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Berlin: 124. Prozesstag | Gericht lobt sich selbst

124. Prozesstag | Gericht lobt sich selbst

Ganze zwölf Minuten dauerte heute die Hauptverhandlung in Sachen Berliner "Revolutionäre Zellen" (RZ). Der frühlingshafte Tag und die anstehenden Feiertage fordern eben ihren Tribut.
Das Programm dieses Kurztermins wurde mit der Verkündung von zwei Beschlüssen des Senats bestritten. Die Bundesanwaltschaft (BAW) steuerte zudem eine Stellungnahme zu einer Gegenvorstellung der Verteidigung von Harald G. vom 28.3.2003 bei. Das wars.
Die Beiziehung von Akten zu Daniel S. ist nach Auffassung des Gerichts nicht notwendig, ebenso wenig wie die Beiziehung der Ermittlungsakten im Fall Kawaters, des RZ-Anschlags auf die Staatskanzlei Düsseldorf und eines angeblichen RZ-Sprengstoffdepots in Essen.
Anlass für diesen Antrag der Verteidigung von Harald G. war der Fund eines so genannten Sprechzettel der BKA-Beamten Schulzke und Trede in übersandten Unterlagen des Verfassungsschutzes (VS). Darin ist die Rede von "umfangreichen Ermittlungen gegen die Person, bei der Sprengstoff beschlagnahmt worden war". Allerdings sind diese "umfangreichen Ermittlungen" nicht Gegenstand der vorliegenden Ermittlungsakten, die den Verfahrensbeteiligten zugänglich gemacht wurden. (vgl. 120. Prozesstag)
Diesem Antrag statt zu geben, lobte sich der Senat selbst, gebiete die "Sachaufklärungspflicht" jedoch nicht. Habe man doch in zahlreichen Vernehmungen von BKA-Beamten keine Hinweise auf "umfangreiche Ermittlungen", zumal vor 1997, erhalten. Nach offizieller Version hat das Bundeskriminalamt (BKA) erst Ende 1997 im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Prozess gegen Corinna Kawaters eine Verbindung zwischen dem angeblichen Fund des Sprengstoffs der Marke Gelamon 40 bei Daniel S. 1995 in Berlin und den RZ herstellen können, die bei Aktionen bevorzugt Sprengstoff dieser Marke eingesetzt hat.
Welche Relevanz eine Aufklärung dieses Sachverhalts für die Schuld- und Straffrage in diesem Verfahren habe, konnte das Gericht außerdem nicht erkennen. Gleiches gelte für die Meldeverhältnisse des Kronzeugen Tarek Mousli, womit ein weiterer Beweisantrag der Verteidigung von Harald G. abgelehnt wurde.
Ob das Bundesamt für Verfassungsschutz die diversen Festnetz- und Mobiltelefonanschlüsse des Kronzeugen abgehört habe, hat für Bundesanwalt Bruns keine "Entscheidungsrelevanz" und keinen "Beweiswert". So jedenfalls der Tenor seiner Stellungnahme zu einer Gegenvorstellung der Verteidigung von Harald G.. Darin hatte die Verteidigung gegen den Beschluss des Gerichts vom 14.3.2003 argumentiert, mit dem die Ladung mehrere Zeugen in diesem Zusammenhang abgelehnt wurde.
Das Kammergericht habe bereits deutlich gemacht, dass eine Aufklärung dieser Frage für das Verfahren keine Bedeutung habe, so der Sitzungsvertreter des Generalbundesanwalts. Auch Bruns bemühte die Schuld- und Straffrage und warf in diesem Zusammenhang der Verteidigung vor, sie habe sich dazu nicht geäußert. Zudem sei das Gericht nicht angehalten dem Interesse der Verteidigung nachzugeben, soweit wie möglich "die allgemeinen Lebensumstände eines Belastungszeugen" in der Hoffnung erhellen zu wollen, auf "Zufallsfunde" zu stoßen. Womit einmal mehr von Bruns das eigene Verhalten, wichtige Ermittlungsergebnisse der Verteidigung vorzuenthalten, den AnwältInnen angelastet und als unbilliges Vorgehen denunziert wurde, das auf die Integrität des Kronzeugen und nicht etwa auf die Überprüfung seiner Glaubwürdigkeit ziele.

Weiter geht es eine Woche nach Ostern am Montag, 28. April, um 14 Uhr.
Ein ausführlicher Bericht entfällt.

 

17.04.2003
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