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München: Staatliche Repression bei den Protesten gegen die NATO-Sicherheitskonferenz 2003

Staatliche Repression bei den Protesten gegen die NATO-Sicherheitskonferenz 2003

Erklärung des Ermittlungsausschusses


Während die Proteste gegen die Sicherheitskonferenz 2002 unter dem Schatten des über die Stadt München verhängten Ausnahmezustands standen, waren dieses Jahr alle angemeldeten Protestversammlungen erlaubt. So gab es dieses Jahr im Vorfeld weit weniger Pressehetze und Versuche der Stadt München, kritische Äußerungen in städtisch finanzierten Einrichtungen zu unterbinden. Nur die Münchner Polizei und das bayerische Innenministerium versuchten in der vergangenen Woche, die zu erwartenden Polizeirepressionen mit "anreisenden Gewalttätern" zu legitimieren. Auch die Versuche von Polizei und OB Ude, die Demonstrationen in "gut" und "böse" einzuteilen, schlugen fehl, was die über 20000 TeilnehmerInnen auf der Versammlung des Bündnisses gegen die Nato-Sicherheitskonferenz zeigten.

Wie bereits im Vorfeld befürchtet, bemühte sich die Münchner Polizei - unterstützt von Einheiten aus dem gesamten Bundesgebiet - redlich, die Proteste gegen die Nato-Sicherheitskonferenz und die dahinter stehende Kriegspolitik zu behindern und zu kriminalisieren.
Vor der Kundgebung am Freitag Abend gab es in der ganzen Innenstadt massive Personenkontrollen. Dabei wurden willkürlich mündliche Platzverweise entweder für die gesamte Innenstadt oder den Marienplatz verteilt, eine schriftliche Ausführung wurde verweigert. Begründet wurde dies mit der Aussage, die Person sei "einschlägig bekannt", teilweise genügte es auch, in Begleitung einer "einschlägig bekannten" Person zu sein. Für den Fall eines Verstoßes gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde mit der Festnahme gedroht. Konkrete Vorwürfe konnten die Polizisten natürlich nicht angeben. Platzverweise, deren Erteilung auf der willkürlichen Entscheidung eines Polizeibeamten beruht, und deren Rechtmäßigkeit vor Ort auch nicht überprüft werden kann, sind ein immer beliebteres Mittel, um Menschen an der Ausübung ihres politischen Engagements zu hindern.

Der Höhepunkt der "präventiven" polizeilichen Maßnahmen wurde am späten Freitag Abend erreicht, als über 300 Polizeibeamte das Convergence Center im ehemaligen Tröpferlbad stürmten. Alle Anwesenden wurden einer Personenkontrolle unterzogen, die Räume wurden durchsucht und fotografiert, eine offenbar willkürliche Auswahl von 22 Personen wurde festgenommen. Darunter war auch ein Demosanitäter, der eine kollabierte Frau versorgen wollte, und dies der Polizei auch kenntlich machte.
Mit diesem Einsatz sollte unserer Meinung nach der Großeinsatz der Polizei legitimiert werden. Ziel war es sicher auch, Informationen über die Strukturen zu bekommen, die einen großen Teil der Proteste gegen die Sicherheitskonferenz getragen haben. Womöglich sollte die Infrastruktur der Anti-Nato-Proteste auch in der Hoffnung auf eine Schließung des Convergence Centers geschwächt werden, was aber nur teilweise gelang. Nach der Demonstration am Samstag Nachmittag stand das Tröpferlbad wieder als Anlaufpunkt offen.

Insgesamt wurden am Wochenende nach unseren Informationen knapp 50 Menschen festgenommen. Am Samstag Abend waren alle wieder frei. Bei den 22 Menschen, die am Freitag im Convergence Center festgenommen wurden, hatte die Polizei die richterliche Bestätigung des Unterbindungsgewahrsams beantragt, der jedoch lediglich in drei Fällen bis Samstag am frühen Abend erfolgte. Die Staatsschutzabteilung der Polizei hat mal wieder die richterlichen Vorführungen verzögert, sie benötigte zwölf Stunden, um die Akten dem Ermittlungsrichter im gleichen Haus vorzulegen. Ziel war offenbar, die Betroffenen auch bei einer richterlichen Ablehnung an der Teilnahme der Demonstration zu hindern.

Glücklicherweise gab es auf Seiten der DemonstrantInnen keine schwereren Verletzungen. Leichte Verletzungen gab es am Samstag Nachmittag, als USK-Beamte gegen Ende der Abschlusskundgebung am Odeonsplatz mit Pfefferspray und Schlagstöcken gegen DemonstrantInnen vorgingen, die aufgrund enger Platzverhältnisse gegen eine Polizeikette gedrängt wurden. Unseres Wissens nach musste aber niemand in Krankenhäusern versorgt werden.

Insgesamt können wir feststellen, dass die Polizei ihre Repression gegen oppositionelle Aktivitäten immer mehr in den "präventiven" Bereich verlagert. Festgenommen und kriminalisiert wird immer häufiger nicht aufgrund individueller Tatvorwürfe, sondern aufgrund nicht nachprüfbarer angeblicher "polizeilicher Erkenntnisse", Einträgen in Polizeidateien (die nicht zuletzt bei Polizeiaktionen wie im Convergence Center entstehen) und letztendlich auch der individuellen Willkür der ausführenden Beamten.

Betroffene von staatlicher Repression an diesem Wochenende können sich für weitere Unterstützung bei der Roten Hilfe melden (siehe unten).

Ermittlungsausschuss der Roten Hilfe München

9. Februar 2003

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Sonderseiten zur Münchner NATO-Sicherheitskonferenz
 http://www.rote-hilfe.de/no-nato/
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09.02.2003
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