Berlin: 132. Verhandlungstag | Amnesie als Berufskrankheit anerkannt?
Die wohl kürzeste Zeugenvernehmung des bisherigen Verfahrens wurde heute mit der Befragung des Richters am Kammergericht Libera, Mitglied des Senats, der Tarek Mousli im Dezember 2000 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt hatte (siehe auch vorangegangene Prozessberichte) vollzogen. Ganze vier Minuten benötigte das Gericht um ihm die Antwort zu entlocken, dass er sich an Aussagen Mouslis zu konspirativen Wohnungen überhaupt nicht erinnern könne und das ihm zwar der Spitzname Drogentod erinnerlich sei, aber sich bei ihm ansonsten keinerlei Erinnerung mit diesem Spitznamen verbinden würde.
Danach wurden zwei Beschlüsse des Senats zu Anträgen der Verteidigung des Angeklagten G. vom 25.10.2001 bzw. der Angeklagten E. vom 8.11.2001 verkündet, in denen festgestellt wurde, das sich diese Anträge durch diverse Zeugenvernehmungen erledigt hätten.
Die deutlich gereizte Stimmung des Senats zeigte sich das erste Mal, als sich die RichterInnen weigerten, einen dieser Beschlüsse in Kopie auszuhändigen.
Der Rest des insgesamt einstündigen Verhandlungstages wurde dann wieder durch die Verteidigung mit dem Verlesen mehrerer Schriftsätze bestritten.
Die Verteidigung des Angeklagten B. untermauerte mit zwei Stellungnahmen ältere Anträge zur Beiziehung von weiteren Ermittlungsakten des BKA, sowie der vollständigen Herausgabe der über Tarek Mousli geführten Akten beim Bundesamt bzw. bei mehreren Landesämtern für Verfassungsschutz.
Die anschließende Frage der Rechtsanwältin Lunnebach, wann denn der Senat über den seit längerem anhängigen Aussetzungsantrag zu entscheiden gedenke, weil die Verteidigung beabsichtige weitere Sachanträge zu stellen, wurde von der schlecht gelaunten Vorsitzenden mit einem überaus aussagekräftigen "demnächst" abgefertigt.
Die Verteidigung des Angeklagten Sch. beantragte die Vernehmung einer früheren Freundin des Kronzeugen Tarek Mousli, die u.a. bekunden würde, das sie im Jahr 1987 - vermittelt durch Mousli - die damals in der Illegalität lebende Angeklagte E. kennen gelernt habe.
Die Vorsitzende weigerte sich anschließend energisch, über den Antrag der Verteidigung des Angeklagten H. auf Aufhebung des Haftbefehls in der heutigen Hauptverhandlung zu verhandeln und Stellungnahmen dazu entgegenzunehmen, und beharrte darauf, dies in einem Haftprüfungsverfahren außerhalb der Hauptverhandlung durchzuführen.
Daraufhin beantragte die Verteidigung einen rechtlichen Hinweis darauf, ob der Senat davon ausgehe, das die Verteidigung in ihrem Antrag Zeugenaussagen unzutreffend wiedergegeben habe.
Rechtsanwältin Studzinsky beantragte zum Abschluß wiederholt die Herausgabe von Ermittlungsunterlagen, die durch die Bundesanwaltschaft vorenthalten werden. Diese sind in sogenannte Strukturverfahren aussortiert (oder besser: versteckt?) worden.
Der Termin am 26. Juni wurde aufgehoben.
Weiter geht es am 27. Juni 2003 um 9.15 Uhr mit der Verkündung von Beschlüssen.
Der ausführliche Prozessbericht entfällt (4. Richterbefragung ist nu wirklich ziemlich dünn). Die Anträge demnächst auf http://www.freilassung.de )
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