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Frankfurt a.M.: Erklärung des Wagenplatzes Rödelheim zur Räumung des Wohnprojektes am 2. Juli 2003

jetzt geht wieda alles von vorne los ...


Am 2.7.2003 wird dem Wagenplatz in Frankfurt-Rödelheim der Boden unter den Rädern weggezerrt werden. Vertreibung nimmt wieder mal räumliche Form an. Der Raum, unser Projekt zu leben, wird uns nicht zugestanden; statt dessen müssen wir uns seit 6 Jahren mit einem künstlich illegalisierten Status herumschlagen, werden politisch kriminalisiert und ständig juristisch belangt.
Doch wir sind ein Teil dieser Stadt! Wir sind kein "Problem", sondern eine Chance - schon gar nicht ein Problem, das sich durch Gewalt "lösen" lässt oder das sich plötzlich irgendwie in Wohlgefallen "auflöst". Die Androhung von polizeilicher Gewalt, von schwerem Räumgerät wird uns nur dazu bringen, den Ort des Projektes zu verlagern ...
Aber wir bleiben - ein Wagenplatz, ein Wohnprojekt, ein Freiraum, und auch
unsere Forderungen bleiben die gleichen, und wir werden sie mit uns auf die Straße nehmen:
Wir fordern die Akzeptanz unserer Wohnform!
Duldung und Vertragsverhandlungen für das Gelände Alte Ziegelei in Rödelheim!
Den sofortigen Abbruch der Vertreibungspolitik!


Unsere Geschichte
Nach der grundlosen und unbegründeten Kündigung unseres Vertrags und dem Versuch 2002, eine Räumung zu erwirken, die nicht legal umgesetzt werden konnte, strebte die Stadt eine neue Klage an, anstelle auf politischer Ebene zu einer neuen Einschätzung zu kommen, eine neue Auseinandersetzung zu führen. Statt dessen wurde weiterhin ein Konflikt behauptet, der nur auf gerichtlichem Wege zu lösen sei. Um eine ignorante Politik dieses Stiles zu betreiben, braucht es keine Begründunen, und es gibt auch keine: weder Eigenbedarf noch Gemeinwohl treffen als Argumente zu, es liegen keine "wichtigeren" Nutzungspläne vor, und es gibt keine Klagen der "Allgemeinheit" - wir kommen mit unseren NachbarInnen besser aus als so mancher "gestandene" Bürger.

Danke, "Demokratie"!
Nichts spricht gegen einen Verbleib unseres Projektes auf dem Gelände der Alten Ziegelei, aber die diskriminierende und uns in die Illegalität treibende Praxis der federführenden PolitikerInnen und BeamtInnen scheint nicht aufzuhalten zu sein. Als gedachter Dorn-im-Auge einiger (weniger) Menschen mit (umso mehr) politischem Einfluss haben wir keine allzu dankbare Position.
Immer sind es wenige, die gegen uns sind, immer sind es die selben - sattsam bekannten - GegenspielerInnen, die im Namen Aller (als "Stadt(teil)politik") doch nur eigene Interessen (und Antipathien) durchzusetzen wissen. Gezeigt hat sich die letzten sechs Jahre, wie innerparteiliche Machtpositionen gegen uns ausgespielt werden, wie Fraktionszwang und Klüngeleien zu politischen Mehrheiten führen, so dass ohne eine starke Lobby nichts dagegen auszurichten ist. Letztlich führen das Stillhalten und Desinteresse derer, die mit dem Strom schwimmen (sei es in der Politik oder im täglichem Leben) dazu, dass Wenige entscheiden, was passiert.


Ein Stück gelebte Utopie ...
Wir wissen, wie wir leben wollen - gemeinsam, selbstbestimmt und naturnah.
Als unser Versuch, dem vorherrschendem Konkurrenz- und Leistungsdenken etwas entgegenzusetzen, erproben wir Gemeinschaft neu. Unsere Lebensform schafft Hierarchien und Konsumverhalten ab, baut auf Gemeinsamkeit, Vertrauen, Freiheit, Rückhalt.
Weder politische Diskriminierung noch staatliche Repression werden uns hindern, unseren Traum zu leben: auch wenn ihr uns räumt: wir werden uns nicht in Wohlgefallen auflösen!


Wir bleiben laut
Solange es keine Anerkennung unserer frei gewählten Wohnform gibt - überhaupt: solange nicht jedeR auf der ganzen Welt frei entscheiden kann, wo und wie sie/er leben will - solange Leute sich verkaufen müssen, um irgendwie durchzukommen - solange Leute auf der Straße leben, weil sie ihre Miete nicht zahlen können - solange werden wir keine Ruhe geben!

Luft ab
... und nicht nur alternativen Lebenskonzepten wird die Luft genommen: die Stadt wird zum Nachteil ihrer BewohnerInnen umstrukturiert; Menschen, die sich die Mieten in luxussanierten Gegenden nicht mehr leisten können, werden in unattraktive Stadtteile verdrängt, bis auch diese nachrücken und für Investoren "interessant" werden (wie gerade am Beispiel Gallus zu sehen). Die Wohnraumpolitik der Städte geht ganz in den Zwecken von Investoren und Spekulanten auf. Wohnraum ist Ware und wird - gerade in Frankfurt -
meistbietend verkauft. Aber: die meisten BewohnerInnen (nicht nur) dieser Stadt, egal ob Studierende, niedere Einkommensgruppen, Arbeitslose, sozial Benachteiligte, "Andere" und "Fremde" und - natürlich - alternative Wohnprojekte stellen nicht die Zielgruppe, bringen wenig Gewinn, kein Prestige und nur verwaltungstechnische Probleme - also müssen sie der Schickisierung weichen. Der öffentliche Raum wird zunehmend privatisiert und privat kontrolliert (Zeil), und öffentliche Aufgaben wie der ÖPNV werden an private Anbieter abgetreten ... Immer mehr Raum wird so zur Sicherheitszone aus gebaut und gesäubert, kommerziell "erschlossen" und überwacht. (In dieser Diskussion darf der Hinweis auf die aktuelle Verschärfung der Gefahrenabwehrverordnung nicht fehlen..).


Ach, und der Sozialabbau...
Wo die Stadt als Unternehmerin im kapitalistischen Setting agiert, kann sie sich notwendig nicht allzu sehr um die Anliegen ihrer BewohnerInnen scheren, ihr geht's um eine Erhöhung ihres Marktwertes - Standortfaktoren wie ein Flughafen-Ausbau bringen Vorteile in der Konkurrenz mit den anderen Städten, und das ist, was zählt ...
Dieser "Normalzustand", eine Gesellschaftsordnung, die auf der ökonomischen Denke basiert und diese soweit verinnerlicht hat, dass mensch ihre Auswirkungen normal findet und für unumstößlich hält - Konkurrenz, Ausbe=
utung, Kontrolle und Ausgrenzung - will überwunden sein ...


NO JUSTICE NO PEACE
reclaim the space - für freies fluten
KAPITALIZM AUFLÖSEN


 

20.06.2003
Wagenplatz Rödelheim   [Aktuelles zum Thema: Soziale Kämpfe]  Zurück zur Übersicht

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