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Gipfelinfo - Meldungen über globalisierte Solidarität und die Proteste gegen unsolidarische Globalisierung

Gipfelinfo - Meldungen über globalisierte Solidarität
und die Proteste gegen unsolidarische Globalisierung
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Inhalt:
- Pressemitteilung zu dem Hungerstreikenden Göteborggefangen
- Presseerklärung zum ersten Göterborg-Urteil in Deutschland

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Pressemitteilung zu dem hungerstreikenden 32jährigen Schweden

Wir sind alle der Dicke Hardrocker!

Seit dem 22. Januar diesen Jahres hungerstreikt ein 32jähriger Mann in der
Skänninge-Haftanstalt in Ostgötland. Er wurde wegen gewalttätigen
Aufruhrs [Anm: vergleichbar mit schweren Landfriedensbruch, d.Ü.] in
Zusammenhang mit dem Reclaim-The-City-Starßenfestes während des Göteborger
EU-Gipfels 2001 zu sechs Monaten Haft verurteilt. Der Mann, der sich
selbst als der "dicke Hardrocker, der Fußball und die EU mag und die
Sozialdemokraten gewählt hat", bezeichnet, wurde auf Grund zweier
Polizeizeugen verurteilt. Der Mann, genauso wie so viele andere, die
verurteilt zu langen Haftstrafen verurteilt wurden, behauptet, dass er
unschuldig ist. In den Prozessen nach den EU-Ausschreitungen sind über 80
Personen angeklagt und zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Die
Strafen sind außergewöhnlich streng und man hat die nicht das jugendliche
Alter der Verurteilten oder dass viele nicht vorbestraft waren
berücksichtigt. In einigen Fällen wurden die politischen Ansichten der
Angeklagten dazu genutzt um längere Haftstrafen zu begründen. Außerdem
hat die Polizei Beweismaterial vernichtet und verfälscht. Und den
Verteidiger der Angeklagten wurde der Zugang zu Filmmaterial, das
wahrscheinlich einige der Verurteilten entlastet hätte, verweigert.
Gleichzeitig wurden weder PolizistInnen oder die Einsatzleitung für die
Übergriffe, die stellen weise die Auslöser für das Entstehen der
Ausschreitungen waren, verurteilt.

Aber spielt es eine Rolle, dass der dicke Hardrocker unschuldig ist? Die
Ausschreitungen in Göteborg 2001 waren teilweise die Konsequenz aus der
Unzufriedenheit mit der neoliberalen EU-Politik, aber auch unmittelbare
Konsequenz aus dem gewalttätigen und respektlosen Verhalten der Polizei
gegenüber uns DemonstrantInnen. Es war die Polizeiführung, die die
Demokratie außer Kraft setzte als sie das Hvitfeldska Gymnasium
einkesselte, als sie die Demonstration an der Berzelstraße am Freitag
Morgen angriff, und als sie das Straßenfest am Freitag Abend attackierte.
Sämtliche Krawalle in Göteborg waren die unmittelbare Folge aus dem
unbegründet brutalen Einsatz der Polizei, sowohl in Göteborg als auch
während des Ekofin-Treffens in Malmö einige Monate vorher.

Der dicke Hardrocker beteuert seine Unschuld, aber niemand glaubt ihm.
Nach fast elf Wochen Hungerstreik glaubt ihm immer noch niemand. Die
Schließer der Skännings-Anstalt streuen das Gerücht an die Medien, dass er
ständig zum Kiosk rennen würde, und sie versuchen ihn psychisch und
physisch zu brechen in dem sie ihn bewusst ihn unterkühlten Zellen
sperren. Leider ist der dicke Hardrocker nicht der Einzige, der durch das
Schwedische Gesetz misshandelt wird. "Wir sind alle der dicke Hardrocker!"
Und heute sprechen wir es aus. Das Rechtssystem ist außer Funktion und
wir können genauso gut den Scheiß abschaffen. Wir akzeptieren nicht
ihre Gerechtigkeit

Gerechtigkeit für die EU-Gefangenen!
Wir sind alle der fette Hardrocker!

