München: Zur Durchsuchung des Convergence Centers der Mobilisierung gegen die Nato-Sicherheitskonferenz
Zur Durchsuchung des Convergence Centers der Mobilisierung gegen die
NATO-Sicherheitskonferenz
Dies ist nur ein erstes kurzes statement, geschrieben um 5 Uhr früh, ohne
einen umfassenden Ueberblick ueber das was passiert ist. Eine längere
Erklärung wird folgen.
Am 7.2. gegen 23.00 wurde das Convergence Center von starken Polizeikraeften
gestuermt. Mehrere Hundertschaften des beruechtigten bayrischen
Sonderkommandos USK drangen mit Unterstuetzung von Zivilpolizisten mit
brutaler Gewalt in unsere Raeume ein. Die Aktion war offensichtlich von
langer Hand geplant. Die ueber 40 VW-Busse mit denen die Polizei vor Ort
war, waren gezielt so abgestellt worden dass sie fuer uns nicht sichtbar
waren.
Die eindringenden Polizisten kamen im Laufschritt in die Raeume und bahnten
sich ihren Weg durch die umstehenden Besucher des Zentrums mit Schlaegen,
Tritten und Stoeßen. Die USKler trugen Ganzkoerperpanzer und waren mit
Bolzenschneidern, Brecheisen und anderem Einbruchswerkzeug ausgeruestet und
mit schweren langen Stahltaschenlampen, Tonfa-Schlagstoecken umd scharfen
Schusswaffen bewaffnet. Sie begannen sofort die Umherstehenden zu filmen und
zu fotographieren. Auf die Frage nach dem Grund des Einsatzes wurde weder
von den USKlern noch von der spaeter eintreffenden Einsatzleitung eine
Antwort gegeben. Alles was uns gesagt wurde ist dass es sich um eine Razzia
handle und wir beim geringsten Widerstand mit "hartem Durchgreifen" zu
rechnen haetten - das heißt mit noch brutalerer Gewalt. Als alle Raeume
unter die Kontrolle der Polizisten gebracht worden waren wurde uns nicht
mehr erlaubt uns innerhalb der Raeume frei zu bewegen geschweigeden diese zu
verlassen. Leute in den hinteren Teilen der Raeume wurden gezwungen unter
Polizeibeobachtung in eine Wanne zu pinkeln weil ihnen der Weg aufs Klo
verwehrt wurde. In allen Raeumen wurden die Anwesenden ununterbrochen
gefilmt, oft aus mehreren Richtungen gleichzeitig. Einem von uns
verstaendigten Anwalt wurde vom Einsatzleiter der anwesenden Polizei erneut
gesagt, dass kein Motiv fuer den Ueberfall genannt werden koenne.
Verstaendigten PressevertreterInnen wurde von der Polizei der Zugang Zu
Convergence Center verwehrt. Nach ueber einer Stunde kollektiver
Gefangenschaft wurde uns mitgeteilt dass wir gezungen wuerden uns alle einer
sog. Identitaetsfeststellung zu unterziehen, d.h. sich einzeln und schutzlos
dem Schlaegerkommando auszuliefern dem wir uns gegenuebersahen. Ein Teil der
Anwesenden kam der demuetigenden Aufforderung der Polizei nach um moeglichst
schnell dem unzumutbare Zustand der Gefangenschaft im Inneren des
Convergence Centers zu entgehen, andere beschlossen der Aufforderung der
Polizei nicht nachzukommen. Jene die darauf bestanden Zusammenzubleiben und
die Raeume gemeinsam zu verlassen wurden unter exzessiver Gewaltanwendung
voneinander getrennt und abgefuehrt. Mehrere von uns wurden, sobald sie
alleine mit den Polizisten waren, durch Schlaege, Tritte, Gelenkhebel und
Wuergegriffe etc. verletzt. Ausserdem wurden viele von uns von den
anwesenden USKlern bedroht und dazu aufgefordert sich morgen auf der Demo
nicht blicken zu lassen weil sie sonst noch mehr abbekaemen. Einige von uns
wurden festgenommen, die Zusage der Polizei es handle sich nur um
Personenkontrollen war wie zu erwarten eine Lüge.
Wir sehen in dem was vorgefallen ist eine brutale polizeiliche Provokation
und den Versuch einer Vorfeldkriminalisierung gegen die gesamte
Mobilisierung gegen die NATO-Sicherkeitskonferenz. Die von der Polizei
betriebene Eskalation sucht ihresgleichen. Die Raeume eines gemeinützigen
Vereins werden ohne jegliche rechtliche Grundlage von einem
Sondereinsatzkommando gestuermt, die Anwesenden misshandelt, voruebergehend
gefangen genommen und kontrolliert oder gar festgenommen.
Wir werden uns vom Vorgehen der Polizei nicht einschuechtern lassen. Wir
werden, die Raeume des Convergence Centers weiter geoeffnet halten und somit
unseren Teil zum Widerstand gegen die NATO-Sicherheitskonferenz beitragen!
Wir fordern die sofortige Freilassung all derjenigen die im Convergence
Center festgenommen wurden!
Gegen den Polizeiterror setzen wir unsere Solidarität!
