Berlin: Weinrich-Prozess - 19. Verhandlungstag
Noch mal schnell ein pain au chocolat essen
Am 19. Verhandlungstag im Berliner Weinrich-Prozeß waren vier französische Geschädigte der Anschläge auf den Marseiller Hauptbahnhof und in der Pariser Rue Marbeuf als Zeugen geladen. Wie in diesem Prozeß bisher schon fast üblich waren zwei Zeugen erst gar nicht erschienen. Die beiden anderen waren in der Nähe der Explosion einer Autobombe im April 1982 in jener Pariser Geschäftsstraße.
Philippe Rouault war seinerzeit 19 Jahre alt und als Bote in einer Firma in der Rue Marbeuf beschäftigt. Am Morgen der Explosion ging er zuerst zu seiner Firma, unterhielt sich ein wenig mit seinen Kollegen. Weil er Appetit verspürte ging er dann noch einmal zur nahegelegenen Bäckerei, um sich ein Schokoladenbrötchen zu holen. Das hätte er besser unterlassen.
Wenige Sekunden, nachdem er das Auto mit dem Sprengstoff passiert hatte, ereignete sich die Detonation. Er war nach seinen Angaben etwa 6 bis 7 Meter vom Explosionsherd entfernt. Rouault schilderte, wie er durch den Druck nach vorne geworfen wurden, schwere Verbrennungen am Rücken und Glassplitter im Hinterkopf bemerkte, bevor er feststellte, daß sein Bein ebenfalls schwer verletzt war und er nicht mehr laufen konnte. "Die umliegenden Fensterscheiben zerbarsten wie im Film. Alle Umstehenden schrien durcheinander aber niemand tat etwas, um zu helfen." Auf Befragen des Richters gab er an, daß er insgesamt 26 Operationen hinter sich gebracht hatte und zwei Jahre im Krankenhaus verbracht hätte.
Bei Nachfragen durch Verteidiger Elfferding ergab sich dann ein etwas differenzierteres Bild, daß den Schluß nahelegt, daß der Zeuge durch die verständliche Eindrücklichkeit des Erlebnisses die Darstellung etwas überzogen hatte. Aufmerksam geworden war die Verteidigung dadurch, daß die Verletzungen an Rücken und Kopf in keinem ärztlichen Attest auch nur erwähnt wurden. So stellte sich nach und nach heraus, daß die leichten Verbrennungen am Rücken mit einer Salbe behandelt wurden und kein großes Problem darstellten, die Kopfverletzungen oberflächliche Kratzer waren. Die Verletzung am Bein war schwer, wurde jedoch nicht in 26, sondern in 4 Operationen behandelt, der Rest waren ambulante Sitzungen. Auch der Krankenhausaufenthalt dauerte nicht zwei Jahre. Vielmehr war dies der Behandlungszeitraum.
Der zweite Zeuge, Thierry Thevenet, saß zum Zeitpunkt der Explosion in einem Büro im 5. Stockwerk gegenüber dem Explosionsort. Und wie schon vorangegangene Zeugen in vergleichbarer Lage wußte er nur von einer Explosion und herumfliegenden Glassplittern zu berichten. Seine leichten Verletzungen wurden seinerzeit ambulant behandelt. Über mögliche Täterschaften befragt, wußte er nur "gerüchteweise" zu berichten, daß dieser Anschlag entweder der dort ansässigen Zeitung "Al Watan al arabi" oder dem Restaurant im gleichen Haus gegolten haben könnte.
Nächster Termin: 25. 06., 9.30 Uhr, Turmstr. 91, Saal 500
|