[(A)larm und die Solidaritätsgruppe, Göteborg]

(Vgl. gipfelinfo 13.Feb.03, "Hungerstreik geht in die vierte Woche";
 http://www.nadir.org/nadir/aktuell/2003/02/13/14366.html
-- gipfelsoli infogruppe)

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Presseerklärung zum ersten Urteil in Deutschland wegen des
Göteborger EU-Gipfels 2001


Das »schwedische Modell« der staatlichen Repressionen

Beim EU-Gipfel in Göteborg im Frühjahr 2001 hatte die Polizei zum ersten
Mal bei einem internationalen Treffen mehrerer RegierungsrepräsentantInnen
gezielt mit scharfer Munition auf GegendemonstrantInnen geschossen; dabei
wurde eine Person fast getötet, zwei Menschen erlitten schwerste
Verletzungen.

Hinzu kamen unter anderem die Installation präventiver Polizeistrategien
großen Ausmaßes, die Stürmung von Schulen, in denen DemonstrantInnen
übernachteten und diverse Infrastrukturen zusammenliefen, und die medial
unterstützte Stilisierung der Protestierenden zu "Terroristen". Damit ist
diese staatsrepressive Unterdrückung von Widerstand zum neuen
»schwedischen Modell« geworden, das beim darauf folgenden G8-Gipfel in
Genua mit noch brutaleren Methoden kopiert werden konnte.

Im Zuge der Kriminalisierung des Protestes gegen die europaweite
Entfaltung kapitalistischer, rassistischer und militärischer Interessen
wurden in Schweden mehr als 40 Personen zu durchschnittlich 12 Monaten
Haft verurteilt - wegen der Teilnahme an "gewaltsamem Krawall". Insgesamt
wurden 476 Monate Gefängnis verhängt.

Aber damit nicht genug!

Durch Ermittlungen der schwedischen Polizei sollen nun im Nachhinein
mehrere Göteborg-AktivistInnen (darunter elf "deutsche StaatsbürgerInnen")
in ihren Herkunfstländern vor Gericht gestellt werden. Während im Rahmen
der europäischen Angleichung nationaler Strafprozessordnungen z. B. am
EU-Haftbefehl gebastelt wird, scheint es im Zusammenhang mit den
Gipfelprotesten Praxis zu werden, dass Gerichtsverfahren wegen in anderen
EU-Staaten begangener Straftaten im Herkunftsland der Angeklagten eröffnet
werden. Dies ist problemlos möglich, wenn die vorgeworfene Straftat auch
im Herkunftsland eine Straftat darstellt (und das ist bei den meisten
Göteborg-Geschichten so).

Festnahme eines Berliner Göteborg-Aktivisten

Auch beim Berliner Aktivisten Timm E. erhob die schwedische
Staatsanwaltschaft auf der Grundlage geltenden schwedischen Rechts (und
anhand von manipulierten Videoaufnahmen) Anklage in Schweden und leitete
diese - zusammen mit allen Ermittlungsergebnissen - an die deutschen
Behörden weiter (obwohl Timm in Schweden niemals polizeilich kontrolliert
worden war). Die überprüften selbstständig die in Schweden ausgeführte
Arbeit der Polizei und Staatsanwaltschaft - und erhoben Anklage (wegen
Steinwürfen auf schwedische Polizeifahrzeuge).

Timm wurde dann am 08.01.2003 "nach einer Hausdurchsuchung in seiner
Berliner Wohnung ... in U-Haft genommen und musste 34 Tage in der JVA
Moabit verbringen" (aus der Bekanntmachung des EAs Berlin zum »ersten
Urteil in Deutschland wegen des Göteborger EU-Gipfels 2001«) - weil auf
Grund des Aufenthalts im Ausland (Göteborg) anscheinend von Fluchtgefahr
ausgegangen werden musste.