Für einen entschlossenen Widerstand gegen die NATO -Sicherheitskonferenz!
7/8.2.2003 Für die Convergence Center Crew
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Presseerklärung
Der Anwälte der festgesetzten Demonstranten im "Tröpferl-Bad" am
07./08.02.2003
Die großangelegte Polizeiaktion gegen die ca.200 jungen Leute, die sich in der
Nacht vom 7. auf den 8.02. im Bürgertreff im "Tröpferlbad" in der
Thalkirchnerstraße aufhielten, war ein krasser Fehlschlag. Die Polizei drang in
der Nacht des 07.02.03 mit mehreren Hundertschaften aus verschiedenen
Bundesländern in das Gebäude des ehemaligen Tröpferlbades ein. Dort war von den
Veranstaltern einiger Demonstrationen gegen den drohenden Angriffskrieg auf den
Irak ein Treffpunkt eingerichtet worden, indem sich die Demonstranten aufwärmen
konnten und mit Essen und Trinken versorgt werden sollten.
Ohne richterlichen Beschluss drangen die Polizeibeamten in das Gebäude ein,
durchsuchten und fotografierten alle Räume und setzten sämtliche Insassen zur
Identitätsfeststellung fest. In einer stundenlangen Prozedur wurden die jungen
Leute in kleinen Gruppen schwer bewacht herausgeführt und ihre Personalien
festgestellt. Konkrete Vorwürfe von Straftaten wurden nach unserer Erkenntnis
gegen keinen einzigen der Festgesetzten erhoben. Es wurden auch keinerlei Waffen
oder sonstige Hinweise auf Straftaten im Zusammenhang mit den bevorstehenden
Demonstrationen gefunden. Die Polizei stützte sich vielmehr auf dubiose
angebliche Berichte aus nicht genannten Quellen, es würden angeblich
"Straftaten verabredet". Um diese zu verhindern müssten die Personalien der
Besucher des Tröpferlbades festgestellt werden.
Die Unsinnigkeit dieser Vorwürfe im Zusammenhang mit der vollständig überzogenen
Polizeiaktion ist offensichtlich. Tatsächlich wurden fast alle der Festgesetzten
nach der mehrstündigen Prozedur, die bis weit nach Mitternacht andauerte wieder
entlassen. 22 Personen wurden nach den Vorschriften des bayerischen
Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in sog .Vorbeugehaft genommen - angeblich, um sie
an bevorstehenden Straftaten zu hindern.
Nach den Vorschriften des PAG ist die Polizei verpflichtet die Festgesetzten
"unverzüglich"! dem Richter vorzuführen, der die Berechtigung der
Ingewahrsamnahme zu prüfen hat. Obwohl die Abteilung Staatsschutz der Münchner
Kriminalpolizei in Extraschichten arbeitete und einen eigenen Flügel des PP nur
für die Demonstrationstage bezogen hatte, brauchte sie mehr als 12 Stunden um
die Akten dem zuständigen Ermittlungsrichter im selben Hause vorzulegen. Dabei
stellten sich groteske Fehlgriffe heraus: So wurde eine junge Frau in Gewahrsam
genommen, die während sie abgeführt wurde hyperventilierte und bewusstlos
zusammenbrach. Gleiches geschah einem als Sanitäter ausgerüsteten und
erkennbaren jungen Mann, der ihr zur Hilfe kommen wollte und ins
Polizeipräsidium wanderte weil er der Aufforderung der Polizei , zu
verschwinden, nicht sofort nachgekommen sein soll. Auch die Vorwürfe gegen die
andren von der Polizei in Vorbeugehaft genommenen Demonstranten erwiesen sich
als so haltlos, dass im Laufe des heutigen späten Nachmittags alle Personen, die
dem Richter vorgeführt wurden wieder entlassen wurden. Zum Zeitpunkt der
Abfassung dieser Erklärung steht die Entscheidung in drei bis vier Fällen noch
aus. Auch in diesen Fällen wird jedoch den Festgesetzten nichts Konkretes
vorgeworfen sondern die Festsetzung beruht darauf, dass sie bei früheren
Anlässen ebenfalls festgesetzt worden waren, beispielsweise in Genua. Dort haben
mittlerweile bekanntlich die verantwortlichen Polizeioffiziere gestanden , dass
sie fabrizierte "Beweise" herstellten und damit die Festnahmen und
Misshandlungen von Demonstranten rechtfertigten.
Nach unserer Einschätzung sind derart überzogene Polizeiaktionen, wie gegen
das Münchner Tröpferlbad nicht nur vollständig ungeeignet, den vorgegebenen
Zweck zu erfüllen. Diese rechtlich äußerst fragwürdige Aktion wird lediglich
dazu beitragen, das Bild einer Polizei zu verfestigen, die kein Interesse daran
hat, dass Demonstrationen friedlich verlaufen. Die Betroffenen werden alle
Rechtsmittel ausschöpfen um die Verantwortlichen der Münchner Polizei für diese
Aktion gerichtlich zur Verantwortung zu ziehen.
München, den 08.02.03
RA Hartmut Wächtler
Rottmannstr.11a
80333 München
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