Berlin: 128. Prozesstag | Doppelkopf - keine Relevanz
Diese Inhaltszusammenfassung eines Telefonats durch einen BKA-Beamten, der
die Telefonüberwachung des Kronzeugen Tarek Mousli auswerten und protokollieren musste, trifft in ihrer Bewertung auch auf den heutigen Verhandlungstag zu: "keine Relevanz".
Zum wiederholten Male fand die Hauptverhandlung statt, ohne dass den Prozessbeteiligten im Vorfeld ein Programm mitgeteilt worden war. Das hatte einen einfachen Grund: Eigentlich gab es nichts zu verhandeln. Das Kammergericht hat erneut bewiesen, dass es eine zügige Prozessführung nicht gewährleisten kann. Die nächsten ZeugInnen-Vernehmungen sind erst für den 6. Juni geplant. Da das Verfahren aber nicht länger als zehn Tage unterbrochen werden darf, war das Kammergericht gezwungen, sich irgendetwas einfallen zu lassen, um den Schein zu wahren.
Verlesen wurden also drei Datenerfassungen von TÜ-Maßnahmen, denen man neben dem Gesprächsinhalt und wer mit wem, wann telefoniert hat auch interne Erfassungskriterien des BKA entnehmen konnte. Diese Leseübung an sich machte so keinen Sinn. Sie geht jedoch auf einen Antrag der Verteidigung von Harald G. zurück, die anhand von identischen bzw. nicht-chronologisch vergebenen ID-Nummern auf die Lückenhaftigkeit der übersandten TÜ-Protokolle geschlossen hat.
Mit der mittlerweile standardmäßigen Begründung, die Sachaufklärungspflicht des Gerichts würde es nicht gebieten, wurde ein Antrag der Verteidigung von Matthias B. auf Ladung eines Systemadministrators des BKA und eines BKA-Programmierers abgelehnt. Beide sollten Auskunft darüber geben, wie es sein kann, dass bei der ersten Eingabe einer Sprengstoffsofortmeldung nach dem Fund von Sprengstoff der Marke "Gelamon 40" bei dem Berliner Kleinkriminellen Daniel S. 1995 in die BKA-Datenbank kein Verweis auf die RZ angezeigt wurde. Laut offizieller Version will das BKA erst 1997 darauf gestoßen sein, dass in Berlin Sprengstoff aufgetaucht sei, der üblicher Weise von den RZ benutzt wurde.
Eine Aufklärung dieses Sachverhalts ist für das Gericht "ohne Bedeutung" und trägt "nichts zur Straf- und Schuldfrage" bei. Es seien keine "nachvollziehbaren Motive erkennbar", warum die Ermittlungsbehörden zweieinhalb Jahre keine Ermittlungen angestellt hätten, so das Gericht. Und selbst wenn bestätigt würde, dass es eigentlich unmöglich ist, dass damals bei der ersten Eingabe 1995 kein RZ-Bezug hergestellt wurde, sei - so der Senat – "nicht ersichtlich, welche Relevanz das für den Tatvorwurf hat."
Der Prozess wird am 2. Juni um 14 Uhr fortgesetzt. Ein ausführlicher Bericht entfällt.
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