Berlin: Der 2. Tag im Weinrich-Prozess
Die Zeugin der Anklage schwieg
Der mit Spannung erwartete Auftritt der Kronzeugin Magdalena Kopp im
Weinrich-Prozess dauerte nur wenige Minuten. Nach Angabe der Personalien und
einer Rechtsbelehrung durch den vorsitzenden Richter Ehestädt, machte die
Ehefrau von Illich Ramirez Sanchez ("Carlos") von Ihrem
Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.
Weinrich ist vor der 35. Schwurgerichtskammer des Berliner Landgerichts des
sechsfachen Mordes, 153-fachen Mordversuches und der Herbeiführung von
Sprengstoffexplosionen angeklagt. Er soll laut Anklage zwischen 1975 und
1983 an sechs Bombenattentaten bzw. Panzerfaustanschlägen in Frankreich,
Deutschland und Griechenland maßgeblich beteiligt gewesen sein.
Magdalena Kopp war in den siebziger Jahren die Gefährtin von Johannes
Weinrich und heiratete in den achtziger Jahren Sanchez. Alle drei waren
Mitglieder in der "Organisation Internationaler Revolutionäre", besser
bekannt als "Carlos-Gruppe". Nach der Auflösung der Gruppe Anfang der
neunziger Jahre ging Kopp zu Sanchez' Mutter nach Venezuela. Dort wurde Sie
von einem Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, zuständig für Aussteiger,
aufgespürt. Dieser fädelte eine erste Vernehmung Kopps durch BKA-Beamte ein.
Frau Kopp hat in den Jahren 1995 und 1996 umfangreiche Aussagen vor der
Berliner Staatsanwaltschaft und einem Vernehmungsrichter in Neu-Ulm (Kopps
Wohnsitz) gemacht, mit denen Sie Weinrich erheblich belastet.
Oberstaatsanwalt Mehlis stellte dann 1996 ein Ermittlungsverfahren gegen
Frau Kopp wegen eines Panzerfaustanschlages 1982 auf das französische
Atomkraftwerk Crays-Malville ein.
Verteidiger Elfferding stellte nach der Aussageverweigerung einen Antrag auf
Nichtzulassung der schriftlichen Aussagen. Zur Begründung führte er an, daß
diese Aussagen seinerzeit unter bewußtem Ausschluß der Verteidigung und
damit rechtswidrig zustande gekommen wären. Weiterhin bemängelte der Anwalt,
daß bestimmte Teile der Aussagen Kopps sowie weitere in der Anklage zitierte
Aktenstücke der Verteidigung bisher vorenthalten wurden. Die Entscheidung
der Richter über diesen Antrag wird richtungsweisend für diesen
Mammut-Prozess werden. Denn neben den Unterlagen der
Staatssicherheitsdienste der DDR und Ungarns bilden Kopps Aussagen das
Hauptbelastungsmaterial in diesem Prozess.
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