Urteil

Nun ist Timm E., der während des Prozesses vom äußerst aggressiven
Vorgehen der schwedischen Polizei berichtet hatte, am 27.03.2003 vom
Landgericht Moabit zu zwei Jahren Haft auf drei Jahre Bewährung verurteilt
worden: wegen schweren Landfriedensbruchs und versuchter schwerer
Körperverletzung in zwei Fällen. Damit folgte der Richter der Forderung
der Staatsanwaltschaft.

Europaweite Repression

Es ist davon auszugehen, dass es in diesem Zusammenhang in Zukunft noch
weitere Hausdurchsuchungen, Vorladungen und Verurteilungen geben wird. Der
Göteborger Staatsanwalt Thomas Ahlstrand sprach gegenüber der Zeitung
"Göteborgs Posten" von 17 Männern und einer Frau, gegen die in
verschiedenen europäischen Ländern weiter ermittelt werde. Elf dieser
Betroffenen leben in Deutschland, davon fünf in Berlin, zwei in
Brandenburg und jeweils einer in Bremen, Frankfurt/Main, Kiel und dem
Rheinland.

Mit diesem staatsrepressiven Vorgehen sollen Menschen daran gehindert
werden, gegen eine Politik auf die Straße zu gehen, die nur noch an der
globalen Entfaltung kapitalistischer, rassistischer und militärischer
Interessen orientiert ist. Sie sollen daran gehindert werden, in Zukunft
zu internationalen Treffen der Herrschenden und Mächtigen zu fahren, um
dort - zusammen mit Anderen - ihren Protest zum Ausdruck zu bringen.

Darauf deutet auch hin, dass selbst Personen betroffen sind, die damals
weder in Göteborg gewesen sind noch auf dem Weg dorthin kontrolliert oder
in Gewahrsam genommen wurden. Sie haben eben das Pech, in der
Vergangenheit aus irgend einem Grund polizeibekannt geworden sein - auch
wenn die ihnen zur Last gelegten "Straftaten" bereits Jahre zurück liegen
oder rein gar nichts mit "politischer Motivation" zu tun haben (selbst,
wenn mensch dies zu konstruieren versucht). Zu Hilfe kommt den Behörden
dabei das Schengener Informationssystems (SIS), in dessen Rahmen die
europäischen Staaten Daten von Personen sammeln, die sich gegen die
herrschende Politik stellen, ohne dass diese jemals strafrechtlich belangt
würden.

Die Rote Hilfe wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um diese
staatlichen Repressionsangriffe, die im Extremfall zu mehrjährigem Knast
führen können, zurück zu drängen - damit es auch in Zukunft möglich sein
wird, die Einschränkungen von Reise-, Demonstrations- und
Meinungsfreiheiten zu umgehen und sich an systemkritischen Protesten zu
beteiligen. Auch beim G8-Gipfel in Evian soll Widerstand auf der Straße
wieder möglich sein - gegen alle Versuche der Herrschenden, dies zu
verhindern.

Personen, die in diesem Zusammenhang ("Göteborg") Besuch oder Post seiten
der Polizei oder Justiz erhalten haben, oder die wissen, dass gegen sie
ermittelt wird, werden gebeten, sich an den Berliner Ermittlungs-Ausschuss
(EA) oder an das Berliner Soli-Treffen für Göteborg zu wenden:
EA Berlin, Gneisenaustraße 2a, 10961 Berlin, 030/6922222
Soli-Treffen Göteborg:  solitreffengbg@gmx.net


Für die Freilassung aller Göteborg-Inhaftierten!
Für die Einstellung aller Verfahren gegen Protestierende!
Für die Vernichtung aller angefallenen ED-Daten!
Kampf der staatlichen Repression!

Göttingen, am 08.04.2002
E. E r l e für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V.

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gipfelsoli infogruppe

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11.04.2003
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