zu folgen, ehe er in den Krankenstand wechselte.
Für Freunde von Klebstoff hoch interessante drei Stunden lang versuchten das Richterkollegium und die Bundesanwaltschaft die Stichhaltigkeit der Untersuchungsergebnisse des Experten vom Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und Materialforschung aus Bremen in Frage zu stellen. Das Untersuchungsergebnis war nämlich nicht im Sinne der Anklage, da es den Kronzeugen nach der Sprengstoff-im-Mehringhof-Pleite einmal mehr der Unwahrheit zumindest verdächtig machte.
Der Bremer Diplom-Chemiker war bei der Untersuchung eines blauen, mit Sprengstoff bepackten Plastikbeutels, der - verschlossen mit Klebeband - nach Angaben des Kronzeugen 1995 im sogenannten Seegraben versenkt und vier Jahre später geborgen worden sein soll, zu dem Ergebnis, dass dieser aller Wahrscheinlichkeit nach nicht länger als "Wochen bis Monate" in jenem Wasser gefüllten Graben gelegen haben kann.
Rege Aktivität und eine überraschende Aufgewecktheit waren auf Seiten der Bundesanwaltschaft zu beobachten, um das - bei aller wissenschaftlichen Zurückhaltung - ziemlich eindeutige Gutachten ins Wanken zu bringen. Einer der drei Herren musste sich sogar durch einen in Englisch verfassten Fachartikel über bakterielle Degradationsprozesse bei Naturkautschuk arbeiten, um unter Beweis zu stellen, was der Gutachter nicht behauptet hatte, nämlich, dass er, der Sachverständige, kein Experte für Mikrobiologie sei.
Die Fragen der Mikrobiologie sind es denn auch, die eine kürzere Verweildauer der Sprenstofftüte im Seegraben nahe legen und deren Beantwortung den Kronzeugen vollends der Lüge überführen könnten.
Der Prozess wird am Donnerstag, 27. Juni, um 9.15 Uhr fortgesetzt
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